Transport von Luftmassen im Zusammenhang mit „El Niño“ entschlüsselt
Wiener Meteorolog*innen: Luftmassentransport bei El Niño-Phänomen erklärt Wetterkapriolen von Amerika über Australien bis zum Mittelmeerraum
Das El-Niño-Phänomen beeinflusst das Wetter in weit entfernten Gegenden, bis hin nach Australien, Indien oder dem Mittelmeer, doch wie diese so genannten Telekonnektionen genau funktionieren, war bisher noch nicht geklärt. Atmosphärenforscher*innen der Universität Wien konnten nun zeigen, dass für diese Klima-Anomalien Schwankungen des Transports von Luftmassen, Wärme, Feuchtigkeit und Energie aus dem tropischen Pazifik verantwortlich sind. Und: El Niño wärmt auch den Atlantik auf, so die aktuell im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ publizierte Studie.
Die El-Niño-Südliche Oszillation (ENSO) – eine der wichtigsten Klimaschwankungen weltweit – sorgt regelmäßig für weltweite Wetterkapriolen mit großen Auswirkungen etwa auf Fischerei oder Landwirtschaft. ENSO steht im Zusammenhang mit Veränderungen der Oberflächentemperatur des tropischen Pazifiks. Alle zwei bis sieben Jahre gibt es Perioden mit höheren Temperaturen – diese verursachen dann das so genannte El-Niño-Phänomen, welches wiederum in vielen Regionen der Welt zu ausgeprägten Wetteranomalien führt, wie zum Beispiel Dürren im Amazonasbecken und in Australien, verstärkten Niederschlägen im Süden der USA oder stärkeren Monsunereignissen in Indien. Diese weitreichenden Auswirkungen bzw. ihre Zusammenhänge werden als Telekonnektionen bezeichnet.
Durchbruch bei Verständnis von Luftmassentransport
Die Mechanismen hinter diesen Telekonnektionen waren bisher – trotz zahlreicher Forschungsarbeiten über ENSO – noch nicht ausreichend geklärt. Am Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien gelang nun ein Durchbruch im Verständnis der Rolle des Luftmassentransports bei Telekonnektionen: Ein Forschungsteam konnte zeigen, dass Schwankungen des Transports von Luftmassen, Wärme, Feuchtigkeit und Energie aus dem tropischen Pazifik für viele der beobachteten Klimaanomalien kausal verantwortlich sind.
„In unserer Studie betrachteten wir diese Telekonnektionen aus einer neuen Perspektive – konkret untersuchten wir, wie die Wärme und Feuchtigkeit aus dem Pazifik über die Atmosphäre transportiert wird. Dadurch können wir eine direkte Verbindung zwischen dem Pazifik und entfernten Regionen herstellen“, erklärt Katharina Baier, Erstautorin und Nachwuchswissenschafterin der Vienna International School of Earth and Space Sciences (VISESS). So zeigt sich beispielsweise in der Studie, dass während El Niño anomal trockene Luft in Richtung Amazonasbecken transportiert wird und dort Dürren verursacht. „Im Gegensatz dazu wird besonders feuchte Luft in Richtung des Südostens der USA transportiert, was dort wiederum vermehrte Niederschläge begünstigt“, erklärt Baier.
El Niño wärmt auch Atlantik auf
Auch Atmosphärenforscher Andreas Stohl von der Universität Wien, der Leiter der aktuell im Journal Geophysical Research Letters publizierten Studie, betont: „Unsere Ergebnisse tragen zum Verständnis von Wetterphänomenen weltweit bei, zum Beispiel auch in Australien, Afrika oder dem Mittelmeerraum. Außerdem können wir zeigen, dass während El Niño anomal große Wärmemengen aus dem tropischen Pazifik in den Atlantik transportiert werden, der daraufhin mit einer Erwärmung reagiert“, so der Leiter des Instituts für Meteorologie und Geophysik und des Forschungsverbundes VINAR.
Methodisch setzte das Forschungsteam der Universität Wien auf atmosphärische Ausbreitungsmodelle, die so genannten Lagrangeʼschen Modelle. Während herkömmliche Modelle meteorologische Parameter wie Luftfeuchtigkeit oder Temperatur an fixen Punkten erfassen, folgen die sogenannten Lagrangeʼschen Modelle den einzelnen Partikeln und erfassen, wie sich die meteorologischen Parameter entlang deren Weges ändern. Mithilfe dieser Modelle kann auch die Ausbreitung von Partikeln wie Ruß oder Mikroplastik beziehungsweise von Treibhausgasen analysiert werden.
Die vorliegende Studie wurde von der Dr. Gottfried und Dr. Vera Weiss Wissenschaftsstiftung und dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) im Rahmen des Projekts P 34170-N, „A demonstration of a Lagrangian re-analysis (LARA)“ unterstützt.
Publikation in Geophysical Research Letters:
The role of atmospheric transport for El Nino-Southern Oscillation teleconnections. K. Baier, M. Duetsch, M. Mayer, L. Bakels, L. Haimberger and A. Stohl (2022). In: Geophysical Research Letters
DOI: 10.1029/2022GL100906
Hinweis der Blogredaktion: Die Gendersprache stammt aus der Originalpressemitteilung. Die von uns geschriebenenen Texte sind Gendersprachen-frei.
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Solarenergie: Zwischen giftigen Abfällen und hohen Recyclingkosten
Ende Juni hat ein Hagelsturm die Solarenergie-Farm in Scottsbluff im amerikanischen Bundesstaat Nebraska bis auf wenige Solarmodule vollständig zerstört. Der Großteil der Module aus dieser Solarenergie-Anlage muss entsorgt werden und landet letztendlich, wie auch die Rotorblätter von Windkraftanlagen, auf einer Deponie (cowboystatedaily: 08.07.23). Obwohl Befürworter von erneuerbaren Energien, einschließlich Solarenergie, auf das Recycling setzen, um mit dieser bevorstehenden Flut von Elektroschrott aus kaputten Solarzellen umzugehen, sind nur etwa 10 % von ihnen recycelbar, und nur ein kleiner Teil einer einzelnen Zelle liefert verwertbare Mineralien.
Die dunkle Seite der Solarenergie: Warum das Recycling von Solarzellen nicht so grün ist, wie viele denken
Viele Menschen denken, dass das Recycling einer Solarzelle bedeutet, eine neue Solarzelle herzustellen. Doch B.F. Randall, ein Experte in der Solarbranche, erklärt: „Ein Solarmodul enthält im Verhältnis zum Volumen des Moduls sehr wenig Mineralien. Also, es ist einfach nicht etwas, das in diesem Sinne recycelt kann.“
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Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung:
Kurzlebige Eisströme
Radarmessungen des grönländischen Eisschildes zeigen Abschalten und Neuausrichtung von Eisströmen innerhalb von wenigen tausend Jahren
Große Eisströme können ihre Aktivität innerhalb von wenigen tausend Jahren einstellen und den schnellen Eisabtransport auf andere Gebiete des Eisschildes verlagern. Das zeigt die Rekonstruktion zweier Eisströme auf Basis von eisdurchdringenden Radarmessungen im grönländischen Eisschild, die Forschende unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts jetzt in der Fachzeitschrift Nature Geoscience vorstellen.
Wie schnell der Meeresspiegel zukünftig ansteigt, hängt unter anderem stark davon ab, wie dynamisch oder stabil der grönländische Eisschild ist, der seit dem Jahr 1900 durch seinen Masseverlust bereits etwa 40 mm zum Meeresspiegelanstieg beitrug. Neben Schmelze an der Oberfläche und Unterseite verliert er Masse über Eisströme, das sind die Förderbänder für schnellen Eistransport vom Eisschildinneren zu den Rändern. Ehemalige Verläufe der Ströme lassen sich an den mittlerweile gletscherfreien Gebieten am Rand gut rekonstruieren, da die hinterlassenen Landformen hier sichtbare Hinweise liefern. Über die Aktivität vergangener Eisströme im Inneren des grönländischen Eisschilds ist bisher jedoch wenig bekannt, da diese Umgebung nur schwer zu untersuchen ist. Daher bedarf es modernster Messtechnik wie hochauflösende Radarsysteme (https://www.awi.de/im-fokus/eisschilde/das-neue-awi-eisradar.html), die dem Eis im wahrsten Sinne auf den Grund gehen und mehrere tausend Meter tiefe Strukturen im Inneren des Eisschilds abbilden können. Diese Bilder konnten Forschende des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) im Rahmen eines Projektes zur Rekonstruktion vergangener Eisströme in Kooperation mit Prof. Paul Bons von der Universität Tübingen mit Methoden der Strukturgeologie auswerten.
„Mit unseren eisdurchdringenden Radarmessungen können wir zeigen wie schnell sich das Eistransportsystem des grönländischen Eisschildes neu konfiguriert. Große Eisströme können sich innerhalb von wenigen tausend oder sogar mehreren hundert Jahren ‚abschalten‘ und in anderen Regionen ähnlich schnell neu entstehen. Dass sie sich in dieser Geschwindigkeit verändern, war bisher völlig unbekannt“, berichtet AWI-Glaziologe Dr. Steven Franke, der Erstautor der aktuellen Studie. Der Eisabtransport durch Fließen im festen Zustand – nicht durch Abschmelzen – ist eine eisdynamische Komponente, die bei Prognosen über den Beitrag des grönländischen Eisschilds zum Anstieg des Meeresspiegels unter den diversen zukünftigen Klimaszenarien stärker in Betracht gezogen werden muss. Die aktuellen Eisschildmodelle können nur Prozesse einbeziehen, die auch gut verstanden sind. Bisher mangelt es jedoch an Beobachtungen zu der Unbeständigkeit von Eisströmen, die daher in den Modellen noch nicht erfasst ist. Die durch das Radar sichtbar gemachte Fließgeschichte des Eises liefert nun Hinweise zur zeitlichen und räumlichen Entwicklung dieser Dynamik.
Die jetzt veröffentlichten Daten stammen von Flugkampagnen mit dem AWI-Forschungsflugzeug Polar 6 sowie der NASA Operation IceBridge aus dem zentralen nordöstlichen Grönland, wo heutzutage nur sehr niedrige Fließgeschwindigkeiten des Eises zu beobachten sind. Das Forschungsteam entdeckte gleich zwei Paleo-Eisströme, die in der Vergangenheit aktiv waren und aktuell unter mehreren hundert Metern Eis verborgen liegen. Die Analysen zeigen, dass diese Eisströme bis in das Holozän (jünger als 11.700 Jahre) aktiv waren und weit in das zentrale nordost-grönländische Inlandeis hineinreichten.
„Die Radarsignaturen eines der beiden Paleo-Eisströme, mit deren Hilfe wir die vergangene Eisstromaktivität rekonstruieren konnten, ist der des riesigen, heutzutage aktiven North East Greenland Ice Stream (NEGIS) verblüffend ähnlich“, sagt AWI-Glaziologin Dr. Daniela Jansen, Leiterin des Projektes zu vergangenen Eisströmen, aus dem die Publikation hervorgegangen ist. Diese Entdeckung ließe möglicherweise Rückschlüsse auf das zukünftige Verhalten des NEGIS zu, über dessen Entstehung und Stabilität es große Debatten gibt. Die jetzt publizierten konkreten Beobachtungen ermöglichen es den Forschenden, die Mechanismen detaillierter zu verstehen, die Eisströme erzeugen und beeinflussen. So können sie zukünftig besser in Modellen abgebildet werden, die vorhersagen wie die Eisschilde der Erde auf die globale Erwärmung reagieren.
Originalpublikation:
Steven Franke, Paul D. Bons, Julien Westhoff, Ilka Weikusat, Tobias Binder, Kyra Streng, Daniel Steinhage, Veit Helm, Olaf Eisen, John D. Paden, Graeme Eagles, Daniela Jansen: Holocene ice-stream shutdown and drainage basin reconfiguration in northeast Greenland; Nature Geoscience (2022). DOI: 10.1038/s41561-022-01082-2
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Pressemitteilung von CERES Science:
New study suggests global warming could be mostly an urban problem
A new study published in the scientific peer-reviewed journal, Climate, by 37 researchers from 18 countries suggests that current estimates of global warming are contaminated by urban warming biases.
The study also suggests that the solar activity estimates considered in the most recent reports by the UN’s Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) likely underestimated the role of the Sun in global warming since the 19th century.
It is well-known that cities are warmer than the surrounding countryside. While urban areas only account for less than 4% of the global land surface, many of the weather stations used for calculating global temperatures are located in urban areas. For this reason, some scientists have been concerned that the current global warming estimates may have been contaminated by urban heat island effects. In their latest report, the IPCC estimated that urban warming accounted for less than 10% of global warming. However, this new study suggests that urban warming might account for up to 40% of the warming since 1850.
The study also found that the IPCC’s chosen estimate of solar activity appeared to have prematurely ruled out a substantial role for the Sun in the observed warming.
When the authors analysed the temperature data only using the IPCC’s solar dataset, they could not explain any of the warming since the mid-20th century. That is, they replicated the IPCC’s iconic finding that global warming is mostly human-caused. However, when the authors repeated the analysis using a different estimate of solar activity – one that is often used by the scientific community – they found that most of the warming and cooling trends of the rural data could actually be explained in terms of changing solar activity.
The lead author of the study, Dr. Willie Soon, of the Center for Environmental Research and Earth Sciences (CERES-Science.com) described the implications of their findings,
“For many years, the general public has been assuming that the science on climate change is settled. This new study shows that this is not the case.”
Another author of the study, Prof. Ana Elias, the Director of the Laboratorio de Ionosfera, Atmósfera Neutra y Magnetosfera (LIANM) at the Universidad Nacional de Tucumán, Argentina, explained:
“This analysis opens the door to a proper scientific investigation into the causes of climate change.”
This study finds similar conclusions to another study that was recently published in a separate scientific peer-reviewed journal, Research in Astronomy and Astrophysics. This other study involved many of the same co-authors (led by Dr. Ronan Connolly, also at the Center for Environmental Research and Earth Sciences). It took a different approach to analysing the causes of climate change – using an additional 25 estimates of solar activity and three extra temperature estimates.