Wenn es einen Lichtblick bei der Talkshow vom 26.03.2023 von Anne Will gab, dann war das Prof. Lamaia Messari-Becker. Anne Will selbst macht aus ihrer eigenen Haltung schon lange kein Hehl mehr, da wundert es auch nicht, dass der Grüne Studiogast Jürgen Trittin erstens sehr lange und ausgiebig sprechen durfte und zweitens keinerlei Rückfragen bekam, Will ließ Trittin gewähren. Anders als bei den Gäste Jens Spahn (CDU) und Konstantin Kuhle (FDP). Dazu passt auch, dass eine verbale Entgleisung des FDP-Parteikollegen Kubicki mehr Raum einnahm als eine notwendige Diskussion zum Thema der Sendung. Ergänzt wurde die Runde von Petra Pinzler von der Zeit, die sich in der Rolle der grumpy old woman sichtlich wohl fühlte.
Messari-Becker redete Klartext (”Deutschland ist nicht Dänemark“) und eigentlich hätte Will besser nur sie und vielleicht noch Studiogäste einladen sollen, die vom Fach sind. Es hätte eine gute Sendung werden können. Denn in einer solchen Sendung wäre die Fixierung auf Strom bei der Energie-, Wärme- und Verkehrswende sicherlich etwas eingehender besprochen worden. Messari-Becker zog Trittin gleich mal den Zahn, als der auf die Wärmepumpen und Skandinavien kam. Bei Strompreisen von 11 Cent pro Kilowattstunde wie in Finnland braucht man nicht lange zu überlegen, wie sinnvoll eine Wärmepumpe ist. Da reichen sogar ein kleiner COP, das steht für „Coefficient of Performance“ und bezeichnet die Effizienz der Wärmepumpe. Professor Gerd Ganteför hat zu diesem Thema drei interessante Videos zu dem Thema, wir haben kürzlich darüber berichtet.
Norwegen verfügt über reichlich Wasserkraft, Schweden und Finnland zudem noch über Kernenergie. All das hat Deutschland nicht, hier bollern Braunkohlekraftwerke. Von den Strompreisen ganz zu schweigen. Die Presse wie die FAZ sieht es so:
“Deutschland lasse sich nicht mit Dänemark gleichsetzen, das ein Verbot für Öl- und Gasheizungen einfach durchsetzen könne, weil es seit drei Jahrzehnten die dafür benötigten Fernwärmenetze aufgebaut habe. Deutschland fokussiere sich auf wenige Optionen (vor allem die Wärmepumpe), müsse den Ausbau mitten im Fachkräftemangel bewältigen, baue hohen zeitlichen Druck auf und müsse deshalb mit viel Fördergeld arbeiten. „Wir brauchen eine Wärmewende, die alle Beteiligten, die hier sitzen, verhindert haben“, hielt sie den anderen Teilnehmern vor. Jetzt bleibe für die Haushalte wenig Zeit. „Es wird sehr teuer und sehr hart.“ Sie wünsche sich einen Emissionshandel, in dem auch Bürger ihre Ausstoßminderungen als Zertifikate verkaufen können. „Das wäre bürgernah.“”
Die Frankfurter Rundschau war ebenfalls genervt von Trittin und Spahn.
“Minutenlang versuchten sich Trittin und Spahn nun den Schwarzen Peter zuzuschieben: die jeweils andere Regierung für die Missstände verantwortlich zu machen, die Förderung von Gasheizungen, der Ausstieg aus der Atomkraft etc., pp. „Wir laufen auf eine globale Erwärmung von vier Grad zu. Wir müssen mehr tun!“ warnte Jürgen Trittin bei Anne Will in der ARD. Doch wie soll das geschehen? Wenn selbst die Koalition sich nicht auf einen Weg einigen kann und alles in ihrer Macht Stehende zu seiner Umsetzung tut, wie sollen die Klimaziele, die sich Deutschland gestellt hat, erreicht werden? Viel Hoffnung machte Petra Pinzler nicht, sie konstatierte der Regierungs-Koalition Stillstand, Unfähigkeit, ihre starke Position einzusetzen und sich auf die Stärken des Landes zu besinnen. Am Abend tagte der im Kanzleramt der Koalitionsausschau, ob es konkrete Ergebnisse geben wird? Zweifel sind wohl angebracht.”
Der Morgenpost fiel Messari-Becker ebenfalls positiv auf.
“Das technologische Für und Wider tanzte die Runde für viele Bereiche durch. Die deutlichste Haltung nahm dabei Lamia Messari-Becker ein. Am Beispiel des geplanten Verbots von neuen Gas- und Ölheizungen ab 2024 machte die Professorin für Gebäudetechnologie deutlich, wie essentiell aus ihrer Sicht die Verfügbarkeit von unterschiedlichsten Lösungen ist. „Wir drücken die Energiewende durch einen Flaschenhals, indem wir mehr oder weniger auf eine Technologie setzen“, sagte Messari-Becker mit Blick auf die Wärmepumpe, die in vielen Fällen wohl eine fossile Heizung ersetzen müsste. Das werde den Preis für diese Technologie hochtreiben, der von den Verbrauchern und durch Förderungen vom Staat zu tragen sei. Diesen Weg hält die Professorin für grundfalsch. „Ich bitte Sie: Geben Sie den Menschen mehr Zeit, da mitzugehen“, appellierte Messari-Becker an die Ampel. Das Tempo sei zu hoch – am Ende produziere der Heizungsplan soziale Härten ohne großen Klimaschutz.”
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Professor Peter Ridd über den Zustand der Korallen auf der Welt. Der Artikel enthält auch ein 35-minütiges Video.
“Professor Ridd reviews the latest data on the state of the world’s coral reefs, which is extremely encouraging, especially for the Great Barrier Reef, the largest single reef system, with record high coral cover in 2022. A brief explanation of “bleaching” is given, a brilliant adaptation for corals to cope with warming or cooling temperatures. Finally, a brief comment is made on the subject of academic freedom and the general problem of freedom of speech and thought in universities and on the associated collapse of intellectual rigour and he raises questions on our failing universities and science institutions.”
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13 Kipppunkte: Kommt es zur Klimakatastrophe? Nein, sagt Florian Blümm auf seinem Blog Tech For Future.
“Kipppunkte spielen klimatisch eine Rolle im 21. Jahrhundert. Aber die Wahrscheinlichkeit eines Dominoeffekts mit mehreren Grad Celsius zusätzlicher Erwärmung über die nächsten Jahrhunderte bleibt unwahrscheinlich. Das ist nicht meine Einschätzung, sondern die des Literatur-Reviews:
“Overall, tipping elements will play a climatically significant role over the course of the 21st century, but the possibility of a “tipping point cascade” driving a couple or more degrees of additional warming over the next couple centuries remains unlikely.”
Es ist kontraproduktiv den unwahrscheinlichen Dominoeffekt für mehr Aufmerksamkeit zu missbrauchen. “I want you to panic” delegitimiert die Klimabewegung. Der Weltuntergang bleibt auch nach Verfehlen des 1,5°-Ziels aus. Das Problem sind vielmehr die vorhersagbaren Folgen der Erderwärmung, die der Presse zu langweilig sind. Jedes Hundertstel Grad Erderwärmung richtet inkrementell mehr Schaden an. Das heißt wir können zu jedem Zeitpunkt schlimmere Schäden vermeiden. Wir müssen dazu aber rational und effizient handeln, ohne Panikmache und künstliche Zeitnot.”
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Der Windpark Kaskasi nimmt seinen Betrieb auf, das berichtet En-Former, der Energieblog von RWE. Das Unternehmen ist auch Betreiber des Windparks.
“Rund 35 Kilometer nördlich der Insel Helgoland hat heute der RWE-Windpark Kaskasi im Beisein von Bundesminister Robert Habeck seinen offiziellen Regelbetrieb aufgenommen. Mit einer installierten Kapazität von 342 Megawatt (MW) kann Kaskasi rechnerisch über 400.000 Haushalte pro Jahr mit grünem Strom versorgen. Die 38 Windkraftanlagen von Kaskasi wurden über einen Zeitraum von vier Monaten sukzessive in Betrieb genommen. Seit Ende 2022 speisen alle Anlagen grünen Strom ins Netz ein. Nach dem erfolgreichen Abschluss aller notwendigen Tests nimmt der Park nun seinen Regelbetrieb auf. Das Genehmigungsverfahren für den Windpark hatte im Frühjahr 2019 begonnen und Ende 2020 gab es vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) grünes Licht für den Bau. Die Bauzeit auf See betrug insgesamt neun Monate. Die Investitionskosten für Kaskasi beliefen sich auf rund 800 Millionen Euro. An der Umsetzung dieses Großprojektes haben allein bei RWE mehr als 100 Personen gearbeitet – Hand in Hand mit dem Personal der über 70 Zulieferer.”
Ein YouTube-Video offenbart eklatante Verständnisprobleme beim Wirtschaftsminister Habeck, der den Windpark eröffnet hat. Er vergleicht die Leistung von Windparks allen Ernstes mit der von Kernkraftwerken. Von gesicherter Leistung scheint er noch nichts gehört zu haben. Wind weht immer, man muss es nur wollen. Man braucht nur das richtige Mindset, wie sein Staatssekretär Graichen sagen würde.
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Kurt Stukenberg findet in einem „Spiegel“ Kommentar (Bezahlschranke) etwas, was man von ihm so nicht erwarten würde als Ex-Greenpeace Mitarbeiter. Ausführlich beschreibt er die trotzigen Reaktionen der Initiatoren auf den Fehlschlag des Berliner Volksentscheides. Louisa Neubauer: „Es gibt Kräfte in dieser Stadt, die geben alles dafür, noch den letzten Funken Klimazerstörung rauszuholen.“ Er zitiert auch den schon legendären Tweet des Meteorologen Özden Terli mit der Unterschrift: „Die Nerven liegen offenbar blank„.
Dann zeigt er an mehreren Beispielen, dass die Klimabewegung hier den Pfad der Wissenschaft verlassen hat. „Dass sich die Aktivisten ihre Utopie nicht von Tatsachen schlechtreden lassen wollten, könnte zu einer dauerhaften Hypothek für die Bewegung werden. In den vergangenen Jahren war Faktengenauigkeit der große Trumpf von Volksentscheid-Unterstützern wie Fridays for Future.“
Ihre Forderung fußt eben nicht auf Wissenschaft. Das untermauert Stukenberg mit dem 1,5°C-Ziel, auf dem die Bewegung besteht, jedoch von der Wissenschaft schon längst als „Praktisch nicht erreichbar“ bezeichnet wird. Das Ziel auch der Klimaneutraliät der Stadt Berlin schon in 2030, so zitiert er Vertreter verschiedener Wissenschaftszweige, ist unrealistisch. Darüber hinaus ändert so ein „Leuchtturm“ praktisch nichts am Klima insgesamt. Und damit kommen wir auf den zitierten Özden Terli zurück. Er ist Meteorologe, wobei „-loge“ für Wissenschaft steht.
Er macht sich, so zeigt der o.g. Tweet, mit den Zielen der Bewegung für den Volksentscheid gemein, folgert gar, dass das Scheitern „Extremwetter jeglicher Art“ nach sich zieht. Das ist natürlich Unsinn, eine einzige Stadt wird das nicht beeinflussen können. Und die Schlussfolgerung Stukenbergs zu Ende gedacht: Auch Terli „lässt sich seine Utopie nicht von Tatsachen schlechtreden“. Was Stukenberg zu der Frage führen sollte: Was sucht ein „Utopist“ als Meteorologe beim ZDF? Die Frage stellt er nicht, sie ist jedoch logisch, oder?