Vom Ende her denken

Vom Ende her denken, war ein beliebter Spruch der Ex-Kanzlerin Merkel. Im Fall von Windkraftanlagen und Autobatterien scheint man das nicht wirklich gemacht zu haben. Nach mehr als 20 Jahren Energie- und Verkehrswende dämmert es nun, dass man für bestimmte Teile Recycling-Konzepte braucht. Der Deutschlandfunk thematisiert das.

Christian Kühne ist Geschäftsführer vom Thinktank Industrielle Ressourcenstrategien am Karlsruher Institut für Technologie. Der berät Politik und Industrie zur effizienten Nutzung von Ressourcen – gute Recyclingstrategien für Windräder gehören dazu. So eine Anlage bestehe typischerweise zu „65 Prozent aus Beton und 35 Prozent Stahl, plus minus“, so Kühne. Übrig bleibe weniger als ein Prozent Material, das nicht recycelt werden kann – und zwar die Rotorblätter.

Insgesamt sind sich alle Fachleute einig: Etwa 97 Prozent eines Windrades sind recht einfach zu recyceln. Es gibt erprobte Verfahren, die nicht immer einfach sind, aber handhabbar. Bleiben die übrigen drei Prozent: Es sind die weithin sichtbaren Flügel des Windrades. Hier wird es nun besonders schwierig.

Warum sind die Rotorblätter so schwer zu recyceln?

Windradflügel bestehen im Wesentlichen aus vier Komponenten. Das sind Balsaholz und Metalle – beide leicht zu entsorgen oder zu recyceln. Die beiden anderen Komponenten sind Kunststoffe, die mit Glasfasern oder mit Karbonfasern verstärkt werden.Diese Mischung aus Karbon- oder Glasfasern und Kunststoffen sind beim Bau der Rotorblätter sehr wichtig, aber sie sind nur schwer zu recyceln. Denn sie lassen sich kaum wieder in ihre Ursprungsbestandteile zerlegen. Bislang gibt es jedenfalls noch kein im industriellen Maßstab nutzbares Verfahren, mit denen sich die Karbon- oder Glasfasern aus dem Kunstharz lösen lassen.

Es scheint Weiterentwicklungen zu geben, aber die betreffen natürlich nur neue Anlagen. Jedes Jahr laufen Altanlagen aus und die haben noch die problematische Werkstoffe.

Erste Schritte sind gemacht: Siemens Gamesa, eine spanische Tochter von Siemens Energy, hat 2021 die ersten vollständig recycelbaren Rotorblätter produziert. Mithilfe eines neuen Kunstharzes, der sich mit einer milden Säure auflösen lässt: So können Harz, Glas- und Holzfasern voneinander getrennt werden. In etwa 20 Jahren wird man wissen, wie gut sich diese Rotorblätter wirklich recyceln lassen. Ein anderes Unternehmen hat ebenfalls ein Verfahren zum Recycling von Rotorblättern entwickelt. Dabei werden Rotorblattstücke in einem Labor mit Spektralanalyse und Gaschromatografie analysiert – dann zerkleinert, sortiert und in einem speziellen Verfahren mit Holzfasern gemischt. Die Masse aus Holzabfällen und dem Kunststoff-Granulat aus den Rotorblättern köchelt bei 170 Grad Celsius. Es entsteht eine zähflüssige Masse, die dann unter hohem Druck durch Formen gepresst wird. So entstehen Holz-Kunststoff-Elemente in verschieden Formen: Terrassendielen, Kanthölzer, Eisenbahnschwellen oder Bretter, die in einer eigenen Schreinerei weiterverarbeitet werden. Auch im 3-D-Drucker lässt sich das Material beispielsweise zu Bausteinen formen. Doch als industrielle Lösung ist das Verfahren laut Experten wohl nicht geeignet.

Mercedes Benz nimmt sich des Thema Recycling von Batterien an, wie Winfuture berichtet. Jetzt schon. 

Mercedes-Benz hat im baden-württembergischen Kuppenheim seine erste Batterie-Recyclingfabrik in Betrieb genommen. Die hochmoderne Anlage markiert einen wichtigen Schritt in Richtung nachhaltige Elektromobilität, so der Autobauer. Mit einer Jahreskapazität von 2500 Tonnen sollen hier künftig ausgediente Batterien von Elektrofahrzeugen aufbereitet und wertvolle Rohstoffe wie Lithium, Nickel und Kobalt zurückgewonnen werden. Die neue Fabrik setzt auf ein integriertes mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren, das Mercedes-Benz als erstes Unternehmen in Europa in dieser Form einsetzt. Dabei werden die Batterien zunächst mechanisch zerkleinert und anschließend in einem chemischen Prozess bei niedrigen Temperaturen von bis zu 80 Grad Celsius weiterverarbeitet. Diese Methode ermöglicht es, bis zu 96 Prozent der Batteriematerialien zurückzugewinnen – deutlich mehr als bei herkömmlichen Recyclingverfahren.

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Wer hätte gedacht, dass der Blick auf die Wetterkarte einmal so wichtig sein wird. Wind und Sonne sind umweltabhängige Energiequellen, daher wird das Wetter immer wichtiger. In nächster Zeit könnte es zu stabilen Hochdruckgebieten kommen, mit wenig Wind. Da die Sonne bereits tief steht, haut die These, dass sich die beiden Erzeugungen ergänzen nicht wirklich hin. Uns stehen Zeiten mit hohen CO2-Emissionen bevor. Montelnews:

Die Windeinspeisung sollte in der kommenden Woche bei 7,5 GW mitteln und damit um mehr als 20% unter dem saisonalen Durchschnitt liegen, erwartete der britische Wetterdienst Met Desk. In der Folgewoche erwartete der Dienst 15,4 GW im Schnitt, mehr als 10% unter normal. Andere Prognosen zeigten in die gleiche Richtung. Der schwedische Dienst SMHI erwartete eine „eher schwache” Windeinspeisung kommende Woche in einer Spanne von 5-15 GW, während die Folgewoche noch leicht unter normal bleiben sollte.Allerdings erwartete Met Desk eine überdurchschnittliche Solareinspeisung, die kommende Woche bei 3,7 GW und in der Folgewoche bei 3,4 GW mitteln sollte.

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Die Rache des Journalismus ist das Archiv. Der Traum von Robert Habeck aus 2011 wird wahr:

Wir brauchen keine Autofirmen.

Gesagt hat er das im Interview mit der taz und das hinterläßt nach 13 Jahren doch einen eigentümlichen Eindruck vor dem Hintergrund möglicher Werksschließungen bei VW. Innerlich müsste Habeck sich doch eigentlich freuen. Angst vor Lobbys hat er auch, ansonsten wäre er den Ideen seines geschassten Staatssekretärs Graichen nicht so unkritisch gefolgt. Graichen hielt schon die Grundstoff-Industrie in Deutschland für entbehrlich und energie-intensive Industrien sowieso. Sollen sie doch gehen war die Devise. Jetzt gehen sie.

Er hasste auch das Gasnetz und hätte es am liebsten zerstören lassen. Wobei „hätte“ ist falsch, der Geist von Graichen wirkt nach.Weil der bockige (oder arme) Bürger nicht auf die Wärmepumpe umsteigt, wird man es ihm jetzt über politisch gewollte hohe Gaspreise schmackhaft machen. Die Erhöhungen der Netzentgelte sind ein erster Schritt. Wer nicht hören will, muss fühlen.

Robert Habeck: Ja, das sehe ich wie Kretschmann. Und die wenigeren Autos müssen weniger Benzin verbrauchen als heute.

Ist Kretschmann bei seinem Versuch, das Denken über Wirtschaft zu verändern, zu dröge oder zu forsch?

Ich finde, Kretschmann macht das cool. Ich stehe auf Menschen, die klar sagen, was Sache ist. Und ich wünsche mir das auch von Ministerpräsidenten. Das ist doch das, worunter wir alle leiden: dass Leute nur noch in Phrasen reden, aus Angst vor Lobbys oder davor, irgendwo anzuecken.

Winfried Kretschmanns Kritiker vom kleineren Koalitionspartner SPD sagen, dass weniger Autos auch weniger Wohlstand bedeuten.

Das ist aber falsch. Vermutlich werden weniger Autos noch nicht mal zu weniger Wirtschaftswachstum führen, sondern zu neuen Branchen. Ganz sicher aber nicht zu weniger Wohlstand. Das kann aber die alte Wachstumstheorie, orientiert am Bruttoinlandsprodukt, nicht beschreiben – und die SPD nicht begreifen.

Vermutlich hat Habeck das tatsächlich vom Ende her gedacht!?

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Martin Schlumpf berichtet am 21. Oktober 2024 im Nebelspalter: 

Atomstrom braucht am wenigsten Land – Schlumpfs Grafik 129

Vor einer Woche habe ich hier gezeigt, dass Strom aus Kernkraftwerken den geringsten Ressourcen-Fussabruck aller kohlenstoffarmer Stromerzeuger hat. Heute ergänze ich dieses Thema, indem ich auf einige Aspekte des Landverbrauchs verschiedener Stromquellen eingehe. Auf der Basis von Zahlen der Vereinten Nationen ist das Resultat wiederum eindeutig: die Kernenergie benötigt am wenigsten Land.

Was wichtig ist:

–       Kernenergie ist diejenige Form der Stromerzeugung, die weitaus am wenigsten Land pro erzeugte Energiemenge beansprucht.

–       Dabei ist neben dem Platzbedarf für die Kraftwerke auch der Landverbrauch für die Beschaffung der Ressourcen für Bau, Betrieb und Stilllegung der Anlagen berücksichtigt.

–       Dagegen benötigt Solarstrom vier- bis 63-mal mehr Land.

–       Beim Windstrom, wo die Rechnung umstritten ist, kann es bis zu mehrere Hundert mal mehr sein.

Mein Beitrag stützt sich auf den Artikel «Wie schneidet die Landnutzung verschiedener Stromquellen im Vergleich ab?», den die britische Datenwissenschaftlerin Hannah Ritchie auf «Our World in Data» 2022 publiziert hat (siehe hier). Ich empfehle den Besuch dieser umfassenden Daten-Webseite sehr: Das Team um den Gründer Max Roser hat sich dem Motto verpflichtet: «Was müssen wir wissen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen?» (siehe hier).

Weiterlesen im Nebelspalter. Auch verfügbar auf schlumpf-argumente.ch.

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