Von Frank Bosse
Wir hatten bereits unmittelbar nach dem Erscheinen der PIK-Studie zu den Kosten des Klimawandels erste Zweifel angemeldet, sie bezogen sich auf die da verwendeten Temperatur-Projektionen.
Zwischenzeitlich entwickelte sich das Ganze zu einem ausgewiesenem Wissenschaftsskandal, auch darüber war der Leser hier im Bilde.
Bereits im Vorwege hatten Reviewer Zweifel an der Studie.
Es könnte für diese Arbeit hilfreich sein, sich nicht den oft übertriebenen Darstellungen in einigen Veröffentlichungen anzuschließen.
Es kam noch schlimmer.
Denn es folgte der nächste Akt, ein weiteres Papier hatte sich die Methodik der Studie angesehen und kam zu keinem guten Urteil.
Bestimmte Ergebnisse sind nach Meinung dieser Autoren um den Faktor 3 falsch.
Kotz, Levermann and Wenz (henceforth, KLW) analysed how subnational gross domestic product (GDP) growth responds to year-to-year changes in temperature and precipitation. They reported that if historical relationships continue to hold, global GDP would be lowered by roughly 62% (central estimate) in 2100 under the Representative Concentration Pathway 8.5 ‘high emissions’ scenario, an impact roughly 3 times larger than similar previous estimates. Here we show that data anomalies arising from one country in KLW’s underlying GDP dataset, Uzbekistan, substantially bias their predicted impacts of climate change, KLW underestimate statistical uncertainty in their future projections of climate impacts, and additional data-quality concerns in KLW’s subnational GDP data warrant further investigation.
Nun (am 3. Dezember 2025) folgte der letzte Akt, die formale Zurücknahme der fraglichen Studie, gewissermaßen ihre formvollendete Beerdigung. Für jeden Wissenschaftler ein Worst Case.
Das PIK nahm auch dazu Stellung. Hier wird allerdings betont, dass die schweren Fehler in der Studie (so konnten Daten eines einzigen Landes: Usbekistan) das verwendete Modell zu stark verfälschten globalen Ergebnissen verführen, stellten professionelle Ökonomen fest) auf die generellen Aussagen keinen bedeutenden Einfluss haben sollen.
Zweifel sind sehr angebracht, jedenfalls bis zu einem sauberen Begutachtungsprozess einer in Aussicht gestellten Nachfolgestudie. Ein solcher fand wohl für die Ursprungsstudie aus 2024 nicht ausreichend statt oder wurde ignoriert.
Es kam nämlich ans Licht, dass auch damalige Gutachter von einer Veröffentlichung in „Nature“ abgeraten haben, wie oben beschrieben.
Das konnte die Redaktion damals nicht davon abhalten, die Studie trotzdem zu publizieren.
Man erlag wohl dem vermeintlichen Ruhm besonders drastischer Zahlen für die Zukunft durch Klimawandel-Einbußen.
Und das ging zunächst auch auf! Auch der „Spiegel“ ließ keinen Zweifel in der Überschrift aufkommen: „Klimawandel kostet 38 Billionen Dollar im Jahr“ , so die knallige Headline ohne jeden gebotenen Abstand. Bis heute ist der Artikel da so zu lesen! Wo konnte man die Sicherheit hernehmen, die der Titel suggeriert?
Das ganze Feld ist sehr komplex, um es gelinde auszudrücken.
Zunächst geht es um Zukunft: das ist in unserem Universum etwas, was man nicht genau vorhersagen kann. Zu viele Einflüsse durch Entscheidungen, von denen wir heute noch gar nichts wissen, bestimmen die zukünftige Welt! Welche Anpassungsmaßnahmen werden wann beschlossen werden?
Wo liegt die Empfindlichkeit auf Treibhausgase des Klimas genau und wieviel wird schlussendlich davon emittiert werden?
Welche Faktoren werden noch wirken? Das betonen auch die Autoren in der „Zeit“ (Artikel für Abonnenten) und merken den Schaden an, den solche „wilde Studien“ aus „gutem Hause“ (PIK und „Nature“) anrichten: Wird nicht bei folgenden Arbeiten immer auch der Vorhalt kommen: „Ist es wieder so wie bei der PIK-Nature Studie damals?“
Der Schaden entsteht sicherlich auch dadurch, dass die Artikel wie jetzt beim Spiegel unangetastet bleiben, die Nachricht ist in der Welt, eine Korrektur findet selten statt. Jeder kann ja mal selbst prüfen, wie oft diese zurückgezogene Studie überhaupt ein Thema wird in den Medien in nächster Zeit.
So ist denn das Verweisen auf den „intrinsischen Klärungsprozess von Wissenschaft“ wohl nur ein Schönreden eines realen Skandals. Denn die regelgerechte Anwendung von wissenschaftlichen Gepflogenheiten hätte schon das Erscheinen der Skandalstudie verhindert. Was wir real sehen ist das leider verspätete Scheitern von hoch politisierten Thesen statt Wissenschaft von vornherein.
Im vorliegenden Fall war es sehr früh offensichtlich, dass da zu viele Unwägbarkeiten im Spiel waren. Trotzdem das breite, weitgehend unkritische Medienecho. Wie ist das möglich gewesen? Ist das ein Wesen der Berichterstattung heute und was ist dagegen zu tun?
„Skepsis ist NICHT das Ablehnen von Wissenschaft, sondern gehört essenziell in ihrem Instrumentenkasten“, das sollte eine stehende Botschaft bleiben. Skepsis ist nirgends negativ konnotiert, außer beim Glauben. Das wird nur zu gerne vergessen, besonders wenn es um Klima geht.
Der Vorfall jetzt ist mit Sicherheit Wasser auf die Mühlen derjenigen, die dem PIK nicht blind vertrauen.
Man kann nur hoffen, dass zukünftige Publikationen gute Reviewer bekommen und deren Anmerkungen im Vorfeld auch berücksichtigt werden.
Wir hier werden jedenfalls skeptisch bleiben.