Die 2,5°C-Erwärmung seit Beginn der Messungen beim DWD oder: Was ein einzelner Vulkan anrichtet 

Von Frank Bosse

Wir hatten schon über die seit Anfang April 2025 benutzte „Trendermittlung“ beim DWD und mögliche Probleme dabei berichtet.  

Schließlich gründete sich dieser Satz aus der Presseerklärung darauf:  

„Das Ergebnis der neuen Methode sei ernüchternd: Deutschland hat sich im Vergleich zur frühindustriellen Zeit bereits um 2,5 ⁰C erwärmt“ 

Benutzt man nämlich eine „klassische“ Methode (z. B. dekadische Mittelwerte über die ersten und letzten Jahre der Datenreihe) so stehen da nur ca. 2°C Erwärmung zu Buche. Was macht die „neue Methode“ (ein „Loess-Trend“ über 42 Jahre) also anders?  
Im oben verlinkten Artikel wurde darauf aufmerksam gemacht, dass beide Enden der Datenreihe bei einem „Loess Trend“ problematisch sind, weil er da nur schätzt.  
Auch am Anfang (hier 1881 beim DWD) stehen nämlich nicht 42 Datenpunkte, sondern nur 21 zur Verfügung, also muss geschätzt werden. Das ist insbesondere dann fehlerbehaftet, wenn da große Variabilität im Spiel ist und sich das Verfahren dann gerne verschätzt.  

Und genau das ist der Fall, wenn eine Temperaturreihe 1881 beginnt. Es begab sich nämlich, dass im Jahre 1883 ein Vulkan ausbrach: Krakatau. Der Ausbruch muss gewaltig gewesen sein. Der Knall soll sogar noch in 4.800 Km Entfernung zu hören gewesen sein und die Druckwelle umrundete 7x die Erde. Kein Wunder, dass die Aschewolken und starke Auswürfe bis in die Stratosphäre hinauf erhebliche Auswirkungen auf das Klima hatten.  
Er sorgte weltweit für zeitlich (klimatisch) relativ kurze Abkühlung, man nennt es „Vulkanantrieb“. Wissenschaftler studieren das und bestimmen, welchen Einfluss welche Vulkane und andere treibende Elemente hatten. Ein Blick auf die Zeit 1850- 1900 in Verbindung mit den Temperaturen in Deutschland nach DWD: 

Links ist dieser Antrieb („Effective Radiative Forcing“, grau) aufgetragen, auf der rechten Ordinate sind die Temperaturen nach DWD vermerkt (grün). Mit der bei solchen Vulkanausbrüchen üblichen Zeitverzögerung reagierten auch die deutschen Temperaturen auf den negativen Antrieb von ca. 2W/m² mit einem temporären Rückgang.  
Die Eruption in 1883 wird noch etwas als stärker klimawirksam bewertet (+6%) als der mächtigste Ausbruch des ganzen 21. Jahrhunderts: der des Pinatubo im Jahre 1991. Das verraten die Daten zum Strahlungsantrieb. Sollten die 0,5 °C zusätzliche Erwärmung bis heute von diesem Vulkan im Jahre 1883 verursacht worden sein? Jedenfalls reagiert der Loess -Trend mit Einbezug von 42 Jahren an Daten eindeutig auf diese wenigen Jahre. Ersetzt man sie nachträglich durch Temperaturen um den Mittelwert der Jahre darum herum (grün), ist sein “Absturz” (blau) nicht mehr zu sehen:  

Eine Spurensuche. 

Es ist immer sehr ungünstig für die „Loess Methode“, wenn da unmittelbar nach dem Beginn so viel „Bewegung“ in den Daten ist. Daher versuchen wir, auch frühere Daten als 1881 zu ermitteln, um den Auswertungsstart zeitlich weg zu bekommen von der Eruption selbst. Eine Temperaturreihe leistet dies: „Berkeley Earth“ oder auch „Best“ für “Berkeley Earth Surface Temperature”. Sie liefert Daten ab 1750. Wir benötigen welche für 1860-1900 und laden sie für das Deutschlandmittel herunter.  
Sie beinhalten einen „Überlappungsbereich“ mit den DWD-Daten von 20 Jahren Dauer: 1881-1900, um zu prüfen, ob sie da hinreichend mit den DWD-Daten übereinstimmen. Das Ergebnis dafür ist sehr ermutigend:  

Zu 99% stimmen beide Datenreihen überein, wie eine Regression zeigt. Das ist erstaunlich gut.  
Nun können wir beruhigt die DWD-Daten vor 1881 mit die „Best“ Daten ergänzen, sind allerdings vorsichtig mit dem Analogieschluss: Wir belassen es bei 11 Jahren bis zurück zu 1870: 

Ab 1881 werden dann die Originalwerte des DWD verwendet. Damit ist der „Loess-Trend“ bei 1881 kaum mehr von den kritischen Startjahren beeinflusst, das Problem im anderen Fall ist für dieses Verfahren schon lange bekannt. Wir sehen, dass der „Krakatau“ Ausbruch nur real ca. 0,2°C Abkühlung brachte, das ist im Rahmen dessen, was man erwartet bei längerer Glättung über 42 Jahre.  

Weitere 0,3 °C fügten „Filterstörungen“ des DWD-Loess-Trends ab 1881 (rot im Bild) hinzu.  

Kommen wir auf den Satz der Pressemitteilung zurück.  
Was “ernüchterte” den DWD genau am 1.4.2025?  
Die Erwärmung durch vorrangig „anthropogenen Antrieb“ in Deutschland beträgt bisher ca. 2°C, das ist hinlänglich bekannt. Weitere 0,2°C kommen durch einen Vulkan 1883 real hinzu, das ist ein natürliches Ereignis und nicht mehr zu vermeiden. Läge der Beginn der Datenauswertung für den Temperatur-Hub bis 2024 bei 1870 oder 1905 mit praktisch nicht geändertem „anthropogenen Antrieb“, träten diese +0,2°C nicht auf.   

Weitere 0,3°C fügt eine für den Zweck ungeeignete Trendermittlung im Jahre 1881 allein durch das „Loess-Verfahren“ selbst hinzu, das die Temperaturen damals über Gebühr und fehlerhaft nach unten drückte. Insgesamt sind also 20% der Erwärmung bis 2024 laut DWD auf einen Vulkan im Jahr 1883 (!) und seine fehlerbehaftete Abbildung durch die Trendmethodik zurückzuführen. Nicht wenig.  

Oder sollte das Verfahren gewählt worden sein für diese “Schein- Ernüchterung“ beim DWD?  
Dass die Wissenschaftler da die Nachteile und Eigenheiten ihres „neuen Verfahrens“ nicht kannten, ist jedenfalls sehr unwahrscheinlich.            

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