Ob es an mangelnden Interviewanfragen oder Einladungen zu Talkshows liegt für Claudia Kemfert? Oder läuft das neue Buch “Schockwellen” der Expertin nicht wie gewünscht? Bei Amazon hat es aktuell einen Verkaufsrang von 2.705. Wer so medial präsent ist wie Claudia Kemfert, für den kann so etwas sehr wichtig sein oder gar kränkend sein.
Wie auch immer, im September 2022 schrieb der Journalist Alexander Neubacher im Spiegel -er ist dort immerhin der Chef des Ressorts Meinung und Debatte – eine Kolumne über Claudia Kemfert. In ihr listete er falsche Prognosen von Kemfert aus der Vergangenheit auf. Süffisanterweise betitelte der die Kolumne mit “noch und nöcher” und bezog es auf die Irrtümer von Kemfert. “Noch und nöcher” ist mittlerweile ein geflügeltes Wort. Es geht auf eine Aussage Kemferts in der ZDF-Dokumentation Blackout zurück. Sie meinte damit Speicher, und dass Deutschland diese noch und nöcher hätte, alles andere wäre ein Mythos. Merken Sie sich dieses Wort, es kommt noch häufiger vor bei ihr.
Das mutete seinerzeit schon extrem merkwürdig an, weil in der gleichen Sendung ein Experte über eben diese Speicher spricht, und der hütete sich vor einer solchen Wortwahl. Er benannte eher die mögliche Zeit, die solche Speicher Deutschland mit Strom beliefern könnten. Noch und nöcher ist das aber eindeutig nicht. Natürlich sieht das für den Zuschauer auch extrem blöd aus, wenn jemand von noch und nöcher fantasiert und ein Experte es auf eine bestimmte kurze Zeit taxiert. Was ist da Mythos? Wir haben diese ZDF-Sendung schon einmal besprochen und auch seinerzeit auf schräge Thesen von Kemfert in der Sendung hingewiesen. Die Macher der Dokumentation setzten Kemfert dabei zugegeben etwas eigenartig in Szene. Sie geht in der Doku durch eine Art Archiv (beim Arbeitgeber DIW?) und blätterte dabei ausgerechnet in ihrem eigenen Buch, was schon etwas bizarr wirkt. Was mag sie wohl im eigenen Buch nachsehen?
Egal, die Sache mit dem Spiegelartikel ist mittlerweile ein halbes Jahr her, viel Kohle ging seitdem durch die Schornsteine deutscher Kraftwerke, und es schien fast vergessen. Aber nun holt Kemfert zum Gegenschlag aus. Hat doch ausgerechnet Die Zeit sich auf den Neubacher Artikel bezogen und ebenfalls ein Stück über die “Windmacherin” veröffentlicht, wobei dieser Titel sogar noch eine Spur besser passt als “noch und nöcher”. Vielleicht ist es ihr beim Presseclipping für den Februar 2023 gar nicht so richtig aufgefallen, denn auch dieser Zeit-Artikel ist schon wieder einige Wochen alt.
Jedenfalls sah sich Kemfert genötigt einen Faktencheck zu veröffentlichen. Ja, richtig gelesen, eine Expertin verfasst einen eigenen Faktencheck, der belegen soll, dass sie doch eine Expertin ist. Und sie macht es sich an einigen Stellen sehr einfach. Ihre Aussagen seien aus dem Kontext gerissen worden. Das ist ein beliebtes Argument, nur kann Neubacher schlecht sämtliche Publikationen von vorne bis hinten zitieren, um dann auf Fehler von Kemfert hinzuweisen. Wie soll das gehen, es wäre ein gewaltiges Buch und keine Kolumne. Also muss er ihre Aussagen zwangsläufig verdichten und genau das hat er gemacht.
Immerhin scheint Kemfert etwas Sinn für Humor zu haben, denn sie benutzt das eigene geflügelte Wort “noch und nöcher” als Überschrift. Ihre Verteidigung liest sich wie eine Mischung aus, das habe ich ganz anders gemeint aber auch “I told you so”. Nachlesen kann man den Faktencheck ihrer eigenen Fakten auf ihrer Webseite. Ob Neubacher bereits eine Klage wegen Majestätsbeleidigung erreicht hat, ist nicht bekannt. Kemfert hat ihn auf Twitter vorsichtshalber geblockt, denn Widerspruch duldet sie nicht. Sie verlinkt nicht einmal auf den besagten Spiegelartikel. Man muss ihn sich selbst suchen. Kritik an ihr, ihren Thesen und ihrem zuweilen eigenartigen Verständnis von Mathematik gab es nicht erst seit dem Neubacher-Artikel.
Kollegen von Kemfert wiesen ihr nach, dass sie sich beim Beschönigen der Energiewende mal eben um einige Hundert Milliarden Euro verrechnet hat. Wir berichteten. Legendär der Vergleich des Ökonomen Weimann über die Kemfertschen Ansichten über die Kosten der Energiewende. Das seien keine Kosten, sondern Investitionen meinte Kemfert. Joachim Weimann seinerzeit: Das ist so, als wenn sie an einem zugefrorenen See stehen und behaupten, das sei gar kein Eis, sondern gefrorenes Wasser. Ganz neu ist die Kritik an Kemfert daher nicht, und im Jahr 2013 schrieb die FAZ einen Artikel über sie. Damals arbeitete sie schon mit den berühmten Mythen. Es scheint eine Passion bei ihr zu sein. In dem Artikel wird ihr Doktorvater zitiert.
“Ein Forscher, der inhaltlich in vielen Fragen ähnliche Positionen wie Kemfert vertritt, sagt: „Ihr Meinungswechsel ist atemberaubend, das ist fein ausbalancierter Opportunismus.“ Und Kemferts Doktorvater, der emeritierte Oldenburger Professor Wolfgang Pfaffenberger, kritisiert: „Die Geschwindigkeit, in der sie Thesen zu wichtigen Themen geändert hat, hat mich schon verwundert“.”
Auch vor mehr als 10 Jahren beschäftigten sich Journalisten mit den missglückten Prognosen von Claudia Kemfert und schon damals war es die identische Verteidigung.
“Für Kopfschütteln in der Fachwelt hat auch Kemferts Hang zu gewagten Prognosen gesorgt – etwa zum Ölpreis. […] Kemfert bestreitet, jemals […] genaue Voraussagen getroffen zu haben, sie fühlt sich missverstanden und verkürzt dargestellt: „Eine präzise Vorhersage über die genaue Höhe des Ölpreises zu einem jeweiligen Zeitpunkt ist nicht möglich, es handelt sich um wissenschaftliche Szenarien über mögliche Ölpreisentwicklungen.“ Schon damals hat das DIW mit einer Stellungnahme reagiert. Ein einmaliges Missverständnis? Dazu passt nicht, dass sie noch 2009 damit zitiert wurde, dass eine Verdopplung des Ölpreises „nicht unwahrscheinlich ist“.”
Aber, sie ist beim DIW eigentlich sehr gut aufgehoben in Sachen Prognosen. Kemferts Chef, Marcel Fratzscher, hat ebenfalls eine bemerkenswerte Trefferquote. Aus dem Buch „Geld oder Leben“, das am 10. März 2022 erschienen ist, dort behauptet Fratzscher „dass die Inflation wohl bereits im Jahr 2022 wieder unter die Marke von zwei Prozent fallen wird. 2023 dürfte die Inflation nochmals weiter zurückgehen.” Wahrscheinlich wurde er aber auch nur missverstanden und verkürzt zitiert. Oder Inflation ist auch nur ein Mythos!?
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Leserpost von Dipl. Ing. Martin Krohn:
Betreff: Stromabschaltungen in Deutschland
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Blog vom 13. 03. 23 ist ein Artikel über Stromabschaltungen in Deutschland für E-Autos und Wärmepumpen. Danach plant Robert Habeck ein Gesetz, welches den Netzbetreibern die Berechtigung gibt, bei Strommangel den Strom für Wärmepumpen und die Aufladung von E-Autos zeitweise abzuschalten.
Tolle Ideen, die sich die Politik damit ausdenkt. Die E-Autos sind ohnehin schon eingeschränkt nutzbar aufgrund der geringen Reichweite und der langen Ladezeiten. Nun sollen die Ladezeiten auch noch begrenzt werden. Damit kann der Nutzer eines E-Autos am Morgen nicht wissen, wie weit er damit fahren kann. Man schafft sich also ein teures E-Auto zu und hat erhebliche Nutzungseinschränkungen. Da die meisten Menschen tagsüber unterwegs sind wäre die Nacht zum Aufladen nutzbar. Doch gerade dann steht durch den Wegfall der Solarenergie ohnehin weniger Strom zur Verfügung. Weht dann noch wenig Wind, ist eine Stromabschaltung unumgänglich.
Ähnliches gilt für die Wärmepumpen. Sicherlich können die Anlagen auch bei einer Stromabschaltung noch eine Weile Wärme abgeben. Doch die Leistung wird sich sicherlich reduzieren. Nach dem Ende der Stromabschaltung müssen die Wärmepumpen dann auf Hochtouren laufen, um wieder genübend Wärme einzuspeichern. Ob damit in kalten Wintertagen durchgängig eine ausreichende Wärmeversorgung gewährleistet ist?
In diesem Winter wurde ja aufgrund der Gas-Mangellage gefordert, die Raumtemperatur herunterzudrehen. Ich weiß, dass eine Reihe von Menschen damit Probleme hatten. Wie sieht es auch mit Menschen aus, die krank sind. Da ist ggf. eine entsprechende Heizung erforderlich. Doch soweit denkt die Politik anscheinend nicht. Ich frage mich auch, ob die geplanten Unmengen an Wärmepumpen nicht auch Nachteile auf die Außenwelt mit sich bringen können. Auf dem Land dürfte das sicherlich kein Problem sein. Doch in den Städten, wo auf engem Raum viele Wärmepumpen zum Einsatz kommen und die Wärme der Außenluft entziehen, kann ich mir vorstellen, dass es zu stärkeren Abkühlungen kommt. Ist dieser Effekt schon einmal durchdacht worden? Doch anscheinend werden von den Verantwortlichen alle Untersuchungen, welche sich gegen die hochtrabenden Pläne richten könnten, vehement vermieden werden.
Viele Grüße
Dipl. Ing. Martin Krohn
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Leserpost von Bruno Hublitz:
In den letzten Ausgaben der Klimanachrichten haben Sie sich intensiv mit Michael Sterner beschäftigt. Mir war er bis vor kurzem noch unbekannt. Ich habe ihn erstmals am 1. März 2023 erlebt bei der Sendung im Bayerischen Fernsehen „Jetzt red i“ unter dem Titel „Das Ende der Atomkraft – Woher kommt in Zukunft die Energie?“. Es ging um die Abschaltung von KKIsar 2. Link zur Sendung. Bei Minute 13:30 sagt er zu der von ihm entwickelten Technologie:
„….weil es so viele Mythen gibt, dass Blackout, dass die Speicher fehlen. Wir haben riesige Gasspeicher. Ich habe eine Technologie entwickelt, wie wir Wind- und Sonnenenergie zu Gas machen und das speichern und jede Dunkelflaute ausgleichen können. Wir brauchen sehr viel Wind- und Sonnenenergie für die Elektroautos, für die Wärmepumpen, auch für den Wasserstoff, der muß auch irgendwo herkommen. Und letztendlich ist die Wind- und Sonnenenergie in Bayern die günstigste Form der Stromerzeugung mit dem größten Potential und dem geringsten Flächenverbrauch. Es ist nicht die Frage, ob es technisch oder wirtschaftlich Sinn macht, sondern es wäre einfach nur eine politische Entscheidung. Dafür braucht man noch viel Kommunikation und Überzeugungsarbeit…..“
Sehr bemerkenswert zu seiner „wissenschaftlich-grünen“ Haltung ein Auszug aus seinem Buch „So retten wir das Klima„, erschienen Dezember 2022. (habe beim Buchhändler darin geschmökert, aber mir das Geld erspart):
„Kinderhoffnung und Selbstwirksamkeit – Sonnenstrahlen statt Dinosauriersaft!
………Meine Kinder wachsen mit Windrädern auf, die sie entlang der Autobahn zählen und die wir von unserem Haus aus sehen. Sie freuen sich auch über unser Elektroauto und sagen: „Papa, wir tanken Sonnenstrahlen statt Dinosauriersaft“. Oder : „Juhu, wir fahren an einer Tankstelle vorbei, an der wir nicht halten müssen“. Ich glaube, sehr viele Kinder und Jugendliche spüren intuitiv, dass wir unseren Umgang mit Umwelt und Klima komplett ändern müssen, um hier auf diesem Planeten bleiben zu können. …..“Spüren das Kinder und Jugendliche wirklich „intuitiv“? M. E. ist das wohl eher der von außen massiv einwirkende aktuelle Zeitgeist.
Viele Grüße
Bruno Hublitz