Wie schlau ist KI beim Thema Klima?

… ein kurzer Check mit dem deutschsprachigen „ChatGPT.ch

von Hans-J. Dammschneider (IFHGK)

Haben Sie schon einmal mit ChatGPT kommuniziert? Tun Sie es, probieren Sie es, bald ist es Standard! Ob man das gut oder schlecht findet, spielt dabei keine Rolle. Es wird kommen. Daher haben wir es getestet … und waren durchaus erstaunt!

KI als „intelligent“ zu bezeichnen ist allerdings (noch?) so eine Sache. Zur Zeit versucht das System Fragen so zu beantworten, wie man es auch über GOOGLE o.ä. herausfinden könnte. D.h. es ist nicht zwingend eine wirkliche künstliche Intelligenz. Aber sie setzt immerhin alt bekanntes neu zusammen.

Auf eine (für ChatGPT verständlich) formulierte Frage bekommt man meist (und sogar ziemlich zügig) eine zusammenfassend lesbare Antwort. Das ist ein Unterschied zur bisher üblichen Datenbankrecherche oder einer GOOGLE-Suche … und es funktioniert auf den ersten Blick auch ganz gut und ist (nebenbei gesagt) recht clever gemacht.

Allerdings muss man aufpassen. Die KI ist nämlich auch anders ´schlau´: Wo ChatGPT keine Lösung anbieten kann, laviert es oft geschickt um den heissen Brei herum. Das haben die Entwickler dieser KI sich gut überlegt, mögliche Wissenslücken fallen nicht sofort auf.

Mit anderen Worten: Die Nutzung von ChatGPT ist einfach, sieht im Ergebnis vordergründig gut aus, erspart einem aber auf keinen Fall eine eigene Kontrolle der ausgespuckten Antworten!

Der Haken daran ist: Wenn ich noch nichts weiss, wie kann ich dann die offenen Flanken von KI überhaupt erkennen? Zugegeben, das ist bei GOOGLE auch nicht besser. Und bei WIKIPEDIA sogar oft eine kleine Katastrophe. Eben!

Versuchen wir es also mal in der Praxis mit ChatGPT und zwar gleich und ohne Umschweife mit nicht ganz so einfachen Dingen … hier für die KLIMANACHRICHTEN aus dem Themenbereich Klima.

Die AMO (Atlantic Multidecadal Oscillation) beispielsweise ist für Europa ein wichtiger Faktor, unser Klima ´hängt´ am Atlantik. Die AMO ist ein komplexes Gebilde aus Ozeanographie und langfristiger Meteorologie, vulgo Klima. Wie sehr AMO und Klima letztlich aber vernetzt sind, ist eine Frage, über die sich Experten noch oftmals streiten. Also fragen wir mal die KI ob sie helfen kann:

Die Antwort ist nicht völlig daneben, aber die AMO errechnet sich nun einmal aus den jeweiligen SST eines Zeitraums, für den sie als Indexwert ermittelt werden soll … ein langfristiger Temperaturdurchschnitt ist da nicht gefragt, vielmehr ergibt die AMO in ihrem Ablauf eine langfristige/durchschnittliche Zyklizität.

Machen wir weiter. Der „Golfstrom“ verläuft sozusagen quer durch den Bereich der AMO. Was sagt KI dazu?

Diese Antwort ist wieder so problematisch wie zuvor: Die AMO beeinflusst ganz gewiss nicht die Temperaturen des Atlantiks, sondern umgekehrt wird der Index der AMO aus den SST gebildet. Ob nun aber die AMO (die grossräumigen Verteilungen) den Golfstrom in seinem Verlauf in gewissem Masse ´lenken´ könnte, mag man diskutieren … ´die Beziehung zwischen AMO und Golfstrom ist komplex und noch nicht richtig verstanden´. Das stimmt!

Mal was Komplizierteres:

Ja, Detrendierung und Modellierung sind „komplexe Aufgaben“ … !

Weniger technisch als klimatisch gesehen, sind für uns die Auswirkungen der AMO interessant:

Der Fehler ist offensichtlich: Die AMO beeinflusst NICHT die Temperaturen des Atlantiks, sondern die SST sind umgekehrt die ´Lebenselemente´ der AMO. Da „Klima“ sozusagen das mittlere Wetter der letzten 30 Jahre ist, stimmt auch der darauf folgende Teil der Antwort so nicht. Abgefangen wird der Lapsus allerdings sehr geschickt durch den Begriff „direkt“ … ja, ´direkt´ kann man das nicht erkennen.

Daher nochmal zum Klima selbst gefragt:

Siehe oben: Wenn nur die Verwechslung von Ursache und Wirkung nicht wäre, dann könnte man die Antwort akzeptieren.

Aber wir sind penetrant und wollen nun Europa als Ganzes einbeziehen:

Wieder dieses Halbfalschwissen: Nicht die AMO beeinflusst die Temperaturen des Atlantiks, sondern die SST ´machen´ die AMO. Die Auswirkungen für Europa sind danach aber akzeptabel dargestellt … den schon gewohnheitsmässig üblichen Einschub zum CO2 nehmen wir dann nur am Rande wahr.

Eine ähnliche Frage dazu wird von KI gemeistert:

Bringen wir an dieser Stelle die NAO in´s Spiel:

Ja aber … der Kernfehler, dass die AMO angeblich die SST beeinflusst, ist nun mal ´drin´ im System!

Ein Ausweg wäre (dies an ChatGPT gerichtet), darauf hinzuweisen, dass die AMO die LUFT-Temperaturen im Bereich des Atlantiks beeinflusst und dieses wiederum sich bis nach Europa auswirkt, da die ´latente Energie´ (oberhalb des Wasserkörpers) mit der Westwinddrift gen Osten nach Europa gelangt.

Bewegen wir uns weg vom Atlantik und nehmen für einmal ein regionales Klima-Thema auf:

Erst drückt sich die KI um eine Antwort herum. Das ist auffällig oft DANN der Fall, wenn die Frage für ChatGPT schwieriger wird. Die dann tatsächlich getroffene Feststellung, dass „im Trend“ die Niederschläge in Niedersachsen zugenommen haben, stimmt. Aber wissen wollten wir ja, ob das durchgehend so war oder ob es vielleicht in den letzten Jahren mal anders gewesen ist … was es nämlich war, denn ab 1990 nehmen die Niederschläge i.M. über die Jahre ab (siehe hier).

Im vorstehend verlinkten Beitrag „Klimawandel im Harz“ wird auch auf die Sonnenstunden und die Windstärken eingegangen. Fragen wir KI dazu:

Beides stimmt leider so nicht: Sowohl Sonnenscheindauer als auch die Windstärken nehmen z.B. im Harz seit 20 Jahren ab (siehe Abb. 9 in „Der Harz im Klimawandel“ unter www.klimanachrichten.de ).

Aber vielleicht war es auch nur unfair, die Fragen nicht DIREKT zum Harzgebirge zu stellen. Und wenn man das dann tut, dann wird man auch völlig richtig weiterverwiesen:

Fazit:

KI als Quelle der Erkenntnis ist auf dem Weg, GOOGLE o.ä. in der Beliebtheit abzulösen. Aber Vorsicht ist angesagt: Man lasse sich von den meist flüssigen Formulierungen inhaltlich bitte nicht täuschen, denn da gibt es Wissenslücken, die oft auch eher weniger „intelligent“ sind … . Das Hauptproblem ist, dass ChatGPT offenbar im KERN Fehler enthalten kann, die sich dann GRUNDSÄTZLICH durchschleifen … hier in diesem Versuch ist es die Behauptung, dass die AMO die SST beeinflusst, dabei ist es genau umgekehrt! Die Entwickler haben also noch Arbeit zu leisten und wir als Nutzer sollten (wie immer!) kritisch prüfen, was man uns vorlegt.

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Die Welt brachte zur KI einen interessanten Artikel:

WETTLAUF UM ENTWICKLUNG: „Dagegen ist der Bau einer Atombombe ein streng kontrolliertes Projekt“

Die Fragen an ChatGBT zur AMO und deren Rolle im Klima sind ein Versuch, KI auf einfachem Niveau kennenzulernen. Bei der ´richtigen´ KI wird es aber zukünftig oft weniger um „Wissen“ und um deren Vermittlung gehen. Sondern bei der Entwicklung von KI steht vor allem auch im Focus, politische und gesellschaftliche Strukturen zu beherrschen. Dabei ist es vermutlich nicht so wichtig, ob ChatGPT/KI z.B. die AMO korrekt einschätzt. Vielmehr wird man (auch) bestrebt sein, durch diese ´intelligenten´ Maschinen einerseits Zusammenhänge zu beeinflussen, um dann eventuell durch deren „Bewertung“ potentielle Vorhaben gewinnbringend (für wen oder was auch immer!?) und besser lenken zu können. Die WELT fragt hier zu Recht mehr nach der Rolle, die KI für „Macht“ (besser Machtausübung) spielt, als danach, welche Möglichkeiten die Wissenschaft daraus ziehen könnte:

WELT: Kann Künstliche Intelligenz die Machtverhältnisse auf der Welt verändern?

Moës: Ja, die US-amerikanischen Firmen werden enorm an Einfluss gewinnen. Ihre leistungsfähigen Technologien werden auch Aufgaben übernehmen, die früher von Menschen in anderen Teilen der Welt erledigt wurden. Von Dienstleistungen bis hin zur Produktion von Waren. Das ist der Grund, warum Unternehmen wie Google an der Börse so unglaublich hoch bewertet sind. Und das bringt politische Macht mit sich. …“

Was also im Hinterkopf bleiben muss: KI ist ein Mittel zum Zweck. Wer zum Beispiel der Auffassung wäre, dass über die Darstellung einer die SST beeinflussenden AMO (was falsch ist!) etwas zu gewinnen sein könnte, der hätte sich bereits auf den (für ihn) ´richtigen´ Weg begeben … stete (Falsch-)Meldung höhlt den Stein! Und ob man´s als Nutzer immer mitbekommt/merkt, ist bei der schönen Verbal-Verpackung, die die KI-Antworten haben, gar nicht mehr so sicher.

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The Telegraph:

Britain’s future as ‘Saudi Arabia of wind’ in doubt after surge in costs

Several projects deemed unviable just a year after winning government contracts

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The Telegraph hat auch einen interessanten Artikel zum Tiefseebergbau für sie Energiewende:

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Golem.de:

ATOMENERGIE: China genehmigt Betrieb des ersten Flüssigsalzreaktors

Um bis zum Jahr 2060 kohlendioxidneutral zu werden, setzt China außer auf erneuerbare Energien auf Atomkraft.

Ein neues Atomkraftwerk für China: Die zuständige Aufsichtsbehörde hat den Betrieb des ersten Thoriumreaktors genehmigt. Der Prototyp eines solchen Reaktors entsteht in der Wüste der Provinz Gansu.

Der Flüssigsalzreaktor (Molten Salt Reactor, MSR) mit der Bezeichnung TMSR-LF1 wurde in Wuwei in der Provinz Gansu errichtet, berichtet die Hongkonger Tageszeitung South China Morning Post (SCMP). Die Anlage hat eine Leistung von zwei Megawatt und wird vom Shanghai Institute of Applied Physics der Chinesischen Akademie der Wissenschaften betrieben. Die Genehmigung gilt für zehn Jahre.

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Merkur.de:

Strompreis in Deutschland bald wieder günstig? Prognose des Ministeriums widerspricht Ampel

Sinkt der Strompreis dank erneuerbarer Energien? Das Vorhaben der Ampelregierung löst sich offenbar in Luft auf – laut einer Prognose des Wirtschaftsministeriums.

Berlin/München – Die Energiekrise veranlasst Deutschland zum Handeln: Die Ampelregierung möchte die Bundesrepublik besonders mit erneuerbaren Energien aus Sonnen- und Windkraft zukunftsfreundlich machen. Das ist jedoch ein langer Prozess und als Zwischenlösung kommt auch das umstrittene Flüssiggas (LNG) zum Einsatz.

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taz:

Ende der Atomenergie: Unsozialer Ausstieg

Das Ende der AKW-Nutzung verschärft die sozialen Verwerfungen der Energiewende. Unter den Preisen werden in erster Linie die Ärmeren leiden.

Mitte April war es also vorbei. In Deutschland gingen auch die letzten drei Kernkraftwerke vom Netz. Vor allem im Lichte der Klimakrise erschien die Reihenfolge der deutschen Energiewende – erst aus der Atomkraft raus, dann aus der Kohle, und dann irgendwann auch aus dem Gas – mit der Zeit immer merkwürdiger. Statt mit der Kohle anzufangen, entledigte man sich zunächst einer fast CO2-freien Energiequelle.

Neben dem Weltklima leidet aber auch das oft beschworene soziale Klima unter dem Atomausstieg. Der Plan, das Stromnetz von fossiler und atomarer Grundlastversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare umzustellen, bringt nämlich gewaltige Kosten mit sich, unter denen besonders die Ärmsten ächzen.

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