Klimakrise lässt Korallenriffe sterben!?

Es sind Meldungen wie die aus dem Spiegel, die aufhorchen lassen.

Darin wird eine Studie beschrieben, die sich mit dem Zustand der Korallenriffe beschäftigt.
Natürlich wird dabei das Wort Klimakrise benutzt. 

Das Ergebnis: Die Klimakrise verringert das gesamte Wachstum von Korallenriffen, bis hin dass diese sogar absterben.
Mehr als 70 Prozent der Korallenriffe in der Region werden den Forschern zufolge selbst in optimistischen Klimaszenarien bis 2040 das Wachstum einstellen und danach absterben.

Wenn die Erderwärmung mehr als zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten beträgt, würden sogar mehr als 99 Prozent der Riffe in der Region bis 2100 das Wachstum einstellen und danach absterben.»Unsere Forschung zeigt, dass unter den aktuellen CO₂-Emissionsszenarien die meisten Korallenriffe im Atlantik nicht nur aufhören werden zu wachsen, sondern viele bis Mitte des Jahrhunderts sogar erodieren werden«, sagte Forscher Chris Perry von der Universität Exeter. Derweil würde der Meeresspiegel steigen, die Wassermenge über dem Riff also zunehmen. Das erhöhe das Hochwasserrisiko entlang gefährdeter Küsten und könne Ökosysteme in Küstennähe grundlegend verändern.

Jetzt muss man kein Meeresforscher sein als Journalist. Es gibt Hilfe in Form von KI.
In diesem Fall von ChatGPT. Solche Programme kann man über Artikel wie die vom Spiegel laufen lassen und die KI bitten, eine kritische Überprüfung vorzunehmen.
Das ist das Resultat der Analyse der Schwächen der Studie bzw. des Artikels.

Räumlicher Fokus & Generalisierbarkeit

Die Studie bezieht sich auf das tropische Westatlantik-Gebiet. Riffe in anderen Regionen (z. B. Pazifik, Indischer Ozean) könnten andere Zustände haben – andere Arten, andere Belastungen, eventuell unterschiedliche Resilienz.

Also: Die Ergebnisse sind nicht automatisch auf alle Korallenriffe weltweit übertragbar.

Daten & Modellunsicherheiten

Die Abschätzungen basieren auf Kombination von fossilen Daten, modernen ökologischen Daten und Klimaszenarien. Jede dieser Komponenten hat Unsicherheiten: wie genau sind fossile Riffe bezüglich ihres Wachstums & ihrer Umgebung rekonstruierbar? Welche Arten waren in der Vergangenheit dominant, und wie vergleichbar sind sie mit heutigen Riffen, die bereits durch Überfischung, Verschmutzung etc. beeinflusst sind?

Modellannahmen, z. B. wie Meeresspiegelanstieg, Temperaturanstieg, Säurung des Meerwassers verlaufen, wie Korallen sich anpassen, wie Krankheiten, Algenüberwucherung, andere Stressfaktoren wirken – all das beeinflusst das Ergebnis. Es sind Szenarien, keine Gewissheiten.

Biologische Anpassungsfähigkeit / Resilienz

Korallen sind nicht statisch; es gibt Hinweise, dass manche Populationen sich etwas an erhitzte Bedingungen anpassen oder resilienter werden (z. B. durch Selektion hitzeresistenter Stämme). Die Studie berücksichtigt vermutlich solche Potenziale nicht vollumfänglich oder nimmt konservative Annahmen.

Auch lokale Schutzmaßnahmen, Verbesserung der Wasserqualität, Verringerung von Stress durch andere Faktoren könnten eine Rolle spielen, und deren Effektgrößen sind schwierig vorherzusagen.

Zeitliche Skalen & Übergänge

Wann genau “Wachstum einstellen” passiert, durch wie viel Zeit die Erosion beginnt, welche Prozesse dominieren – das sind graduelle Übergänge. “Ab 2040 einstellen” heißt nicht, dass alles schlagartig weg ist. Viele Riffe könnten noch Jahrzehnte lang in reduziertem Maße funktionieren oder gewissen Nutzen liefern, auch wenn sie nicht optimal wachsen.

Die Aussage, dass > 70 % bis 2040 das Wachstum einstellen, hängt stark von dem angenommenen Emissionspfad etc. Wenn drastische Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden, könnten diese Prognosen günstiger ausfallen.

Nicht beachtete Heterogenität

Individuelle Riffe unterscheiden sich stark in Artenzusammensetzung, Lage, Tiefe, lokalem Stress (z. B. terrestrischem Einfluss, Wasserverschmutzung), Strömung, Licht, Sedimentbelastung. Manche könnten in besserem Zustand sein als andere, sodass lokale Ausnahmen möglich sind.

Auch die Funktion als Lebensraum, Küstenschutz etc. hängt nicht allein vom Wachstum (vertikale Akkretion) ab, sondern vom strukturellen Zustand, Korallenbedeckung, Morphologie etc.

Mediale Darstellung & Kontext

Der Spiegel-Artikel präsentiert die Ergebnisse relativ klar, aber – wie bei vielen wissenschaftlichen Studien – besteht die Gefahr, dass in Medien-Zusammenfassungen die Unsicherheiten, Annahmen und Grenzen nicht so stark betont werden. Leser können den Eindruck bekommen, “alles Riffwachstum ist verloren“, was zu schwarz-weiß sein kann.

Es dauert nur wenige Augenblicke und die KI liefert sogar Links, wo dann noch einmal vertieft bzw. überprüft werden kann, denn auch eine KI fantasiert gerne mal.
Wie gut hätte diesem Artikel eine kritische Auseinandersetzung getan.
Das wäre in jedem Fall journalistisch, weil in der Studie selbst sehr oft Konjunktive benutzt werden.
Kein Wunder, nichts ist sicher, schon gar nicht Prognosen.

Das ist aber offenbar gar nicht gewünscht gewesen. 
Die Botschaft lautet eher: in wenigen Jahren gibt es keine Korallen mehr auf der Welt.
Dabei wird außer Acht gelassen, dass sich Korallen bei einer Zunahme der Wassertemperaturen auch in bis dahin kühlere Bereiche hin ansiedeln.
Da Korallen langsam wachsen ist das Resultat solcher Verlagerungen erst mit entsprechender Verzögerung zu sehen.

All das fehlt bei dem Artikel, er fasst eine Studie lediglich unkritisch zusammen, die gut ins Narrativ passt.

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