Klimaschau 208: Sonnenscheindauer durch Meereszyklen bestimmt

Thema der Klimaschau 208: Sonnenscheindauer durch Meereszyklen bestimmt

SONNENSCHEINDAUER
Wolkentanz im Takt des Atlantiks

Mitteleuropa. Die Sonne bestimmt unseren Lebensrhythmus. Wolken spielen dabei eine Schlüsselrolle, etwa wenn wieder einmal wochenlang Regen im November nostalgisch Erinnerungen an sonnenreiche Hochsommer aufkommen lassen. Eine maßgebende technische und wissenschaftliche Größe ist die Anzahl von Sonnenscheinstunden und ihre längerfristige Zu- oder Abnahme.

Die Sonnenscheindauer beeinflusst die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung, die Landwirtschaft, den Energieverbrauch und sogar den Tourismus. Im höchsten Maße ist jedoch die Photovoltaik von der Sonnenscheindauer betroffen, weil der Jahresertrag aus Photovoltaik bei mehr Sonnenschein zunimmt und umgekehrt. Durch den aktuell in Deutschland forcierten Ausbau der Photovoltaik und damit eines immer größeren Anteils der Sonnenscheindauer an deutschem Strom wächst die Bedeutung der Sonnenscheindauer für die Stromwirtschaft Deutschlands und ganz Europas.

Ein Forschertrio bestehend aus Horst-Joachim Lüdecke, Gisela-Müller Plath und Sebastian Lüning hat nunmehr für insgesamt sieben Monatszeitreihen von Sonnenscheindauern, die über 122 bis maximal 145 Jahre zurückreichen, die Veränderungen der Sonnenscheindauer mit modernen statistischen und mathematisch-numerischen Methoden analysiert. Die Arbeit erschien in Scientific Reports von Nature. Das Ziel der Untersuchung bestand darin, mögliche Korrelationen der Sonnenscheindauer mit Klimatreibern aufzufinden und im gegebenen Fall näher zu analysieren.

Die wichtigsten zyklischen Treiber sind als so genannte „Ozeanzyklen“ bekannt. Der allgemein wohl bekannteste Ozeanzyklus ist der El Niño als regelmäßige, aber in ihrem konkreten Erscheinen nicht vorhersagbare Veränderungen von Meeresströmungen im Pazifik. Insbesondere wegen ihrer Auswirkungen auf Europa sind für uns die „Atlantische Multidekaden Oszillation“ ( AMO) und die Nordatlantische Oszillation (NAO) interessant. Beide beeinflussen die Wetterentwicklungen Europas. Das Beispiel eines nicht zyklischen, vermuteten Klimatreibers ist das angestiegene atmosphärische CO2.

Bemerkenswert an allen Ozeanzyklen sind die weiten Entfernungen bis hin zu Tausenden von Kilometern, über die sie ihre Wirkung entfalten können. So bestimmt der El Niño über wenige Jahre und extrem hohe Entfernungen Temperaturen und Niederschläge auf großen Teilen der Erde. In der Fachliteratur wird für derart weit reichende Treiber des Wetters oft der Begriff „teleconnection“ verwendet. Diese Bezeichnung lässt anklingen, dass man über die physikalischen Mechanismen, wie diese „driver“ es fertigbringen, Temperaturen, Niederschläge und weitere Wetter- oder Klima-Parameter über so großen Entfernungen zu steuern, noch kaum etwas Sicheres weiß.

Im Fall der Sonnenscheindauern Europas stellte sich heraus, dass hier die AMO, als mittlere Meeresoberflächentemperatur des Nordatlantiks definiert, eine maßgebende antreibende Kraft der Zentraleuropäischen Sonnenscheindauer ist. Die sieben Messtationen der im paper analysierten Sonnenscheindauer-Zeitreihen befinden sich in Reihenfolge Nord-Süd in Kopenhagen, Potsdam, De Bilt, Krakau, Wien, auf der Zugspitze und in Trient. In all diesen Sonnenscheindauer -Zeitreihen zeigt sich die Korrelation von AMO und Sonnenscheindauer mit ungewöhnlich hoher Signifikanz. Trotz der starken jährlichen Schwankungen der Sonnenscheindauer ist die Korrelation der Sonnenscheindauer mit der AMO gut erkennbar.

Die bereits bekannte Stabilität der AMO bis mindestens 8000 Jahre zurück ist bereits seit längerem bekannt. Dies und die hochsignifikanten Korrelationen aller sieben Sonnenscheindauer-Reihen mit der AMO erlauben daher eine robuste Vorhersage der zukünftigen Sonnenscheindauer-Verläufe, leider aber nicht ihrer starken Schwankungen von einem zum jeweils nächsten Jahr: Die Sonnenscheindauer mussegemäß der Vorhersage wie bisher weiter „im Takt der AMO tanzen“. Dies ist in Abbildung 4 der Originalarbeit mit der blau gestrichelten zeitlichen Fortsetzung der AMO gezeigt. Die gesicherte Konstanz der AMO über viele Jahrtausende erlaubt somit in einem weiteren Schritt auch eine relativ sichere Sonnenscheindauer -Vorhersage für Zentraleuropa.

Was die Stärke der Sonnenschein-Abnahme die nächsten Jahrzehnte betrifft, zeigen die sieben Sonnenscheindauer einen deutlichen Nord-Süd-Trend. In den nächsten 30 Jahren wird die Sonnenscheindauer in Kopenhagen um 16% gegenüber heute abgenommen haben. Für Triest und Wien im Süden werden es dagegen nur 9% sein. Die Stromausbeute aus Photovoltaik-Anlagen wird somit in den kommenden drei Jahrzehnten in Deutschland deutlich abnehmen, im Norden etwas stärker als im Süden.

LINKS:

Lüdecke et al. 2024: https://doi.org/10.1038/s41598-024-73506-5

Bericht: https://eike-klima-energie.eu/2024/11/15/die-sonnenscheindauer-europas-im-tanz-der-wolken/

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