Schon wieder Neuigkeiten von der AMOC 

Von Frank Bosse

Sie erinnern sich gewiss: Wir berichteten schon öfter über die AMOC (deutsch: Atlantische Umwälzzirkulation). Das letzte Mal war es am 4.Januar 2025, als wir über anwachsende Zweifel an den Alarmen in diesem Zusammenhang bei Journalisten des MDR informierten.  
Solche Alarme gab es gerade in letzter Zeit zahlreich, wie im Oktober 2024 beschrieben. Im Beitrag war auch eine Spurensuche enthalten nach dem Mechanismus, der die „Schwächung“ der AMOC bewirken könnte: Eine „Versüßung“ des nordatlantischen Ozeans vor allem östlich von Grönland. 

Hier befindet sich das „Absturzgebiet“ des salzreichen Wassers, von tropischen und subtropischen Gebieten dahin transportiert. Es fand sich nur kein Trend der Salinität zwischen 1970 und 2022, was die ganze Sache doch sehr suspekt erscheinen ließ. Es wurden jedoch immer wieder Studien veröffentlicht, die eine Reduktion der AMOC sahen, diese hier ist eine frühe aus 2015.  
Die Autoren: Stefan Rahmstorf, Michael Mann und noch einige Mitarbeiter des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK).  

Die AMOC selbst ist erst seit 2004 durch das Programm „Rapid“ direkt beobachtbar. Diese kurze Zeit taugt nicht, um dekadische Schwankungen der sehr variablen Meeresströmung von einem Langzeittrend zu unterscheiden. Man ist auf „Stellvertreter“ (Proxys) dafür angewiesen, „Fingerprints“. Immer wieder gern genommen: Die ausbleibende Erwärmung eines Gebietes westlich von Großbritannien, südlich von Grönland, das sich praktisch nicht erwärmte, ein „Warming Hole“.  

Abb.1: Die Trends der Meeresoberflächentemperaturen (SST, in K/Jahr) des nördlichen Atlantiks. Das „Erwärmungsloch“ zeichnet sich klar ab. Die Abbildung wurde mit dem „KNMI Climate Explorer“ generiert. 

Es wurde gemutmaßt, dass die Ursache dafür eine schwächer werdende AMOC sei.   
In der Folge wurden mit einer von den Temperaturen da Minus der globalen Mitteltemperaturen errechneten Reihe sogar statistische Betrachtungen angestellt, wann die AMOC schließlich „kollabieren“ könnte.  
Wir berichteten von einer solchen im Juli 2023, damals stand die Zahl 2057 als wahrscheinlichster Zeitpunkt im Raum.  Wir informierten auch über Zweifel an diesen Thesen, wie sie z. B. Jochem Marotzke vom MPI-M Hamburg vorbrachte. Diese bezogen sich vor allem auf die Wahl des „Fingerprints“: Die SST des in Abb.1 gezeigten Gebietes.  

Nun gibt es zwei neue Arbeiten, die diese Zweifel unterstützen und alle „AMOC-Untergangsszenarien“ samt „Kipppunktvermutungen“ als noch unwahrscheinlicher dastehen lassen als schon vorher angenommen von verantwortungsbewussterer Klimawissenschaft. 

Die erste erschien Ende 2023, Liu et al. und untersuchte den Wärmeinhalt der Meere, deren Wärmetransport und vieles andere mehr. Sie beschäftigte sich auch mit der AMOC und stellte deren Transport über die Zeit seit den frühen 90er Jahren dar:  

Abb.2: Der Wärmetransport der (A)MOC. Eine Reproduktion von Fig.9b in Liu et al (2023).  

Eine Rekonstruktion (schwarz) zeigte einen deutlichen Abfall zwischen 1997 und 2000, das ist eine Verfälschung der verwendeten Reanalyse- Daten durch den Übergang zu direkten Beobachtungen durch „Rapid“, so im Text erklärt. Die anderen drei zeigen übereinstimmend einen Dip in 2009, jedoch einen Null-Langzeittrend nach den frühen 90ern, keinen anhaltenden „Klimawandeltrend“ in den letzten 25 Jahren.  

Eine zweite Arbeit ist noch aktueller: Januar 2025. Terhaar et al. (2025) sagt es schon in der Überschrift: „Kein Nachlassen der AMOC seit den 1960er Jahren“.  Sie benutzt als Maß für die AMOC den Wärmefluss, das eigentliche „Werk“ der AMOC. Das Ergebnis: 

Abb.3: Die Schwankungen der AMOC weit nördlich, bei 55°Nord, nahe dem „Wärmeloch“ in Abb.1. Eine Reproduktion von Fig. 9g aus Terhaar et al. (2025). Recht viel Variabilität in den farbigen Bändern gezeigt, keinerlei Langzeittrend seit 1960!  

Sehr ausführlich bewertet die Studie auch alle Ansätze, die SST des „Warming Hole“ oder gar Paleo-Proxys (i.d.R. Korallen) als Hinweise eines langjährigen Nachlassens der AMOC zu werten. Es kommt dabei immer darauf an, nicht nur bestimmte Proxys auszuwählen, die die eigene These bestätigen und andere, widersprechende, außen vor zu lassen. Das war schon immer ein Verdacht bei solchen Studien, der nie ganz ausgeräumt werden konnte. 

Wohl doch kein bevorstehender Kollaps nach langem Siechtum der AMOC, bewirkt durch den Klimawandel? “Day after Tomorrow” doch nur Sci-Fi? 

Es spricht nun vieles dafür, dass die AMOC stabil ist bis heute.  

So ist Wissenschaft, sie irrt sich empor. Das ist auch völlig normal und in Ordnung. Wenn nur nicht immer wieder die Öffentlichkeit damit behelligt würde, indem scheinbar “ganz sicher” das baldige Ende der „Zentralheizung Europas“ in wilden Schlagzeilen postuliert wurde, um damit Politik zu machen und Panik zu schüren.  

Wenn man immer wieder fordert: “Follow THE Science”: Nie vergessen, die ist vielfältig, es gibt nie DIE und mit jedem Erkenntniszuwachs kann sich auch scheinbar sicher Geglaubtes, von bestimmten Protagonisten in die Medien Getragenes, wohl als irrig herausstellen.  
Merken: Die AMOC ist, Stand heute, deutlich sicherer als die Rente.        

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