Von Frank Bosse
Wie oft werden wir mit der simplen These bei Wetterereignissen konfrontiert:
„Mehr Wärme führt zu mehr Energie, die zur Verfügung steht, das führt zu schweren Unwettern“? Das ist so eingängig, dass man sie nur mit Grundschulkenntnissen in Physik versteht. So ist denn auch die Behauptung:
„Je wärmer das tropische Meer desto mehr schwere tropisch Stürme, genannt Hurricanes über dem Atlantik oder Taifune über dem Pazifik.“ oft kolportiert. Die Stürme entstehen alle über dem Ozean und da wurden in 2023 ja Rekordwerte für die Oberflächentemperaturen gemeldet.
Die Temperaturen (orange) waren ab April 2023 weit über den Werten der Vorjahre. (Abbildung des Climate Reanalyzer).
Der Logik folgend, sollte dann auch die Energie in Stürmen 2023 auf einem Rekordwert gewesen sein und so viele starke Stürme wie nie entstanden sein. Und da sahen wir im vergangenen Jahr tatsächlich einen Rekord:
Die Abbildung ist ein Screenshot eines Tweets von Ryan Maue (NOAA) auf X.
Seit Beginn der systematischen Satelliten-gestützten Beobachtung in 1982 war die Anzahl der schweren tropischen Stürme global noch nie so niedrig wie in 2023. Dieser Widerspruch zwischen rekordhohen Meerestemperaturen und rekordniedriger schwerer tropischer Sturmanzahl macht deutlich, dass es nie so leicht ist wie oft suggeriert. Schaut man sich den Zusammenhang zwischen der globalen ACE (für „Akkumulierte Zyklonenergie“ in Stürmen) und den Oberflächentemperaturen der Ozeane an, so findet man das:
Der Zusammenhang ist hochgradig ausgeprägt im El Nino Gebiet, anderswo gibt es nur sehr unklare Signaturen. Das bedeutet: global viele Stürme bei El Nino, wenige bei La Nina. Das Bild wurde mit dem KNMI Climate Explorer erzeugt. Die Oszillation da ist jedoch natürlich und „moduliert“ die Temperaturen mit einem Muster in den pazifischen Tropen und Subtropen mit globalen Auswirkungen. Merke: Im realen Klimasystem ist nichts so einfach, dass es mit Grundschulwissen erklärbar wäre. Wer immer es so versucht: man muss dann besonders vorsichtig sein, nicht manipuliert zu werden.
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Die Biden Regierung bremst beim Ausbau von LNG-Terminals in den USA. Die Investoren kritisieren diesen ihrer Meinung nach Kniefall vor Umweltaktivisten. Diese könnten mit Blick auf die Wahl im November 2024 ruhiggestellt werden. Ob die gestoppten Pläne auf die Abnehmer im Europa Auswirkungen haben werden, ist unklar. Die USA sind auch jetzt schon der größte Exporteuer von LNG. Reuters:
“A delay of a decision on CP2 until after the Nov. 5 U.S. presidential election could spare the White House from criticism from environmentalists, who form an important part of President Joe Biden’s base. Climate activists say new LNG projects lock in global reliance on fossil fuels for decades, and lead to emissions not just from burning gas but also from leaks of the powerful greenhouse gas methane.”
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Sabine Hossenfelder kritisiert in einem neuen Video die Attributionsforschung insbesondere die für extreme Wetterereignisse. Sie fängt bei der Definition von Extremwetter an, die oft sehr unbestimmt definiert sind. Damit deckt man dann sozusagen vieles ab. Je genauer ein extremes Wetter definiert wird, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass es auch so eintritt. Je unbestimmter allerdings, desto größer die Rate, dass man es ebenfalls abdeckt in der Prognose. Sie kritisiert auch, dass die Klimamodelle gar nicht geeignet sind, Extremwetter vorherzuberechnen. Diese würden solche Ereignisse auch unterschätzen. Allerdings bedeutet es auch, dass extreme Ereignisse häufiger auftreten können. Interessanterweise zitiert Hossenfelder eine Studie an der Friederike Otto mitgewirkt hat. Sie gilt als führend in der Attributionsforschung. Darin heißt es sehr klar:
“Klimamodelle sind nicht dafür ausgelegt, Extreme gut darzustellen … Trends können zwischen verschiedenen Klimamodellen stark variieren.”
Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Ereignis passieren könnte, ist ihrer Meinung nach prägnanter für Nachrichten als ein Anstieg von Temperaturen. Deshalb wird es gern benutzt. Ob es hilfreich ist, steht auf einem anderen Blatt. Hossenfelder hatte vor zwei Jahren schon einmal ein ähnliches Video. Damals ging es um die Hitzeglocke in Nordamerika und die Starkregenfälle in Westdeutschland. Sie erklärt auch, wie die Attributions-Wissenschaft entstand. Auch in diesem Video sieht sie Attribution kritisch, sie spricht lieber von veränderten Trends.
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Robert Habeck will die Energiewende mit Batterien, Biogas und Wasserstoffkraftwerken meistern. Offenbar ist ihm aber schon bewusst, dass die Biogas-Möglichkeiten begrenzt sind. Es ist schon fast philosophisch bei ihm: Irgendwas werden wir schon finden. Montel:
“Daher müsse die Kraftwerksstrategie auch die politische Frage adressieren, inwieweit es sinnvoll sei, sich „eine gewisse Überkapazität [zu] leisten, um die Volkswirtschaft immer robust zu fahren und zu halten.“ Ob die für den Ausgleich der fluktuierend einspeisenden erneuerbaren Energien Back-up-Kapazitäten wasserstofffähige Gaskraftwerke seien, oder ob beispielsweise auch Biogas eine größere Rolle einnehmen sollte, sei für ihn dabei nicht die entscheidende Frage. Allerdings gab Habeck zu bedenken, dass die zur Verfügung stehenden Biogasmengen doch eher begrenzt seien. Mit Blick auf die zurückliegenden Jahre werde aber eine „gewisse Resilienz“ benötigt.”
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Absturz einer einstigen Ikone. Es ist noch nicht lange her, da hätte der Besuch von Greta Thunberg die Massen elektrisiert. Das ist vorbei. In Leipzig sprach sie laut Welt vor wenigen Zuhörern. Thunberg hat ein neues Betätigungsfeld gefunden und das ist Palästina. Offenbar verfängt es ganz besonders in Deutschland nicht so wie Klima.
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Die Verdunkelung der Meere. Ein interessanter Artikel aus der Welt.
“Der Klimawandel ist ein Teil der Ursachenkette. Durch die Zunahme von Regenfällen werde vermehrt organisches Material von Feldern und aus Wäldern über Flüsse in die Küstenmeere gespült, betonte der Wissenschaftler. Es folgt eine Eintrübung durch Gelbstoffe, die man aus Mooren kennt. Vermehrte Stürme wirbeln im Winter zudem mehr Sedimente vom Boden auf. Und wärmere Wassertemperaturen lassen Algen besser gedeihen. Zu all dem kommen direkte menschliche Einflüsse wie Einleitungen, Wasserverschmutzungen und Bauarbeiten im Meer. Die Summe der Faktoren führt zur Verdunklung der Küstenmeere.”