Hat Kanada auf die falsche Küste gesetzt?

Das Land verfügt über große Erdgas-Vorkommen, hat aber offenbar nicht mit der Nachfrage aus Europa gerechnet. Die Infrastruktur war nach Asien ausgerichtet worden, wohl auch, weil Premier Trudeau sich kein Geschäft mit dem Export nach Europa versprach. Das bringt ihm laut tnc.news jetzt Kritik ein.

“As a US ship arrived in Germany’s newly built liquified natural gas (LNG) terminal with a fresh shipment of gas, critics of Prime Minister Justin Trudeau blasted him for turning down an opportunity to sell Canadian gas to the European nation. Conservative MP and foreign affairs critic Michael Chong called the deal a “missed opportunity” for Canada as Germany seeks for ways to offset its dependency on Russian energy. “Germany’s newly constructed LNG terminal received its first full cargo from the U.S. today – not Canada,” tweeted Chong. “That’s partly because Trudeau believes there’s ‘never been a strong business case’ for exporting East Coast LNG. What a missed opportunity.””

Ob Trudeau hier wirklich so falsch gedacht hat? Bis zum Ausbruch des Krieges war LNG für Deutschland kein Thema. Der Aufbau von Infrastruktur braucht Zeit, manchmal weniger als man gedacht hatte, wenn man an die deutschen Terminals denkt, die in sehr kurzer Zeit entstanden sind. So ist es auch kein Wunder, dass Kanzler Scholz nach seinem Besuch in Kanada im August 2022 ohne Lieferzusagen nach Hause zurückkehrte. Reuters berichtete seinerzeit.

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Die Atomdebatte muss noch einmal geführt werden. Das meint Anna Veronika Wendland in der Welt (Bezahlartikel).

“Es gab also 2022 nie eine Chance, im parlamentarischen Erörterungsprozess eine evidenzbasierte, am Ziel der Klima- und Versorgungssicherheit orientierte Kernkraftdebatte zu führen – zumal das Ergebnis ja feststand, bevor die Erörterung erfolgte. Bundesregierung, SPD und Grüne legten eine solche Wurschtigkeit im Umgang mit den Fakten an den Tag, dass man das eigentlich nur als unverhohlene Machtdemonstration deuten konnte. Man hält es gar nicht mehr für nötig, angesichts veränderter Rahmenbedingungen noch einmal ergebnisoffen zu diskutieren. Die Erörterung verkam zur Farce. Derzeit besteht wenig Hoffnung, dass es 2023 anders laufen könnte. Dafür müsste die FDP die Atomdebatte viel energischer führen, und Wirtschaftsminister Habeck müsste einsehen, dass seine Ausflüge zu Flüssiggas-Despoten und Kohlestromern vom Ziel wegführen. Doch dazu ist keiner bereit. Der fossile Konsens bleibt derzeit das einzige, was die Ampel energiepolitisch zusammenhält.”

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Vor Schottland soll einer der größten Windparks der Welt entstehen, wie Fife Today berichtet.

“SSE said that could generate £8.3 billion for the UK economy and that the 4.1GW output is “essential to close the gap” on the Scottish Government’s offshore wind target of 11GW by 2030. Located around 40 kilometres off the Fife and East Lothian coastlines, the scheme would be capable of generating enough green energy to power more than double the number of households in Scotland. The giant array – an amalgamation of earlier Berwick Bank and Marr Bank proposals covering 1,313 square kilometres – is already at an advanced stage of development after 10 years of research and analysis. A grid connection has already been secured at Branxton, near Torness, in East Lothian.”

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Das Comeback der Kohle geht weiter. Der SWR berichtet über das Mannheimer Großkraftwerk (GKM). Dort geht ein weiterer Block ans Netz.

“Bundesweit gehen immer mehr alte Kohlemeiler wieder in Betrieb, der Ukraine-Krieg verhilft dem fossilen Energieträger zu einem großen Comeback. Den Anfang hatte im August das Steinkohlekraftwerk Mehrum im niedersächsischen Hohenhameln gemacht, kurz darauf wurde das Kraftwerk Heyden im nordrhein-westfälischen Petershagen reaktiviert. Nach Auskunft des Logistik-Beauftragten der Bundesregierung, Oliver Luksic (FDP), könnten insgesamt bis zu 15 Braun- und Steinkohlewerke wieder ans Netz gehen. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Rückkehr von Kohlekraftwerken mit Blick auf den Klimaschutz wiederholt als bittere Nachricht bezeichnet. Die Rückkehr sei aber wegen der Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine für die Gasversorgung unvermeidlich. Das Ziel, den Kohleausstieg idealerweise schon im Jahr 2030 zu vollenden, bleibe aber bestehen, hatte die Bundesregierung mehrfach betont.”

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LNG-Terminal in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern startet am 14. Januar 2023 den Betrieb. Wie der NDR berichtet, steht das Terminal an der Ostsee kurz vor dem Start.

“Das Terminal in Lubmin soll zunächst eine Einspeisekapazität bis 5,2 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich haben. Die Deutsche Regas hatte im September mit den Bauarbeiten für das Terminal begonnen. Ursprünglich sollte am 1. Dezember der Betrieb aufgenommen werden, aber die erforderlichen Genehmigungen lagen noch nicht vor. Kurz vor Weihnachten wurde die Genehmigung für einen begrenzten Testbetrieb erteilt. Das als Regasifizierungs-Einheit dienende Schiff „Neptune“, der LNG-Tanker „Seapeak Hispania“ sowie der LNG-Shuttle-Tanker „Coral Furcata“ waren in den vergangenen Wochen in Lubmin eingetroffen.

Das privat finanzierte Terminal gehört zu den ersten betriebsbereiten LNG-Terminals Deutschlands. Im niedersächsischen Wilhelmshaven war Ende des Jahres im Rahmen eines Testbetriebs das erste Mal Erdgas eingespeist worden. Ein Terminal in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein soll in Kürze an den Start gehen. Deutschland setzt beim Ersatz ausbleibender russischer Gaslieferungen unter anderem auf per Schiff geliefert.”

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Die steigende Zahl der Elektrofahrzeuge strapaziert das Netz. Alex Reichmuth hat im Nebelspalter (Teil 1 und Teil 2) recherchiert, welche Herausforderungen in der Schweiz anstehen und wie die Behörden darauf reagieren. Fazit: Bei den Beamten scheint man die drohenden Netzüberlastungen zu unterschätzen: 

Stromnetze am Anschlag

In Herrliberg (ZH) ist die Zahl der Elektrofahrzeuge innert vier Jahren von 28 auf 110 gestiegen. Das stellt die Gemeinde am Zürichsee vor Herausforderungen, was die Stabilität des Stromnetzes angeht. Denn wenn viele E-Mobile gleichzeitig am Laden sind und Elektrizität beziehen, kann es zu Überlastungen und schlimmstenfalls zu Stromunterbrüchen kommen.

Doch Herrliberg ist gut gerüstet – viel besser als andere Gemeinden. In 92 Prozent der Haushalte ist bereits ein Smartmeter installiert, also ein digitaler Stromzähler. Möglich wurde das, weil die Gemeinde die Ausstattung der Gebäude mit Glasfaseranschlüssen frühzeitig vorangetrieben hat. Keine Eile bei den Behörden wegen Überlastung des Stromnetzes. Die Elektromobilität entwickelt sich zu einer Gefahr für die Stabilität des Stromnetzes. Denn bei einer weiteren Zunahme von E-Fahrzeugen drohen Überlastungen und Stromausfälle. Wenn viele E-Fahrzeuge gleichzeitig am Netz hängen – typischerweise am Abend –, bringt das die Stromversorgung rasch an den Anschlag. Insbesondere, wenn Schnellladestationen zum Einsatz kommen, über die 11 oder sogar 22 Kilowatt bezogen werden, sind Blackouts nicht auszuschliessen (siehe hier).

Weiterlesen im Nebelspalter, Teil 1 und Teil 2.

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Joshua Busby, Professor at The University of Texas at Austin, auf The Conversation:

Droughts don’t need to result in famine: Ethiopia and Somalia show what makes the difference

The Horn of Africa is facing its worst drought in 40 years. Scientists suspect that a multi-year La Niña cycle has been amplified by climate change to prolong dry and hot conditions.

After multiple failed harvests and amid high global food prices, the Horn is confronted with a severe food security crisis. Some 37 million people face acute hunger in the region, which includes Djibouti, Ethiopia, Kenya, Somalia, South Sudan, Sudan and Uganda.

In Somalia alone, 40% of the population is facing food insecurity: about 6.7 million people. In neighbouring Ethiopia, the proportion is lower – 20% – but the absolute numbers are higher at 20.4 million.

It was not too long ago that drought led to highly divergent impacts between Somalia and Ethiopia. In 2010-2011, a devastating drought led to more than 260,000 deaths beyond normal levels of expected mortality in Somalia. Yet almost no one died in Ethiopia after a severe drought in 2015.

Why did so many people die in Somalia but so few in Ethiopia? I explore these and related questions in my recent book, States and Nature: The Effects of Climate Change on Security.

Using the cases of the two countries, among others, the book shows why Somalia had a famine in the early 2010s while Ethiopia did not, despite both being exposed to severe droughts.

The biggest differences were that, compared with Somalia, Ethiopia enjoyed a state with more capacity and more political inclusion, and made good use of foreign aid. These are factors that I identify in the book as contributing to how climate change is affecting the security of states. I include famine as a form of insecurity.

Better outcomes are expected in states with high capacity to deliver services, high political inclusion where all social groups are represented in government, and where international assistance is welcomed and shared broadly.

Two sets of conditions, two different outcomes

So how did Somalia and Ethiopia stack up on the three factors that contribute to a bad situation being made worse?

In the lead-up to Somalia’s famine in 2011, the country faced persistent problems of a weak national government that was being challenged by Al-Shabaab, a violent Islamist militia that controlled significant territory in the south of the country. The Somali government had limited ability to deliver services in the areas it controlled, let alone areas under Al-Shabaab.

For its part, the Ethiopian government invested in social safety net programmes to feed people in the midst of the drought through cash transfers, employment programmes and food assistance.

The issue of sections of the society being excluded was also in greater evidence in Somalia than in Ethiopia. A number of marginalised groups, notably the Bantu Somalis and the Rahanweyn clan, were among the most affected by the drought. Better connected groups diverted aid that otherwise would have benefited these communities.

Finally, Somalia was in much worse shape when it came to aid. Al-Shabaab militants were blocking aid into the country, which led to a number of humanitarian groups withdrawing from Somalia. In addition, the US, through the Patriot Act, discouraged NGOs from providing aid for fear it would end up in Al-Shabaab’s hands. Together, this meant that little humanitarian assistance came into Somalia precisely at the time when the country needed it most. Hundreds of thousands died.

Ethiopia was a favourite of the international community for foreign assistance. It received funds that supported its social safety net programmes, which helped it prepare for the drought and administer emergency aid supplies.

The current food security crisis in the Horn of Africa, however, reveals persistent vulnerability in both countries.

As Ethiopia’s case shows, progress can be undone. Rising political exclusion is leading to huge food security risks, particularly in the Tigray region where aid is currently largely blocked amid the ongoing violent conflict.

Equally worrisome is Somalia’s situation, where both local and external actors have struggled to build state capacity or inclusion in the face of a long-running violent insurgency.

What can work

My book provides some hopeful insights, as well as caution. It shows that for countries like Ethiopia and Bangladesh, international assistance can help address weak state capacity. Donors worked with local officials to address specific climate hazards, like drought and cyclones.

Such international assistance helped compensate for weak state capacity through discrete investments in early warning systems, targeted social services, such as food assistance or cash transfers, and hazard-specific protective infrastructure, such as cyclone shelters.

Those examples suggest that climate adaptation can save lives and contribute to economic prosperity.

However, as the unfolding dynamic in Ethiopia shows, progress can be reversed. Moreover, it’s far more challenging for external actors to build inclusive political institutions if local actors are not so inclined.

With climate change intensifying extreme weather events around the world, it is incumbent upon policymakers to enhance the practice of environmental peacebuilding, both to resolve ongoing conflicts through better natural resource management and to prevent future emergencies.

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