Es ist höchste Zeit für eine Diskussion um CO2-Einspeicherung in Deutschland

Das Kiel Institut für Weltwirtschaft in einer Pressemeldung:

“Will Deutschland den Anschluss an die europäische Entwicklung nicht verlieren, muss hier nun eine ergebnisoffene Debatte über CCS stattfinden. Bislang gab es nur in Fachkreisen Diskussionen über Pläne, CO2 in Deutschland abzuscheiden und es dann in Norwegen, Dänemark oder Großbritannien geologisch zu speichern. In den Medien tauchte das Thema bis vor kurzem nur selten auf: In einer Umfrage 2019 gaben 63 Prozent der Befragten in Deutschland an, noch nie von CCS gehört zu haben, nur 6 Prozent hatten bereits viel davon gehört. In Norwegen, wo die CCS-Infrastruktur fast fertig ist und ab 2025 CO2 eingelagert werden soll, haben nur 15 Prozent der Menschen von CCS noch nie gehört. Dort begannen Parteien sich bereits in den späten 1980ern öffentlich mit der Technologie zu beschäftigen, und ihr Einsatz ist nicht umstritten – höchstens wie viele Steuermittel zugeschossen werden sollen.”

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Wenn der Faktenchecker einen Faktencheck braucht. Axel Bojanowski hat sich in der Welt (Bezahlartikel) einen Faktencheck der Tagesschau angesehen und ist dabei auf interessante Dinge gestoßen.

“Die ARD-Faktenprüfer betreiben, was sie Lomborg vorwerfen – Irreführung: „So ist die Zahl der klimabedingten Katastrophen in den letzten hundert Jahren deutlich gestiegen, ebenso die Zahl der betroffenen Menschen solcher Ereignisse. Und auch der finanzielle Schaden durch solche Ereignisse ist insgesamt deutlich angestiegen“, schreibt der „Faktenfinder“.

In Wahrheit hat sich die globale Wirtschaftsleistung allein seit 1990 um mehr als 400 Prozent erhöht, entsprechend mehr Besitz steht herum. Außerdem ist die Weltbevölkerung seit den 1980er-Jahren um drei Milliarden Menschen größer geworden, ein Wetterereignis trifft also weitaus mehr und größere Siedlungen als früher, kann mithin mehr Schaden anrichten. Das Wachstum von Ortschaften erklärt zum Teil, warum es mehr Wetterschäden gibt. Zum anderen Teil lässt sich der Anstieg der Katastrophenschäden mit der Geldentwertung begründen, der gleiche Schaden ist aufgrund von Inflation heutzutage deutlich teurer als früher.”

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Anne Will diskutierte mit ihren Gästen die Verkehrspolitik. Mit dabei war der Stammgast Ricarda Lang und die brachte ein echtes Highlight. Als der CDU-Mann Frei darauf aufmerksam machte, dass auch der Straßenbau ähnlich schnell ausgebaut werden müsse, wie jetzt die Erneuerbaren Energien, hielt sie ihm entgegen, dass das nicht ginge, weil es dann ja keine Umweltverträglichkeitsprüfungen mehr gebe. Auf die Idee, dieses “Argument” von der anderen Seite zu betrachten kam keiner der Gäste, schade. Wir lernen, es gibt gute und schlechte Beschleunigungen. Bei Windrädern interessieren Umweltschutzprüfungen nicht, bei Autobahnen hingegen schon. Ein schönes Eigentor.

(Abbildung: Screenshot ARD-Mediathek)

Stern.de sah in der Diskussion eher eine gelb-grüne Schlammschlacht.

“Für den Zuschauer dürfte klar sein: FDP und Grüne sind in der Verkehrspolitik weit voneinander entfernt. Daran ändert auch nichts, dass sich Ricarda Lang und Christian Dürr in der Talkshow zwischenzeitlich duzen und mit dem Vornamen ansprechen. „Welt“-Journalist Robin Alexander fasst zusammen: „Es ist kein gemeinsamer Plan zu erkennen.“ Es wirke so, als seien die Grünen gegen das Auto und die FDP dafür. „Die Politik führt ein Theater auf, das bei den Menschen gar nicht da ist.“

Bei all den Diskussionen zwischen FDP und Grünen bleibt die Frage, was denn die größte Fraktion der Bundesregierung zu sagen hat. Der Standpunkt der SPD in dieser Debatte spielte bei „Anne Will“ jedenfalls keine Rolle. Auch über den Bundeskanzler wurde kaum ein Wort verloren. Dabei dürfte es durchaus interessant sein, ob und wann Olaf Scholz (SPD) ein Machtwort spricht im Streit um die Verkehrswende.”

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Das Exzellenzclusters „Klima, Klimawandel und Gesellschaft“ (CLICCS) der Universität Hamburg gilt nicht als Lautsprecher in Sachen Klima. Was ihr Ausblick allerdings zeigt, das ist schon ein ziemlicher Tritt vor das Schienbein von denjenigen, die mit Kippunkten nur so um sich werfen.

“Die Verknüpfung von gesellschaftswissenschaftlicher und naturwissenschaftlicher Analyse in einer integrierten Studie ist aktuell einzigartig. In einem interdisziplinären Team haben die Forschenden zehn gesellschaftliche Treiber untersucht. „Tatsächlich kommt in Sachen Klimaschutz einiges in Bewegung. Schaut man sich die Entwicklung der sozialen Prozesse aber im Detail an, ist es nach wie vor nicht plausibel, dass die globale Erwärmung unter 1,5 Grad gehalten werden kann“, sagt CLICCS-Sprecherin Prof. Dr. Anita Engels. Vor allem Konsumverhalten und das Verhalten von Unternehmen bremsen laut dem „Hamburg Climate Futures Outlook 2023“ weltweit den dringend notwendigen Klimaschutz. Andere Schlüsselfaktoren wie die UN-Klimapolitik, Gesetzgebung, Klimaproteste oder ein Abzug von Investitionen aus der fossilen Wirtschaft unterstützen die Klimaziele. Wie die Analyse zeigt, reicht ihre Dynamik aber für das 1,5-Grad-Limit nicht aus. „Die notwendige umfassende Dekarbonisierung verläuft einfach zu langsam“, sagt Sozialwissenschaftlerin Engels.

Darüber hinaus wurden physikalische Prozesse geprüft, die als Kipppunkte diskutiert werden. Der Verlust des Arktis-Meereises, das Schmelzen der Eisschilde und die regionalen Klimaänderungen sind demnach zwar gravierend. Auf die globale mittlere Temperatur bis 2050 haben sie aber kaum Einfluss. Eher sind hier das Tauen des Permafrosts, die geschwächte Umwälzpumpe im Atlantik (AMOC) und das Regenwaldsterben im Amazonas von Bedeutung – wenn auch nur moderat. „Fakt ist: Die gefürchteten Kipppunkte könnten die Rahmenbedingungen für das Leben auf der Erde drastisch verändern – für das Erreichen der Pariser Klimaziele sind sie aber zunächst ohne Belang“, sagt CLICCS-Co-Sprecher Prof. Dr. Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie.”

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Der neue Rohstoffrausch

Die Sendung im Deutschlandfunk ist zwar schon aus dem Mai 2022, hat aber an Aktualität nichts verloren.

“Die Mengen multiplizieren sich schnell ins Unvorstellbare, wenn man den Rohstoffbedarf für eine komplette Umstellung von fossilen Energieträgern auf erneuerbare ermittelt. Olivier Vidal vom Institut des Sciences de la Terre in Grenoble rechnet diese Modelle. Und wer ihm zuhört, dem schwirrt schnell der Kopf: „Wenn man sich zum Beispiel Kupfer ansieht, ein sehr wichtiges Metall für die Energiewende, da verbrauchen wir derzeit auf globaler Ebene etwa 20 bis 25 Millionen Tonnen pro Jahr. Und in 60 Jahren werden wir etwa 70 bis 100 Millionen Tonnen verbrauchen. Das bedeutet also, dass wir unsere jährliche Produktion um den Faktor drei oder vier erhöhen müssen. Wir würden dann in 50 Jahren genauso viel Kupfer verbrauchen, wie wir seit der Antike produziert haben.“
Eine solch gigantische Rohstoffproduktion würde auch ungeheure Mengen an Energie verbrauchen, wobei für die Extraktion und die Weiterverarbeitung von Metallen heute meist noch Kohle, Öl und Gas verfeuert werden. „Und tatsächlich steigt der Energieaufwand mit abnehmendem Metallgehalt exponentiell. Aus diesem Grund ist zum Beispiel Stahl, der aus Gestein gewonnen wird, das etwa 50 Prozent dieses Metalls enthält, viel billiger als Gold, das aus Gestein gewonnen wird, das zwei Gramm dieses Metalls pro Tonne Gestein enthält. Das Problem ist, dass die reichen Vorkommen erschöpft sind und mit der Zeit verschwinden. Und wir gewinnen derzeit Metalle aus immer weniger konzentrierten Lagerstätten. Das bedeutet also nicht, dass uns das Metall ausgeht, aber die Produktionsenergie und der Preis werden in Zukunft voraussichtlich steigen. Und auch die Umweltauswirkungen werden voraussichtlich zunehmen.“”

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Was erlaubt sich Dänemark? Wenn es nach der Energie-Ökonomin Claudia Kemfert geht, dann machen die Dänen hier mehrere ungehörige Sachen. Sie erlauben die Einlagerung von Kohlenstoff unter der Nordsee, mehr als 2.000 Meter unter dem Meeresgrund. Die Tagesschau berichtet:

“TotalEnergies werde rund 250 Kilometer vor der dänischen Westküste die Bedingungen für die Einlagerung von jährlich bis zu fünf Millionen Tonnen CO2 ausloten, erklärte der Konzern. Das dafür vorgesehene Gebiet ist demnach über 2000 Quadratkilometer groß und umfasst die von TotalEnergies betriebenen Harald-Gasfelder. Das CO2 soll dort mehr als zwei Kilometer unter dem Meeresboden eingelagert werden.”

Folgt man der Logik von Claudia Kemfert, dann vergibt Dänemark hier eine riesige Chance, denn in den leeren Gasfeldern könnte man doch prima Geothermie betreiben. Das hat sie tatsächlich sinngemäß in einer Sendung bei Markus Lanz so gesagt. Wir berichteten. Das lässt verschiedene Schlüsse zu ihrem technischen Verständnis zu.

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Sabine Hossenfelder erklärt, wie der Treibhausgas-Effekt wirklich funktioniert. Wieder sehr prägnant und sie gibt am Anfang sogar zu, dass sie bisher falsch lag. Das sind 20 Minuten guter Unterhaltung auf YouTube.

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Klaus-Rüdiger Mai kommentiert bei TE die Stromversorgung in der Zukunft und schaut sich die Prognosen des Wirtschaftsministeriums an. Ohne das Ausland, einige Wunder und ggf. Lastabwurf wird es demnach wohl nicht gehen.

“Die Versorgung mit Elektrizität im Zeitraum 2025 bis 2031 ist mitnichten gewährleistet – und sie wird immer unsicherer, denn zu den Eckpfeilern der deutschen Versorgungssicherheit gehören erstens die Aussage, dass Deutschland zu einem Nettostromimporteur wird, und zweitens die Durchsetzung der Nachfrageflexibilität im Rahmen eines Lastenmanagements, mit der im erheblichen Maße gerechnet wird.

In der Studie wird durchaus korrekt gezeigt, dass Frankreich im noch höheren Maße Stromexporteur, während Deutschland Stromimporteur wird. Lastenmanagement besitzt praktischerweise „keine einheitliche Begriffsverwendung“, wie es in der Studie „Lastmanagement in Nordrhein-Westfalen: Potenziale, Hemmnisse, Handlungsoptionen“ heißt. Lastmanagement laut Studie umfasst Lastverzicht, Lastverschiebung und Lasterhöhung (ohne Ausgleich) und Sektorenkopplung. Außerdem den Lastabwurf, worunter laut Studie „eine (meist) prompte, seitens des Verbrauchers ungewollte und nicht vorbereitete Vollabschaltung der Last durch einen Dritten, typischerweise den Netzbetreiber“ verstanden wird.”

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