Klimaschau 212: Natürlicher Klimawandel ohne CO2? Mysteriöse mittelalterliche Wärmeperiode

Klimaschau 212: Natürlicher Klimawandel ohne CO2? Mysteriöse mittelalterliche Wärmeperiode

NATÜRLICHER KLIMAWANDEL VOR CO2
Mysteriöse Mittelalterliche Wärmeperiode

Antarktis und Polen. Die Mittelalterliche Wärmeperiode lässt einigen Klimaforschern noch immer Schauer über den Rücke laufen. Dabei handelt es sich um eine natürliche Warmphase 700 bis 1300 nach Christus, als das CO2 noch keinerlei Rolle gespielt haben kann. Die Klimamodelle können diese natürliche Wärmephase nicht reproduzieren, denn die Simulationen reagieren vor allem auf CO2. Daher würde man die Mittelalterliche Wärmeperiode lieber totschweigen. Aber die Fakten sprechen für sich. Zwei Studien fügen nun weitere Mosaiksteinchen zu unserem Wissen über das Mittelalter-Klima hinzu.

Im Oktober 2023 erschien im Fachblatt Quaternary Science Reviews eine Arbeit eines Forscherteams um Zhangqin Zheng von der University of Science and Technology of China in Hefei. Dabei geht es um historische Veränderungen der Adélie-Pinguinpopulation in der Rossmeer-Region in der Antarktis und ihre klimatischen Einflüsse.

Zwei atmosphärisch-ozeanische Zirkulationsmuster, die Southern Annular Mode (kurz: SAM) und die El Niño-Southern Oscillation (kurz: ENSO) haben großen Einfluss auf das Klima und die marinen Ökosysteme in der Rossmeer-Region. Aus historischer Sicht bleibt jedoch der Einfluss der atmosphärisch-ozeanischen Zirkulationsmuster auf die Pinguinpopulationen in dieser Region unklar. Die Forscheranalysierten hierzu Sedimentkerne in verlassenen Pinguinkolonien auf der Insel Inexpressible im Rossmeer. Mithilfe geochemischer Methoden rekonstruierten sie die Veränderungen in den Populationen der Adélie-Pinguine  in den letzten 1500 Jahren. Zhangqin Zheng und Kollegen fanden heraus, dass die Pinguinpopulation auf der Insel Inexpressible zwischen 750 und 1350 n. Chr. ihren Höhepunkt erreichte, was möglicherweise auf die Ausdehnung des Lebensraums in einem wärmeren Klima der Mittelalterlichen Wärmperiode zurückzuführen ist. Nach einem Vergleich mit historischen Aufzeichnungen der Pinguinpopulationen von Cape Bird, Dunlop Island und Cape Adare wurde festgestellt, dass alle Pinguinpopulationen im Zeitraum von 750 bis 1350 n. Chr. im Rossmeer zunahmen. Der Populationstrend fiel auch mit extremen Ausschlägen der Zirkulationen von El Niño und SAM zusammen. Daraus schlossen die Forscher, dass SAM-ENSO den Zustrom zirkumpolaren und modifizierten zirkumpolaren Tiefenwassers in das Rossmeer fördern könnte. Der verstärkte Zustrom von nährstoffreichem Tiefenwasser könnte zusammen mit einem wärmeren Klima die Effizienz von offenen Meeresbereichen, sogenannten Polynyas, und die Populationszunahme von Adélie-Pinguinen fördern. Die Studie zeigt die wichtige Rolle von ENSO und SAM als Auslöser von starken Klimaschwankungen. Diese natürlichen Prozesse laufen auch heut noch ab und sind keineswegs mit Beginn des CO2-Anstiegs beendet worden.

Die andere Studie stammt aus Polen. Die Forschergruppe um Rajmund Przybylak von der Nicolaus Copernicus University im polnischen Toruń veröffentlichte ihre Arbeit im November 2023 im Fachblatt “Climate of the Past”. Der Artikel stellt aktuelle Erkenntnisse über die Klimaveränderungen in Polen für dei Zeit von 1000 bis 1500 nach Christus vor. In diese Zeit fällt auch die Mittelalterliche Wärmeperiode. Die Wissenschaftler studierten zunächst alle verfügbaren quantitativen Klimarekonstruktionen, die in den letzten zwei Jahrzehnten für Polen erstellt wurden. Außerdem fertigten sie vier neue Rekonstruktionen unter Verwendung von drei dendrochronologischen Reihen und einer umfangreichen Datenbank mit historischen Quelldaten zu den Wetterbedingungen an. Das Wachstum der Nadelbäume im Tiefland und im Bergland Polens hängt von den Temperaturen in der kalten Jahreszeit ab, insbesondere im Februar und März. Alle verfügbaren Rekonstruktionen, die auf dendrochronologischen Daten beruhen, beziehen sich auf diese Zeit des Jahres. Die Sommertemperaturen wurden anhand von biologischen Proxies und dokumentarischen Belegen rekonstruiert. Letztere sind jedoch auf das 15. Jahrhundert beschränkt. Die Wintertemperatur wurde als Proxy für die jährlichen Temperaturproxies verwendet, anstelle der sonst üblichen Verwendung der Sommertemperatur.

Die Mittelalterliche Wärmeperiode trat in Polen wahrscheinlich vom späten 12. Jahrhundert bis zur ersten Hälfte des 14. oder 15. Jahrhunderts auf. Alle analysierten quantitativen Rekonstruktionen deuten darauf hin, dass die Mittelalterliche Wärmeperiode in Polen vergleichbar oder sogar wärmer war als die Durchschnittstemperatur im Zeitraum 1951-2000. Die kältesten Bedingungen im gesamten Untersuchungszeitraum wurden in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts (sowohl im Winter als auch im Sommer) und in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (nur im Winter) verzeichnet. Die größte Kontinentalität des Klimas trat im 15. Jahrhundert auf. Es wurde eine gute Übereinstimmung zwischen den Rekonstruktionen des polnischen Klimas und vielen für Europa verfügbaren Rekonstruktionen festgestellt.

Die zwei neuen Studien aus der Antarktis und Polen deuten darauf hin, dass die natürlichen Klimafaktoren noch viel besser verstanden werden müssen, um sie in Klimamodellen wahrheitsgetreu einbauen zu können. Aktuell messen die Simulationen dem natürlichen Klimageschehen keine große Rolle zu, ein schwerer Fehler.

LINKS:

Zheng et bal. 2023: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0277379123003566

Przybylak et al. 2023: https://cp.copernicus.org/articles/19/2389/2023/

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