Die Zeit der Politiker in Gummistiefeln

Von Frank Bosse

Das seit Tagen vorhergesagte Hochwasser in Bayern und Baden- Württemberg trat ab dem letzten Maientag ein. Tagelanger Dauerregen sorgte dafür. Ab dem 2. Juni entspannte sich die Lage etwas, blieb jedoch ernst. Gelegenheit für Politiker das Flutgebiet zu besuchen. Der „Landesvater“ Söder war natürlich mit von der Partie, auch der Wirtschafts- und Klimaminister Habeck (Grüne) machte Statements. Er verwies auf die Rolle des Klimas beim Ereignis:

 +++ 13:59 Wirtschaftsminister Habeck sieht Starkregen als Folge des Klimawandels +++
Wirtschaftsminister Robert Habeck mahnt mehr Anstrengungen für den Klimaschutz an, wenn die Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland überwunden sei. „Die Eindämmung der CO2-Emissionen, sodass wir genug Zeit haben, uns anpassen zu können, sollte nicht verlächerlicht oder weggedrückt werden, sondern ist oberste Priorität“, sagt Habeck bei einem Besuch im vom Hochwasser stark betroffenen Reichertshofen in Bayern. 

Viele taten es ihm nach, auf Twitter (nun X) findet man solche Statements zu Hauf:

(Abbildung: Screenshot „X“)

Die Verbindung zu so ziemlich allen Wahlkampfforderungen der Grünen zum Hochwasser wird immer wieder gesucht, und sei es das Tempolimit auf Autobahnen. Wäre das Limit da, hätten wir die Flut nicht??

Was ist dran?

Ein Artikel des „Spiegel“ sieht es schon etwas realistischer:

„Jedes einzelne Unwetter ist zunächst einmal: Wetter. Das Klima liefert nur die Rahmenbedingungen dafür…“

Mithilfe der Einschätzung der meteorologischen Lage des DWD kurz vor der Flut am 30.5.2024 findet man schon sehr viel. Das „Vb-Tief“, das auch diesmal die Wassermassen brachte, wird so beschrieben:

„Ein bekanntes Beispiel einer solchen Vb-Wetterlage ist die Lage, die zur Jahrhundertflut an der Elbe im August 2002 geführt hat. Auch damals hatte sich ein Tiefdruckgebiet über der nördlichen Adria entwickelt und ist darauf auf einer typischen Vb-Zugbahn über Österreich und Tschechien nach Norden gezogen. Dabei wurde auf der Ostseite des Tiefs extrem feuchte Luft vom östlichen Mittelmeerraum in die Zirkulation miteinbezogen. Dadurch ergaben sich nach Westen hin sehr hohe Temperaturkontraste. Mit der auf der Westseite des Tiefs vorherrschenden nordwestlichen Strömung wurden die feuchten Luftmassen gegen die Alpen und östlichen Mittelgebirge geführt und zum Abregnen gebracht…Auch am kommenden Wochenende schlägt Tief ORINOCO eine ähnliche Zugbahn ein. Allerdings weisen die mitgeführten Luftmassen auch aufgrund der Jahreszeit einen wesentlich geringeren Feuchtegehalt auf.“

Wir lernen: Die Lage hatte sehr große Ähnlichkeiten zum Augusthochwasser im Jahre 2002, auch diesmal kamen die Wassermassen ursprünglich aus der nördlichen Adria. Da immer wieder das Gesetz von Clausius-Clapeyron („CC“: pro 1 Grad Erwärmung kann die Luft 7% mehr Wasser aufnehmen) bemüht wird, wenn es um klima-bedingte Ursachen für viel Regen geht, werfen wir einen Blick auf Meeresoberflächentemperaturen-SST- (ihre Anomalien im Mai) im fraglichen Gebiet 12-16°O; 42-46°N:

Das aktuelle Jahr ist da nicht im Geringsten auffällig, die Mai-Monate 2000 bis 2018 waren sogar wärmer tendenziell und eine Anomalie vom +1 Grad trat auch schon vor 1990 auf. Das kann also nicht der entscheidende Punkt beim aktuellen Hochwasser sein. Auch dem Hinweis des DWD, dass aufgrund der Jahreszeit der Feuchtegehalt geringer war als im August 2002 gingen wir nach. Dahinter steckt der Jahresgang der SST. Der ist recht ausgeprägt in der nördlichen Adria:

Demnach sind es im Mai ca. 18°C, im August 25°C. Dann müsste die Luft im August 2002 (7 Grad wärmer) nach „CC“ nahezu 50 % mehr Wasser geführt haben als im Mai 2024. Das ist eher unwahrscheinlich. In seiner “Reinform” kann “CC” also nicht wirken. Es beschreibt eher Laborbedingungen. Ein klares Klimasignal ist nicht zu finden.

Was ist mit den Fluten in Deutschland auf längeren Zeitskalen, um es vielleicht doch zu finden? Hierfür schauten wir uns eine hochoffizielle Quelle an, den Monitoringbericht zur Anpassungsstrategie an den Klimawandel der Bundesregierung aus 2023. Auf Seite 76 wird man fündig zum Thema Hochwasser:

Das Diagramm zeigt die Hochwassertage pro Jahr ab 1961, im oberen Teil im Winterhalbjahr, im unteren im Sommerhalbjahr. Wenn wir die 4 Hochwassertage/Jahr als „selten“ definieren, so erkennt man kaum einen Trend außer, dass in den 60ern es sommers gehäuft auftrat, in den letzten 11 Jahren gar nicht. Ähnliche Aussagen liefert eine Abbildung auf S. 78 der Quelle zu den Abflussmengen der Flüsse. Sehr große Mengen gab es da vor 2021 (bis dahin reichen die Daten) in den Jahren 1965, 1981, 1998, 2002 und 2013.

Beim besten Willen, ein Trend zu mehr Hochwasser, der zur globalen Erwärmung seit ca. 1980 passt, ist auch da nicht zusehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass man eine tiefere Attribution- Analyse Zusammenhänge mit dem Klimawandel findet, ähnlich wie bei Flut im Saarland unlängst sind die jedoch mit Sicherheit nicht so einfach herzuleiten, wie es sich die Wahlkämpfer gerade machen. Genauso wie Lobbyisten gerade ihr Süppchen kochen. Hätten wir nur mehr Windkraftanlagen gebaut, dann hätten wir jetzt nicht den Salat. Simone Peter, ehemalige Chefin der Grünen und heute Verkäuferin für Wind und Solar, nutzt jede Chance zum Verkaufsposting.

(Abbildung: Screenshot X)

Jetzt handeln, meint dann was? Und wir meint wen? Egal, das Ereignis ist im Grunde austauschbar, ob Waldbrand in Sibirien, Dürre in Spanien oder Regen in Griechenland. Simone Peter tanzt zuverlässig die einstudierten Tanzmuster, über die wir ja schon mal berichtet haben. Man kann die Uhr danach stellen. Und das in einem Land, dass seine CO2-arme Stromversorgung auf den Schrott geworfen hat. Was für ein Widerspruch und Aberwitz.

Zurück zur Flut, ein weiteres Mal hat Einstein recht: „Halte es einfach, jedoch nicht zu einfach“!  Sonst könnte man tatsächlich auf den Gedanken kommen, dass auf den Rücken der Betroffenen in Bayern und Baden-Württemberg aus Wetter ein Wahlkampfthema oder ein Verkaufsgespräch generiert wird. Das wäre allerdings alles andere als ethisch!

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