Das Ende ist noch nicht nah

Ein lesenswerter Beitrag von Richard Tol in der FAZ. Der Ökonom schildert zunächst, wie die Menschheit zukünftig umkommen wird. Sie wird gebraten, ertrinken und verhungern. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass es bis dahin noch lange hin ist und wir Menschen viele Möglichkeiten haben uns vorzubereiten. Gleich am Anfang stellt Tol fest: 

“Um es klar zu sagen: Der Klimawandel ist real, er wird vom Menschen verursacht und ist ein Problem, das gelöst werden muss. Allerdings stellt der Klimawandel keine existenzielle Bedrohung dar, zumindest nicht für die Menschheit.” 

Dieser Disclaimer ist offenbar sehr wichtig heutzutage. Das größte Problem bei der Adaption, also der Anpassung an das sich wandelnde Klima, sieht Tol in der Armut. Reiche Länder können Vorsorge treffen, als Beispiel nennt er die Niederlande. Arme Gegenden der Welt haben es hingegen deutlich schwerere, sein Beispiel ist hier Westafrika. Tol sieht also wirtschaftliches Wohlergehen als die beste Waffe sich auf das sich wandelnde Klima einzustellen und auch den Übergang zu einem neuen Energiesystem zu schaffen. Zum Schluss betrachtet Tol die Rolle der Politik und der Medien. 

“Warum glauben so viele, dass der Klimawandel uns alle töten wird? Alte Geschichten sind die besten – oder besser gesagt, gute Geschichten werden alt. Die Leute sagen, dass die Musik der Sechziger die beste war, aber das liegt daran, dass wir den ganzen Mist, der damals veröffentlicht wurde, vergessen haben und uns nur an die wenigen Songs erinnern, die wirklich brillant sind. Dasselbe gilt auch für Geschichten. Geschichten über das Ende der Welt sind alt. Jede große Kultur hat solche Geschichten. Es ist also eine gute Geschichte, die endlose Nacherzählungen und zahlreiche Variationen verträgt. 

Die neueste Variante ist, dass der Klimawandel das Ende der Welt bedeuten wird. Eine neue Botschaft – der Klimawandel ist schlimm – in ein altes und bekanntes Narrativ, also in die bevorstehende Apokalypse, zu vermitteln ist eine wirksame Möglichkeit, das Publikum zu fesseln. Und genau das wollen Umweltschützer. Die Umweltbewegung ist riesig. Ihre Führungskräfte müssen viele Menschen und Spenden einbringen, weil sie daraus ihre Macht und ihren Einfluss beziehen. Die Geschichte der Apokalypse als Vehikel für den Klimawandel knüpft gut an die Darstellung von Emissionen als Sünde und Emissionsreduzierung als Sühne an. Es ist ein brillanter Marketingtrick. Auf „Das Ende ist nahe“ folgt oft „Aber nur ich kann dich retten“. Politiker wollen ein Vermächtnis schaffen, etwas, das für die kommenden Jahre oder Jahrhunderte in Erinnerung bleibt. Gibt es ein besseres Vermächtnis, als die Welt vor der sicheren Zerstörung zu retten? Wir alle wären gerne wie die Filmhelden Will Smith, Angelina Jolie oder Bruce Willis. Deshalb übertreiben Politiker das Klimaproblem, das sie lösen wollen.” 

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Fast eine Stunde referierte der Spiegel-Autor Christian Stöcker vor Publikum an der Uni in Bayreuth. Er versucht dabei jegliche Kritik an der Energiepolitik als Verschwörungstheorie zu demaskieren, macht im Grunde aber dann nichts anderes als er Theorien über die Koch-Brüder zum Besten gibt. Gerade so, als empfangen deutsche Politiker ihre Order direkt aus den USA aus Konzernzentralen. Die hohen Juli-Temperaturen kommen ihm dabei zweifelsohne zugute. Wer die Kunst des Weglassens gern einmal leibhaftig sehen will, für den sind das interessante 50 Minuten. Der Kognition-Psychologe weiß, wie man sein Publikum einwickeln kann. 

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Wal macht Wetter: Spektrum der Wissenschaft bespricht das gleichnamige Buch, dessen Titel erst einmal verwundert. 

“Gegliedert ist »Wal macht Wetter« klar: Während sich das erste Drittel mit den meist negativen Folgen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt und damit auch auf die Menschheit befasst, geht es anschließend um das Potenzial der Natur, die Erderwärmung zu bekämpfen und sich an sie anzupassen. 

Zu den Verbündeten gehört dabei auch das titelgebende Tier. Bartenwale speichern große Mengen Kohlenstoff und helfen darüber hinaus indirekt durch die so genannte Walpumpe beim Klimaschutz. Nahe der Wasseroberfläche gehen die Tiere nämlich »aufs Klo« und geben dabei wichtige Nährstoffe wie Stickstoff und Eisen ab. Damit düngen sie das Phytoplankton – Kleinstlebewesen wie Kieselalgen und Dinoflagellaten also, die der Atmosphäre durch Fotosynthese Kohlendioxid entzieh. Mit diesem und vielen weiteren anschaulichen Beispielen untermauern Fischer und Oberhansberg ihre These, dass die Natur kostenlosen und effektiven Klimaschutz betreibt. Oder zumindest betreiben könnte, denn noch hake es oft in der Umsetzung effektiver naturbasierter Lösungen. Laut den Autorinnen liegt das unter anderem daran, dass es schwerfällt, den Wert dieser Maßnahmen zu messen: Denn eine Ökosystemleistung wie die Schönheit der Natur lässt sich nicht einfach in Geld umrechnen. Darüber hinaus haben es nachhaltige Alternativen weiter schwer, sich gegen subventionierte konventionelle Wirtschaftsmodelle zu behaupten.” 

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Zu den absurden Erscheinungen der deutschen Energiewende gehört die Tatsache, dass die Bewohner von Gegenden mit viel Windkraft deutlich höhere Netzentgelte zahlen müssen. Verivox listet das in einer interaktiven Karte auf. Im Jahr macht das Unterschiede von bis zu 150 Euro aus. 

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In Deutschland verboten, in den USA subventioniert: Kohlenstoffabscheidung. Heise.de

“Kohlenstoffabscheidung aus der Luft soll sich im großen Maßstab beweisen. Dafür hat das US-Energieministerium die ersten beiden Projekte ausgewählt und stellt ihnen insgesamt 1,2 Milliarden US-Dollar (1,1 Milliarden Euro) in Aussicht. Die beiden Anlagen sollen eines Tages zusammengenommen mehr als zwei Millionen Tonnen CO₂ jährlich aus der Atmosphäre saugen und in den Boden einlagern. Das ist ein Vielfaches der Summe, die alle heute bestehenden Kohlenstoffabscheider weltweit leisten können. 

Angesiedelt sind sie bewusst in Regionen mit hohen Armutsraten; US-Präsident Joe Biden legt großen Wert darauf, gerade dort gut bezahlt Arbeitsplätze zu schaffen. Das Project Cypress soll nahe der Stadt Lake Charles in der Calcasieu Parish in Louisiana entstehen und 2300 Arbeitsplätze schaffen. Mindestens ein Zehntel dieser Arbeitsplätze soll an Arbeitnehmer gehen, die früher in der Öl- oder Gasbranche beschäftigt waren. Das Projektkonsortium wird von der Firma Battelle angeführt. Louisiana hat mit 18,6 Prozent (2020) die zweithöchste Armutsrate aller US-Staaten; nur in Mississippi (19,6%) darbt ein höherer Anteil der Einwohner unter der Armutsgrenze. (Die fünf bewohnten US-Territorien leiden allerdings unter weitaus höheren Raten, Anmerkung.)” 

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Andrew Weaver auf The Conversation:

The ‘Gulf Stream’ will not collapse in 2025: What the alarmist headlines got wrong

Those following the latest developments in climate science would have been stunned by the jaw-dropping headlines last week proclaiming the “Gulf Stream could collapse as early as 2025, study suggests” — which responded to a recent publication in Nature Communications.

“Be very worried: Gulf Stream collapse could spark global chaos by 2025” announced the New York Post. “A crucial system of ocean currents is heading for a collapse that ‘would affect every person on the planet” noted CNN in the U.S. and repeated CTV News here in Canada.

One can only imagine how those already stricken with climate anxiety internalized this seemingly apocalyptic news as temperature records were being shattered across the globe.

This latest alarmist rhetoric provides a textbook example of how not to communicate climate science. These headlines do nothing to raise public awareness, let alone influence public policy to support climate solutions.

We see the world we describe

It is well known that climate anxiety is fuelled by media messaging about the looming climate crisis. This is causing many to simply shut down and give up — believing we are all doomed and there is nothing anyone can do about it.

Alarmist media framing of impending doom has become quintessential fuel for personal climate anxiety, and when amplified by sensational media messaging, it is quickly emerging as a dominant factor in the collective zeitgeist of our age, the Anthropocene.

This is also not the first time such headlines have emerged. Back in 1998, the Atlantic Monthly published an article raising the alarm that global “warming could lead, paradoxically, to drastic cooling — a catastrophe that could threaten the survival of civilization.”

In 2002, editorials in the New York Times and Discover magazine offered the prediction of a forthcoming collapse of deep water formation in the North Atlantic, which would lead to the next ice age.

Building on the unfounded assertions in these earlier stories, BBC Horizon televised a 2003 documentary entitled The Big Chill, and in 2004 Fortune magazine published “The Pentagon’s Weather Nightmare,” piling on where previous articles left off.

Seeing the opportunity for an exciting disaster movie, Hollywood stepped up to created The Day After Tomorrow in which every known law of thermodynamics was ever so creatively violated.

The currents are not collapsing (anytime soon)

While it was relatively easy to show that it is not possible for global warming to cause an ice age, this still hasn’t stopped some from promoting this false narrative.

The latest series of alarmist headlines may not have fixated on an impending ice age, but they still suggest the Atlantic meridional overturning circulation could collapse by 2025. This is an outrageous claim at best and a completely irresponsible pronouncement at worst.

The Intergovernmental Panel on Climate Change has been assessing the likelihood of a cessation of deep-water formation in the North Atlantic for decades. In fact, I was on the writing team of the 2007 4th Assessment Report where we concluded that:

“It is very likely that the Atlantic Ocean Meridional Overturning Circulation (MOC) will slow down during the course of the 21st century. It is very unlikely that the MOC will undergo a large abrupt transition during the course of the 21st century.”

Almost identical statements were included in the 5th Assessment Report in 2013 and the 6th Assessment Report in 2021. Other assessments, including the National Academy of Sciences Abrupt Impacts of Climate Change: Anticipating Surprises, published in 2013, also reached similar conclusions.

The 6th assessment report went further to conclude that:

“There is no observational evidence of a trend in the Atlantic Meridional Overturning Circulation (AMOC), based on the decade-long record of the complete AMOC and longer records of individual AMOC components.”

Understanding climate optimism

Hannah Ritchie, the deputy editor and lead researcher at Our World in Data and a senior researcher at the Oxford Martin School, recently penned an article for Vox where she proposed an elegant framework for how people see the world and their ability to facilitate change.

Ritchie’s framework lumped people into four general categories based on combinations of those who are optimistic and those who are pessimistic about the future, as well as those who believe and those who don’t believe that we have agency to shape the future based on today’s decisions and actions.

Ritchie persuasively argued that more people located in the green “optimistic and changeable” box are what is needed to advance climate solutions. Those positioned elsewhere are not effective in advancing such solutions.

More importantly, rather than instilling a sense of optimism that global warming is a solvable problem, the extreme behaviour (fear mongering or civil disobedience) of the “pessimistic changeable” group (such as many within the Extinction Rebellion movement), often does nothing more than drive the public towards the “pessimistic not changeable” group.

A responsibility to communicate, responsibly

Unfortunately, extremely low probability, and often poorly understood tipping point scenarios, often end up being misinterpreted as likely and imminent climate events.

In many cases, the nuances of scientific uncertainty, particularly around the differences between hypothesis posing and hypothesis testing, are lost on the lay reader when a study goes viral across social media. This is only amplified in situations where scientists make statements where creative licence is taken with speculative possibilities. Possibilities that reader-starved journalists are only too happy to play up in clickbait headlines.

Through independent research and the writing of IPCC reports, the climate science community operates from a position of privilege in the public discourse of climate change science, its impacts and solutions.

Climate scientists have agency in the advancement of climate solutions, and with that agency comes a responsibility to avoid sensationalism. By not tempering their speech, they risk further ratcheting up the rhetoric with nothing to offer in terms of overall solutions or risk reduction.

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