Mit der „Deutschen Gesellschaft des Club of Rome“ nach Grönland 

Von Frank Bosse

Eine TV-Sendung lief am 3. Februar 2025 zur besten Sendezeit 20:15 Uhr in der ARD.  
Sie ist hier abrufbar. Der Meteorologe Sven Plöger will in Grönland die Frage beantworten, wie „extrem unser Wetter wird“.
Spoiler: das gelingt nicht.  

Zunächst gibt es schöne Bilder, auch vom völlig normalen Kalben der Gletscher am Rande Grönlands. Immer sehr gern genommen, jedoch immer sehr normal seitdem es die Insel gibt und im Sommer, als gedreht wurde, sowieso. 
Dann unterhält sich Plöger mit einer Inuit-Frau, bei 3:50 Min, und fragt sie, wie sich das Wetter bei Nuuk (der Hauptstadt) entwickelt.  
Sie: „Wenn es regnet, regnet es heute in Massen und im Sommer haben wir lange Dürrephasen“.  
Das alles im Angesicht einer meteorologischen Station im Film. Einleitend fragt Sven: „Geben die Daten recht?“. Die Werte der Station flossen sicher in die Reanalyse ERA5 ein, die da sehr hoch aufgelöste Daten liefert.
Ein Blick auf die Niederschläge nahe Nuuk, dem Drehort: 

Das Bild wurde mit dem KNMI Climate Explorer generiert.  

Er verrät: Da ist viel Variabilität, jedoch in keiner Jahreszeit ein Langzeittrend. Nach 2000 ist da nichts anders als bis 1980, also vor der Zeit der Erwärmung durch Emissionen. Das Interview vermittelt „anekdotische Evidenz“, allerdings für real gar nichts.  

Bei Min.5 versucht uns dann Sven Plöger zu erklären, warum „die Arktis“ sich schneller erwärmt als der Rest des Planeten. Das trifft zwar zu, auch der genannte „Faktor 4“ ist recht korrekt. Nur seine Erklärung geht nun wirklich in die Irre. Er schiebt es nämlich auf die sinkende Albedo Grönlands durch Eisschmelze. Die tritt im Sommer auf, dann wirkt auch das Rückstrahlvermögen der Oberfläche auf die hochstehende Sonne stark. Ein Blick auf die sommerlichen Erwärmungstrends im Norden ab 1980 (Nordpol in der Mitte): 

Das Bild wurde mit dem KNMI Climate Explorer generiert.  

Ausgerechnet Grönland erwärmt sich zu dieser Jahreszeit weniger schnell als z. B. Deutschland.  
Die „arktische Verstärkung“ der Erwärmung ist ein Phänomen besonders des Winters und tritt bodennah auf, dann scheint dort überhaupt keine Sonne und also kann auch die Albedo nicht die Ursache sein.  

Die Erklärung von Sven klingt plausibel, ist jedoch ebenso völlig unzutreffend wie der später erwähnte „Teufelskreis“.  

Die Sendung ist jedoch insgesamt durchaus sehenswert. Bei Min. 18 zeigen die Akteure den Anblick, den der Geograph Alfred Wegener 1930 hatte an genau der Stelle hatte, wo sie auch heute stehen. Der Gletscherrückgang ist überaus eindrucksvoll. Bei Min. 29:55 erklärt Plöger, dass der Eisberg, dem die Titanic im April 1912 zum Opfer fiel, an genau der Stelle in Grönland geboren wurde, an der er heute steht. Merke: kalbende Gletscher gab es weit vor der modernen Erwärmung ab Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Es wird damals nicht viel anders ausgesehen haben als heute. Auch wohl nicht vor 1000 Jahren, zu Zeiten „Erik des Roten“. Ab Min.39:30 sagt Plöger das sogar wörtlich.  
Sollte das Eis von Grönland etwa nicht nur auf die Temperaturen der Nordhemisphäre reagieren?  
Die waren damals, so sagt es jedenfalls die Rekonstruktion nach Michael Mann, im Mittel über 1°C kälter als heute: 

Quelle 

Oder irrt Michael Mann mit seiner “epischen” Hockeystick- Rekonstruktion und es war um das Jahr 1000 so warm wie heute im Norden der Nordhalbkugel? Gut möglich, etwa um die Zeit war das “Holocene Thermal Maximum” (HTM) nach heutiger Forschung.  
Eine gute Frage an Sven Plöger und/oder Michael Mann!    

Bei Min. 19 erklärt Plöger, dass das abschmelzende Grönlandeis zu 30% zum Meeresspiegelanstieg beiträgt. Das wäre etwa 1mm/Jahr oder 3-4 cm seit 1990. Ob damit wohl das Risiko starker Sturmfluten in Deutschland messbar anstieg, wie im Film dramatisch gezeigt?  
Große Zweifel sind angebracht. 

Bei Minute 22 dann der (unvermeidliche?) Schlenker zum Jetstream. Die alte These wird zunächst nochmals (Trick)filmisch aufgewärmt: Der Temperaturunterschied Arktis-Subtropen geht zurück, dadurch wird der Jet langsamer und die Wettersysteme bleiben häufiger stationär.  
Der aufmerksame Leser weiß auch durch Artikel in diesem Blog, dass das ebenso nur sehr plausibel klingt und trotzdem sehr falsch ist. Ob Sven Plöger das auch gelesen hat?  
Jedenfalls erwähnt er bei Min. 23 tatsächlich, dass (auch) Studien zeigen, dass sich der Jetstream im Gegenteil beschleunigt! Man kann nur hoffen, dass er sich in diesem Zusammenhang öfters seiner eigenen Worte im Film erinnert: „So einfach ist es eben doch nicht.“  

Weiter geht die Fahrt in der Sendung zurück zum Eis. Bei Min 24 fragt Plöger seinen Begleiter Jakob, ob da ein Kipppunkt erreicht würde. Der antwortet ausweichend, wie ein Glaziologe wie er nur antworten kann: „Das ist eine sehr komplexe Frage.“.  Die Sache selbst ist nämlich auch nach den Einschätzungen des IPCC „sehr unsicher“.  Das hindert Sven Plöger später nicht daran, das Klimasystem mit einer fallenden Kaffeetasse zu vergleichen. Schwamm drüber!  

Im Film ist auch immer wieder die Rede davon, dass der Schmelzprozess immer schneller und schneller wird (z. B. bei Min. 29). Die Massenverluste an Grönlandeis werden erfasst, es gibt dazu Daten, jährlich erscheinen Berichte. Der letzte enthält ein Bild der Massenbilanz- Angaben seit 1987 und mit einem Tiefpass geglättet sieht man das:  

Tatsächlich sehen wir, wie nicht anders zu erwarten in einer wärmeren Welt, Verluste.  
Die wuchsen bis 2012 auch wirklich deutlich an, seit 12 Jahren jedoch ist die Massenbilanz wieder langsamer fallend, das Tempo also zurückgehend. Sie fällt also nicht so einfach “schneller und schneller”. Achtung, Sven: Denke mehr an Deine eigenen Worte: „So einfach ist es eben doch nicht“!  

Ab Min. 30 dann der ebenso unvermeidliche Schlenker zur Atlantischen Umwälzzirkulation (AMOC). Ihr Versiegen durch Schmelzwasser, also „Versüßung von Grönland her“ wird minutenlang dargestellt. Jeder Kommentar dazu ist müßig geworden, wir hatten zuletzt hier über den aktuellen Stand berichtet. Der ist sehr komplex und strittig und irgendwie ein „Untoter“ in der Diskussion.  
Wir hatten auch gezeigt (hier) dass eine Verringerung des Salzgehaltes des Meeres um Grönland herum eben NICHT zu verzeichnen ist und der ganze Sachverhalt also nicht in eine Sendung zum Wetter passt. Sven kann es aber nicht lassen. Kommt Zeit, kommt Rat? 

Der Film hat auch großartige Bilder, Sie sehen danach Grönland bestimmt anders. Schauen Sie ihn sich an, legen Sie aber besser die Kommentare dieses Artikels neben die Bilder, zur Einordnung und Erhellung der „Klimairrungen“!  

Und was hat die Überschrift mit all dem zu tun? Warum fuhren wir mit der „Deutschen Gesellschaft des Club of Rome zur größten Insel der Welt?“   Da sind sowohl der Hauptakteur Sven Plöger als auch der Autor und Regisseur des Films Lars Abromeit Mitglieder bzw. Redner. Außerdem auch Prof. Rahmstorf (der mit der AMOC…), der Kollege von Sven, Karsten Schwanke, Prof. Edenhofer (Chef des PIK Potsdam), Prof. Latif, die Journalisten Dunia Hayali, Prof. Claudia Kempfert (die mit den „Speichern noch und nöcher“) u.v.a.m.  

Sie eint alle das Streben nach “Nachhaltigkeit”. Das ist allein nicht schlimm, nur wissen sollte man es.

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