Von Frank Bosse
Das arktische Meereis 4 Wochen vor dem Finale in 2025
Man erinnere sich, die Weissagungen über ein bevorstehendes totales Schmelzen (bis auf eine Restausdehnung von 1 Mio km²) des arktischen Meereises schossen ins Kraut. Hier ist so ein Beitrag, der im Jahre 2007 die Arktis bereits 2012 sommerlich eisfrei vermutete. Die Anzahl solcher “Berichte” über die Jahre ist Legion.
Nichts von dem trat ein. Mit den mittleren September-Daten nach NSIDC bietet sich dieses Bild:

Das bisherige Minimum ereignete sich zwar im Jahre 2012, nur war auch das recht weit von „eisfrei“ entfernt, mehr als 2 Mio km². Seit 2007 sehen wir vielmehr einen Null-Trend. Wie das? Schaut man in damalige Studien, so wurde für die rasante Abnahme des Eises bis 2007 vornehmlich das „Eis-Albedo-Feedback“ verantwortlich gemacht. Das geht vereinfacht so: Es schmilzt durch die globalen Klimaantriebe wie CO2 mehr Eis, weil es wärmer wird. Dann kann auch die Sonne im Sommer weniger reflektiert werden durch das helle Eis (mit hohem Rückstrahlvermögen= Albedo) und erwärmt die dunkle Wasseroberfläche stattdessen noch mehr, was zu noch mehr Eisschmelze führt. Ein „Teufelskreis“! Auch die Dialog-Plattform “Helmholtz Klima” kolportierte noch im Jahre 2015 den ach so einfach klingenden Schluss:
“Wenn ein Ozean seine Eisbedeckung verliert, nimmt er mehr Wärme auf – denn die helle Eisoberfläche reflektiert einen Großteil der Sonnenstrahlung, während das dunkle Wasser sie stärker absorbiert.”
Klingt plausibel? Nur ist dieser Teufelskreis nach 2007 durchbrochen. Das findet auch eine aktuelle Arbeit zum Thema und macht in diesem Jahr eine „Regime Shift“ aus. Den Null-Trend, seitdem führt sie auf Gegenspieler zum Eis-Albedo-Feedback zurück, so wächst dünneres Eis (nach 2007 viel mehr vertreten in der Arktis als dickes, mehrjähriges Eis) im Winter schneller als dickes, weil die isolierende Wirkung gegen die atmosphärische Kälte gegenüber dem wärmeren Wasser darunter geringer ist. Merke: So plausibel klingende „positive Feedbacks“ („Teufelskreise“) klingen nur plausibel.
Der Grund: sie würden bei JEDER, auch kleinen Änderung angestoßen und wirkten dann immer verstärkend. Das führt das Klimasystem unweigerlich zum Chaos, auch ein klein wenig mehr an Eis durch Zufälle hätte ja dann so eine “teuflisch wachsende Wirkung” und es gäbe ein Wildes Hin und Her. Nur wird das so halt nicht beobachtet, kann also nicht zutreffen. Vielmehr gibt es real immer auch negative Feedbacks, die einer Änderung entgegenwirken. Hier offensichtlich erhielten diese erhaltenden Kräfte mit dem Erreichen von weniger Eis im Jahre 2007 neue Nahrung, das führte wohl zum Stillstand der eisbedeckten Fläche seitdem, obwohl der globale Strahlungsantrieb durch CO2 und andere Faktoren um 58% zugenommen hat. So einfach wie es scheint, ist es nie im irdischen Klimasystem.
Wie sieht es aktuell aus, 4 Wochen vor dem Minimum des arktischen Eises im September?
Die Eisausdehnung (Sea Ice Extent=SIE) ganz aktuell ab 2007:

Zum Zeitpunkt besteht nun schon eine große Ähnlichkeit zum Minimum (R= 0,85) im September und die statistische Schätzung sagt: Wir werden wohl ein Minimum sehen von 4,3+-0,26 Mio km² sehen. Deutlich mehr als 2012, damals waren es nur 3,2 Mio km². Irgendwo da, wo es schon in 2016, 2017, 2018 usw. festgestellt wurde. Mehr als 2007 (!), das kann sehr wohl eintreten, da momentan (8.August 2025) die Eisausdehnung 123.000 km² mehr ausweist als im Jahre 2007 zum gleichen Zeitpunkt.
So wird die „trendlose“ Zeit seit 2007 sehr wahrscheinlich auch bis in den September 2025 Bestand haben. Das sind nun schon 18 Jahre.
Moral von der Geschicht‘: Nehmen Sie solche klimatische „Hiobsbotschaften“ nicht allzu ernst, wie sie auch der Meteorologe Karsten Schwanke unlängst erst wieder verbreitete: “Wir werden Ende des Jahrhunderts keinen Deutschen Wald mehr haben, so!”. Das war übrigens auch der mit dem “langsamer werdenden Jetstream”, wir berichteten über diesen Irrtum, da das Gegenteil wohl richtig ist nach moderner Forschung.
Denn erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Wer immer irgendwelche Trends extrapoliert und damit öffentlich Weissagungen machen will: Das arktische Meereis zeigt, dass das so einfach nicht funktioniert. Sonst würden nicht 18 Jahre nach den Vorhersagen des baldigen Verschwindens des arktischen September-Eises solche Studien geschrieben werden, die das reale Verhalten versuchen zu erklären. Und dabei auch nicht DIE Lösung finden, nicht mal retrospektiv.
Wenn Sie also Schlagzeilen in Medien vermissen zum diesjährigen arktischen Meereis: Es wird kaum welche geben, weil auch in 2025 wieder „Business as usual“ sein wird, wie seit 2007. Das ist jedoch “Gift” für dramatisch klingende Headlines, wie sie ja ach so beliebt sind, wenn es um Klima geht.