Crunch-Time bezieht sich im Sport auf die entscheidende und oft spannungsgeladene Phase am Ende eines Spiels, in der der Ausgang maßgeblich beeinflusst wird, wenn es darauf ankommt.
Möglicherweise steht die Crunchtime im Bereich Bau von Gaskraftwerken bevor.
Bloomberg hat einen langen Artikel, der sich mit dem Thema beschäftigt.
Der Markt für Turbinen in diesem Bereich ist sehr homogen aufgeteilt. Drei Anbieter haben etwa 70% des Marktes, der Rest teilt sich die letzten 30%.
Ein Treiber der Nachfrage nach Strom, in diesem Fall in den USA, ist KI.
Die für KI erforderliche Rechenleistung hat „zu einem Anstieg der Nachfrage nach Gasturbinen geführt“, sagte Lorenzo Simonelli, Chief Executive Officer von Baker Hughes Co., einem amerikanischen Energietechnologieunternehmen. Etwa ein Drittel der Turbinenreservierungen von GE Vernova sind direkt oder indirekt an KI und Hyperscaler gebunden.
Laut dem Beratungsunternehmen ICF soll der Strombedarf in den USA bis 2030 um 25 % steigen, eine Umkehrung des relativ flachen Verbrauchs seit 2010. Laut einer Umfrage der US-Hersteller und Betreiber planen, bis 2028 mehr als 26 Gigawatt an neuer gasbefeuerter Stromkapazität aufzubauen, wie aus einer Umfrage der US-Energieinformationsbehörde unter Bauherren und Betreibern hervorgeht.
Das ist etwa doppelt so viel wie 2023 für die folgenden drei Jahre geplant. Diese Vernichtung von Projekten wird wahrscheinlich die Lieferketten überfordern, und einige werden möglicherweise erst 2030 oder später online gehen, schätzt der Datenanbieter Wood Mackenzie Ltd.
Bloomberg kommt in seiner Analyse zu dem Schluss, dass die weltweiten Kapazitäten bei der Produktion von Turbinen nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken.
Bereits ab 2026 wird die Nachfrage die Grenze der Produktionskapazität überschreiten.

(Abbildung: Screenshot Bloomberg)
Zwar versuchen Hersteller wie GE oder Mitsubishi die Kapazitäten zu erhöhen, aber das sind langwierige Prozesse.
Das könnte auch Auswirkungen auf die Gaskraftwerkepläne der neuen Bundesregierung haben. Die Ampel hat es in mehr als 3 Jahre nicht geschafft konkrete Pläne auf den Tisch zu legen, damit mit dem Bau angefangen werden kann.
Mögliche Investoren waren schlau genug einfach abzuwarten, denn sie wollen ihr Investment ja gern zurück und verlässlich Geld verdienen.
Die neue Wirtschaftsministerin Reiche hat das erkannt und versucht die Investoren mit einer neuen Umlage zu locken. Sie will einen Kapazitätsmarkt schaffen, der die Stromkunden dann weitere 2 Cent pro kWh kosten wird.
Bereits das Zurverfügungstellen von Kapazität wird vergütet.
Wir haben ja schon oft beschrieben, dass die Erneuerbaren Energien Lösungen bedürfen für Probleme, die sie selbst geschaffen haben.
In diesem Fall wird das „Lückenbüßen“ für alle Stromkunden eine Angelegenheit, die Strom weiter verteuern wird. Gaskraftwerke sind halt keine Call-Girls, die man nur zu Stoßzeiten braucht.
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Am 28.04.2025 kam es zu einem Stromausfall in Spanien und Portugal.
ENTSO-E hat nun einen ersten „Factual Report“ veröffentlicht.
Er kann hier heruntergeladen werden.
Der Bericht stellt den Zustand des Systems, die Ereignisse und Abläufe dar, ohne noch endgültige Ursachenanalysen oder Empfehlungen (“root cause analysis”) einzubringen. Der Abschlussbericht mit Ursachen und Empfehlungen soll in Q1 2026 veröffentlicht werden.
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Werden sich nur noch wohlhabenden Menschen die Energiewende leisten können?
Die Welt (Bezahlartikel):
Und das ist nicht alles. Es gibt wachsende Akzeptanzunterschiede zwischen Gutverdienern und Geringverdienern. Die Energiewende im Gebäudesektor scheint zunehmend ein Fall für den wohlhabenden Teil der Gesellschaft zu sein. Die Zustimmungswerte bei Haushalten mit geringem Einkommen seien „sehr deutlich zurückgegangen“, so die KfW.
Nur noch 16 Prozent der Haushalte, die zum untersten Einkommensviertel gehören, nutzen nach eigenen Angaben mindestens eine grüne Energiequelle. Bei den Top-Verdienern dagegen sind es inzwischen 50 Prozent, also dreimal so häufig wie die Geringverdiener. Vergangenes Jahr habe der Gutverdiener-Faktor noch bei 2,5 gelegen.
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Der Chef von 1Komma5Grad Marc Sauthoff im Interview mit n-tv.
Es wird schon wieder die Möhre von sinkenden Strompreisen dem Esel vor das Maul gehalten.
Sie befürchten nicht, dass Ihr Geschäft unter die Räder kommt, weil sich seit dem Regierungswechsel ein immer größeres Freund-Feind-Denken zwischen den Vertretern der Erneuerbaren und der fossilen Energien abzeichnet?
Philipp Schröder: Natürlich, aber man darf nicht vergessen, was das Problemfeld dieser Studie ist: Non-Capex-Lösungen. Große Unternehmen und Investoren haben sich an Subventionen gewöhnt. Erneuerbare wie der Offshore-Windpark werden von der Allgemeinheit abgesichert und vergütet, bei den Gaskraftwerken ist das auch geplant. Wir stehen in der Mitte und machen uns gleichermaßen unbeliebt, weil wir sagen: Damit werden die Probleme verschlimmbessert.
Die Gaskraftwerke sind Schmerzmittel. Die benötigen wir nur, weil wir uns nicht anders helfen können. Spielen wir unsere Karten dagegen richtig, müssen wir weniger subventionieren: Millionen Privathaushalte können Flexibilität bereitstellen, ihre Stromkosten um bis zu 50 Prozent senken und möglicherweise sogar Geld damit verdienen. Oder wir bauen viele subventionierte Gaskraftwerke, die dauerhaft teures Flüssiggas aus den USA verbrennen.
Das Interview überzeichnet den Eindruck, man könne mit smarter Dezentral-Vernetzung die „Folgekosten der Energiewende“ quasi eliminieren.
Der Stand der Forschung/Regulierung sagt allerdings: hohes Potenzial, aber harte Hemmnisse – und selbst im Best Case bleibt substantieller Netzausbau sowie gesicherte Leistung nötig. Große Preis-Halbierungen sind nicht robust belegt.
Das ist dem Fragesteller allerdings nicht aufgefallen.
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