Die Schweiz – Land der Verschwörungstheoretiker?

Die Schweiz – Land der Verschwörungstheoretiker? Wie kann man zu dieser zugegeben eigenartigen Frage kommen? Ganz einfach, man lege zwei Meldungen der letzten Zeit nebeneinander und ziehe die Schlüsse daraus. Wir starten mit einer Meinungsumfrage in der Schweiz zum Thema Ausbau der Windenergie. Blick.ch hat eine repräsentative Umfrage in der Schweiz durchgeführt.

“Landwirtschaftlich geprägte Landschaften des Mittellands wurden bei der Wiederbefragung 2022 gar als weniger geeignet beurteilt als noch 2018, hiess es in einer Mitteilung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) vom Donnerstag. Für Standorte in Bergregionen, die schon über touristische Infrastruktur verfügen, sei die Akzeptanz für Photovoltaik-Anlagen aber massiv gestiegen.”

Die Schweizer möchten also eher Photovoltaik in ihren Bergregionen als Windkraftanlagen. So weit so gut. Aber das macht die Mehrheit der Schweizer verdächtigt, Verschwörungstheoretiker zu sein. Klingt absurd? Ja ist es auch, ähnlich bizarr wie die eine Studie eines Leibniz-Instituts, die genau zu solchen Schlüssen kommt. Ob die Studienersteller während der Erstellung auch nur einmal den gesunden Menschenverstand eingesetzt haben? Oder ging es nur darum ein prima Totschlagargument zu finden. Es erinnert an einen Bericht im HR, über den wir vor einiger Zeit berichtet haben. Der brandmarkte Gegner von Windkraftprojekten in Hessen mal eben zu Querdenkern und rückte sie in die Nähe von Nazis. Die Originalstudie ist bei Nature erschienen.

“In Zusammenarbeit mit der University of Queensland (Australien) konnten Forschende des IWM in einer repräsentativen Umfrage in der deutschen Bevölkerung mit über 2000 Teilnehmenden nun erstmals nachweisen, dass der Glaube an Verschwörungstheorien eine entscheidende Rolle bei der Ablehnung von Windrädern spielt. Um dies zu untersuchen, wurden die Teilnehmenden gebeten, sich vorzustellen, wie sie in einem Referendum über den Bau von Windrädern in ihrem Wohnort abstimmen würden. „Verschwörungsglaube hatte hier einen weitaus größeren Einfluss als demographische Faktoren wie Alter, Bildungsgrad oder die politische Orientierung“, fasst Projektleiter Winter die Studienergebnisse zusammen.

Weiterhin fanden die Forschenden in acht Studien mit über 4000 Teilnehmenden heraus, dass sich das Bereitstellen von Informationen über den Nutzen der Windräder positiv auf die Zustimmung auswirkte – auch bei Menschen, die eine Neigung zum Glauben an Verschwörungstheorien aufweisen. Diese positive Wirkung der Kommunikation fiel allerdings deutlich geringer aus, wenn Menschen an eine konkrete Verschwörungstheorie rund um das Referendum glaubten oder ihnen zeitgleich negative Informationen über die Windräder präsentiert wurden. „Unter realistischen Bedingungen scheint es also schwierig zu sein, nur mit Informationen gegen den Verschwörungsglauben anzukommen“, resümiert Winter. Hier könnte es ratsam sein auf präventive Maßnahmen wie hohe Transparenz und frühe Kommunikation zu setzen, die verhindern, dass Verschwörungstheorien und Falschinformationen ihre Wirkung entfalten.”

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“Liebe Kollegin”, so spricht Volker Quaschning auf Twitter Veronika Grimm an. Das mag für die Professorentitel stimmen. Aber sind sie wirklich Fachkollegen? Frau Professor Grimm ist im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Sie muss Quaschning das Merit Order Prinzip erklären, nachdem er sie zuvor versuchte zu belehren. Wie gut, dass es für Schulterzucken ein Emoticon gibt.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

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Warum Erdgas in die Stromerzeugung geht. Der BR hat Bruno Berger vom Fraunhofer ISE Institut zur aktuellen Situation befragt. Der gibt sich betont entspannt, auch wenn ihm die Situation bei all den Jubelmeldungen, die er sonst in Sachen Erneuerbare Energien vermeldet, eigentlich suspekt vorkommen muss. Die Fossilen retten gerade seine geliebten Erneuerbaren.

“Es ist nicht so dramatisch, wie es immer gesagt wird”, fasst Bruno Burger vom Fraunhofer ISE Institut zusammen. Er betreut die Datenbank Energy Charts, die viele Daten zur Stromerzeugung in Europa enthält. Wenn man die zuletzt kalten Tage betrachtet, hat sich im Vergleich zum Sommer die abgerufene Leistung der deutschen Gaskraftwerke in etwa verdoppelt. Sie lag häufig in einer Größenordnung von 20 Gigawatt. Damit bleibt aber noch immer ein Drittel der deutschen Gaskraftwerkskapazität in Reserve.

Dass im Winter viel mehr Gaskraftwerke laufen als im Sommer, habe auch mit dem Heizbedarf zu tun, betont eine Sprecherin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): “Der größte Teil der Gaskraftwerke erzeugt in Kraft-Wärme-Kopplung auch Fernwärme und muss daher laufen.”

Wie viel die deutschen Erdgaskraftwerke im Einsatz sind, hängt daher unmittelbar von der Temperatur ab. Im milden November dieses Jahres haben sie 25 Prozent weniger Strom erzeugt als etwa 2020. Im frostigen Dezember dagegen wurde mehr Gas für Strom und Fernwärme verbraucht. Burger vom Fraunhofer ISE prognostiziert jedoch, dass auch der Dezember sich am Ende im Gasverbrauch der Kraftwerke nur wenig von den Vorjahren unterscheiden wird: angesichts des erwarteten Wetterwechsels und der verbrauchsarmen Weihnachtswoche.

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Der Focus stellt eine Preisfrage:

“Was verbindet einen dunklen Zebrastreifen bei Nacht in Tübingen mit dem spektakulären amerikanischen Erfolg bei der Kernfusion?

Antwort: Die Grünen. Denn sie lehnen beides ab. Obwohl es um den Klimaschutz geht.”

Der Kommentator Ulrich Reitz kommt zu folgendem Fazit:

“Die Zukunft, argumentieren die Grünen, liege bei den erneuerbaren Energien – und zwar ausschließlich. Das Problem dabei: Mit dieser Ansicht stehen die Grünen selbst in Europa, geschweige denn im Rest der Welt, ziemlich alleine da. Niemand in der Welt hat die Absicht, die deutsche Energiewende zu kopieren, soweit wir das recherchieren konnten. Das Iter-Projekt wird von 27 Nationen getragen, die Amerikaner und Inder sind mit von der Partie und niemand denkt an einen Ausstieg. Im Gegenteil: Immer mehr privatwirtschaftliche Firmen engagieren sich bei dem Atom-Thema, weil sie glauben, es besser und schneller machen zu können als der Staat. Und weil sie hoffen, mit der Kopie der Sonne – nichts anderes ist die Kernfusion – einmal gewaltig viel Geld verdienen zu können. Deshalb mischen etwa Bill Gates und Jeff Bezos bei der privaten Fusionsforschung mit. Wer es politisch haben will: Die Grünen müssen entscheiden, ob sie ihrer Ideologie und apokalyptischen Klimaklebern mehr vertrauen als Ingenieuren, Anpackern und Optimisten. Jedenfalls: Bisweilen ist die Entfernung zwischen einem unbeleuchteten Zebrastreifen in Tübingen und einem Fusionsreaktor in Kalifornien kleiner als man denkt.”

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Der Grüne Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, ist ein Meister im Verpacken. Die Erneuerbaren Energien liefern aktuell sehr wenig Strom. Das schöne Wort, welches Müller dafür findet lautet Gasverstromung. Ansonsten hadert Müller mit dem Wetter. Die tiefen Temperaturen dürfen einfach nicht den ganzen Winter anhalten….

(Abbildung: Screenshot Twitter)

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Auch die Schweiz bekommt Mühe, ihre Stromversorgung zu sichern. Experten der Stromproduzenten schlagen nun zusammen mit der ETH-Institution Empa vor, in den kommenden Jahrzehnten massiv Wasserstoff zu importieren. Alex Reichmuth ist im Nebelspalter der Frage nachgegangen, ob diese Pläne aufgehen können.

Jetzt soll es Wasserstoff richten

Auf der Redaktion der SRF-Tagesschau hat man am Dienstag wohl frohlockt. «Ja, die Schweiz kann bis 2050 eine sichere Energieversorgung haben und CO2-neutral sein – und das ohne neue Atomkraftwerke», vermeldete die Sendung in ihrem Aufmacherbeitrag (siehe hier). «Also doch», mag sich mancher Zuschauer gesagt haben.

SRF nahm dabei Bezug auf die Studie «Energiezukunft 2050» des Verbands der Schweizerischen Elektrizitätsunternehmen (VSE) in Zusammenarbeit mit der ETH-Institution Empa, die gleichentags an einer Medienkonferenz vorgestellt worden war (siehe hier). Diese Studie geht der Frage nach, welche Anstrengungen es braucht, damit die Schweiz im Jahr 2050 sowohl klimaneutral ist als auch die Energieversorgung garantieren kann.

Weiterlesen im Nebelspalter.

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University of Arizona:

New study solves long-standing mystery of what may have triggered ice age

A new study led by University of Arizona researchers may have solved two mysteries that have long puzzled paleo-climate experts: Where did the ice sheets that rang in the last ice age more than 100,000 years ago come from, and how could they grow so quickly?

Understanding what drives Earth’s glacial–interglacial cycles—the periodic advance and retreat of ice sheets in the Northern Hemisphere—is no easy feat, and researchers have devoted substantial effort to explaining the expansion and shrinking of large ice masses over thousands of years. The new study, published in the journal Nature Geoscience, proposes an explanation for the rapid expansion of the ice sheets that covered much of the Northern Hemisphere during the most recent ice age, and the findings could also apply to other glacial periods throughout Earth’s history.

About 100,000 years ago, when mammoths roamed the Earth, the Northern Hemisphere climate plummeted into a deep freeze that allowed massive ice sheets to form. Over a period of about 10,000 years, local mountain glaciers grew and formed large ice sheets covering much of today’s Canada, Siberia and northern Europe.

While it has been widely accepted that periodic “wobbling” in the Earth’s orbit around the sun triggered cooling in the Northern Hemisphere summer that caused the onset of widespread glaciation, scientists have struggled to explain the extensive ice sheets covering much of Scandinavia and northern Europe, where temperatures are much more mild.

Unlike the cold Canadian Arctic Archipelago where ice readily forms, Scandinavia should have remained largely ice-free due to the North Atlantic Current, which brings warm water to the coasts of northwestern Europe. Although the two regions are located along similar latitudes, the Scandinavian summer temperatures are well above freezing, while the temperatures in large parts of the Canadian Arctic remain below freezing through the summer, according to the researchers. Because of this discrepancy, climate models have struggled to account for the extensive glaciers that advanced in northern Europe and marked the beginning of the last ice age, said the study’s lead author, Marcus Lofverstrom.

“The problem is we don’t know where those ice sheets (in Scandinavia) came from and what caused them to expand in such a short amount of time,” said Lofverstrom, an assistant professor of geosciences and head of the UArizona Earth System Dynamics Lab.

To find answers, Lofverstrom helped develop an extremely complex Earth-system model, known as the Community Earth System Model, which allowed his team to realistically recreate the conditions that existed at the beginning of the most recent glacial period. Notably, he expanded the ice-sheet model domain from Greenland to encompass most of the Northern Hemisphere at high spatial detail. Using this updated model configuration, the researchers identified the ocean gateways in the Canadian Arctic Archipelago as a critical linchpin controlling the North Atlantic climate and ultimately determining whether or not ice sheets could grow in Scandinavia.

The simulations revealed that as long as the ocean gateways in the Canadian Arctic Archipelago remain open, Earth’s orbital configuration cooled the Northern Hemisphere sufficiently to allow ice sheets to build up in Northern Canada and Siberia, but not in Scandinavia.

In a second experiment, the researchers simulated a previously unexplored scenario in which marine ice sheets obstructed the waterways in the Canadian Arctic Archipelago. In that experiment, the comparatively fresh Arctic and North Pacific water—typically routed through the Canadian Arctic Archipelago—was diverted east of Greenland, where deep water masses typically form. This diversion led to a freshening and weakening of the North Atlantic deep circulation, sea ice expansion, and cooler conditions in Scandinavia.

“Using both climate model simulations and marine sediment analysis, we show that ice forming in northern Canada can obstruct ocean gateways and divert water transport from the Arctic into the North Atlantic,” Lofverstrom said, “and that in turn leads to a weakened ocean circulation and cold conditions off the coast of Scandinavia, which is sufficient to start growing ice in that region.”

“These findings are supported by marine sediment records from the North Atlantic, which show evidence of glaciers in northern Canada several thousand years before the European side,” said Diane Thompson, assistant professor in the UArizona Department of Geosciences. “The sediment records also show compelling evidence of a weakened deep ocean circulation before the glaciers form in Scandinavia, similar to our modeling results.”

Together, the experiments suggest that the formation of marine ice in northern Canada may be a necessary precursor to glaciation in Scandinavia, the authors write.

Pushing climate models beyond their traditional application of predicting future climates provides an opportunity to identify previously unknown interactions in the Earth system, such as the complex and sometimes counterintuitive interplay between ice sheets and climate, Lofverstrom said.

“It is possible that the mechanisms we identified here apply to every glacial period, not just the most recent one,” he said. “It may even help explain more short-lived cold periods such as the Younger Dryas cold reversal (12,900 to 11,700 years ago) that punctuated the general warming at the end of the last ice age.”

Paper: Marcus Lofverstrom, The importance of Canadian Arctic Archipelago gateways for glacial expansion in Scandinavia, Nature Geoscience (2022). DOI: 10.1038/s41561-022-00956-9www.nature.com/articles/s41561-022-00956-9

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