Jörg Kachelmann teilt auf X aus. Auslöser ist der aktuelle Orkan vor Irland mit immensen Windgeschwindigkeiten. Er nennt keine Namen in seinem Posting, aber jedem dürfte klar sein, wen er meint mit seiner Kritik. So viele Ozeanforscher, die glauben, dass Glasscherben einen Waldbrand auslösen und die das dann sogar noch veröffentlichen dürfte es in Deutschland nicht geben. Spätestens beim nächsten Filter, nämlich, die, die zu Hause aktiv Wälder verbrennen wird es dann klar. Jörg Kachelmann und Stefan Rahmstorf werden keine Freunde mehr in diesem Leben, nach den ad hominem Angriffen gegen den Schweizer von Rahmstorf ist das auch nur schwer vorstellbar. Wir berichteten.
Aber auch andere bekommen ihr Fett weg. Es ist zu vermuten, dass Kachelmann nach den üblen Falschbeschuldigen gegen ihn, die vor Gericht als solche bestätigt wurden, mittlerweile anders über seine ehemaligen Mitarbeiter denkt. Die waren damals nämlich alles andere als loyal ihrem damaligen Chef gegenüber.
Er erwähnt zwar keine Namen, aber es schwingt mit, wen er meint.
Es geht vielen bekannte Gesichtern in der deutschen Klimacommunity nicht um die Sache, sondern vor allem um sich selbst. Die gute Nachricht: Das ist in allen anderen Ländern nicht so. Deshalb kennen Sie keine Namen von bekannten KlimaforscherInnen aus Österreich und der Schweiz.
Das bedeutet nicht, dass es dort keine gibt. Das Gegenteil ist der Fall, die aus den Nachbarländern sind global deutlich bedeutender, aber sie sind echte ForscherInnen, nicht eitle Selbstdarsteller, denen es nicht um die Sache geht – und sie lassen Zweifel und die Tatsache zu, dass sich der Stand der Forschung manchmal verändern kann. In Deutschland ist es wichtig, dass man so tut, als ob sich immer alle einig sind und sich bei der Forschung nichts bewegt. Es gibt zwischen den lautsprechenden deutschen Klimaforschern (hier reicht die männliche Form) und den angeschlossenen Wettermoderatoren (ebenso) eine Vereinbarung, dass man einander nie widerspricht, nie auch nur einen Hauch von Unsicherheit zulässt oder ausspricht.
Diese stalinistisch anmutende unité de doctrine hat die fatale Folge, dass die neuesten Forschungen an der Öffentlichkeit spurlos vorübergehen, weil man sich nicht nur untereinander, sondern auch sich selbst NIE widersprechen möchte. Es darf nie etwas falsch gewesen sein, dann geht angeblich alles kaputt.
Erfreulicherweise verlinkt Kachelmann sogar auf diesen Blog und zwar zum AMOC-Artikel von Anfang Januar 2025.
Dort wurde auf neueste Studien verwiesen, die den Rahmstorf Evergreen vom schwächer werdenden Golfstrom ziemlich klar widerlegen. Es wagt sich nur niemand Rahmstorf öffentlich zu widersprechen, obwohl Majestätsbeleidigung kein Straftatbestand mehr ist in Deutschland. Nicht mal die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer ist sakrosankt. Sie hatte Kachelmann scharf kritisiert, weil sie reflexartig “Klimawandel” rief als es in Los Angeles brannte. Aktivisten helfen sich untereinander und folglich ging Rahmstorf auf Kachelmann los, aber leider wieder beleidigend und nicht wissenschaftlich. Wir berichteten.
Und nun also der Sturm über dem Nordatlantik. Noch im Jahre 2018 durften wir lernen, dass es solche Stürme nicht mehr geben wird in der Zukunft. Der Grimme-Preis-Träger Karsten Schwanke erklärte seinerzeit anlässlich von Waldbränden an der Westküste der USA, dass der Jetstream schwächelt.
(Abbildung: Screenshot Grimme-preis.de)
Die Logik von Schwanke damals: Die Temperaturunterschiede zwischen der Arktis und den Tropen werden geringer (Klimawandel!) und damit fehlt der Motor des Jetstreams.
Es war jedoch schon mit den Erkenntnissen bis 2017 klar, auf welch schwankendem Grund seine Erklärung stand.
Der Jetstream weht in einer Höhe von 8-12km Höhe, daher der Name. Es ist die Reiseflughöhe von modernen Flugzeugen.
Wie verhält es sich mit der Erwärmung (den Trends seit 1970) am Boden (den Karsten Schwanke hier ausschließlich anführt) und in der bewussten Höhe? Die Daten von “Copernicus” helfen:
Die Erwärmung in K/Jahr am Boden (links) und in der Höhe des Jetstream (rechts) 1970- 2017.
Die Abbildung wurde mit dem KNMI Climate Explorer generiert.
Links deutlich zu sehen ist die sich stärker erwärmende Arktis (rot, in der Bildmitte) im Vergleich zum Rest. Rechts jedoch verhält es sich umgekehrt: Über den Subtropen erwärmt es sich in der Höhe mehr als über der Arktis, die sich da praktisch gar nicht erwärmte. Folgt man also den Beobachtungen, so ist klar, dass sich der Wind in der Höhe nicht abschwächen, sondern eher verstärken sollte, da der Temperaturkontrast Arktis-Subtropen ansteigt mit dem Klimawandel.
Das fand nun auch eine aktuelle Arbeit, von Jörg Kachelmann in seinem Post verlinkt.
Es hätte allerdings nicht zu dem “Zusammenhang Waldbrände hier und anderswo stabiles Wetter” in Schwankes Video gepasst, es wäre jedoch Wissenschaft gewesen, auch mit dem Stand der Erkenntnis von damals. Den Grimme-Preis erhielt Schwanke, doch der belohnt Sprache und Journalismus, keine Wissenschaft.
Man trampelte damals bei Licht besehen sogar auf der Wissenschaft herum für den 5-Minuten-Effekt. Das rächt sich irgendwann, wie Kachelmann in seinem X-Post anmerkt.
Wissenschaft ist wie gesagt immer nur der aktuelle Stand des Irrtums und genau den (Nicht) Umgang mit diesem Umstand prangert Kachelmann an. Es gibt immer wieder neue Erkenntnisse und andere Zusammenhänge werden erkannt. Leider wird das in der gegenwärtigen deutschen “Klimakommunikation” völlig ausgeblendet und immer wieder findet man einfach klingende wohlfeile Erklärungen in vielen Medien.
Immer wenn etwas “so einfach” klingt dann besser Achtung:
Der Weg von “ganz einfach” zu “ganz falsch” ist gefährlich kurz. Weil unsere Umwelt meist nicht ganz einfach ist.
Nochmal Kachelmann in seinem Posting:
Morgen trifft ein Superorkan auf Irland und manche Menschen werden sich vielleicht wundern, weil ja die unité de doctrine seit Jahren gebetsmühlenartig verkündet, dass der Jetstream ganz müde würde mit dem Klimawandel und deswegen alle Wetterlagen viel länger dauern würden.
Das war eine Supersache, kam überall in den Nachrichten, steht in Schulbüchern und wird bis heute auch in den Medien erzählt, ist aber schon lange debunked.
Das Gegenteil ist der Fall
https://nature.com/articles/s41558-023-01884-1
und man weiß das schon eine Weile.
In anderen Ländern ist diese Tatsache bekannt geworden, nicht aber bei uns – das würde ja die geilste Erklärung ever kaputt machen und deswegen müssen weiter alle so tun, als ob es diese neuen Erkenntnisse nicht gäbe. Deswegen wird man auch gar nicht so oft hören, dass der Irland-Sturm vielleicht mit dem Klimawandel zu tun haben könnte, weil man die Frage befürchtet:
„Hattet Ihr nicht gesagt, dass der Jetstream eher müde würde?“
Ja, dachte man eine Zeit lang. Aber schon länger nicht mehr. Große Unsicherheit gibt es auch, was den Golfstrom betrifft.
Der globale Konsens liegt im Moment bei der Erkenntnis, dass man noch keine Schwäche des Golfstroms sieht
https://klimanachrichten.de/2025/01/17/schon-wieder-neuigkeiten-von-der-amoc/ –
das kann sich wieder ändern und wäre das Spannende am Thema, dass man die Öffentlichkeit teilhaben lässt an den Dingen, die noch nicht in Stein gemeißelt sind und die laufend weiter erforscht werden.
Eigentlich hätte man spätestens 2021 wissen können, was an der Schwanke-Theorie dran ist und wo sie Schwächen hat.
Die FAZ hatte im Zuge der Ahrtalflut vorbildliche Aufklärung betrieben und der Autor des Artikels sagt im Grund das, was Kachelmann jetzt auch sagt.
In der Forschung wird über den Jetstream kontrovers diskutiert. Das ist angesichts der Komplexität atmosphärischer Vorgänge nicht verwunderlich, und überhaupt sind Zweifel ein Kernelement jeder Fachdiskussion. In diesem Fall steckt der Zweifel vor allem im Detail, nicht im grundsätzlichen Verständnis des Klimawandels. Die Forscher haben vollständig verstanden, warum höhere Treibhausgaskonzentrationen den Planeten aufheizen. Weniger gut verstanden ist, wie sich höhere Temperaturen auf die Luft- und Meeresströmungen auswirken, die unser Wetter in den mittleren Breiten prägen. Diese Unsicherheiten werden in der öffentlichen Diskussion aber häufig unterschlagen, damit bloß nicht der Eindruck entsteht, die Klimaforscher hätten irgendwelche Zweifel.
Wir erleben also gerade ein Déjà-vu und bei der Verfasstheit der deutschen Klimaszene wird sich daran auch in Zukunft nichts ändern.