Das Wort Klimaschutz ist verbrannt

Das Wort Klimaschutz ist verbrannt. Gesagt hat es Mojib Latif. n-tv

Der Klimaforscher Mojib Latif hält den Begriff “Klimaschutz” in der Gesellschaft inzwischen für zunehmend negativ belegt. “Das Wort Klimaschutz ist verbrannt”, sagte der Professor am Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (NOZ). Insbesondere die Proteste der Letzten Generation und die Diskussion um das Heizungsgesetz seien “kontraproduktiv” gewesen. “Wenn die Leute das Wort Klimaschutz hören, gehen gleich die Alarmglocken an.” 

Dabei gehe es bei der Rettung der Umwelt um viel mehr als Klimaschutz. “Die Frage ist, ob wir unseren Wohlstand trotz eines sich ändernden Planeten bewahren können”, sagte Latif. Dieser sei durch den Klimawandel massiv gefährdet. “Wenn sich das Klima immer weiter ändert, können Sie den Wohlstand auch vergessen. Dann funktioniert nichts mehr auf der Welt.” 

Möglicherweise war das Wort von Anfang an fragwürdig, denn Klima ist die Statistik des Wetters. 
Wer aber meint, das Wetter schützen zu können? Umweltschutz ist eigentlich viel besser, aber davon spricht kaum noch jemand. 

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3 gegen 1. Eine illustre Runde, die da beim SWR das Thema Klimaangst diskutierte. 

Sengende Hitze, brennende Wälder – Wird Klimaangst zur neuen Krankheit? 

Die Moderatorin Doris Maull der Sendung stimmte die Hörer gleich richtig ein. Es wird immer schlimmer mit dem Klima. Fluten in China, Waldbrände in Kanada, Gluthitze in Südeuropa. Kein Wunder, dass viele Kinder und Jugendliche Angst vor dem Klima haben. Als der eingeladene Axel Bojanowski von der Welt Doris Maull darauf aufmerksame machte, dass die Waldbrände nachweislich zurückgehen, stutzte sie und bog das Thema ganz schnell ab. 
So hatte sie nicht gewettet. 

NIcht viel besser war Werner Eckert, der Leiter der Umweltredaktion vom SWR. Ihn störte, dass Bojanowski Adaption empfahl und vor allem mehr Wissen über das Klima forderte. Das klinge ihm zu nett. Aber die eigenartigste Performance brachte Prof. Dr. Mazda Adli, der ebenfalls eingeladen war. Der startete noch nachvollziehbar, dass Angst ein schlechter Berater sei. Dann aber, dass die Klimaangst aber begründet sei. Insofern sei das alles ok. Am Ende mutierte der Psychologe zum Klimaexperten und hatte allehand Tipps wie die Begrünung von Städten zur Hand.  

Was bleibt nach 45 Minuten: Ein sehr zwiespältiger Eindruck. Bojanowski bemühte sich mehrfach unangreifbar zu machen und erklärte immer wieder den durch den Menschen gemachten Klimawandel. Des Pudels Kern, nämlich das Dilemma aufzulösen, auch zukünftig Energie umweltfreundlich zu erzeugen, diese Erzeugung aber bezahlbar und somit gesellschaftlich sozial zu gestalten, darauf gingen die anderen Teilnehmer nicht ein. Vielleicht aus Angst. 

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Die NASA spricht in einem Artikel über den Ausbruch des Vulkans Hunga Tonga von einem noch nie dagewesenen Ereignis. Der Ausbruch beförderte gewaltige Mengen an Wasser in die Stratosphäre. 

“When the Hunga Tonga-Hunga Ha’apai volcano erupted on Jan. 15, it sent a tsunami racing around the world and set off a sonic boom that circled the globe twice. The underwater eruption in the South Pacific Ocean also blasted an enormous plume of water vapor into Earth’s stratosphere – enough to fill more than 58,000 Olympic-size swimming pools. The sheer amount of water vapor could be enough to temporarily affect Earth’s global average temperature. 

“We’ve never seen anything like it,” said Luis Millán, an atmospheric scientist at NASA’s Jet Propulsion Laboratory in Southern California. He led a new study examining the amount of water vapor that the Tonga volcano injected into the stratosphere, the layer of the atmosphere between about 8 and 33 miles (12 and 53 kilometers) above Earth’s surface.” 

Der Unterwasser-Vulkan hatte eine ungünstige Tiefe. Tief genug, dass solche Wassermaßen bewegt werden konnten. Wäre es tiefer gelegen, dann hätte sich der Druck bis zur Oberfläche verteilt. Noch flacher hätte weniger Wasser bedeutet, da die Säule über dem Vulkan kleiner gewesen wäre. Viele ungünstige Faltoren kamen also zusammen. Der NASA-Artikel ist sehr spannend. Es ist absolut verwunderlich, dass man so wenig über dieses Ereignis und seine Auswirkungen auf das gegenwärtige Wetter in den Medien liest. Ein Grund könnte sein, dass solche natürlichen Ereignisse bestimmte Narrative schlicht stören. 

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Schrottberge entstehen gerade durch ausrangierte Windkraftanlagen. Der Focus zu dem Thema: 

“Dass die stillgelegten Windräder einfach in der Landschaft stehen bleiben, ist nach dem Bundes-Immissionsgesetzausgeschlossen. Folglich heißt es für die Betreiber: Rückbau. Schon jetzt fallen in Deutschland jährlich etwa 10.000 Tonnen Windradmüll an. Angaben des Fraunhofer Instituts für Chemische Technologien zufolge dürfte die Abfallmenge bis 2045 vier Mal so hoch sein. Doch wohin mit den Rotoren und Masten? Die Recyclingfrage stellt die Branche wortwörtlich vor riesige Herausforderungen. Bislang bestehen keine verbindlichen Entsorgungswege oder Lösungen zur umweltgerechten Weiterverwertung der Materialien. Ob beispielsweise die im Gelände verankerten Fundamente vollständig oder nur oberflächlich zu entfernen sind, ist bislang nicht geregelt. Das Umweltbundesamtverweist in dem Zusammenhang auf die Verantwortung des Betreibers, da die große Diversität an Anlagen und Standorten maßgeschneiderte Rückbaukonzepte erfordere. Viele Betreiber brüstens ich damit, dass bei der Demontage eines Windrads 80 bis 90 Prozent der verbauten Materialien recycelt werden können – die genauere Betrachtung trübt jedoch diese Bilanz. Die im Mast enthaltenen Materialien wie Beton, Stahl und Kupfer können zwar wiedergewonnen werden, wirtschaftlich rentables Recycling funktioniert aber lediglich bei den Metallen.” 

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Die gute Seite des Regens. Der WDR sieht auch positive Dinge beim Dauerregen der letzten Zeit. 

“Auch wenn der Regen für viele Schulkinder in den letzten Ferienwochen wohl eine herbe Enttäuschung war: Für die Natur bedeute das Ende der Trockenheit eine echte Erholung, betont Stang. “Die Waldbrandgefahr ist tatsächlich durch die Niederschläge gesunken.” Nun gebe es berechtigte Hoffnung, dass Jungbäume wieder einen Wachstumsschub bekommen und sich das Fichtensterben in den Wäldern verlangsamt. Denn die Bäume könnten jetzt wieder Harz produzieren, um sich gegen Schädlinge zu schützen. Das werde die weitere Ausbreitung des Borkenkäfers in den Wäldern aufhalten.” 

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Erneut kursieren Meldungen, wonach das Meereis in der Arktis bald wegschmelze. Man hat ein Déja-Vu-Erlebnis: Schon mehrmals wurde das Ende des Polareises ausgerufen. Die Prognosen sind aber nie eingetroffen. Alex Reichmuth zeigt im Nebelspalter, dass sich die Ausdehnung des arktischen Meereises in den letzten Jahren sogar stabilisiert hat.

Das Eis in der Arktis steht angeblich vor dem Kollaps – wieder einmal

«Das Polarmeer wird im September eisfrei sein»: Unter diesem Titel berichtete der «Tages-Anzeiger» vor kurzem über eine Studie einer Wissenschaftler-Gruppe um Yeon-Hee Kim aus Südkorea (siehe hier und hier). Demnach könnte die Arktis schon in den 2030er- bis 2050er-Jahren im September erstmals eisfrei sein. In diesem Monat erreicht das Polareis im zu Ende gehenden Sommer jeweils seine geringste Ausdehnung. Auf dieses Eis sind beispielsweise Eisbären angewiesen.¨

Weiterlesen im Nebelspalter.

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Geomar:

Winterstürme über der Labradorsee beeinflussen Golfstromsystem

Neue Studie zu Schwankungen im Atlantischen Strömungssystem erschienen

03.08.2023/Kiel. Das Golfstromsystem spielt eine wichtige Rolle für das Klima. Deshalb wird die in den vergangenen Jahrzehnten beobachtete Abschwächung dieses Strömungssystems mit Sorge betrachtet und viel diskutiert. Dabei geht es um die Frage, ob die messbaren Veränderungen bereits auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen sind – für die Zukunft sagen Modellsimulationen einen solchen Einfluss mit großer Wahrscheinlichkeit voraus. Eine neue Studie von Wissenschaftler:innen des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, die jetzt im Fachjournal Nature Communications erschienen ist, kommt zu dem Ergebnis, dass die gegenwärtig beobachtete Abschwächung zumindest teilweise noch als natürliche Schwankung nach einigen extrem kalten Labradorsee-Wintern in den 1990er-Jahren interpretiert werden kann.

Der Golfstrom, der warmes Wasser aus dem Golf von Mexiko zu uns nach Europa trägt und für mildes Klima sorgt, ist nur ein Teil eines größeren ozeanischen Strömungssystems, der Atlantischen Umwälzzirkulation. Diese wird von Fachleuten als „Atlantic Meridional Overturning Circulation“ oder kurz AMOC bezeichnet. Sie durchzieht den Atlantischen Ozean wie eine große Klimamaschine: Während warmes Wasser aus den Tropen an der Oberfläche nach Norden transportiert wird, kehrt sich der Strom im Nordatlantik um: Das Wasser kühlt ab, wird schwerer und strömt in der Tiefe gen Süden.

Wo genau diese Absinkprozesse stattfinden ist immer wieder Gegenstand aktueller Forschung, jüngste Messprogramme verorten sie östlich von Grönland. Ein Team von Wissenschaftler:innen des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel hat jetzt in einer Modellierungsstudie speziell das Meeresgebiet südwestlich von Grönland in den Blick genommen: die Labradorsee.In ihrer Studie, die jetzt im Fachjournal Nature Communications erschienen ist, könnendie Forschenden mithilfe aufwändiger Computer-Simulationen zeigen, dass die dortigen Schwankungen einen deutlichen Einfluss auf die Stärke der Absinkvorgänge östlich von Grönland haben können. Ein wichtiges Bindeglied stellt dabei ein bislang wenig beachtetes System von Tiefenströmungen dar, das für eine rasche Ausbreitung des Labradorsee-Wassers in das Tiefseebecken zwischen Grönland und Island sorgt.  

„Die Labradorsee zwischen Kanada und Grönland haben wir Ozeanographen schon seit langem im Visier“, sagt Professor Dr. Claus Böning, der die Untersuchung geleitet hat, „Winterstürme mit eisiger Luft lassen hier die Meerestemperaturen so weit abkühlen, dass das Oberflächenwasser schwerer als das darunter liegende Wasser wird. Die Folge ist eine tiefreichende winterliche Vermischung der Wassersäule, wobei Volumen und Dichte der dabei gebildeten Wassermasse von Jahr zu Jahr stark schwanken können.“

In den Modellsimulationen, die die vergangenen 60 Jahre abbilden, stachen vor allem die Jahre von 1990 bis 1994 heraus, in denen sich die Labradorsee besonders stark abgekühlt hat. „Das damals infolge extrem harscher Winter gebildete außergewöhnlich große Volumen von Labradorsee-Wasser mit sehr hoher Dichte führte in den Folgejahren zu deutlich verstärkten Absinkbewegungen zwischen Grönland und Island“, erläutert Claus Böning. Als Folge davon berechneten die Modellsimulationen einen um mehr als 20 Prozent erhöhten Transport der atlantischen Umwälzbewegung, mit maximalen Werten gegen Ende der 1990er-Jahre.

Die erst seit dem Jahr 2004 kontinuierlich durchgeführten Messungen der Umwälzbewegung im Nordatlantik würde danach genau in die Abklingphase des simulierten Transportmaximums fallen. „Nach unseren Modellergebnissen kann daher die in diesem Zeitraum beobachtete Abschwächung der Atlantikzirkulation zumindest zum Teil als Nachwirkung der extremen Labradorsee-Winter in den 1990ern interpretiert werden“, fasst Professor Dr. Arne Biastoch, Leiter der Forschungseinheit Ozeandynamik am GEOMAR und Ko-Autor der Studie die Erkenntnis zusammen. Er stellt aber klar: „Auch wenn wir auf Basis der bisherigen Ergebnisse derzeit noch nicht sagen können, ob bereits jetzt eine längerfristige Abschwächung der Umwälzbewegung erfolgt, sagen alle Klimamodelle eine Abschwächung als Folge des vom Menschen verursachten Klimawandels als ,sehr wahrscheinlich‘ für die Zukunft voraus.“

Die Fortführung kontinuierlicher Beobachtungsprogramme und die Weiterentwicklung der Simulationen sind entscheidend für ein besseres Prozessverständnis der klimatisch so wichtigen Schlüsselprozesse. Und natürlich für die zukünftigen Projektionen des Golfstromsystems unter dem Klimawandel.

Original-Publikation:

Böning, C. W., P. Wagner, P. Handmann, F. U. Schwarzkopf, K. Getzlaff, and A. Biastoch (2023): Decadal changes in Atlantic overturning due to the excessive 1990s Labrador Sea convection. Nature Communications, doi: https://doi.org/10.1038/s41467-023-40323-9.

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