Pfingsten und das Stromnetz: Mit einem blauen Auge davongekommen

Von Frank Bosse

„Zu viel Strom auch eine Gefahr“ 

Mit dieser Überschrift überraschte „n-tv“ seine Leser am Morgen des Pfingstsonntags.


Aufmerksame Leser der „Klimanachrichten“ wussten es schon davor: Das Pfingstwochenende ist eine Belastungsprobe für unser Stromnetz: Die Sonne steht sehr hoch, liefert viel Energie und der Bedarf an Elektrizität ist feiertagsbedingt sehr niedrig. Damals im Mai 2025 konnte man hier lesen: 

 „Das Pfingstwochenende ist nicht weit, man sollte auf Wolken hoffen.“ 

n-tv befragte den Chef des Übertragungsnetzbetreibers „TransnetBW“, Werner Götz, zu den Problemen. Seine Antworten sind interessant und beunruhigend zugleich.  

„Wir als Netzbetreiber müssen Verbrauch und Angebot in jeder Sekunde ausbalancieren. Das ist bei dieser Volatilität nicht ganz einfach. Verbraucher wünschen sich wahrscheinlich auch eine gleichmäßigere Verteilung.“

Das Interview bei n.tv mit Werner Götz in jedem Fall ist eine Leseempfehlung.  

Wie sah es nun aus am Pfingstsonntag? Ein Blick auf die Anteile an der Erzeugung:  

Bis zu 74% an erzeugter Leistung wurde von Erneuerbaren Energien (EE, Wind +PV)) geleistet.  
Das impliziert auch die Verwendung von Leistungselektronik zur Generierung der im europäischen Netz „in Stein gemeißelten“ 50Hz Wechselstrom. Die Risiken hierbei wurden beim „Iberout“ sichtbar, wir berichteten ausführlich, u. a. hier.  
Ende April waren auf der iberischen Halbinsel allerdings nur ca. 65 % EE für den Blackout letztendlich ursächlich. 

Ein nicht genau bekannter Anteil an Photovoltaik (PV) ist darüber hinaus nicht zentral abregelbar, das war mal so gewollt. Vielleicht hatte man auch das alte Sprichwort: Kleinvieh macht aus Mist” schlicht ignoriert. Hundertausende Dachsolaranlagen summieren sich zu einem gewaltigen Erzeuger. 
Dummerweise liefern die aber fast alle zur gleichen Zeit und auf Regelbarkeit wurde seinerzeit verzichtet. Billige chinesische Importe tragen zur Situation bei, dass ca. 35 GW Leistung nicht beherrschbar sind. Ein Artikel auf diesem Blog aus Januar 2025 erklärt die Zahlen. 
Mittlerweile dürften die Zahlen weiter gestiegen sein. 
Hauptsache viel, man nennt so etwas „Tonnenideologie“ in Planwirtschaften wie in der DDR. Hauptsache viele kWh Erzeugung, über Sinn und Unsinn machte man sich kaum Gedanken.

Auch nicht über die an hellen Tagen auftretenden „Negativpreise“, in Wahrheit ist das eine Abgabe, damit ein Überangebot in Nachbarländern entsorgt werden darf. In funktionalen Märkten gibt es keine negativen Preise. Ein Produzent würde einfach aufhören zu produzieren, wenn er den Produkten noch Geld dazugeben müsste. Bei Strom ist das anders.  
Am Pfingstsonntag summierte sich das zwischen 8 und 18 Uhr auf rund 1,8 Mio. Euro, die Daten stammen von „Agora.“ Ohne diesen „Export“ hätte der Anteil von EE bei über 85% gelegen in der Spitze. Das wäre dann wohl kaum noch regeltechnisch beherrschbar gewesen.  

Es hätte noch schlimmer werden können, wie man spätestens nach dem „Iberout“ weiß.  
Warum es nicht so kam? Glückliche Umstände, wie ein Blick auf „Kachelmannwetter“ zeigt: 

Beim Maximum der Stromerzeugung aus PV war der Himmel in weiten Teilen Deutschlands stark bedeckt.  

Der Wind wehte recht stark, vor allem am Nachmittag. Dann noch wolkenloser Himmel: Das hätte richtig ins Auge gehen können!  

Allen Fachleuten müssten die Haare zu Berge stehen. Und was wurde uns als Ziel vorgegeben? Klimaschutz! Real kann das nie gewesen sein, auch am Pfingstsonntag produzierte Deutschland im Mittel 151 g CO2/kWh. Das ist etwa Faktor 8 von dem, was Frankreich in dieser Beziehung leistet.  
Die „Energiewende“ sorgt auch dafür, dass wir zu den wenigen „Schmuddelkindern“ Europas beim CO2-Ausstoß der Stromproduktion zählen.  

Wann ist Schluss mit „Tonnenideologie“ im neuen Gewand? Muss es erst „knallen“ im Stromnetz, wenn fromme Wünsche wie unsere im Mai nach Wolken zu Pfingsten im Wetterrauschen untergehen?  

Die Frage kann jeder Leser selbst beantworten.    

Teilen: