Der Traum vom Wasserstoffmarkt



Der Markt für Grünen Wasserstoff in Deutschland steht vor einer Reihe signifikanter Herausforderungen, die seine Entwicklung und Etablierung als zentraler Baustein der Energiewende erschweren. Diese Schwierigkeiten betreffen sowohl die Produktion und Infrastruktur als auch die Wirtschaftlichkeit und den internationalen Handel
Der Experte Michael Liebreich erklärt in einem Interview, wo die Probleme liegen.
Er spart nicht mit Kritik und spitzt zu: Das deutsche Wasserstoff-Kernnetz verbindet Stellen, an denen kein Wasserstoff erzeugt wird mit solchen, wo keiner verbraucht wird. 

Hohe Produktionskosten und fehlende Wettbewerbsfähigkeit

Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser unter Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt. Dieses Verfahren ist derzeit jedoch noch deutlich teurer als die Produktion von Grauem Wasserstoff, der aus fossilen Energieträgern wie Erdgas gewonnen wird. Die Herstellungskosten für Grünen Wasserstoff in Deutschland lagen zuletzt mindestens beim 5fachen Preis pro Megawattstunde, gegenüber Grauem Wasserstoff. Diese Wirtschaftlichkeitslücke erschwert eine breite Marktdurchdringung von Grünem Wasserstoff erheblich. Es ist das Henne/Ei-Problem.

Abhängigkeit von Subventionen und regulatorischen Maßnahmen

Ohne erhebliche Subventionen und eine ambitionierte CO₂-Bepreisung ist Grüner Wasserstoff derzeit nicht wettbewerbsfähig. Dauerhafte Subventionen sind jedoch keine nachhaltige Lösung. Experten schlagen daher nachfrageseitige Maßnahmen wie verbindliche Quoten für den Einsatz von Grünem Wasserstoff in spezifischen Sektoren vor. Beispielsweise plant die EU, ab 2030 mindestens 1,2 Prozent aller Flugzeugtreibstoffe durch synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis zu ersetzen, mit einer Steigerung auf 35 Prozent bis 2050. Ob Grüner Wasserstoff überhaupt in den benötigten Mengen zur Verfügung steht?

Infrastruktur und Transportprobleme

Der Aufbau einer effizienten Infrastruktur für Produktion, Speicherung und Transport von Grünem Wasserstoff steht noch am Anfang. Deutschland plant den Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes mit einer Länge von 9.700 Kilometern, das Industriestandorte mit Importpunkten wie dem Hamburger Hafen verbinden soll. Dieses Vorhaben erfordert jedoch erhebliche Investitionen und Zeit.
Wer soll sie tätigen?
Liebreich bemerkt hier, dass ein erheblicher Teil des Wasserstoffs beim Transport verloren geht. Er sieht zudem beim Scheitern der Entwicklung riesige Abschriften für ein Netz, das fast niemand braucht. 

Importabhängigkeit und geopolitische Risiken

Deutschland wird voraussichtlich einen Großteil seines Wasserstoffbedarfs durch Importe decken müssen, da die inländische Produktion nicht ausreicht. Dabei sind Importe aus Ländern mit günstigen Bedingungen für erneuerbare Energien, wie beispielsweise Nordafrika, geplant. Dies wirft jedoch Fragen hinsichtlich der Versorgungssicherheit und potenzieller neuer Abhängigkeiten auf. 
Liebreich zweifelt insgesamt daran, dass jemals nennenswerte Mengen Deutschland erreichen werden. 

Einsatzgebiete und Effizienzüberlegungen

Grüner Wasserstoff sollte seiner Meinung nach prioritär in Sektoren eingesetzt werden, in denen eine direkte Elektrifizierung schwierig ist, wie in der Stahlproduktion, der Chemieindustrie oder im Luft- und Schiffsverkehr. Der Einsatz in Bereichen wie der Beheizung von Wohngebäuden gilt hingegen als ineffizient, da hier die direkte Nutzung von Elektrizität kostengünstiger und effizienter ist. Liebreich hat aus diesem Grund eine Wasserstoff-Leiter erfunden. Wo ist der Einsatz von Wasserstoff sinnvoll, wo ist er sinnlos. 

Einschätzung von Michael Liebreich

Der Energieexperte Michael Liebreich hat wie gesagt die „Clean Hydrogen Ladder“ entwickelt, die potenzielle Anwendungen von sauberem Wasserstoff nach ihrer Wirtschaftlichkeit einordnet. Er betont, dass Wasserstoff vor allem dort eingesetzt werden sollte, wo es keine effizienteren Alternativen gibt, und warnt vor überzogenen Erwartungen an seine universelle Einsetzbarkeit. Wasserstoff ist nicht die Lösung aller Probleme. 

Zusammenfassend steht der Markt für Grünen Wasserstoff in Deutschland vor erheblichen Herausforderungen. Es bedarf erheblicher finanzieller Anstrengungen in Forschung, Infrastrukturaufbau und politischer Unterstützung, um diese Hürden zu überwinden und Grünen Wasserstoff als tragende Säule der Energiewende zu etablieren.

Liebreich geht allerdings nicht davon aus, dass Grüner Wasserstoff jemals in nennenswerten Anteilen zur Stromproduktion beitragen wird. Zu viele Argumente sprechen dagegen. Dennoch ist das der große Traum der Energiewende. 
Er vertritt zudem die Meinung, dass es nur bedingt Skaleneffekte bei der Elektrolyse geben wird, die die Produktion günstiger machen. Die Hardware könnte sogar kostenlos sein, es würde nur 11% des Preises ändern. Größter Kostenanteil ist der Strom und der wird in Deutschland sehr teuer erzeugt. Erschwerend kommen Verluste auf jeder Stufe der Herstellung und Weiterverarbeitung dazu.

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