Von Frank Bosse
Damals schlug es Wellen: Autoren des PIK Potsdam waren beteiligt an einem Werk, das hieß:
„3 Grad mehr“. Aus dem Werbetext:
“Der Ausstoß von CO2 ist weiter gewachsen. Die Forschung geht längst davon aus, dass wir auf eine 3 Grad wärmere Welt zusteuern.”
Die 3 Grad mehr, das ist die Botschaft, alles im Buch ist auf dieses Szenario ausgerichtet mit dystopischen Beschreibungen einer zukünftigen Welt mit diesen Temperaturen. Das frei lesbare Kapitel von Stefan Rahmstorf beginnt denn auch, das in einen Paleo-klimatischen Zusammenhang zu setzen mit dieser Abbildung:

Besonders interessant: Seit 5000 Jahren sei die globale Temperatur auf 1-2 zehntel Grad gleich, so Rahmstorf unter Verweis auf Proxy-Daten. Schon vor dem Schreiben des Buchkapitels gab es ganz andere Ergebnisse der Forschung zum Thema. So erschien 2020 eine Arbeit mit diesem Ergebnis:

Quelle: Fig. 8 der verlinkten Studie
Hier sehen wir ab 5000 Jahre „Before Presence“ (BP) einen Abfall um 0,3- 0,4°C bis 1950 von 7000 BP an sogar um ca. 0,5°C. Nix da mit einem wundersamen „eingebauten Thermostaten“, der klimatisch „himmlische“ Zustände in der Vergangenheit mit nur ganz geringen Schwankungen ermöglichte. Das war offensichtlich nicht so.
Zurück zu den 3° C mehr, von dem „die Forschung“ nach Meinung der Buchautoren ausgeht.
Aktuell recht genau 3 Jahre nach dem Vorstellen des Buches erschien nun eine Studie zum Thema: „Welche Temperaturen werden bis 2100 erwartet?“
Darin werden viele Kennzahlen betrachtet, es wird ausgeführt, dass es gute Erfolge bei der Minderung von Emissionen gibt, die jedoch durch das Wirtschaftswachstum in vielen Ländern nahezu kompensiert werden. Klima ist ja kein Selbstzweck, für den die sonstige Entwicklung angehalten wird. Jedenfalls nicht von verantwortungsvoller Politik. Klima ist eines der Faktoren und nicht der “alles Entscheidende”, wie es sich hierzulande einige wünschen. Das Ergebnis der vielen Modelle und Schätzungen:

Quelle: Fig. 7 der verlinkten Arbeit
Links der rot gestrichelten Linie die 2025 markiert, finden sich die beobachteten Temperaturen bis 2024, rechts davon die Erwartungen mit dem „Wahrscheinlich-Bereich“ in grün für eine vorangegangene Schätzung aus 2016, in Rot die aktuelle Projektion. Was sofort auffällt, ist die starke Reduktion des Bereichs am oberen Ende.
War im Jahre 2016 das Erreichen der beschriebenen 3°C mehr noch mit 26% Wahrscheinlichkeit eingepreist, so schrumpfte sie in 2025 auf noch 9%. Das ist nun beileibe nicht „das Ausgehen der Forschung von 3°C Erwärmung“, auch bei Herausgabe des PIK- Buches in 2022 war die Wahrscheinlichkeit nur nahe einem Viertel, statt der suggerierten nahe 100%. Laut IPCC war das 2022 also in Wirklichkeit “unwahrscheinlich”, das schrumpfte nun zu “sehr unwahrscheinlich”.
Der Median (das ist der Wert mit der höchsten Wahrscheinlichkeit) liegt nun bei 2,4 °C, er ging damit leicht zurück um 0,2 °C seit der letzten wirklich wissenschaftlichen Schätzung in 2016. Er könnte sich sehr gut weiter reduzieren, wenn es weitere Erfolge vor allem bei der Minderung der Emissionen im Schlüsselbereich Energie- Erzeugung geben wird, schaut man auf die Herausforderungen für Rechenzentren und KI-Anwendungen.
Hier hat z.B. Deutschland eine große Reserve, die hoffentlich bis 2100 mit einem Wiedereinstieg in Kernkraft angegangen wird.
Nun könnte man ja sagen: „Ob 3 Grad oder 2,4 Grad, das ist kein großer Unterschied!“
Ist es wohl, denn die Landtemperaturen bei 2,4 Grand globaler Erwärmung werden dann ca. 3,5° höher sein als vorindustriell, bei angenommenen 3°C global wären es wohl fast 4,5°C, also ca. 1 °C im Mittel mehr. Und das macht einen gewaltigen Unterschied beim Umgang bzw. der Anpassung an die Klima-Verhältnisse bis 2100. Man sollte auch da nicht in tiefen Pessimismus verfallen, reichlich 2°C des Hubes sahen wir bereits bis 2024.
Und noch ein Aspekt: Es gibt eine „Prognose“ der WMO, die 3°C bereits für 2050 sieht, wir berichteten. Auch da stand der Mitautor Stefan Rahmstorf des „3 Grad mehr -Buches“ im Mittelpunkt mit seinem „Gestammel“ dazu in einem Interview des ZDF.
Die Forschung auf dem Gebiet hält ein Erreichen von 3 Grad mehr bis 2100 heute für sehr unwahrscheinlich, für 2050 war das schon im Jahre 2016 zu 100% ausgeschlossen, wie auch heute.
Das wäre die Antwort eines Fachmannes, der den Stand aktueller Forschung als Botschafter von Wissenschaft überbringt. Diese Rolle sollte auch ein Klimawissenschaftler spielen und nicht die von Monster-Darstellern in einer Geisterbahn, die das Publikum erschaudern lassen wollen.
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Leserbrief von Dr. Gerhard Reinmüller:
Ende des Energiewendestaates und Greenout.
Der Beitrag in den KN vom 7.Okt.“Golfstrom kollabiert“ bei n-tv brachte wieder einmal meinen Toleranzpegel zu Überlaufen.
Da gibt es Personen die mit öffentlichen Geldern erhalten werden, egal ob Redakteur Scheel oder Prof .Rahmstorf /PIK und die sich nicht genieren die Bevölkerung mit Falschaussagen zu bearbeiten, mit dem einzigen Ziel sie zu einem von destruktiven links-grünen Gruppen gewünschten Narrativ zu bringen.
Ein Narrativ der nichts anderes bedeutet als Lüge und Zerstörung.
Zuerst führten die antimodernen, technik- und industriekritischen, öko-romantischen Denktraditionen gepaart mit dem Block von Anti-Atom Parteien der linken Mitte
zu einer Verteufelung der Kernenergie und Vergottung des Kleinen, Dezentralen als Selbstzweck.
Die Erneuerbare Energiewende baute auf einer Angstbotschaft über die Gefahren der Kernenergie auf und präsentierte die Freudenbotschaft, dass Erneuerbare mit Kohlekraft und Gas viel besser seien als Kernenergie.
Die Vorgehensweise ist ähnlich wie wir sie von Religionen kennen, mit Finsternis und Verdammnis auf der einen Seite und Paradies auf der anderen Seite.
Die Freudenbotschaft von der leichten Ersetzbarkeit der Kernkraft hat sich wie die Energiesituation in Deutschland zeigt leider als Lebenslüge herausgestellt.
In den KlimaNachrichten vom 12.06.2025, wies Herr Prof. Dr. Vahrenholt wiederholt auf die Nachteile des Ausbaus der Erneuerbaren Energien hin, wie De-industrialisierung, Wohlstandsverluste, Zerstörung der Landschaft und Lebensräume, Überforderung der Staatshaushalte (die Gesamtkosten der Energiewende bis 2045 werden von Frontier Economics mit 4800 bis 5400 Milliarden beziffert – ein Irrsinn!), sowie die Nicht-Gewährleistung einer gesicherten, frequenzstabilen Stromversorgung und betonte, dass sie auch an der Knappheit kritischer Metalle scheitern wird, wie dies schon von Simon Machaux vom Finnischen Geologischen Dienst klar berechnet wurde.
Von besonderer Brisanz sind auch die Feststellungen von Prof. Ganteföhr zur Realität der Deutschen Energiewende:
Deutschland exportierte bis 2023 Strom, seit jedoch die KKW im April 2023 abgeschaltet wurden muss Deutschland Strom importieren, denn die Erneuerbaren allein reichen trotz des enormen Ausbaus nicht aus, das Land zu versorgen.
Im Monitoringbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wird diese Fehlentwicklung auch klar angesprochen.
Im 1. Halbjahr stieg der Anteil der erzeugten Strommenge an Photovoltaik, der zu negativen Preisen eingespeist wird, auf 29%!
Fast ein Drittel des erzeugten Photovoltaik-Stroms ist praktisch wertlos und wird trotzdem bislang mit Milliardenbeträgen vergütet.
Trotzdem reicht der erzeugte Strom nicht aus, das Land mit seiner Wirtschaft verlässlich zu versorgen.
Ohne das Ausland gäbe es schon heute in Deutschland jeden Tag großflächige Stromabschaltungen!
Übertragungsnetzbetreiber erwarten für Herbst dieses Jahres unangenehme Entwicklungen in Form von hohen Strompreisen und danach dann auch kontrollierte Lastabschaltungen.
Glaube darauf hätte auch im Monitoring Bericht zur Energiewende eingegangen werden müssen, denn ohne ein Umsteuern in der Energiepolitik und einem Loslösen von den selbstzerstörerischen Zielen des europäischen Alleingangs in der Klimapolitik wird ein weiterer wirtschaftlicher Niedergang Deutschlands nicht zu stoppen sein.
Der grüne Energiewendestaat schuf eine Domestizierung der Kritik über die unterwanderten Institutionen und gesteuerte Medien, wie es in einer Demokratie bisher nicht vorstellbar war, so dass es jahrelang verpönt war auf die Krise der Industrie hinzuweisen.
Glaube Herr Prof. Vahrenholt war einer der wenigen der offen auf die Gefahr der De-Industrialisierung hinwies, während Branchenvertreter oder Industriekapitäne stillhielten bzw. sich an den grünen Zeitgeist anbiederten.
Viele bejubelten und befeuerten sogar den Strukturwandel, egal ob Atomausstieg oder Verbrenner-Aus.
Dabei war es vom Beginn an klar, dass ein Energiesystem das nur auf Wind und Sonne setzt die industrielle Basis im Land gefährden wird.
Wie in meinem LB vom 31.01 2025 dargestellt nähert sich Deutschland dem GREENOUT, d.h. die grüne Politik bringt Störungen im Wirtschafts- und Energiebereich die zu einer Zerstörung des demokratisch -kapitalistischen Systems führen werden.
In meinem LB vom26. April 2025 hatte ich auf die Tagung am IIASA Institut im Jahre 1977 hingewiesen, bei der eine Strategie gegen die „harten“ Energien (Kernenergie, Fossile) aufgebaut und vorgeschlagen wurde mit den „soft“ Energien (sog. Erneuerbare) eine politische Waffe für einen Systemwechsel zu schaffen.
Heute nahezu 50 Jahre später wird am IIASA Institut unter Schellnhuber, der ja als Gründer des PIK wesentlich für den Atomausstieg und die deutsche Energiewende verantwortlich war und mit seinen KIPPPUNKTEN traurige Berühmtheit erlangte, immer weiter in der gleichen Richtung vorgegangen.
Am 29.09.2025 fand dort die OVERSHOOT Konferenz statt, in welcher das „Überschießen der Pariser Klimaziele“ behandelt und Gedanken zum Reparieren präsentiert wurden.
Ähnlich wie beim Atom-Aus war es auch beim Verbrenner-Aus.
Obwohl man darin einen Angriff auf die deutsche technische Dominanz am Automobilsektor sehen konnte, zeigten sich viele Unternehmensvertreter nahezu euphorisiert vom Elektroauto und dienten sich dem herrschenden grünen Zeitgeist an. Einzig BMW hielt am Verbrenner fest und setzte auf Technologieoffenheit, musste sich dafür aber starker medialer Kritik aussetzen.
Anm.: Von Kollegen weiß ich, dass VW in China Gespräche für E-Mobilität führte und dabei feststellen musste, dass China in der Entwicklung von E-Autos um Jahre voraus war.
Man kann es fast als erste Rettungstat für die deutsche Industrie sehen, dass Präsident Trump aus dem Pariser Klimaabkommen austrat und jetzt auch die Industriekapitäne langsam aufwachen.
Nur läuft Europa und der deutschen Industrie die Zeit davon und es müsste schnellstens gehandelt werden um einen GREENOUT mit Zerstörung des Wirtschaftsstandortes und der Lebensgrundlagen der Bevölkerung
in nahezu letzter Sekunde zu vermeiden.
Mit den besten Zukunftswünschen und herzlichen Grüßen
Dr. Gerhard Reinmüller
dzt. Baden
Anhang: Über die mögliche Reaktivierung der Kernkraftwerke wurde von Herrn Prof. Vahrenholt schon viel geschrieben, so dass ich sie hier als Sofortmaßnahme nicht wiederholen muss.
Dennoch möchte ich auf den von deutschen Technikern entwickelten Dual Fluid Reaktor der 4. evtl. 5. Generation hinweisen, von dem derzeit in Rwanda ein Prototyp mit 300 MW und geschätzten Kosten von 6 Mrd. Euro gebaut wird ( was ja eine Lappalie im Vergleich zu den immensen Milliardenbeträgen die laufend für Erneuerbare ausgegeben werden ist) , und der bis 2028 fertig sein soll. Mit einer Rückholung nach Deutschland und seiner Serienerzeugung könnte ein wesentlicher Beitrag zu einer gesicherten Stromversorgung mit niedrigen Strompreisen geleistet und ein einzigartiges Exportprodukt geschaffen werden.