Über den Zusammenhang zwischen der Nässe der letzten Monate und der Sonnenaktivität

Von Dr. Ludger Laurenz

Zusammenfassung:

  • Mit Hilfe der seit 2021 bekannten Startjahre des ca. 22-jährigen Hale-Zyklus der Sonne kann solarer Einfluss in vielen historischen Wetterdatenreihen nachgewiesen werden.
  • Für die Suche nach solarem Einfluss auf die Jahresniederschlagssumme wurden bis 1903 zurückreichende Daten des DWD gewählt. Unterschiedliche Niederschlagstendenzen wiederholen sich im Rhythmus von ca. 22 Jahren. Das deutet auf solaren Einfluss hin.
  • Das außergewöhnlich hohe Niveau der Niederschlagssumme des letzten Jahres und der ersten beiden Monate 2024 beruht sehr wahrscheinlich auf solarem Einfluss.
  • Der Nachweis von solarer Einfluss auf Niederschlagssummen gelingt noch besser, wenn statt des klassischen Jahreszeitraumes von Januar bis Dezember Zeiträume über den Jahreswechsel gewählt werden wie der 12-Monatszeitraum Juli bis Juni des Folgejahres oder das Winterhalbjahr. Im Winterhalbjahr ist der solare Einfluss auf die Niederschlagssumme wesentlich stärker als im Sommerhalbjahr.
  • Die Ergebnisse unterstützen die These, dass jeder Monat und jedes einzelne Jahr des ca. 22-jährigen Hale-Zyklus durch ein spezifischen Aktivitätsmuster der Sonne geprägt wird, das auf die Erdatmosphäre einwirkt und Wetter- und Regentrends erzeugt.
  • Durch die Aufdeckung von solarem Einfluss auf die Niederschlagsaktivität dürfte sich die Zuverlässigkeit von mehrjährigen Langfristprognosen entscheidend verbessern.

In den letzten 10 Jahren schwankte die Jahresniederschlagssumme im Flächenmittel von Deutschland erheblich. 2018 fielen nur 586 mm Niederschlag, im letzten Jahr 985 mm. Bei der Dürre 2018 und der aktuellen im Juli 2023 begonnenen Nässeperiode stellt sich die Frage, ob das alles Zufall ist oder ob eine bestimmte Kraft für das Auftreten der Gegensätze verantwortlich sein könnte. Bisher haben wir uns damit abgefunden, dass der Wechsel der Niederschlagssumme von Jahr zu Jahr chaotisch verläuft und nicht prognostiziert werden kann.

Durch Entdeckung von umfangreichem solarem Einfluss auf den Wettertrend von Monaten und Jahren wird in meinen bisherigen Beiträgen sichtbar, dass sich in dem vermeintlichen Chaos der Wettervariabilität Strukturen verbergen, die auf die Variabilität der Sonnenaktivität zurückgeführt werden können. Der ca. 22-jährige Hale-Zyklus der Sonne hinterlässt tiefe Spuren in historischen Wetterdaten. Bestimmte Tendenzen zum Beispiel von hohen oder niedrigen Niederschlagssummen wiederholen sich im Abstand von ca. 22 Jahren.

Bild 1: Schwer vorstellbar, dass das Hochwasser der letzten Monate und die Nässeschäden in der Landwirtschaft mit der Sonnenaktivität zusammenhängen. (Fotos: Laurenz)

In meinem letzten Beitrag für Klimanachrichten.de hatte ich schon den solaren Einfluss auf die Jahresniederschlagssumme beschrieben (s.Punkt 7 im Anhang). Dabei wurde das Jahr klassisch mit dem Zeitraum von Januar bis Dezember definiert. Mit Hilfe dieses Zeitraumes allein ist solarer Einfluss auf Niederschläge in Deutschland schon nachweisbar.

Mit der in diesem Beitrag gewählten Jahressumme des 12-Monatszeitraum von Juli bis Juni des Folgejahres gelingt der Nachweis noch sicherer. Der Grund für diese Änderung liegt in der Beobachtung, dass mehrmonatige regenarme Phasen in vielen Jahren seit 1903 über den Jahreswechsel andauern und in der Jahresmitte des Folgejahres in regenreiche Perioden wechseln. Bevor die Ergebnisse dargestellt werden, soll kurz die Methode zum Nachweis von solarem Einfluss auf Wettertrends mit Hilfe der Startjahre der Hale-Zyklen beschrieben werden.

Methode zum Nachweis solaren Einflusses mit Hilfe des Hale-Zyklus der Sonne

Der magnetische Sonnenzyklus (Hale-Zyklus) dauert ca. 22 Jahre. Der Zyklus ist in sonnenphysikalischen Messdaten nachweisbar. Erst seit drei Jahren sind die Anfangsjahre der ca. 22-jährigen Hale-Zyklen der Sonne bekannt (Chapman et al. 2021). Meine Suche nach solarem Einfluss basiert auf folgender Annahme, die an Formulierungen von Chapman angelehnt ist:

Mit dem Wechsel von einem auf den nächsten Hale-Zyklus startet die Sonne innerhalb weniger Wochen ein neues Aktivitätsprogramm, dass sich ca. alle 22 Jahre nach gleichem Muster wiederholt. Jeder einzelne Monat und jedes einzelne Jahr des 22-jährigen Hale-Zyklus ist durch ein spezifischen Aktivitätsmuster der Sonne geprägt, das auf die Erdatmosphäre einwirkt und Wettertrends erzeugt.

Frau Veretenenko vom Loffle Institut in Saint Petersburg hat in Ihrer jüngsten Publikation den für diese These notwenigen Mechanismus der Umwandlung variierender Sonnenaktivität über die Stratosphäre auf die Troposphäre und damit unser Wetter beschrieben: Solar influences on the Earth’s atmosphere: solved and unsolved questions (12/2023).

Mit Hilfe der Startjahre der Hale-Zyklen ist es eine Leichtes, solaren Einfluss in historischen Wetterdaten nachzuweisen. Dazu werden die Wetterdaten von gleichen ca. 22-jährigen Zyklusphasen, beginnend mit den jeweiligen Startjahren der Hale-Zyklen, übereinandergestapelt.

Wahl des 12-Monatszeitraumes von Juli bis Juni des Folgejahres mit Vorteil für den Nachweis von solarem Einfluss

Zum Aufspüren des Sonnensignals sind die ca. 22-jährigen Abschnitte der 12-Monats-Niederschlagssumme Juli bis Juni des Folgejahres der letzten 6 Hale-Zyklen, beginnend mit den Startjahren,  in der folgenden Abbildung übereinandergestapelt. Der 12-Monatszeitraum setzt sich in der folgenden Abbildung jeweils aus einer zweiten Kalenderjahreshälfte und der folgenden ersten Kalenderjahreshälfte zusammen.

Abbildung 1: 12-Monats-Niederschlagssumme von Juli bis Juni des Folgejahres im Flächenmittels von Deutschland seit 1903 in 6 Hale-Zyklen der Sonne, mit den Jahreszahlen innerhalb der einzenen Zyklen und  Kennzeichnung der 10 regenreichsten (blau) und 20 trockensten (gelb) Jahre.

Konzentration extrem trockener und nasser Jahre auf unterschiedliche Phasen des Hale-Zyklus deutet auf solaren Einfluss hin.

Abbildung 1 enthält zwei Bereiche zur Kennzeichnung der Niederschlagsaktivität. Im unteren Bereich stehen die einzenen Kalenderjahre, die zu den jeweiligen Hale-Zyklen gehören. In den beiden oberen Reihen der Kalenderjahre sind die Jahreszahlen eingetragen (kursiv-grau), die auf die möglichen zukünftigen Startjahren 2032 und 2053 folgen könnten. Die Startjahre sind erst zu Beginn der neuen Hale-Zyklen exakt bestimmbar.

Bei den Kalenderjahren sind die Jahre mit den seit 1903 höchsten (blau) und niedrigsten (gelb) Niederschlagssummen hervorgehoben. Die farbig gekennzeichneten Jahre konzentrieren sich jeweils auf bestimmte Zyklusphasen. Die Konzentrationzonen sind farbige eingerahmt und mit den Buchstaben A bis E gekennzeichnet. Die Jahre mit den niedrigsten Niederschlagssummen konzentrieren sich auf die Abschnitte A, B und D, mit den hohen Niederschlagssummen auf die Abschnitt C und E. Die Konzentration der Niederschlagsextreme auf bestimmte Zyklusphasen deutet auf solaren Einfluss hin. Im Rhythmus von ca. 22 Jahren sammeln sich extrem hohe und niedrige Jahresniederschlagssummen in den jeweils gleichen Phasen des 22-jährigen Hale-Zyklus an.

In der aktuellen Phase des Hale-Zyklus erhöhte  Wahrscheinlichkeit für hohe Regenmenge

Im oberen Bereich von Abbildung 1 ist die Höhe der Niederschlagssummen für die 6 erfassten Hale-Zyklen mit Trendkurven dargestellt. Je gemeinsamer die Kurven verlaufen und je einheitlicher sich das Niederschlagsniveau aller Zyklen von einem zum nächsten Zyklusjahr wie in den Zyklusjahren 8, 9 und 10 ändert, umso  eher ist solarer Einfluss wahrscheinlich. Das Kurvenmuster kann als Wiederholungsmuster des Hale-Zyklus beschrieben werden, in dem sich Phasen gemeinsamen Kurvenverlaufs und Phasen chaotischen Kurventrends alle 22 Jahre im Rhythmus des Hale-Zyklus wiederholen.

Im Hinblick auf möglichen solaren Einfluss auf die extrem hohe Niederschlagssumme der letzten Monate ist von Bedeutung, dass die Jahre 2023 und 2024 in den Zyklusjahren 13 und 14 liegen. In diesen Zyklusjahren und allgemein in der Zyklusphase C mit dem in der Abbildung 1 grau hinterlegten Feld ist die Wahrscheinlichkeit für hohe Niederschlagssummen wesentlich größer als in den Phasen A, B oder D.

Der Niederschlagstrend des aktuellen Zyklus (rot gestrichelte Linie) mit den Jahren von 2017 bis 2020 folgt exakt dem Mittelwert der vorhergehenden Zyklen. Der Niederschlagstrend von Juli bis Juni des Folgejahres wäre für den Zeitraum von 2017/18 bis 2020/21 perfekt prognostizierbar gewesen. Für das Jahr 2018 hätte in Kenntnis dieser Grafik schon Jahre früher eine hohes Dürrerisiko vorhergesagt werden können. Die Dürre im Zyklusjahr 8 dauert in den meisten Zyklen bis zur Mitte des nächsten Kalenderjahres, bevor dann ab Juli wieder Monate mit höherer Niederschlagssumme folgen.

Solarer Einfluss auf die Regensumme im Winterhalbjahr größer als im Sommerhalbjahr

Der solare Einfluss auf die Niederschlagssumme ist im Winterhalbjahr stärker als im Sommerhalbjahr. Im Winterhalbjahr verlaufen die Kurven während der einzelnen Hale-Zyklen ab dem Zyklusjahr 7 mehr oder weniger gemeinsam, wie folgende Abbildung 2 zeigt.

Abbildung 2: Niederschlagssumme im Winterhalbjahr in Deutschland seit 1903 in 6 Hale-Zyklen der Sonne, mit den Jahreszahlen innerhalb der einzenen Zyklen und  Kennzeichnung der regenreichsten (blau) und trockensten (gelb) Jahre.

Der zweitweilige gemeinsame Trend der Kurven und die sich in den selben Zyklusjahren ausbildenden Minima und Maxima bilden ein typisches Wiederholungsmuster des Hale-Zyklus als Beleg für solaren Einfluss, der sich im Rhythmus von ca. 22 Jahren wiederholt.

Die Rekordniederschlagssumme im aktuellen Winterhalbjahr (rot gestrichelte Linie) liegt in Phase C des Hale-Zyklus, in der die Wahrscheinlichkeit für hohe Niederschlagssumme hoch ist. Auch in den nächsten beiden Jahren muss im Winterhalbjahr mit viel Regen gerechnet werden, bevor die Niederschlagssumme wahrscheinlich wieder kontinuierlich bis zu einem Minimum in 2028 oder 2029 absinkt. Ab 2029/30 muss erneut mit mehreren nasserem Winterhalbjahren gerechnet werden.

Starkes Sonnensignal in der gemeinsame Regensumme der Einzelmonate Oktober und Juni des Folgejahres

In früheren Untersuchungen zum solaren Einfluss auf monatliche Niederschlagssummen zeigten sich der solare Einfluss am stärksten in den Einzelmonaten Juni und Oktober (L. Laurenz, H. Lüdecke, H. Lüning 2019: Influence of solar activity changes on European rainfall). Jetzt habe ich überprüft, ob auch in der Summe der beiden Monate solarer Einfluss sichtbar wird. Mit der Regensumme der Einzelmonate Juni plus Oktober bildet sich ein chaotischer Kurventrend ohne Hinweis auf solaren Einfluss. Erst in der Kombination Oktober plus Juni des Folgejahres bildet sich das typische Wiederholungsmuster des 22-jährigen Hale-Zyklus mit deutlichem Sonnensignal in allen 6 erfassten Hale-Zyklen, s Abbildung 3.

Abbildung 3: Niederschlagssumme im Juli und Juni des Folgejahres in 6 Hale-Zyklen der Sonne seit 1903

Die Kurven verlaufen in weiten Bereichen des 22-jährigen Zyklus gemeinsam, als Beleg für solaren Einfluss. Gleich in drei Zyklusphasen (8/9/10, 12/13 und 18/19/20) erscheint mit dem Gleichlauf der Kurven das Wiederholungsmuster des Hale-Zyklus. Die Verknüpfung zwischen der Sonnenaktivität und dem Niederschlagsmuster in Abbildung 3 dürfte zu den stärksten Sonnensignalen zählen, die bisher in historischen Wetterdatenreihen gefunden wurden.

Der Trend des Mittelwertes (schwarz) und der Trend des aktuellen Zyklus (rot gestrichelt) zeigen erneut,  wie mehr oder weniger gut der solare Einfluss auf die Niederschlagssumme in bestimmten Phasen des Hale-Zyklus für Prognosen genutzt werden kann.

Das außergewöhnlich starke Sonnensignal in Abbildung 3 unterstreicht die Annahme, dass sich der solare Einfluss auf Niederschlagssummen über den Jahreswechsel addiert und die „Additionsphase“ von Juli bis Juni des Folgejahres reicht. Offensichtlich addiert oder neutralisiert sich der solare Einfluss auf Wettertrends in Abhängigkeit von Zeitpunkt und Richtung, in der sich die Erdachse zur Sonne verändern.

Bestätigung der These

Durch die Darstellungen des solaren Einflusses auf die Niederschlagssumme Juli bis Juni des Folgejahres, des Winterhalbjahres und der Einzelmonate Oktober plus Juni des Folgejahres wird die einleitend formulierte These bestätigt:

Jeder einzelne Monat und jedes einzelne Jahr des 22-jährigen Hale-Zyklus ist durch ein spezifischen Aktivitätsmuster der Sonne geprägt, das auf die Erdatmosphäre einwirkt und Wettertrends erzeugt.“

Anhang, bisherige Beiträge des Autors:

  1. Signifikanter Einfluss der Sonnenaktivität auf die Wintertemperatur in der Polarnacht von Skandinavien, 30. Mai 2021 von Kalte Sonne
  2. Signifikanter Einfluss der Sonnenaktivität auf die Dürre 2018 und 2019, 27. Juni 2021 von Kalte Sonne
  3. Beruhen die letzten warmen Sommer primär auf natürlichen Zyklen? 18. August 2022 von Kalte Sonne
  4. Einfluss der Sonnenaktivität viel größer als bisher gedacht? 10. November 2022 von Kalte Sonne
  5. Klimawandel im Frühjahr – demnächst wieder mehr Regen und kühler? 12. Juni 2023 von KlimaNachrichten Redakteur
  6. Einfluss von Ozeanzyklen auf die aktuelle Warmphase in Deutschland, 5. März 2023 von KlimaNachrichten Redakteur
  7. Wie die Sonnenaktivität die Jahresniederschlagssumme in Deutschland beeinflusst, 19. November 2023 von KlimaNachrichten Redakteur
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