Ameisen und der Klimawandel

Die Süddeutsche Zeitung über das Verhalten von Ameisen. Kurz gesagt könnte man meinen, den Tieren ist der Klimwandel egal oder fast egal, solange die Kolonie überlebt.

“Dabei sind die Insekten als sogenannte ektotherme Tiere, die ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren können, der Temperatur in ihrer Umgebung besonders stark ausgeliefert. “Wärmere Zeiten und Orte machen wärmere Ameisen”, sagt Elsa Youngsteadt in der Presseerklärung. “Trotzdem passen sie ihre Aktivität nicht so an, dass es ihnen gut geht.”

Vielleicht ist es für das Überleben der Ameisen in Zeiten des Klimawandels aber auch gar nicht notwendig, dass einzelne Arbeiterinnen ihr Verhalten bei der Futtersuche verändern. Viele Ameisenarten funktionieren als eine Art Superorganismus, in dem verschiedene Tiere verschiedene Funktionen übernehmen: die Königin ist für die Fortpflanzung zuständig, andere für die Brutpflege, die Verteidigung oder eben die Futtersuche. Das Überleben des einzelnen Tiers ist in diesen Superorganismen nicht so wichtig – was zählt, ist das Überleben der Kolonie. Und gemeinsam könnten die Tiere durchaus in der Lage sein, auf steigende Temperaturen zu reagieren. Von der Winterameise Prenolepis imparis beispielsweise ist bekannt, dass die Kolonie auf zu hohe Temperaturen im Nest reagiert: Wenn es zu heiß wird, arbeiten alle Tiere zusammen und verlagern das Nest im Boden weiter nach unten. Dorthin, wo es kühler ist.”

+++

(Abbildung: Screenshot ZDF-Mediathek)

Warum nur, Jens Spahn?

Warum nur, bereiten Sie sich auf eine Sendung wie die Markus Lanz Sendung vom 26.01.2023 so schlecht vor? Natürlich ging es auch um das Gesundheitssystem in den ersten 35 Minuten, aber dann kam es zum Thema Klima. Das ist der neue Beritt des ehemaligen Gesundheitsministers. Eingeladen hatte Markus Lanz als Counterpart von Spahn Claudia “nochundnöcher” Kemfert. Und die Energie-Ökonomin Kemfert betet vorhersehbar ihre üblichen Slogans herunter und weder Spahn noch Lanz schritten ein. Waren beide nicht vorbereitet? Es scheint fast so.

Sie gab die Schuld an den Energiepreisen der Union. Spahn konterte zwar, dass Gas die einzige Energiequelle ist, die nach dem Ausstieg aus der Kernenergie und der Kohle übrigbleibt, um die volatilen Umweltenergien Wind und Sonne auszugleichen. Gaskraftwerke standen daher im Koalitionsvertrag der Ampelregierung, an der die Union bekanntlich keine Beteiligung hat. Es verpuffte irgendwie.

Es ging danach munter weiter: Mehr Windkraft bedeutet weniger Gaskraftwerke, einer der steilen Thesen von Kemfert. Keine Antwort von ihr als Spahn fragte, wie viel Strom gestern aus Kohle produziert wurde – als der Wind ausblieb, obwohl wir uns in einer eigentlichen windreichen Jahreszeit befinden. Spahn wies dann richtigerweise daraufhin, dass bis 2030 etwa 30 GW Leistung durch Gaskraftwerke benötigt werden. Es gibt aber kein einziges neues Projekt in dieser Sache. Daher auch seine These, dass nach 2030 Kohlekraftwerke weiterlaufen werden in Deutschland.

Aber dann wurde es richtig skurril, als Kemfert nämlich aufzählte, was wir doch alles hätten: Biomasse, Wasserkraft, temporäre Speicher, Windkraft, Solar und das Ausland! Eigentlich sollte Kemfert doch die Zahlen kennen, würde man meinen, aber die Energie-Ökonomin setzt allen Ernstes auf das Ausland und auf Speicher, die offenbar nur in ihrer Fantasie existieren. Alle anderen wissen, wie groß diese Speicher wirklich sind und was viel wichtiger ist, sie müssen letztlich auch gefüllt werden, bevor man sie nutzt. Da hätte Spahn mit Zahlen punkten können. Er vergab diese Chance. Er vergab aber eine noch größere Chance. Claudia Kemfert warf Spahn nämlich vor, in Sachen Energie ”analog” zu denken. Vermutlich war ihre Intention irgendwas in Sinne von, Spahn sei in der Zeit stehengeblieben zu sagen. Was sagt der Duden zum Wort analog?

(Abbildung: Screenshot Duden.de)

In keiner dieser Bedeutungen ergibt ihre Aussage irgendeinen Sinn. Im Gegenteil, stufenlos regelbar ist genau das, was die Energiesysteme sein müssen, um quasi den digitalen Zustand der Erneuerbaren Energien (Strom fließt, Strom fließt nicht) stets auszugleichen. Sollte eine Professorin die Bedeutung von Worten nicht eigentlich kennen? Letztlich platzte Spahn dann auch irgendwann der Kragen als er anmerkte, dass Kemfert allein in dieser Sendung bereits 10-mal gesagt hätte, die Energiewende wurde von der Union ausgebremst. Man fragt sich, wie dann überhaupt 130 GW Leistung im Laufe der Jahre installiert werden konnten. Das Problem ist doch eher, dass diese nicht der Last folgen, sondern liefern, wenn die Natur es will. Und dann ist man wieder beim Thema Kohle und Gas.

Markus Lanz brachte das Thema Kohlenstoffabscheidung ins Spiel. Die gesamte Welt macht es, in Deutschland ist es verboten. Immerhin hat die CDU die Debatte hier wieder angestoßen. Spahn wies zurecht daraufhin, dass die Grünen in dieser Frage nicht hinter dem Minister Habeck stehen. Der hat wohl mittlerweile eingesehen, dass kein Weg daran vorbeiführt.

Dann aber ein weiteres Highlight aus dem Zauberkoffer von Kemfert. Die brachte nämlich das Argument, dass wir nur begrenzte Kapazitäten für die Lagerung von Kohlenstoff hätten, und die sollten wir doch bitte für Geothermie! nutzen. Jeden geologischen Laien rollten sich hier die Fußnägel auf, Fachleute kommen aus dem Lachen vermutlich gar nicht mehr heraus. Geothermie funktioniert in erster Linie durch Wärmetausch mit wasserführenden Schichten. Vermutlich weiß Kemfert das aber nicht.

Auch Biologen dürften nicht schlecht gestaunt haben als sie davon sprach, welche Auswirkungen der Kohlenstoff, der ja sehr tief im Untergrund verpresst wird, auf die Biologie der Ozeane hätte. Sie sprach auch konsequent davon, dass das CO2 in die Nordsee gebracht werden soll, dabei ist es unter der Nordsee. Ein gewaltiger Unterschied, aber auch hier blieb Spahn merkwürdig stumm, dabei wäre es ein leichtes Spiel gewesen diesen Blödsinn zu benennen.

Ein weiteres Highlight brachte sie, als Markus Lanz von 20% der Chinesen sprach, die arm sind. Diese Gruppe würde der Klimawandel nicht kratzen. Die wollen irgendwie raus aus der Armut. Das ginge aber nur mit den Erneuerbaren Energien meinte Kemfert. Die chinesische Regierung scheint die Kemfertsche Erkenntnis noch nicht erreicht zu haben. China setzt auf in erster Linien Kohle.

Ob in der Redaktion der Lanz-Sendung die Beiträge der Teilnehmer im Nachhinein nochmal angesehen werden? Es wäre wünschenswert. Und noch wünschenswerter wären kompetente Gäste. Kemfert zählt leider nicht dazu. Die Sendung ist noch bis zum 26.01.2024 in der ZDF-Mediathek zu sehen.

+++

Eine Grüne Zementindustrie wird teuer. Das meint ein Artikel in der FAZ (Bezahlartikel).

Beton ist nicht nur der am meisten verwendete menschengemachte Baustoff der Welt. Er hat auch ein Problem: Bei der Herstellung des Grundstoffes Zement werden enorme Menge Kohlendioxid freigesetzt. Fachleute schätzen den Anteil der Zementproduktion an den globalen Treibhausgasen auf 6 bis 8 Prozent. Und die Bemühungen dies zu ändern, reichen nicht aus, um die angestrebte klimaneutrale Wirtschaft bis 2050 zu erreichen. „Not on track“, nicht auf Kurs, attestierte die Energieagentur IEA der Branche im September.

Keiner der großen Zementhersteller kommt zwar heute ohne eine blumige „Roadmap“ aus, um seinen Investoren zu zeigen, wie der Umbau zur Klimaneutralität funktionieren könnte. Keiner vergisst aber auch zu betonen, dass diese Transformation nur mit erheblichen öffentlichen Subventionen zu haben sein wird. Dominik von Achten, Vorstandschef von HeidelbergMaterials, hat schon klar gemacht, dass solche Investition mindestens zur Hälfte staatlich mitfinanziert werden müssten.

+++

Martin Sticker und Felix Pinkert auf The Conversation:

Why parents shouldn’t be saddled with environmental guilt for having children

Whether residents of high-income countries are morally obliged to have fewer children is a growing debate in climate ethics. Due to the high anticipated carbon impact of future population growth, some climate ethicists express support for non-coercive population engineering policies such as reduced child tax credits.

This debate has attracted widespread public attention, making family planning a key issue in climate change prevention.

Much of the debate is underpinned by one influential US study published in 2009 from Oregon State University. The premise of the study is that a person is responsible for the carbon emissions of their descendants, weighted by their relatedness. A grandparent is responsible for one quarter of each of their grandchildren’s emissions, and so on.

By having a child, a cycle of continued procreation over many generations is started. The emissions of future generations are included in the carbon legacy of their ancestors.

The carbon impact of children

Based on this logic, the authors found that having one child adds 9,441 tonnes of carbon dioxide to the carbon legacy of each parent. This equates to more than five times their own lifetime carbon emissions. The potential savings from reduced reproduction are therefore dramatic.

This result is usually taken at face value in both academic debates and popular discussions, while its details and assumptions are rarely scrutinised. Yet the result is contingent on the assumption that all future generations will indefinitely emit at 2005 levels, an assumption that now appears to be wide of the mark.

For example, from 2005–2019, before they were artificially suppressed by the COVID pandemic, US per-capita emissions fell by 21%. And they are likely to fall further in the future.

Large public investments are accelerating the transition towards carbon neutrality. The recent US Inflation Reduction Act allocated US$369 (£319) billion towards fighting climate change.

Net zero has also become a legally binding target in many countries. The European Climate Law, for example, targets net zero carbon emissions across the EU by 2050.

Reconsidering the carbon impact of children

Considering these efforts, the central assumptions underpinning the study need revisiting.

Using the same reasoning that yielded large carbon impact figures for procreation, we instead suggest that having a child today could be far less environmentally harmful than is widely considered.

If high per-capita emitting countries achieve net zero by 2050, then a child born in one of these countries in 2022 would generate emissions only until they are 28 years old. After 2050, they and their descendants would cease to cause any additional emissions. Adding up their lifetime emissions therefore yields a much lower carbon legacy.

Assuming emissions decrease linearly to zero until 2050, and that the child does not reproduce in that time, a child born in 2022 will add seven years of carbon emissions to each parent’s lifetime carbon footprint. This is because in the 28 years to 2050, a linear decrease can be modelled as half the total amount on average (14 years) with each parent responsible for half of their child’s footprint (seven years). Subsequent generations add zero emissions to this amount.

The difference between this potential scenario and the accepted “constant emissions” scenario is stark. Yet even this much lower result may still overestimate the carbon impact of having a child.

This figure assumes that a child will cause additional emissions at the per-capita rate of their country of residence. However, children typically engage in fewer high-emission activities than an adult. They share a household with their parents, and will not drive their own car or commute to work for much of the period before 2050.

Particularly in the immediate future, where per-capita emissions are at their highest, a child will likely cause far fewer emissions than their country’s per-person average.

Net zero commitments must be fulfilled

The pursuit of net zero can greatly reduce the climate impact of childbearing in countries with high per-capita carbon emissions. However, this remains dependent on the fulfilment of this commitment.

Progress towards net zero is stuttering, with current climate policy in many countries lagging behind their pledges.

Despite having a net zero strategy, the UK’s progress towards carbon neutrality has been limited. UK emissions rose 4% in 2021 as the economy began to recover from the pandemic – and many other high per-capita emitting countries are in a similar situation. Prime Minister Liz Truss’s cabinet appointments have also raised doubt over the UK’s commitment to climate targets.

So delivering emphatic reductions to the carbon impact of procreation remains distant, despite our reassessment of the 2008 study.

As a society, it is in our power to put ourselves on a credible net zero path. This also means rejecting the popular tendency to assume that climate change should be addressed by individual lifestyle adjustments, rather than by institutional and structural change. Should net zero be achieved, it would be possible to have children without being saddled with environmental guilt.

Teilen: