Hin und Her auf Tuvalu

Tuvalu ist das Thema eines ARD-Podcasts.
Ein ARD-Reporter hat die Inselgruppe im Pazifik besucht und dort Einwohner befragt.

Das ist durchaus aufschlussreich, weil es u. a. um ein Programm von Australien geht, dass es Bürgern von Tuvalu ermöglicht, in Australien einzureisen und zu arbeiten.
Allerdings ist das auf 280 Personen pro Jahr beschränkt.
Bei geschätzten 10.000 Einwohnern würde das also 30 Jahre dauern bis alle Einwohner umgesiedelt wären, sollten alle Einwohner die Inseln verlassen.
Was allerdings verblüfft sind die Aussagen des Reporters vor Ort und der Moderatorin.
Sie sagen unisono, die Inseln werden im Meer versinken. 
Das sagen nämlich Klimawissenschaftler.  
Ist das so?

Die Sache ist wohl etwas komplexer. Wir hatten erst kürzlich über Studien berichtet, die sowohl von schrumpfenden als auch sich vergrößernden Inseln berichten. 
Darauf geht der Podcast allerdings mit keiner Silbe ein. Die Botschaft ist, dass der steigende Meeresspiegel die Inseln überspülen wird in Zukunft, ganz sicher. 
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: 
Der steigende Meeresspiegel ist ein Fakt. Springfluten können natürlich Schäden anrichten, wenn der Pegel steigt. 

Im Jahre 2018 gab es eine Studie (Paul Kench, University of Auckland), die zu erstaunlichen Ergebnissen kam. 
Von 101 untersuchten Inseln Tuvalus sind 74 stabil geblieben oder gewachsen (teils um bis zu 3 % ihrer Fläche), trotz eines Meeresspiegelanstiegs von etwa 15 cm in den letzten Jahrzehnten. Die Erklärung: Korallen liefern Sedimente, die durch Strömungen und Stürme auf die Inseln gespült werden und die Fläche vergrößern.

Im Sommer 2024 machte die New York Times mit einer ähnlichen Story auf, es ging aber nicht in die Südsee sondern in den Indischen Ozean auf die Malediven.

So ganz kann die Regierung der Maledivien offensichtlich nicht davon ausgehen, dass die Inselgruppe in Kürze verschwindet.

Es werden Flughäfen gebaut und diese sollen vermutlich nicht ausschließlich dem Zweck dienen die Bevölkerung (etwa 500.000 Menschen) wegen der zu erwartenden Überflutung zu evakuieren.

Und tatsächlich, als die Welt vor Jahrzehnten begann, auf die globale Erwärmung zu achten, wurden diese Inseln, die sich auf Korallenriffen in Clustern bilden, die als Atolle bezeichnet werden, schnell als einige der ersten Orte identifiziert, an denen der Klimawandel in ihrer Gesamtheit verwüsten könnte. Als die Eiskappen schmolzen und die Meere höher krochen, wurden diese Unfälle der geologischen Geschichte bestimmt korrigiert und die winzigen Inseln kehrten in die wässrige Vergessenheit zurück, wahrscheinlich in diesem Jahrhundert.

Dann, vor nicht allzu langer Zeit, begannen Forscher, Luftbilder zu durchforsten und fanden etwas Überraschendes. Sie betrachteten zuerst ein paar Dutzend Inseln, dann mehrere hundert und inzwischen fast 1.000.

Sie fanden heraus, dass die Ränder der Inseln in den letzten Jahrzehnten durchaus erodierten. 

Im Großen und Ganzen war ihr Gebiet jedoch nicht geschrumpft. 

In einigen Fällen war es das Gegenteil: Sie wuchsen. Die Meere stiegen, und die Inseln dehnten sich mit ihnen aus.

Wissenschaftler haben einige, aber nicht alle Gründe dafür verstanden.

Aus diesem Grund versammelte sich kürzlich ein Team von ihnen auf den Malediven, auf einer Insel, die sie wochenlang mit Instrumenten, Sensoren und Kameras ausstatteten.


Immerhin geht es im Podcast um Adaption, also Anpassungen an den steigenden Meeresspiegel. Aber auch um die wirtschaftliche Situation des Inselstaates.
Der Haushalt des Landes wird heute bereits zum Großteil aus Entwicklungshilfe gespeist. Und wer sich den Einkommensunterschied zu Australien ansieht, der wird jeden Einwohner verstehen, der Tuvalu verlassen möchte.
Auch das wird leider nicht thematisiert, aber vielleicht sind 30 Minuten auch einfach zu wenig Zeit, um komplexe Zusammenhänge aufzuzeigen.

Anfang des Jahres erschien eine Dokumentation über Tuvalu im ZDF von Johannes Hano, wir berichten.

Sie zeigt ein etwas anderes Bild von Tuvalu als es jetzt der Tagesschau-Podcast.

Es geht um den Inselstaat Tuvalu. Er ist ein Synonym dafür, dass die kleinen Inseln in Kürze im Meer versinken. Hano war dann aber doch etwas überrascht, dass streunende Hunde als ein größeres Problem angesehen werden, weil diese die wenigen Flugzeuge, die die Inseln besuchen, zum Abbruch der Landeanflüge zwingen. Die Angst der Einheimischen ist das Einstellen der Flüge, weil die Landeabbrüche Geld kosten. 

Hano befragt Inselbewohner, ob sie Angst hätten vor dem Klimawandel, aber niemand der Befragten hat die.

Ein ehemaliger Pastor dort führt das auf eine Art Gottvertrauen zurück. 

Der Einzige, der sich um das Klima sorgt, ist ein Minister, der auch gleich viel Geld von der Welt fordert. Hano kann nur wenige Stellen ausmachen, wo man von den bisherigen Millionen des Westens wenigstens etwas sieht.  

Große Beton Flächen wurden errichtet als Schutz gegen Küstenerosion. Mehr offenbar nicht.  Zufällig trifft er einen deutschen Touristen auf der Insel und der bestätigt es Hano, der nicht fassen kann, was die Presse über die Inseln schreibt und was er selbst dort erlebt. Die Inseln gehen nicht unter und der junge deutsche Tourist meint lapidar, dass er das wohl auch nicht mehr erleben wird in seinem Leben.  

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