Von Frank Bosse
Das war eine Überraschung, ausgerechnet am 1. April! Der DWD gab mit einer Pressemitteilung bekannt:
…Der DWD wird deshalb künftig eine neue Klimatrendlinie nutzen, die den zuletzt beschleunigten Temperaturanstieg deutlich besser abbilden kann. Das Ergebnis der neuen Methode sei ernüchternd: Deutschland hat sich im Vergleich zur frühindustriellen Zeit bereits um 2,5 ⁰C erwärmt….
Er gab auch bekannt, welche Methode für die Trendermittlung er nun verwendet: Es ist ein Loess-Tiefpass.
Damit bestimmte man nun die Erwärmung von 1881 (der Beginn der Rohdaten für die Temperaturen beim DWD) und dem Ende der Reihe, dem Jahr 2024 und ermittelte 2,5°C. Das klingt evident. Klingt nur so!
Einer der schon lange bekannten Nachteil eines Loess- Filters ist, dass er den Beginn und das Ende einer Datenreihe nur schätzen kann. Nehmen wir an, er berücksichtigt 30 Jahre beim Glätten. Er findet auch für das erste Jahr der Reihe einen Wert, obwohl das eigentliche Datenfenster dann nur 15 Jahre umfasst, hier von 1881-1896 am Anfang der Messungen und für 2009-2024 am Ende. Loess behilft sich dann mit Schätzungen, die sich jedoch mit jedem hinzukommenden realen Datenpunkt in Folgejahren ändern kann. Es gibt schlicht für 2024 noch keine Nachfolgemessung.
Das kann bei hoch variablen Daten zu großen Problemen führen. Der Autor dieser Zeilen wies gemeinsam mit Nicholas Lewis (Autor einer Reihe von oft zitierten Studien über das „Thema Nr. 1“ beim Klima: Die Empfindlichkeit oder Sensitivity des irdischen Klimasystems auf den Strahlungsantrieb sowie ausgewiesener Statistik-Experte) anlässlich einer Arbeit, die sich mit Trockenheit in Europa über mehrere Jahrhunderte befasste, bereits im Jahre 2021 darauf hin, hier zu lesen.
Wir machten darauf aufmerksam, dass der dort verwendete Tiefpass zwar eine deutliche „Delle“ nach 2016 produzierte, ebenfalls jedoch, weil es keine Nachfolgedaten am Ende gab. Wäre die Arbeit im Jahre 1950 geschrieben worden, hätte man das auch für die Jahre nach 1945 gefunden. Die Schlüsselabbildung:

Bild 1: Eine Reproduktion von Fig. 2. des Posts auf „Climate etc.“ Oben die Originalabbildung der besprochenen Arbeit, unten der Tiefpass (schwarz) mit dem Ende 1949. Der Dip da (= “sehr ungewöhnliche Trockenheit”) wurde später von Folgedaten größtenteils “eingeebnet“.
Das Problem ist also bei einem Loess-Filter: An beiden „Enden“ einer Datenreihe können Filterartefakte das Ergebnis des Tiefpasses verfälschen.
Um zu demonstrieren, welche Folgen das auch auf die Annahmen des DWD haben kann, wurde zunächst die Methode des Filters nachvollzogen.

Abb.2: Die Originalabbildung des DWD (oben) und die nachvollzogene Berechnung mit Originaldaten und dem Loess-Tiefpass (Schwarz) sowie dem linearen Trend (rot) 1881-2024.
Das Ergebnis ist identisch. Die Methode funktioniert also.
Nun wird gezeigt, welche Auswirkungen es auf den Loess – Tiefpass hat für die Temperaturen ab 1980.

Abb. 3 Deutschland-Temperaturen nach 1980.
Es sind 4 Fälle beschrieben:
- Die Daten seien nur bis 2010 bekannt, die Umstellung des DWD auf Loess- Filter wäre 2011 erfolgt. Man hätte bei der Filterkurve (blau fett) abgelesen: Temperatur geglättet in 2010: 9,36 °C.
- Die Daten seien bis 2015 bekannt (gelb). Für 2010 hätte man dann gefunden: 9,41°C und für 2015: 9,46 °C
- Die Daten seien bis 2024 bekannt, der Fall ist real. Für 2010 liest man nun ab: 9,5 °C, für 2015: 9,69°C und für 2024:10,44 °C
- Es sind (hypothetische) Werte für 2025 und 2026 angefügt, die weniger warm sind. Das ist so unwahrscheinlich nicht, war doch das erste Quartal 2025 in Deutschland im Mittel recht genau 2°C kühler (in der “Nomenklatur” hätte man zu formulieren: “weniger heiß” 😉) als 2024, in ganz Europa waren es 0,8°C. Angenommen also, es würde für das Jahr 2025 eine 1°C geringere Temperatur festgestellt als 2024 und 2026 wäre nur wenig wärmer als 2025.
Das ist der gestrichelte Fall in Abb.3. Auf einmal würde man die Temperatur für 2024 nicht mehr zu 10,44 °C definieren durch den Loess-Filter, sondern 10,22°C, über 2/10 °C weniger, obwohl sich die Daten bis 2024 selbst überhaupt nicht geändert haben!
Das ist etwas, was für einen „rechtschaffenden Buchhalter“, wie es der DWD für Daten zu sein hat, nicht hinnehmbar ist, sollte man meinen. Man wollte wohl auch einen „Klima-Schaueffekt“. Hätte man wenigstens den Unsicherheitsbereich erwähnt, er ist in Abb.2 oben vom DWD kaum sichtbar in blass-grau vermerkt. Man war sich voll bewusst über die Eigenschaften des Tiefpasses, der graue Bereich wird zu den Enden hin größer und das führt zu einer Unsicherheit von ca. +-0,5 °C dort. Die kommunizierten “ernüchternden” 2,5 °C sind also recht unsicher bei Licht besehen, denn es kommt ja noch die Unschärfe bei 1881 hinzu für die Differenz. Nur nicht in der Pressemitteilung.
Am Ende gilt wohl auch für den DWD: Show oder „rechtschaffender Buchhalter“, eines geht nur.