Bei Cicero schreibt Malte Heidorn über die Wärmewende der Ampelkoalition. Heidorn ist Referent im Bundestag und Mitglied der Linken. Es schon erstaunlich, dass er sich über die Mittelschicht Gedanken macht.
“Der Klimaeffekt der Habeck-Ideologie ist aber maximal dürftig. Das Wirtschaftsministerium hat in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage Auskunft gegeben: Sagenhafte 1,4 Prozent CO2-Emissionen werden durch das Heizdiktat der Ampel und die geplante Installation von sechs Millionen Wärmepumpen eingespart. Nicht etwa Ende 2024, wenn Habecks Harakiri Fahrt aufnehmen soll, sondern im Jahr 2030 – im Vergleich zu heute. Angesichts der Debatte könnte man den Eindruck haben, es ginge nicht um 1,4 Prozent, sondern um alles oder nichts – Höllenfeuer oder grünes Paradies. In einer wieder einmal moralisch überfrachteten Debatte spielen weder Fakten noch die finanziellen Möglichkeiten der Bürger eine besondere Rolle.
Heidorn beschäftigt sich auch mit den üblichen Einwürfen (Aber Norwegen!).
“Man sollte den Effekt des Heizungsgesetzes ins Verhältnis setzen: Deutschland hat seit 1990 wie kaum ein anderes Industrieland CO2-Emissionen zurückgefahren – minus 36 Prozent. Frankreich, Japan und die USA zusammengenommen haben prozentual nicht so viel reduziert. Das mag alles noch zu wenig sein, um die Erderwärmung zu stoppen. Richtig, denn im selben Zeitraum sind die Emissionen in China um 362 Prozent und in Indien um 369 Prozent gestiegen. […]. Das ist Klimanationalismus aus dem Hause Habeck. Selbst wenn Deutschland morgen klimaneutral wäre, würde dies global nichts ändern. Und in Spanien würde es in diesen Tagen trotzdem nicht regnen. Die Ampel ist aber bereit, das Land für eine ideologische Luftnummer zu spalten, anstatt die Akzeptanz für Klimaschutz durch sinnvolle Maßnahmen zu erhöhen. Häufig wird Norwegen als ein Wärmepumpen-Vorbild genannt, aber dort sind, anders als bei uns, die Emissionen seit 1990 um 17 Prozent angestiegen.”
Stichwort Wärmepumpen. Momentan liest man, dass der Einbau solcher Anlagen gar kein Problem sei. Nun, der Bundestag ist zum Beispiel nicht geeignet, wie Achgut berichtet.
“Der Bundestag kann nicht so ohne Weiteres von Gas auf Wärmepumpen umgestellt werden. Die Heizsysteme seien für die heute verfügbaren Wärmepumpen-Systeme „nicht geeignet“. Es müsste wohl eine Fussboden-Heizung mit niedrigen Vorlauftemperaturen her. Doch das geht nicht mit vertretbarem Aufwand. Gibt’s jetzt eine Ausnahmeregelung?
Wo ist Christo? Die Bundestagsvoraluftemperatur ist in Not. Frank Schäffler MdB/FDP twitterte am 27. April 2023 „Nur mal so: der Bundestag heizt derzeit mit (Bio-)Öl und Gas. Dies kann lt. Bundestagsverwaltung nicht so einfach umgestellt werden. Die Heizsysteme seien „für die heute verfügbaren Wärmepumpensysteme (…) nicht geeignet.“ Die Berliner Morgenpost ergänzt „Grund: zu hohe Vorlauftemperaturen (110 ℃). Man war seinerzeit übrigens besonders stolz auf das hochkomplexe Heizlüftungssystem des Bundestages.”
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Die Niederlande planen dicht an der Grenze zu Deutschland Small Modular Reactors (SMR) zu installieren. Die Ruhrnachrichten berichteten.
“Bereits Ende 2022 hatte die niederländische Regierung unter Ministerpräsident Mark Rutte den Bau von zwei neuen Atomkraftwerken bekannt gegeben. Sie sollen bis 2035 fertig gestellt sein. Gebaut werden sollen sie im Südwesten des Landes, in der Provinz Zeeland. Dort steht auch das bislang einzige aktive AKW in den Niederlanden. Das AKW „Borssele“ ist seit 1973 in Betrieb und soll voraussichtlich erst 2033 abgeschaltet werden. Grund für den Bau der zwei neuen Reaktoren ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die dadurch entstandenen Versorgungsengpässe beim Gas. Mit einer Kapazität von 1000 bis 1650 Megawatt sollen die Reaktoren bis zu 13 Prozent der niederländischen Stromproduktion liefern. Laut Ministerium soll die Betriebsdauer des bestehenden AKW in Borssele zudem über 2033 hinaus verlängert werden.”
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Die Leistung der CO2-Senken: Professor Ganteför hat ein Video zu dem Thema erstellt.
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Stahlende Geschäfte: Die Skandinavier scheinen deutlich pragmatischer in vielen Dingen zu sein. Ob es nun Kohlenstoff-Verpressung in Dänemark oder Norwegen ist, oder wie ganz aktuell der mögliche Import von Atommüll. Die taz mit einem bemerkenswerten Artikel dazu.
“Bei Atommüll gebe es eine enorme Marktnische, meint Rauli Partanen, einer der Initiatoren. Der Mitverfasser des Buchs „The Dark Horse: Nuclear Power and Climate Change“ ist beim Thinktank „Think Atom“ aktiv. Als Pionier im Endlagersektor habe Finnland die große Chance, anderen Staaten eine völlig neue und international begehrte Dienstleistung anzubieten, sagt er. Selbst wenn man erst einmal nur mit dem möglichen Potenzial in Europa rechnet, könne man von einem Marktvolumen von 100 Milliarden Euro ausgehen. Und global schätzt Partanen den Markt auf 400 Milliarden. Schließlich gebe es weltweit 38 Länder, die Interesse an den „kommerziellen Entsorgungsdiensten“ für ihren Atommüllhaben könnten.”
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Markus Krall im Interview über den Verkauf von Viessmann.
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Rupert Pritzl veröffentlichte bei der Ludwig Erhard Stiftung einen Beitrag zum Energieeffizienzgesetz:
Das Energieeffizienzgesetz – ein weiterer Schritt zur „Klima-Planwirtschaft“ in Deutschland
Rupert Pritzl analysiert und kritisiert das geplante „Energieeffizienzgesetz“ der Bundesregierung. Er konstatiert unter anderem, dass schon der Begriff der „Energieeffizienz“ ein Etikettenschwindel ist. Tatsächlich gehe es um „Energieeinsparung“ und in der Folge um sinkenden Wohlstand.
Die Bundesregierung hat mit dem am 19. April 2023 vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für ein Energieeffizienzgesetz (EnEfG) ambitionierte Energieeffizienz-, respektive: Energieeinsparziele für Bund und Länder festgeschrieben und zum Teil einschneidende Regulierungen für Rechenzentren und für die Abwärme emittierende Industrie festgelegt. Diese Regulierungsmaßnahmen – und noch mehr die dahinterstehenden gesamtgesellschaftlichen Steuerungsvorstellungen – weisen eine neue Qualität in den dirigistischen Staatseingriffen in unsere Soziale Marktwirtschaft auf, die die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realitäten zu ignorieren und die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse völlig zu verkennen scheinen: Sie stellen – zusammen mit dem zeitgleich beschlossenen Öl- und Gasheizungsverbot des Gebäudeenergiegesetzes (vgl. Pritzl 2023) – einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer „Klima-Planwirtschaft“ in Deutschland dar. Auch in diesem – vorgeblich klimapolitisch motivierten – Gesetz ignoriert der Bund wieder einmal die Ermahnungen des Bundesrechnungshofes, der von der Politik eindringlich gefordert hat, dass alle Klimaschutzmaßnahmen auf „wirksame und wirtschaftliche Treibhausgas-Minderung“ ausgerichtet werden müssen“ (vgl. BRH 2022, S. 6-8). Dieses dirigistische Energieeffizienzgesetz stellt eine vollständige Abkehr von der bisherigen kooperativen Energieeffizienzpolitik zwischen Bund und Ländern dar, die seit dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz im Jahr 2014 gemeinsam, lösungsorientiert und unideologisch betrieben wurde (u.a. im Rahmen der „Plattform Energieeffizienz“).
1 Hintergrund: EU-Energieeffizienz-Richtlinie
Am 10. März 2023 wurde eine vorläufige politische Einigung über eine Neufassung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie (EED) erzielt. Demnach müssen die Mitgliedstaaten bis 2030 gemeinsam den Endenergieverbrauch um mindestens 11,7 Prozent gegenüber dem 2020 geschätzten Wert senken. Dies entspricht einem maximalen EU-Endenergieverbrauch von 763 Mio. t Rohöläquivalent. Dazu müssen die Mitgliedstaaten indikative nationale Beiträge und Zielpfade festlegen. Falls diese Beiträge zusammen zur Erreichung des 11,7 Prozent-Einsparziels nicht genügen, wird die Kommission diese nach einer vorab festgelegten Methode anpassen. Die Mitgliedstaaten müssen bis 2025 jährlich 1,3 Prozent des Endenergieverbrauchs einsparen – danach ansteigend bis 1,9 Prozent Ende 2030. Hierfür können Maßnahmen bei der Gebäudeenergieeffizienz und im Rahmen der beiden Emissionshandelssysteme sowie Notmaßnahmen im Energiebereich angerechnet werden. Jährlich muss der öffentliche Sektor 1,9 Prozent Endenergie einsparen, um seiner Vorbildfunktion gerecht zu werden.
2 Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG)
Am 17. Oktober 2022 hatte Bundeskanzler Olaf Scholz – im Zuge der ins Auge gefassten Abschaltung der letzten drei deutschen Kernkraftwerke zum 16.4.2023 – ein ambitioniertes Energieeffizienzgesetz angekündigt. Mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) werden ambitionierte Energieeffizienzziele detailliert festgeschrieben: Es werden konkrete Energieeffizienzziele – tatsächlich sind es aber Energieeinsparziele – für den Endenergie- und den Primärenergieverbrauch für die Zeiträume bis 2030, bis 2040 und bis 2045 festgelegt. Diese betreffen sowohl den Bund (mit minus 45 Terawattstunden, TWh, bis 2030) als auch die Länder (mit minus 5 TWh bis 2030) sowie eine verbindliche Länderaufteilung (in Anlage 1 zum EnEfG), die dann den einzelnen Bundesländern einen fixen Anteil an dieser Länderverpflichtung zuweist (so beträgt dieser Anteil für Bayern 15,78 Prozent und für NRW 22,94 Prozent).
Diese Energiesparziele entsprechen den ambitionierten Einsparzielen des deutschen Klimaschutzgesetzes und gehen daher weit über die Ziele der EU-Energieeffizienz-Richtlinie hinaus. Danach muss der Endenergieverbrauch um mehr als 550 Terawattstunden bis 2030 (im Vergleich zu 2008) reduziert werden. Die Länder sollen im Rahmen dieses EnEfG verpflichtet werden, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzuführen, Einsparmaßnahmen zu erlassen und hierzu Berichte in einem Energieverbrauchsregister zu erfassen sowie die Kommunen zu veranlassen, ebensolches einzuführen und umzusetzen.
Gleichzeitig werden Anforderungen aus der laufenden EED-Novelle (Umsetzung der Vorbildfunktion und Einführung einer Energieeinsparpflicht für die öffentliche Hand, Pflicht für Unternehmen ein Energie-Management-System einzuführen sowie Nutzungs- und Auskunftspflicht zu Abwärme, Festlegung von Effizienz- und Wärmeanforderungen für Rechenzentren sowie Aufbau eines öffentlichen Registers) national umgesetzt. Die Industrie wird verpflichtet, die wirtschaftlich identifizierten Energieeinsparmaßnahmen innerhalb von drei Jahren zu planen und diese Pläne zu veröffentlichen und bei der Bundesstelle für Energieeffizienz (respektive Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, BAFA) zu hinterlegen.
Es werden sehr umfangreiche und detaillierte Energieeffizienz- und Energieeinsparverpflichtungen für Rechenzentren aufgestellt, die z.B. die Mindesttemperatur für die Luftkühlung (ab 1. Januar 2024 bis zu 27 Grad Celsius) und den Stromverbrauch aus „ungefördertem Strom“ (also nicht aus durch EEG geförderten Anlagen) aus erneuerbaren Energie zu regulieren. Die Rechenzentren müssen zudem einer Informations- und Dokumentationspflicht sowie einer Eintragungspflicht in ein öffentliches Energieeffizienzregister bei dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nachkommen. Für Unternehmen, die Abwärme emittieren, sind auch umfangreiche Informations- und Berichtspflichten gegenüber der Bundesstelle für Energieeffizienz (respektive BAFA) enthalten. Sogenannte „klimaneutrale Unternehmen“ (§ 18) sind von vielen dieser Informations- und Berichtspflichten befreit. Verstöße gegen Bestimmungen des EnEfG werden als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit bis zu 100.000 Euro bestraft.
3 Länder- und Verbändeanhörung – im Grunde genommen unerwünscht
Die Länder und Verbände haben über die Osterfeiertage Gelegenheit bekommen, zum Gesetzesentwurf bis zum 12. April 2023 schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Länder- und Verbändeanhörung erfolgte wie so oft in äußerst knapper Frist (fünf Arbeitstage) und überschnitt sich zeitlich mit der Anhörung zu dem umfangreichen und ebenfalls sehr wichtigen Gebäudeenergiegesetz, das ein Öl- und Gasheizungsverbot zum 1. Januar 2024 vorsieht. Verschiedene Verbände haben sich über die knappe und gedrängte Frist beklagt und im Grundsatz sowie in zahlreichen Einzelaspekten kritisch geäußert.
4 Bewertung
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Wir danken allen Unterstützern des Blogs! Wir erhalten zahlreiche Zuschriften mit Kommentierungen der Blogbeiträge sowie neuen interessanten Links. Wir freuen uns auch sehr über alle eingehenden Spenden, die den Betrieb des Blogs möglich machen. Vielen herzlichen Dank dafür! So können wir weiterhin die Entwicklungen zur Klima- und Energiedebatte aus neutraler Warte aus beobachten und analysieren. Es gibt erste Anzeichen, dass die Wende an einen Wendepunkt gekommen sein könnte. Über theoretische Erkenntnisse kann man sich durch Ignoranz hinwegsetzen. Über die reale wirtschaftliche Entwicklung und persönliche Stimmungslage der Wähler hingegen nicht. Letztendlich wird an der Wahlurne entschieden, wie es weitergeht. Man darf sich fragen, weshalb Habecks Heizungspläne im Frühling 2023 kamen.
Es war den grünen Planern bewusst, dass hiermit maximale Unzufriedenheit erzeugt wird. Aber es gab wenig Alternativen. Der Winter 2022/23 war mit vielen hunderten von Milliarden Euro teurem Strom- und Gasdeckel gerade so gemeistert worden. Ein Blick in den Wahlkalender zeigt, dass es bis Oktober keine wichtigen Wahlen in Deutschland gibt, mit Ausnahme des kleinen Bremen. Bis dahin wird das Heizungsdebakel sicher wieder vergessen sein, hoffte man wohl in der grünen Lenkzentrale. Außerdem hatten Habeck & Co. mitgerechnet: Die Legislaturperiode des 20. Bundestags begann 2021 und endet 2025. Man steuert also langsam auf Halbzeit zu. Wenn man seine eigenen Pläne noch umsetzen möchte, müssen die Zumutungen jetzt allmählich verkündet werden. Falls die Bevölkerung rebelliert und die Regierung vorzeitig scheitert, würde sich der Handlungszeitraum sogar weiter verkürzen. Ob die Bürger die Zumutungen und den Verlust an Lebensstandard wirklich bis Oktober 2023 vergessen werden? Wohl kaum, denn dies sind persönliche Einbußen, die jeder täglich spüren wird. Lange sind die Unterstützer einer harten Dekarbonisierung nach dem Prinzip gefahren, „not in my backyard, not in my pocket„. Jetzt ist die grüne Revolution im Hintergarten und in den Portemonnaies angekommen. Das ändert alles!