Die Zukunft von Erdgas

Deutschland wird noch sehr lange Gas brauchen. Möglicherweise sogar mehr in Zukunft.  
 
Focus:  

Ein weiterer wichtiger Grund für die erhöhte Nachfrage ist, dass der Erdgasbedarf bei Stromproduktion und Fernwärme-Erzeugung (Verbrauchssektor Kraftwerke) wächst, statt zu sinken. Entfielen 2023 noch 140 TWh Erdgas auf den Einsatz von Strom und 55 TWh auf Fernwärme, könnte dieser Wert bis 2030 sogar auf 170 bis 175 TWh (Stromerzeugung) und 75 bis 80 TWh (Fernwärme) klettern. Das liege am Kohle- und Kernkraftausstieg und dem Bedarf an Backup-Kraftwerken, die zunächst mit Gas betrieben werden. 

Erneuerbare können die Stromnachfrage während Dunkelflauten nicht decken, zudem lahmt auch hier der Netzausbau. Dazu kommt, dass viele Kommunen in ihrer Wärmeplanung auf Gas setzen: Von elf Fernwärmeanbietern gebe es bereits konkrete Pläne, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in großem Umfang von Kohle auf Gas umzustellen. 

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Der Deutsche Wetterdienst DWD mit einem neuen Service. 
Interaktive Klimakarten.

Wer wissen möchte, wie warm die nächsten Wochen werden, findet Informationen dazu auf der Klimavorhersagen-Webseite des Deutschen Wetterdienstes. Ab sofort ist die Darstellung interaktiv. Die neue Aufbereitung macht die Nutzung der Klimavorhersage noch einfacher. Die Darstellung von Karte und Zeitreihe erfolgt nun übersichtlich nebeneinander. Bisher musste zwischen beiden Ansichten gewählt werden.  

Per Mausklick lassen sich die einzelnen Regionen und Städte, sowie die einzelnen Zeitschritte direkt auswählen. Ein Mouse-Over-Effekt zeigt die Werte an, so dass sich Ergebnisse leichter vergleichen lassen. 

Ein weiterer Vorteil ist der schnellere Wechsel zwischen den Zeitskalen. Einfach oben im Bild per Klick von den Witterungsvorhersagen zu den saisonalen oder den dekadischen Klimavorhersagen wechseln. Für eine bessere Orientierung ist der Aufbau der Seite für alle drei Zeitskalen vergleichbar. 

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Nach dem Verband BDEW, der Bundesnetzagentur, den Übertragungsnetzbetreibern Tennet warnt nun auch 50 Hertz vor einer Flut von Solarstrom im Frühjahr 2025. 
 
Handelsblatt:

Das Thema beschäftigt die Branche seit Monaten. Im vergangenen Jahr wurden die Photovoltaik-Kapazitäten deutlich stärker ausgebaut als zuvor. An sonnigen Tagen häufen sich Phasen, in denen der Sonnenstrom den Strommarkt flutet und die Börsenstrompreise ins Negative fallen lässt. Weil der Strom nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden kann, bekommen Abnehmer, die ihn dennoch haben wollen, sogar noch Geld dazu („negativer Strompreis“). 

Daraus resultieren zwei Probleme: Die Stromnetze werden überlastet, und die Kosten der Förderung erneuerbarer Energien steigen. Denn die Betreiber vieler Anlagen haben einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für jede produzierte Kilowattstunde Strom, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für 20 Jahre festgeschrieben ist. Sie erhalten diese Vergütung selbst in Phasen negativer Strompreise. 

In einem Positionspapier fordert auch der Verband der kommunalen Unternehmen das Ende der EEG von Dachsolar. 
Betreiber sollen den erzeugten Strom nur noch selbst nutzen, ggf. speichern, aber nicht mehr ungeregelt ins Netz drücken. 
 
Das Problem, das die Netzagentur, die Verbände und die Übertragungsnetzbetreiber befürchten: Ein sonniger Feiertag mit geringer Last und zu viel Strom. 
Wie wir ja hier schon mal dargelegt haben, unterscheidet sich die Situation in unseren Nachbarländern kaum von unserer. 
Haben wir zu viel Solarstrom, dann ist es dort genauso. 
Der Export wird also erschwert. Allein in Deutschland ist gut ein Drittel der Kapazität nicht regelbar. Das sind um die 35 GW. Wenn die Last niedrig ist, dann könnte der Anteil dieser ungeregelten Leistung gewaltig sein. 
 
Wir haben ja auch im Januar schon einmal auf das Szenario hingewiesen. Natürlich hatte der Autor des Artikels, aus dem wir zitiert haben, eine Agenda. 
Dem ist nämlich ein Dorn im Auge, dass regelbare Anlagen auf Freiflächen zu Gunsten der Dachsolar-Anlagen abgeregelt werden. 
Bereits im März sieht die Einspeisung von Strom aus den sogenannten Erneuerbaren Energien aus wie ein EEG beim Arzt. Wir berichteten.
 
Eigentlich kann man fast nur hoffen, dass an den Feiertagen im Frühling nicht die Sonne von früh bis spät vom Himmel scheint. Sollte das dennoch passieren, könnte es einen echten Stresstest geben für die Netze. 
 
Wer hätte gedacht, dass nicht zu wenig, sondern zu viel Strom ein Problem werden könnte.  

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Solarreaktoren sollen chemische Reaktionen auslösen. Unter anderem könnte Wasserstoff hergestellt werden. 
 
tga:

Der steigende Bedarf an Kraftstoffen, insbesondere an Wasserstoff in der Industrie, erfordert nachhaltige Lösungen. Aktuell wird Wasserstoff größtenteils als „grauer Wasserstoff“ aus fossilen Energieträgern produziert. Zukünftig soll vermehrt auf „grünen Wasserstoff“ gesetzt werden, wobei aktuelle Ansätze wie die Elektrolyse auf erneuerbaren Strom angewiesen sind.  

Dieser ist jedoch nicht beliebig erweiterbar. Daher sind nachhaltige Alternativen zur Wasserstoffbereitstellung notwendig. In diesem Zusammenhang haben photokatalytische (PC) und photoelektrochemische (PEC) Prozesse, die die Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie ermöglichen, in den letzten Jahren erhebliche Aufmerksamkeit gewonnen. Die Prozesse werden in sogenannten „Solarreaktoren“ eingesetzt, um durch die Nutzung von Photokatalysatoren einstrahlende Photonen aus dem Sonnenlicht zu absorbieren, und chemische Reaktionen auszulösen. 

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Wir bleiben bei Wasserstoff. In Stade soll an Antrieben für Flugzeuge und Schiffe geforscht werden auf Basis von Wasserstoff. 
 
NDR: 

Das Forschungszentrum gehört zum Hanseatisches Zentrum für Wasserstoff in der Luft- und Schifffahrt (H2AM). Es soll nach Angaben der Stadt Stade neben dem Forschungszentrum für Kohlefaserverbundwerkstoffe und in Nachbarschaft des Stader Airbuswerks angesiedelt werden. Dort werden demnach Hallen, Labore und Büros gebaut. Bei der Forschung des H2AM gehe es darum, Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft für Schiffe und Flugzeuge serienreif zu machen. 

 
In Stade soll Wasserstoff für Antriebe von Schiffen und Flugzeugen praxistauglich gemacht werden, wie die Stadt am Donnerstag mitteilte. Unter anderem forsche man dort an Speicher- und Antriebssystemen. Das Luftfahrtunternehmen Airbus hat hingegen die Pläne für das eigene Wasserstoffflugzeug im Februar ohne genannten Zeitpunkt nach hinten verschoben. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) setzt aber auf Wasserstoff und will eine Wasserstoffwirtschaft in Norddeutschland aufbauen. Insgesamt werden die vier H2AM-Standorte in Stade, Hamburg, Bremen und Bremerhaven mit rund rund 72 Millionen Euro vom Bund gefördert, wie das niedersächsische Wirtschaftsministerium, die Stadt Stade und das Bremer Wirtschaftsressort mitteilten. 

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Martin Schlumpf berichtet am 17. Februar 2025  im Nebelspalter: 

Bei negativen Preisen wird Strom zu Abfall – Schlumpfs Grafik 139 

Wenn Strom zu Abfall wird, macht man etwas falsch. Denn Elektrizität ist die sauberste, vielseitigste und damit wertvollste Energieform. Man sollte deshalb effizient und sparsam mit ihr umgehen – sie ist alles andere als Abfall. Was machen wir also falsch, wenn es auch bei uns immer häufiger vorkommt, dass Strom wie Abfall behandelt wird? Es geschieht, weil wir den Ausbau von Solaranlagen forcieren, deren nicht steuerbare Produktion manchmal zu Strom führt, der nicht gebraucht wird. Damit das System aber nicht kollabiert, müssen die Produzenten für das Abnehmen des Stroms in solchen Fällen sogar noch bezahlen: man spricht von negativen Strompreisen.

Was wichtig ist:

– 2024 gab es in der Schweiz viermal mehr Stunden mit negativen Strompreisen als im Jahr zuvor.

– Negative Strompreise treten auf, wenn die Nachfrage gering und das nicht steuerbare Angebot an Wind- oder Solarstrom hoch ist.

– Das kann zu heiklen Situationen bei der Netzstabilität führen und erhöht letztlich die Strompreise für Privatkunden und Industrie.

Negativpreise sind eigentlich eine Absurdität

Vergegenwärtigen wir uns kurz, wie Preise funktionieren. Wenn ich ein Gut produziere und dieses zu teuer verkaufe, finde ich keine Käufer. Passe ich die Preise nach unten an, sind sowohl meine Käufer als auch ich als Produzent zufrieden – wir profitieren beide. Kommt nun ein Konkurrent in diesen Markt hinein, hat das negative Auswirkungen auf meinen Umsatz. Um das zu kompensieren, senke ich meine Preise und mache einen Ausverkauf mit einem grossen Rabatt für eine beschränkte Zeit. Mein Konkurrent zieht allenfalls nach, und so weiter.

Das Beispiel soll zeigen, was tiefe Preise bewirken. Dabei muss aber zwischen den Ausgaben für die Produktion und den Einnahmen durch den Verkauf immer eine tragbare Balance vorhanden sein. Es ist undenkbar, dass ich als Produzent dafür bezahle, dass jemand meine Ware «kauft». Dies tritt erst ein, wenn die Nachfrage völlig zusammenbricht, und ich deshalb meine jetzt wertlose Ware als Abfall entsorgen muss: die anfallende Entsorgungsgebühr entspricht dem negativen Strompreis.


Weiterlesen im Nebelspalter. Auch verfügbar auf schlumpf-argumente.ch.



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