Fritz Vahrenholt: Die neueste CO2-Bilanz

Monatlicher Newsletter von Fritz Vahrenholt

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Einstieg erhalten Sie wie bereits gewohnt meinen Monitor zum weltweiten Temperaturanstieg. Man erkennt, dass der Einfluss des El-Ninos zurückgeht, so dass in den nächsten Monaten mit einem starken Rückgang der globalen Mitteltemperatur zu rechnen ist.  Die aussergewöhnliche Erwärmung der letzten Jahre ist im Wesentlichen auf den El Nino, den Vulkanausbruch Hunga Tonga  2022 sowie die erhöhte Durchlässigkeit der Wolken für die Solareinstrahlung zurückzuführen. Der ausgeprägte Temperaturanstieg von 2022-2024 kann nicht allein von CO2 verursacht worden sein, denn die Zunahme der CO2-Emissionen ist in den letzten Jahren gebremst worden. In der nächsten Grafik sieht man in der roten Linie die sich abschwächenden Emissionen und die Verbesserung der CO2- Bilanz durch Aufforstung und stagnierende Waldrodung.

Der brandneue Bericht Statistical Review of World Energy des Londoner Energy Institutes (früher von BP verantwortet, nun von KPMG und AT Kearney) zeigt, dass die Verminderung der CO2-Emissionen in Deutschland, England, Japan und USA durch das extreme Wachstum in Südostasien zunichte gemacht wird. Niemand wird den Nachholbedarf von China und Indien in Frage stellen. Doch in Frage stellen sollten wir sehr wohl, ob das Ziel einer Nullemission bis 2045 in Deutschland gerechtfertigt ist, wenn dies zu einer Zerstörung des Wohlstands in Deutschland führt. Denn selbst wenn Deutschland seine sämtlichen CO2-Emisisonen  (2023: 589 Mill. t CO2, Quelle Energy Institute, S.18) auf Null bringen würde, würde dies allein durch das Wachstum in China in einem einzigen Jahr wieder wettgemacht.

Das Ziel von Null CO2-Emissionen in Deutschland führt zur Deindustrialisierung bei gleichzeitig steigenden CO2-Emission weltweit

Im Mai 2024 ging der Wert der deutschen Exporte kalender- und saisonbereinigt um 3,6 Prozent zurück, besonders dramatisch sank der Export nach China um 10,2 Prozent. Die Industrieproduktion ging im Mai um 2,5 % gegenüber dem Vormonat zurück und erreichte damit den niedrigsten Stand seit 4 Jahren. Eine der wesentlichen Ursache sind die nach wie vor deutlich höheren Strompreise in Deutschland. Sie steigen auf Grund der Energiewende durch stark ansteigende Netzkosten sowie durch die hohen Kosten der CO2-Zertifikate von Gas -und Kohlekraftwerken.

Daher liegen die Stromerzeugungskosten in Deutschland etwa doppelt so hoch wie in Frankreich und dreimal so hoch wie in China und den USA. Der Arbeitgeberverband Metall und die IG Metall sehen „bedrohliche Symptome einer Deindustrialisierung“. So hieß es in ihrer gemeinsamen Mitteilung: „Die Bundesregierung muss allem voran für konkurrenzfähige Energiekosten sorgen sowie attraktivere Investitionsbedingungen schaffen.“

Seit drei Jahren Ampelregierung werden Jahr für Jahr etwa 100 Milliarden € von deutschen Unternehmen im Ausland investiert. Umgekehrt werden nur noch 22 Milliarden von ausländischen Unternehmen in Deutschland investiert. Um die Zahlen einordnen zu können:  Das Statische Bundesamt gibt für die Schaffung eines Arbeitsplatzes eine Investition von 500 000 € im produzierenden Gewerbe an. Das bedeutet, dass mit 100 Milliarden € Investitionen jährlich 200 000 Arbeitplätze im Ausland geschaffen werden, und das Jahr für Jahr.  Das sind die bitteren Folgen einer grünen deutschen Politik, die im Alleingang die CO2- Emissionen auf Null bringen will.

Bis 2030 will Deutschland aus der grundlastfähigen Kohleverstromung aussteigen, nachdem es bereits aus der Kernenergie ausgestiegen ist. Der Bericht des Energy Institutes zeigt das ungebrochene Wachstum der Kohleverbrennung in China und Südostasien und die Wirkungslosigkeit des deutschen Vorgehens zur Reduktion der weltweiten CO2-Reduktion.

Diese Grafik (Quelle: Energy Institute)  sollte allen rot-grün-gelben Träumern von einer Vorreiterrolle Deutschlands und Europas entgegengehalten werden.  56 % des Kohleverbrauchs der Welt findet in China statt. Warum Träumer? Wir erinnern uns an Frau Baerbocks Aussage im Wahlkampf 2021: „Die nächste Regierung ist die letzte, die noch aktiv Einfluss auf die Klimakrise nehmen kann.“

Deutschlands Einfluss auf die weltweite CO2-Emission ist nahe Null, belastet aber seine Bürger und seine Industrie mit jährlichen zweistelligen Milliardenbeträgen durch CO2-Abgaben. Deutschlands Hauptwettbewerber China, Exportweltmeister, produziert Güter ohne Rücksicht  auf die Kosten zur  CO2-Vermeidung. Seit 2013 hat Deutschland seine Emissionen um 27,7 % reduziert ( von 815 Millionen Tonnen CO2 auf 589 Millionen Tonnen CO2). China hat in der gleichen Zeit seine Emissionen von 10 444 Millionen Tonnen auf 12 603 Millionen um 21 % erhöht. (Quelle : Energy Institute, Download S.18). Seit Beginn der Ampel-Regierung ist die CO2-Verminderung in Deutschland geprägt durch einen Rückgang der energieintensiven Industrieproduktion.

Nun wird bei einem Vergleich Chinas mit Deutschland immer daraufhingewiesen, dass doch China eine viel höhere Bevölkerungszahl hat. Doch teilt man die Emissionen durch die Bevölkerungszahl (83 Millionen in Deutschland bzw 1425 Millionen in China), so kommt man zu einer pro Kopf-Emission in Deutschland von 7,1 t/ Kopf und in China von 8,9 t/ Kopf. Von den durchschnittlichen Emissionen der Weltbevölkerung von 5 t CO2/ Kopf ist Deutschland nicht mehr weit entfernt. Das Ziel der Nullemission wird in diesem Kontext immer fragwürdiger. Der Bericht des Energy Institutes (s.18) liefert darüberhinaus eine neue, wichtige Zahl für die politische Debatte: Deutschland hat 2023 nur noch einen Anteil von 1,5 % an der CO2-Emission der Welt.

Es gibt noch zwei weitere Märchen, mit denen der Bericht des Energy Institutes aufräumt. Oft hört man: Indien und China würden ja viel mehr in Solarenergie investieren als in Kohle. Das ist falsch. In Indien wuchs die Stromerzeugung durch Kohle 6,5 mal schneller als durch Solar; in China 2 mal schneller. Von Substitution von Kohle durch Solar ist nirgendwo die Rede.

Das zweite Märchen ist, dass weltweit der Zuwachs an Stromerzeugung durch Solar und Wind größer sei als der Zuwachs der Stromerzeugung durch fossile Energien. Der Ölverbrauch durchbrach in 2023 erstmals die 100 Millionen Barrel Grenze (plus 2 %), der Kohleverbauch stieg auf einen neuen Rekord (plus 1,6 %). 81,5 % der Weltprimärenergieversorgung stammt aus Kohle, Öl und Gas. Aber nur 2,7 % stammt von Wind und Solar, den Technologien, auf die Deutschland allein setzt. Zwar sind die Zubauten an Solarflächen und Windkraftwerken auf Rekordkurs, aber der wachsende Energiehunger ist größer. Der Zuwachs an Kohle, Öl und Gas ist größer als der Zubau an Solaranlagen und Windkraftanlagen.

Ist der weltweite CO2-Zuwachs kritisch? 

Trotz der ungebrochenen Dominanz der fossilen Energieversorgung ist keine Katastrophenstimmung und schon gar keine Katastrophenpolitik angesagt. Trägt man nämlich die reale Entwicklung in die Szenarien des Weltklimarats ein, so wird immer deutlicher, dass das katastrophale Szenario (RCP 8.5. s. u.), das eine Verdreifachung der CO2 Emissionen annimmt, völlig irreal ist. Aber mit diesem Szenario wird Politik gemacht. Achten Sie darauf, wenn wieder mal von einer Klimastudie hören, Katastrophenstimmung erzeugt. Sie fusst dann in der Regel auf diesem völlig irrealen Szenario. Die reale Entwicklung entspricht eher dem RCP 4.5-Szenario in der folgenden Grafik mit einem leichten Anstieg bis 2050.

Für das RCP 4.5-Szenario sagt der Weltklimarat IPCC eine Erwärmung von etwa 2,7 Grad – also noch weiteren 1,5 Grad gegenüber heute voraus. Diese Annahme steht auf tönernen Füssen. Denn ich konnte im letzten Newsletter zeigen, dass drei Viertel der Erwärmung der letzten Jahre auf den Rückgang der Wolkenbildung zurückzuführen ist. Es gibt eine CO2-bedingte Erwärmung, auf die man sich aber einstellen kann. Aber die Katastrophe können wir getrost absagen.

Was macht die Bundesregierung ? 

Würde die Bundesregierung die Erkenntnisse des Energy Reviews zur Grundlage ihrer Politik machen, könnte Sie die Zumutungen für Bürger und Industrie, von Heizungsgesetz bis Verbrennerverbot, von Kohleausstieg bis zur unbezahlbaren Wasserstoffwirtschaft bei Seite schieben. Doch die Bundesregierung legt sich immer weiter auf das Null-CO2 Szenario fest, das auf den irrealen Extremszenarien (u.a. RCP 8.5) des Weltklimarates fussen. Sie hat in ihrem neu vorgelegten Haushaltsentwurf hohe Subventionen für Gaskraftwerke angekündigt, die später auf Wasserstoff umgerüstet werden sollen. Diese Subventionen will Herr Habeck  aus dem Klimafond nehmen, der gespeist wird aus der CO2-Abgabe in den Öl- und Gasrechnungen der Mieter und Vermieter sowie aus der CO2-Abgabe, die die Autofahrer an der Tankstelle zu entrichten haben.

Die Bundesregierung räumt ein, dass trotz dieser Subvention diese Wasserstoffkraftwerke nur dann wirtschaftlich betrieben werden können, wenn der CO2-Preis für Kohle- und Gaskraftwerke weiter steigt. Mit anderen Worten, die Bundesregierung räumt ein, dass der Preis des  Wasserstoffkraftwerksstroms deutlich höher liegen wird als die heutigen Strompreise. Man kündigt auch schon an, dass man  zur Finanzierung dieses teuren Wasserstoffstroms  die Verbraucher durch eine neue Stromsteuer zur Kasse bitten wird. Diese Steuer soll aber – so wird beruhigt – lediglich im niedrigen Nachkommastellenbereich liegen. Das hört sich an wie die Kugel-Eis-Schätzung der Energiewendekosten durch Jürgen Trittin. Wie sagte Robert Habeck im Januar 2022 zu seinen Energiewendeplänen: „Voll ins Risiko – und vielleicht gelingt es ja auch“. Diese Energiepolitik gehört dringend abgelöst.

Herzlichst
Ihr
Fritz Vahrenholt

PS: Wenn Sie Interesse an den Grafiken in höherer Auflösung im pdf-Format haben, schreiben Sie mir eine Mail.

 

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