Was nicht passt, wird passend gemacht

So könnte man die Intention einer Studie vom Fraunhofer ISE beschreiben. Die Forscher sind Fans von Wind und Solar und sie produzieren ohne Frage viele nützliche Daten zu dem Thema. Ob sie sich aber mit einer neuen Studie einen Gefallen getan haben? In dieser Studie kommen sie zum Schluss, dass Solar mit Speichern die günstigste Art der Stromerzeugung ist. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, mussten die Daten oder besser die Annahmen “angepasst” werden. Wer liest schon das Kleingedruckte?

Einige schon. Kernd hat sich die Studie angesehen und die neuralgischen Punkte benannt. Sonne und Wind wurden demnach schön gerechnet und liefern deutlich mehr Stunden Strom als in der Realität. Gleichzeitig wurden andere Stromquellen schlecht gerechnet und schon stimmt das Ergebnis.

“An anderen Werten der Berechnungsgrundlage erkennt man, dass die Studie eine merkliche Schlagseite zugunsten der dort favorisierten erneuerbaren Energien hat und man es sich nicht nehmen lässt, die Kernkraft kostenmäßig besonders schlecht erscheinen zu lassen in einem Ausmaß, das seines Gleichen sucht mit Erzeugungskosten zwischen 130 und 480 Euro pro Megawattstunde. So werden für die volatilen Erzeuger aus Sonnen- und Windkraft unrealistisch hohe Volllaststunden angenommen. Bei PV reicht die Bandbreite von 935 Volllaststunden im Norden bis 1.280 im Süden, obgleich im Landesdurchschnitt nur etwa 950 Vollaststunden erreicht werden. Bei Windkraft an Land werden vom Binnenland 1.800 bis 3.200 Vollaststunden an guten Standorten im Norden – die aber mutmaßlich längst genutzt sind – unterstellt, obwohl im landesweiten Durchschnitt nur etwa 1.850 erreicht werden. Ähnlich bei Windkraft auf See, wo die Studie mit 3.200 bis 4.500 Stunden rechnet, obwohl die Anlagen in der Praxis etwa auf 3.400 Volllaststunden kommen. Bei den Annahmen zur Anlagenlebensdauer fällt auf, dass die Kernkraft mit 45 Jahren sehr schlecht bewertet wird und auch Braunkohle- (40 Jahre) sowie besonders Steinkohle.”

Florian Blümm vom Blog Tech-For-Future hat sich die Studie ebenfalls angesehen und die Schwachpunkte dargelegt auf X. Fraunhofer ISE hat ohnehin eine ganz eigene Sicht auf Solar. Im NDR-Podcast Mission Klima geht es um Agri-Solar. Nach zwei Jahren stellt ein Landwirt aus dem Wendland fest, dass seine Idee, unter den Modulen Schnittlauch anzubauen, nicht wirklich funktioniert. Es bilden sich Reihenauswaschungen, weil der Regen konzentriert auf keine Flächen fällt. Damit kommen Maschinen aber nicht zurecht. Die Antwort vom Fraunhofer ISE auf diese Problematik ist verblüffend.

1. Werden wir mit Dürren bekommen (war nicht eine wärme Welt eine nassere Welt?)
2. Man kann das Problem lösen, indem man Module benutzt, die sich nach der Sonne ausrichten.  Kein Wort darüber, dass das extrem aufwendig und kostenintensiv ist. Ob das die Flächen, auf die der Regen einwirkt, verändert?

Wie auch immer, der besagte Landwirt ist mit dem Stromertrag zufrieden, wie er das Problem der Mulden lösen will, wird im dem Podcast leider nicht gesagt. Schade. In beiden Fällen sind es gute Beispiele für ein Bias.

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Der Konsument versagt mal wieder. Er kauft viel zu wenig Wärmepumpen. Die Tagesschau:

“500.000 neu installierte Wärmepumpen pro Jahr hat die Bundesregierung als Ziel ab 2024 ausgegeben. Die Realität hinkt dem aber hinterher. Im ersten Halbjahr 2024 haben die Hersteller insgesamt 90.000 Wärmepumpen abgesetzt, so der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Die Prognose liegt bis Ende des Jahres bei gerade mal 200.000, also nicht einmal der Hälfte des vorgegebenen Ziels. Viele Hersteller haben ihre Produktion aber auf das Ziel von 500.000 ausgerichtet und beklagen jetzt die geringere Nachfrage. Beim Wärmepumpenhersteller Vaillant mussten nach Angaben des Unternehmens beispielsweise von 5.000 Mitarbeitenden 100 in die Kurzarbeit. Zu der schwachen Nachfrage habe eine europaweit stark rückläufige Baukonjunktur beigetragen, so ein Unternehmenssprecher, aber auch die öffentlich ausgetragene, kontroverse Debatte über Gesetze zur Nutzung umweltschonender Heiztechnik und entsprechender Förderung.”

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Noch im Juni sah es in Sachen Schnee in den Alpen gut aus. Wir berichteten über späte Schneefälle und weißen Schnee. Der Juli brachte allerdings Sahara-Staub und der macht den Schnee schmutzig, was schnelleres Abschmelzen bedeutet. Allerdings scheint die Lage deutlich weniger dramatisch als in den vergangenen Jahren. Daswetter:

Mittlerweile sind im Juli mehr als 3 Meter Schnee abgetaut und die Alpengletscher unterhalb von etwa 3000 Meter Höhe wieder schneefrei. Es fehlten auch die so wichtigen Sommer-Schneefälle in den Gipfellagen. Damit beginnt jetzt das Abtauen des Eises und ein weiteres Verlustjahr ist trotz der guten Ausgangsbedingungen nicht mehr abzuwenden.

Ganz so schlimm wie in den beiden Hitzesommern der vergangenen Jahre wird es in diesem Jahr aber wohl nicht. Da haben die Gletscher in der Schweiz insgesamt 10 Prozent an Masse verloren! Je nach weiterem Witterungsverlauf in diesem Sommer werden die Gletscher in diesem Jahr voraussichtlich zwischen 1 und 3 Prozent an Masse verlieren und das trotz des enorm vielen Schnees in den Hochlagen der Alpen im Winter und Frühjahr.

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Die aktuellen Entwicklungen im Krieg gegen die Ukraine haben Auswirkungen auf die Gaspreise. Montelnews:

“Seit Mittwoch treffen ukrainische und russische Streitkräfte in der Nähe des Grenzübergangspunktes Sudscha aufeinander, wo die russischen Gaslieferungen nach Europa ankommen. Unter Marktteilnehmern schürte dies die Sorge vor einem Stopp der verbleibenden Pipeline-Flüsse. „Die Station Sudscha ist Teil der letzten verbliebenen Pipeline, die russisches Gas über die Ukraine nach Europa leitet”, so die australische Bank ANZ. „Obwohl Europa russische Lieferungen weitgehend meidet, sind Teile des Kontinents immer noch davon abhängig”, fügten die Analysten hinzu. Die Flüsse über diese Route deckten zwar nur 3-5% der Nachfrage in Europa, „aber das Risiko weiterer Versorgungsunterbrechungen steigt”. Über den Punkt Sudscha würden rund 42 Mio. Kubikmetern/Tag geliefert, schrieben die Analysten der ING Bank.”

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Im ersten Halbjahr 2024 ist der Verkauf von Wärmepumpen in Deutschland um 54 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig nahm der Absatz von Elektrofahrzeugen um 47 Prozent ab. Alex Reichmuth hat diese Zahlen im Nebelspalter (https://www.nebelspalter.ch/themen/2024/08/das-waterloo-der-deutschen-energiewende) aufgenommen und schreibt, damit könne die Ampel-Regierung ihre Dekarbonisierungsziele vergessen.

Angestrebte Dekarbonisierung

Das Waterloo der deutschen Energiewende

Die Fakten: Im ersten Halbjahr 2024 wurden in Deutschland 47 Prozent weniger Elektroautos als in der gleichen Periode im Vorjahr bestellt. Gleichzeitig nahmen die Verkäufe bei den Wärmepumpen um 54 Prozent ab.

Warum das wichtig ist: Mit diesem starken Einbruch kann die deutsche Ampelregierung die angestrebte Dekarbonisierung vergessen.

Das Zitat: «Die Erntejahre der Energiewende sind jetzt in Sicht.» (Patrick Graichen, ehemaliger deutscher Wirtschaftsstaatssekretär, im Jahr 2017)

Weiterlesen im Nebelspalter (https://www.nebelspalter.ch/themen/2024/08/das-waterloo-der-deutschen-energiewende). Der Beitrag kann nach 20 Sekunden Werbung freigeschaltet werden.

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Leserpost von Prof. Dr.-Ing. Michael Thielemann:

Kürzlich hat Herr Habeck seine „Kraftwerksstrategie“ vorgestellt. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sollen bis 2030 etwa 10,5 GW wasserstofffähige Gaskraftwerke als Reservekapazität errichtet werden, die dann z.B. bei einer Dunkelflaute zum Einsatz kommen sollen. Nun hat Herr Habeck verkündet, dass der Staat keine Fehler macht, und das bereitet mir Unmut und lässt mich an meinem Verstand zweifeln. Ich glaube nicht, dass diese Reserveleistung ausreicht und habe mir dazu mal bei Agora Stromerzeugung und -verbrauch der letzten 7 Tage angesehen. Der Stromverbrauch schwankt zwischen knapp 50 und rund 75 GWh/h, davon decken die grundlastfähigen regenerativen Energien (Biomasse und Wasserkraft) ca. 8 GWh/h ab. Es sollen bekanntlich in absehbarer Zeit auch die Kohlekraftwerke und Erdgaskraftwerke abgeschaltet werden, dann hat man nur noch Biomasse und Wasserkraft für die gesicherte Stromerzeugung zur Verfügung. Schreibt man den gegenwärtigen Stromverbrauch fort, bleibt dann eine Lücke von mindestens 40 GWh/h, die bei Dunkelflaute und Verzicht auf fossile Kraftwerke geschlossen werden muss. Tatsächlich soll der Stromverbrauch und damit die Reservekapazität ja erheblich ansteigen. Woher sollen wir dann den Strom beziehen? Schweden, Norwegen und Frankreich wollen laut Pressemitteilungen nicht mehr unbedingt in die Bresche springen, folglich brauchen wir erheblich mehr Reservekapazität. Aber wahrscheinlich mache ich einen Denkfehler, denn der Staat macht ja keine Fehler. Auch in den Mainstreammedien nimmt man daran keinen Anstoß, die Faktenchecker haben sich dazu nach meiner Kenntnis nicht geäußert. Vielleicht könnte einer Ihrer Leser (ich verzichte aufs Gendern) mir das mal erklären. Oder ich liege doch nicht so daneben und finde Zustimmung. Dann sollten wir was tun, gemeinsam gegen grünen Größenwahn!

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr.-Ing. Michael Thielemann

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