Die Wirkmacht ikonischer Fotos

Der Spiegel kennt sie und so ist es auch kein Wunder, dass das Magazin ein sehr populäres Bild für einen aktuellen Artikel nutzt. In diesem Artikel geht es um das Schmelzen des Grönlandeises. Das sei nämlich deutlich dramatischer als bisher angenommen. 20% mehr Eis in den letzten 40 Jahren als gedacht soll verloren gegangen sein. So weit so dramatisch. 

Der Artikel benutzt ein Foto von Steffen M. Olsen, Mitarbeiter der dänischen Wetterbehörde DMI, der es 2019 aufnahm. Es zeigt mehrere Schlittenhunde, die scheinbar über das Wasser gehen können. Des Rätsels Lösung: Auf dem Meereis lag Schnee, der schmolz. Weil aber das Meereis ausgesprochen dick war, konnte dieses Wasser nicht abfließen. Eigentlich ist dieses Fotos das genau Gegenteil von Klimaerwärmung, denn bei Wärme, wäre das Eis ja nicht dicker geworden. Das muss auch dem Fotografen aufgefallen sein. Die Bildzeitung fragte seinerzeit nach und er gab unumwunden zu, dass das Foto eigentlich etwas anderes zeigte. Nämlich nicht abfließendes Schmelzwasser, weil das Eis darunter zu dick ist. Er wäre allerdings kein guter Klimaforscher, wenn er die Verwendung nicht dennoch willkommen hieße. Die Bild seinerzeit: 

“Steffen Malskær Olsen vom Meteorologischen Institut Dänemarks hat das Foto gemacht. Er misst regelmäßig die Eisdicke. Laut ihm war das Eis Mitte Juni 2019 1,2 Meter dick und damit 20 Zentimeter dicker als im Vorjahr. „Wir haben im Institut darauf aufmerksam gemacht, dass das Bild nichts mit dem Klimawandel zu tun hat. Aber persönlich habe ich nichts dagegen, wenn es dementsprechend genutzt wird.“ Der Gletscherforscher Professor Jason Box vom Institut für nationale geologische Untersuchungen in Dänemark und Grönland findet ebenfalls, dass es als Symbolfoto für den Klimawandel geeignet ist. „Der Klimawandel ist da. Das beweisen wir ständig mit Grafiken und Satellitenfotos. Wir können sehen, dass der Nordpol und das Inlandseis auf Grönland schmelzen. Unsere Grafiken haben nur nicht die gleiche Durchschlagskraft wie ein Foto. Auch, wenn dieses Foto genau genommen nichts mit dem Klimawandel zu tun hat.“” 

Wie auch immer, das Foto geistert immer noch durch die Gegend und Magazine wie der Spiegel nutzen es gern. Die Botschaft ist klar, es wird immer schlimmer, wenn die Schlittenhunde schon nicht mehr mit trockener Pfote durch die Arktis ziehen können, dann ist es wirklich kurz vor Schluss mit der Erde. Immerhin, der Artikel lässt die Beeinflussung der Zirkulation AMOC im Konjunktiv. Schmelzwasser, also Süßwasser, könnte sie beeinflusse, könnte. Und noch was ist löblich, die Forscher haben festgestellt, dass auf dem Wasser schwimmendes Eis, den Meeresspiegel nicht ansteigen lässt. 

“Auch wenn die Wassermassen gewaltig sind, einen größeren Effekt auf die Höhe des Meeresspiegels erwarten die Wissenschaftler nicht: Ein Großteil des Gletschereises habe beim Abschmelzen bereits unterhalb der Wasseroberfläche gelegen. Dass auf diese Weise aber mehr Süßwasser in den Ozean gelangt sei, könne einen anderen Effekt haben: Möglicherweise sei die Stabilität der sogenannten Atlantischen Meridionalen Umwälzzirkulation (Amoc) gefährdet. Der verzeichnete Masseverlust reiche durchaus aus, »um die Ozeanzirkulation und die Verteilung der Wärmeenergie rund um den Globus zu beeinflussen«, bilanziert das Team.” 

Wir kennen es aber nur zu gut. Als es in Australien große Brände gab, zirkulierte ein Foto durch das Internet, das aussah wie eine Satellitenaufnahme vom Kontinent, der wie ein Stück Kohle verglühte. Dabei war es lediglich ein mit einer Bildbearbeitungssoftware getuntes Foto. Karl Lauterbach war das damals allerdings egal. 

(Abbildung: Screenshot TwitterX) 

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Das Schweizer Unternehmen Meyer Burger droht mit der Schließung der Produktion von Solarzellen in Deutschland. Der Tagesspiegel hat Information zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens. Das Unternehmen braucht Geld, sehr viel Geld. 

“Die Firma rechne für 2023 bei einem Umsatz von 135 Millionen Franken mit einem operativen Verlust (Ebitda) von mindestens 126 Millionen Franken. Meyer Burger habe das Jahr 2023 mit einem Barmittel-Bestand von etwa 150 Millionen Franken beendet und brauche Finanzmittel in Höhe von rund 450 Millionen Franken, bis das Unternehmen einen positiven Cashflow erziele. Dies werde für 2025 erwartet.” 

Auch hier wieder die Frage nach den Freiheitsenergien. Größter Anteilseigner des Unternehmens ist ein russischer Oligarch, der auf einer Sanktionsliste der Ukraine steht. Immerhin scheint keine Gefahr zu bestehen, dass Dividenden nach Russland gehen. 

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Der Publizist Thomas Schmid über die Grünen. Läuft die Uhr der Grünen ab? 

“Die Grünen gerieten damals plötzlich aus dem Takt. Sie mussten das Heizungsgesetz, aber auch andere Positionen – etwa zur Migration und der inneren Sicherheit – kleinlaut korrigieren. Und plötzlich ist es möglich, die Grünen scharf zu kritisieren – nicht in diesem oder jenem Punkt, sondern grundsätzlich und radikal. Zuletzt haben das die Proteste von Bauern, Spediteuren und Handwerkern in Berlin und anderswo gezeigt. Auch wenn es nicht immer ausgesprochen wurde, auf den Plakaten ging es vor allem gegen die Grünen. Das klang mitunter martialisch und erinnerte an die herkömmliche Mistgabel-Rhetorik: „Grün ist das neue Braun“ oder „Wir transportieren Schrott, ihr seid Schrott“. Es war aber auch nicht zu übersehen, dass die Demonstranten von den Grünen und überhaupt von dem modernen Spiel mit semantischer Pfiffigkeit gelernt hatten. Etwa: „Farmers for future“. Nicht zuletzt aber mit einer Parole, die sich bei einer ikonischen Bibelstelle bediente und diese unausgesprochen, schnöde, aber doch elegant gegen die Grünen wendete: „Sie pflügen nicht, sie säen nicht, sie ernten nicht, aber sie wissen alles besser.“” 

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Noch ein Land, das in die Erforschung der Kernenergie einsteigt: Das Windland Dänemark. Power-Technology.com 

“The new department will be called DTU Nuclear Energy Technology and led by Bent Lauritzen, a senior researcher at DTU Physics. Relevant research bodies such as DTU Physics, DTU Energy DTU Chemistry and DTU Construct will collaborate on the project. The research centre will seek to attract and support academic talent to strengthen research in nuclear energy technologies; expand capacities for teaching and supervision of students, including PhD students; create experimental facilities for such areas as characterisation of materials and simulation of new reactor technologies; and strengthen collaboration with Danish and international companies. 

DTU president Anders Bjarklev said: “The climate crisis has reached an extent that makes it crucial that we research all technologies that may be relevant in phasing out fossil energy sources. Regardless of whether nuclear power has a future in Denmark, it is important for DTU to have research in the field because we have an obligation to contribute research-based knowledge to society and our students. Our ambition with the creation of the new centre is to strengthen the part of the research that is specifically aimed at nuclear energy technologies.”” 

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Martin Schlumpf berichtet am 15. Januar 2024 im Nebelspalter: 

Ungeplantes Glück: Wir werden immer älter – Schlumpfs Grafik 96
Der weltweite Wohlstand wächst anhaltend – und das, seit Mitte des 18. Jahrhunderts die Industrielle Revolution eingesetzt hat (siehe hier). Parallel dazu steigt die Lebenserwartung – eine beispiellose Entwicklung. Die Gleichzeitigkeit ist nicht zufällig, denn zunehmender Reichtum ermöglicht erst die Fortschritte punkto Ernährung, sanitären Einrichtungen oder medizinischen Behandlungen, die notwendig sind, um die Lebenszeit der Menschen zu verlängern.

Was wichtig ist:

– Die Lebenserwartung der Menschen lag 1850 weltweit bei knapp 30 Jahren. Heute ist sie mit 71 Jahren mehr als doppelt so hoch.

– Der Anstieg der Lebenserwartung setzt um 1900 herum ein und verläuft auf der ganzen Welt bis heute praktisch ungebremst.

– Ein neugeborenes Kind kann in der Schweiz mit 84 Lebensjahren rechnen. In Afrika sind es aber nur 62 Jahre.

In der gesamten Vorzeit kämpften die Menschen zeitlebens gegen Armut und starben früh an Hunger oder unheilbaren Krankheiten. In den frühen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften lag die Lebenserwartung schätzungsweise bei 20 bis 30 Jahren. Dann aber geschah plötzlich ein Art Wunder: Der Homo sapiens schaffte es nach über 99,9 Prozent seiner Zeit auf dieser Erde zum ersten Mal, Krankheiten effektiv zu bekämpfen und genügend Nahrung zu produzieren. Damit begann seine Lebenserwartung zu steigen – eine Steigerung, die bis heute anhält.

Weiterlesen im Nebelspalter. Auch verfügbar auf schlumpf-argumente.ch.

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