Wieder Wirbel um die AMOC 

Von Fritz Vahrenholt und Frank Bosse

Eine Reminiszenz auf einen Artikel über den unmittelbar „bevorstehenden Kipppunkt“ der atlantischen Umwälzzirkulation: 

Ende Juli 2023 hatten wir von einem Aufsatz berichtet, der meinte den „Kipppunkt“ der atlantischen Umwälzzirkulation (AMOC) ausgemacht zu haben: Es soll (höchste Wahrscheinlichkeit) schon 2057 soweit sein. Er wirbelte viel Staub auf, wir beschrieben es. Unsere Zusammenfassung damals:  

„Bei DD23 handelt es sich um eine Fingerübung in Statistik, von jedem Nachweis der physischen Bedeutung für die AMOC selbst sehr weit entfernt. Die Schlussfolgerungen darin werden durch den Inhalt der Arbeit nicht gestützt.“  

In der Zwischenzeit (Mitte September 2023) erschien eine weitere, noch nicht begutachtete (Preprint) Arbeit, die sehr ähnliches findet. Sie benutzt mehrere Datenreihen für die Meeresoberflächentemperaturen (SST) und einen weiteren „Fingerprint“ der AMOC, einen Dipol, der vermeidet, dass die Erwärmung selbst in das Ergebnis der gesuchten AMOC- Abnahme eingeht.  

Und siehe da: Sie kommt zu ganz anderen Schlussfolgerungen. Je nachdem, welche Reihe man verwendet (vor allem in frühen Jahren bis ca. 1950 sind die sehr lückenhaft in der unmittelbaren Beobachtung und Fehlendes wird durch verschiedene „Infill-Methoden“ ergänzt, die sich auf die Statistik, wie sie dem Aufsatz infrage zugrunde liegen, stark auswirken) kommt man zu völlig divergierenden Ergebnissen.  So verschiebt sich der „Kollaps“ der AMOC um nahezu hundert Jahre nach hinten, wenn man den gleichen „Fingerprint“ benutzt, nur eine andere SST-Reihe (Statt HadISST1 ERSSTv5).  

Der andere, ebenfalls SST-basierte „Fingerprint“ verschiebt den nach den Methoden des Aufsatzes ermittelten „Kollaps“ auf zwischen 2100 bis zum Jahr 3300 und darüber hinaus! Am Ende schreiben die Autoren, zu denen interessanterweise auch Niklas Boers vom PIK gehört, der wohl um den wissenschaftlichen Ruf der Institution besorgt ist:  

„We emphasize that these uncertainties, originating from underlying modelling or mechanistic assumptions as well as from the employed empirical data, need to be taken into account and propagated thoroughly before attempting to estimate a future tipping time of any potential Earth system tipping element.”  

JEDE Abschätzung des Zeitpunktes eines „Tipping Point“ muss die Unsicherheiten in Betracht ziehen, die so beträchtlich sind, dass sie allesamt bei Lichte besehen untauglich sind, wenn sie gemacht werden. Wetten, dass man das nicht in den Medien lesen wird? Die hatten ja alle Hände voll zu tun, unter tätiger Mithilfe von Prof. Rahmstorf, auch vom PIK, das nahe Ende der AMOC zu propagieren. Dafür hat der aufmerksame Leser ja diesen Blog.    

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