Von Schustern und Leisten

Das wird mit Sicherheit keine Freundschaft mehr. Anders Levermann vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung PIK beschwert sich auf Twitter X über Axel Bojanowski. Immerhin traut Levermann Bojanowski zu, die Stabilisierung des Klimas zu behindern, wie auch immer der das anstellt. 

(Abbildung Screenshot Twitter) 

Bojanowski hatte in einem Meinungsartikel auf Klimaökonomen hingewiesen wie Richard Tol. 

“Der Klimaökonom Richard Tol von der University of Sussex widersprach: „Wenn ein Ökonom Blödsinn über die Wissenschaft des Klimawandels redet, wird er angespuckt. Wenn ein Physiker Blödsinn über die Ökonomie der Klimapolitik redet, kümmert es niemanden. Wenn die Emissionen bis 2030 auf null gesenkt werden, sind die Kosten des Handelns weitaus höher als die Kosten des Nichthandelns. Wenn die Emissionen bis 2300 auf null gesenkt werden, sind die Kosten der Untätigkeit weitaus höher als die Kosten des Handelns.“” 

Es geht also um die Abwägung, wie bestimmte Klimaziele am wirtschaftlichsten erreicht werden können. Wirtschaftlich meint nicht die billigste Lösung. Was nützt am Ende ein zerstörtes Wirtschaftssystem? Es könnte in Bezug auf Emissionen sogar kontraporduktiv sein. Bei dieser Diskussion haben aber Ökonomen kaum etwas zu melden. Eher glänzen Naturwissenschaftler mit Handlungsempfehlungen, die weit über deren Wissensgebiet hinausgehen. Das hat Levermann offenbar nicht gepasst an dem Welt-Artikel. 

“Aber ökonomische Prinzipien passen schlecht zur eingeübten Rhetorik. Das Magazin „Spiegel“ ehrt gerade ein Buch des Ozeanforschers Anders Levermann vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, in dem er „Grenzen“ für die Wirtschaft anmahnt wegen des Klimawandels. Zuvor hatte Levermann in der „Zeit“ eine Reform des Erbrechts und „Grenzen der Ungleichheit“ gefordert – wegen des Klimawandels. Interessant wäre, was Fachleute dazu sagen.” 

Der Artikel in der Welt stand zunächst hinter eine Bezahlschranke, ist aber aktuell wieder frei lesbar. Das könnte sich zukünftig aber ändern. 

+++ 

Der Tagesanzeiger aus der Schweiz beschäftigt sich mit dem 1,5 Graf Ziel von Paris. 

“Doch was heisst das? Reicht eine einmalige Überschreitung, um bereits von einer globalen Erwärmung von 1,5 Grad reden zu können? Hat in diesem Fall die internationale Klimapolitik bereits vollends versagt? ETH-Klimaforscher Reto Knutti warnt vor einer fatalistischen Einstellung, wir könnten nun ohnehin nichts mehr machen. «Ich habe den Eindruck, dass 1,5 Grad oft als rein wissenschaftliche, scharfe Grenze zwischen Himmel und Hölle interpretiert wird», sagt Knutti. Doch das treffe so nicht zu: «Wenn wir diese Schwelle überschreiten, dann bedeutet das nicht, dass es von heute auf morgen viel schlimmer wird.» Oder in einem Bild ausgedrückt: 1,5 Grad sei keine Klippe, über die wir springen würden, vielmehr rutschten wir schneller eine Geröllhalde runter, die immer steiler und damit gefährlicher werde. «Je schneller wir bremsen, desto besser», erklärt der Klimaforscher” 

Es geht auch um das Pariser Abkommen und wie es interpretiert werden kann. 

“Das Pariser Abkommen schreibt nicht vor, wie die globale Temperatur bestimmt werden soll. Es ist auch nicht konkret, ob die Temperaturgrenzen absolut gemeint sind, also nie überschritten werden dürfen. Einige Szenarien gehen davon aus, dass die 1,5-Grad-Grenze überschritten, aber als Fernziel – zum Beispiel im Jahr 2100 – doch noch erreicht wird: Dazu müsste man technisch CO2 aus der Atmosphäre entfernen und die Aufforstung vorantreiben. Die Fachleute sprechen in diesem Fall von negativen Emissionen. Allzu stark dürfen die festgelegten Temperaturgrenzen allerdings nicht überschritten werden. Je stärker die Erwärmung von den Zielen abweicht, desto mehr Klimagase müssen aus der Atmosphäre gefiltert werden. Heute ist nach wie vor sehr unsicher, wie viele Milliarden Tonnen CO2 zu welchen Kosten zum Beispiel Firmen wie das Schweizer Unternehmen Climeworks mit ihren Filteranlagen aus der Atmosphäre entfernen können. «In der Praxis ist die Überschreitung bis 2100 auf etwa 0,2 Grad beschränkt», sagt Reto Knutti.” 

+++ 

Deutscher Atomstrom hat die deutschen Stromleitungen verstopft. Oft gehört. Bei Importstrom scheint das nicht der Fall zu sein. Dieser hatte nach den Daten von Agora Energiewende den größten Anteil am Stromimport zwischen Januar und September 2023. Das Handelsblatt berichtete (Bezahlschranke). 

+++ 

Brandenburg hat ein Grundwasserproblem, das berichtet RBB24

Weiter unten im Grundwasser sieht es ähnlich aus – die Forscher können auch auf Daten der Wasserbehörden aus früheren Jahren zurückgreifen. Seit dem Jahr 2000 beobachten sie in Brandenburg ein stärkeres Absinken der Grundwasserpegel. Im Untersuchungsgebiet der Unteren Spree zwischen Spreewald und Berlin fielen die Grundwasserstände mancherorts sogar um zwei Meter und mehr. „Ein erhebliches Wasserdefizit“ nennt es Engelhardt. „Und dafür muss ich natürlich wissen, was die Einflussfaktoren sind. Ist es meine Wasserversorgung? Ist es die Landnutzung? Ist es die Veränderung im Klima?“ Im Rahmen des Forschungsprojekts „SpreeWasser:N“ wollen Irina Engelhardt und ihr Team mithilfe der neuen Messdaten ein aufwändiges Modell vom Wasserhaushalt erstellen und herausfinden, wo in der Pilotregion das meiste Wasser verloren geht und wie gegengesteuert werden kann. 

+++ 

Braunkohlekraftwerke haben viele Leben. Das Manager Magazin

“Der Energiekonzern RWE würde nach eigenen Angaben seine Braunkohle-Blöcke länger laufen lassen als bislang geplant, wenn die Bundesregierung eine solche Verlängerung befürwortet. „Wenn die Regierung in Absprache mit der Netzagentur der Meinung ist, dass man die Laufzeit der Blöcke Neurath D und E um ein weiteres Jahr bis März 2025 verlängern sollte, um einen Sicherheitspuffer zu haben, werden wir die Anlagen länger laufen lassen“, sagte eine RWE-Sprecherin der „Rheinischen Post“.” 

+++ 

Betreiber verkündet endgültiges Aus für Atomkraftwerk Isar 2. Der BR

“Das war es dann mit dem Atomkraftwerk Isar 2 bei Landshut – einem der erfolgreichsten Atommeiler weltweit, was die Menge des erzeugten Stroms anbelangt. Der Anlagenbetreiber PreussenElektra hat bei einer Veranstaltung im Kraftwerk selbst die Reißleine gezogen. Kraftwerkschef Carsten Müller sagte im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk: „Wir müssen Klartext sprechen, unseren Mitarbeitern gegenüber, aber auch der Bevölkerung gegenüber, wo wir stehen, was wir können und was wir aber auch nicht können. Und heute haben wir die schwere Entscheidung getroffen, wir werden die Anlage nicht mehr weiterfahren können, es geht technisch und organisatorisch nicht mehr. Wir sind da am Ende“.” 

+++ 

Siemens Gamsea bitte um staatliche Hilfen. Das berichtet der Spiegel

“Zwar habe der Konzern kein akutes Liquiditätsproblem, heißt es in gut informierten Kreisen. Zuletzt verfügte Siemens Energy über knapp zehn Milliarden Euro Cash und nicht in Anspruch genommene Kreditlinien. Insbesondere die Geschäfte mit Stromnetzen und Gasturbinen laufen sehr gut, insgesamt stehen Aufträge im Wert von rund 100 Milliarden Euro in den Büchern. 

Doch gerade die gute Auftragslage und die hohen Verluste im Windkraftgeschäft bereiten dem Unternehmen enorme Schwierigkeiten. Bei Großprojekten wie dem Netzausbau, die sich über Jahre hinziehen, ist es üblich, dass Anbieter wie Siemens Energy Garantien über die zu erbringenden Leistungen abgeben müssen. Normalerweise sind diese Garantien mit Kreditlinien von Banken abgesichert. Die Summen, um die es dabei geht, sind enorm: Siemens Energy benötigt Garantien in Höhe von etwa sieben bis acht Milliarden Euro pro Jahr.” 

+++ 

Der Schweizer SP-Politiker und Bundesrats-Kandidat Roger Nordmann hat ein Buch darüber geschrieben, wie er die Energiewende schaffen will. Alex Reichmuth hat im Nebelspalter (https://www.nebelspalter.ch/themen/2023/10/roger-nordmanns-weg-in-die-schuldenwirtschaft) eine Kritik des Werks verfasst und kommt zum Schluss, dass Nordmanns Rezepte direkt in die Schuldenwirtschaft führen.

Roger Nordmanns Weg in die Schuldenwirtschaft

Die Aussage: Der Waadtländer SP-Nationalrat Roger Nordmann will die Energiewende über einen Fonds finanzieren, der jährlich mit bis zu 7,8 Milliarden Franken geäufnet wird. Dafür soll sich die Schweiz bis zu einem Viertel des Bruttoinlandsprodukts verschulden. Das schreibt er in einem neuen Buch. 

Warum das wichtig ist: Roger Nordmann hat viel Einfluss und will nun Bundesrat werden. Sein Plan, wie die Energiestrategie doch noch umgesetzt werden kann, ist die Grundlage für die nächsten vier Jahre linker Energiepolitik.

Der Kontext:

  • Das Volk hat 2017 im Rahmen des Energiegesetzes beschlossen, dass keine neuen Atomkraftwerke mehr gebaut werden dürfen.
  • Zudem hat das Volk letztes Jahr dem Klimaschutzgesetz zugestimmt, gemäss dem die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden soll.
  • Allerdings resultierte 2021 auch ein Volks-Nein zum CO₂-Gesetz, das unter anderem neue Gebühren und einen Klimafonds vorsah.

Die Details sind im Nebelspalter (https://www.nebelspalter.ch/themen/2023/10/roger-nordmanns-weg-in-die-schuldenwirtschaft) zu lesen.

Teilen: