Vier bei Lanz

Eine bunte Runde, die Markus Lanz da eingeladen hatte am 10. Juli 2025.

Maja Göpel, Transformationsforscherin, Jochem Marotzke, der führende deutsche Klimaforscher, Boris Palmer, Bürgermeister von Tübingen und Axel Bojanowski, Wissenschaftsjournalist von der Welt.

Bereits im Vorwege hatte es bei der Gästewahl Kritik in den Sozialen Medien gegeben.
Freunde der Cancel-Culture hätten es gern gesehen, wenn der Welt-Journalist nicht dabei gewesen wäre. Auch wurden die bekannten Verschwörungstheorien in Sachen Springer und dem Finanzinvestor KKR bemüht. Auch Monate nach dem Ausstieg von KKR hält sich diese Theorie.

Aber, es kam dann doch etwas anders als gedacht.

Zunächst durfte Maja Göpel ihre Statements machen und wie gut, dass mit Jochem Marotzke jemand dabei war, der einiges gleich klarstellen konnte. Denn Göpel nutze die Eingangsbilder der Flut in Texas aus, um ihr Klimawissen zu demonstrieren. 

Marotzkes Position: Er betonte, dass höhere Temperaturen nicht automatisch zu mehr Niederschlag führen, da das von komplexen regionalen Klimadynamiken abhängt. 
Zwar kann wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen, aber ob es tatsächlich mehr regnet, hängt von vielen Faktoren ab – etwa Luftströmungen, Bodenbeschaffenheit und atmosphärischen Prozessen.

Göpel hingegen sprach in der Sendung eher pauschal davon, dass der Klimawandel zu mehr Extremwetter und verstärktem Niederschlag führen könne bzw. werde– ohne diese Differenzierung. Ihre Aussagen zielten stärker auf die gesellschaftlichen Folgen und die Notwendigkeit schneller Transformation, weniger auf die physikalischen Details.
Wen interessieren schon Details, wenn man das gute Edle möchte?

Marotzke zog ihr aber auch noch andere Zähne. Wer ausschließlich nur die CO2-Minderung im Auge hat, aber die Adaption vergisst, der macht etwas falsch.

Hier führte Axel Bojanowski aus, dass die Niederlande ein Paradebeispiel für Adaption sind, um mit einem möglichen Anstieg des Meeresspiegels fertig zu werden.
Den deutschen Behörden attestierte er hingegen Versagen wie im Fall der Ahrtal-Flut.

Aber noch weitere Aspekte waren interessant.
Bojanowski führte Franz-Josef Radermacher an. Der gehört eigentlich eher ins Camp von Göpel. Radermacher hatte die Möglichkeiten berechnet mittels CCS (Kohlenstoffabscheidung) bis zu 10 Mrd. Tonnen CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.
Leider verwechselte Göpel bei ihrer Replik CCS in der Industrie mit dem Einfangen von CO2 aus der Luft = DAC (Direct Air Capturing). 
Das fiel sogar Lanz auf, der Göpel dann auch gleich über ihren Fehler aufklärte.
Marotzke fehlte die Phantasie, dass die CCS Technik sich auf derartige Größen skalieren lässt.

Auch ins Schwimmen kam Göpel als es um Kernenergie geht.
Hier wiederholte sie die Narrative der Anti-Atom-Bewegung in Bezug auf die Drosselung von Anlagen in Frankreich in diesem Sommer. 
Göpel verwies darauf, dass in Frankreich „inzwischen die AKWs aus seien“, was Axel Bojanowski sofort korrigierte mit: „3 von 57!“. Diese Szene zeigte, dass Göpel mit pauschalen Aussagen zur Atomkraft argumentierte, was von anderen Gästen bzw. Markus Lanz als ungenau oder irreführend kritisiert wurde.

Es ging munter weiter im Sinne von kein Land in Europa will Kernenergie (falsch), kein Land will Endlager (falsch), Kühlung sei das große Problem (falsch). Auf den Einwand, dass es sogar Kernkraftwerke in Wüsten geben würde und dass sich in Skandinavien Gemeinden bewerben um einen Endlagerplatz, kam dann noch die Asse in Deutschland.
Das sei aber kein Endlager ergänzte Bojanowski, danach war dann auch Ruhe bis auf den Kosteneinwand zu den neuen Anlagen in Finnland und dem Vereinigten Königreich.
Damit hatte sie tatsächlich einen Punkt, benennt aber die beiden großen Ausnahmen und erwähnt besser nicht die Anlagen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die im Zeit- und Kostenplan geblieben sind. 
Auch hier meinte Marotzke, dass ihm die Phantasie fehle, ob mit Kernenergie der Energiehunger gestillt werden kann. Selbst nicht mit neuen Techniken wie Small Modular Reactors SMR. 

Marotzke fungierte in dieser Runde fast so wie ein Schiedsrichter beim Sport.
Natürlich ist er viel zu höflich, um wirklich auszuteilen. Aber, er kritisierte beide, Göpel und Bojanowski und er gab beiden in bestimmten Punkten recht. 
Eigentlich so wie man es sich wünscht.

Zum Ende hin wurde es noch heiter, als Bojanowski von positiven Erfolgen in der Geschichte der Menschheit und von neuen Technologien sprach. Er selbst hatte erst kürzlich ein Buch dazu veröffentlicht. Vielleicht ging Göpel da ja ein Licht auf, sie bemühte sich eine Initiative zu erwähnen, die so was auch macht und bei der sie mitwirkt.

Was bleibt?

Boris Palmer war fast etwas raus, wenngleich es interessant war, aus der Praxis eines Bürgermeisters zu hören.
Maja Göpel wie zu erwarten. Unter heftigem Einsatz beider Arme und Hände immer wild gestikulierend, um den eigenen Worten offenbar Nachdruck zu verleihen.
In einigen Punkten eher peinlich wie CCS und DAC oder auch Kernenergie, insgesamt aber erwartbar.

Axel Bojanowski ebenfalls wie erwartet, offenbar gut auf Göpel vorbereitet.
Vielleicht sollte er sich angewöhnen weniger schnell zu sprechen.
Jochem Marotzke versuchte beiden Seiten nicht zu sehr wehzutun, aber das ist auch OK.

Erstaunlich war Markus Lanz, der schien in einigen Punkten von seiner Redaktion doch gut gebrieft worden zu sein. 

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