Der Hamburger Reeder und Investor Erk Rickmers wäre sicherlich stolz auf den Meinungsartikel, den der ehemalige Fellow seines Think Tanks „The New Institute“ Christian Stöcker über Batteriespeicher da für den Spiegel verfasst hat.
Wir hatten ja in der Vergangenheit über diese eigenartige Konstellation von Stöcker und The New Institute einige Male berichtet.
Kognitions-Psychologe Stöcker sieht jedenfalls einen „Batterie-Tsumani“ auf uns zurollen. Ob man das Wort Tsumani 20 Jahre nach den schrecklichen Tsunami-Ereignissen in Südost-Asien verwenden sollte, bei denen mehrere Hunderttausend Menschen ums Leben kamen, ist Geschmackssache. Pietätlos ist es allemal, weil auch Deutsche ihr Leben bei dem Unglück verloren haben.
Egal, die Energiewende rechtfertigt das.
Speicher werden dringend gebraucht, so viel ist klar. Und Stöcker trommelt so heftig, dass ihm die Dimensionen, über die er dort frohlockt, offenbar gar nicht klar sind.
Deutschland hat einen Tagesbedarf an Strom von ca. 1.500 GWh.
Die Menge an Strom, die bislang installierte Großspeicher vorhalten können, liegt laut RWTH Aachen bei 1,8 Gigawattstunden. Das ist, nur zum Vergleich, in etwa der durchschnittliche Tagesverbrauch von 180.000 Haushalten.
1,8 GWh sind also 1,2 Promille dessen, was Deutschland an einem Tag brauchen würde.
Das Land hat etwa 40 Millionen Haushalte.
Aber, da sind ja noch die Heimspeicher. Was Stöcker hier leider vergisst zu erwähnen, die Heimspeicher sind nicht netzdienlich.
Eine viel größere Menge Strom wird derzeit in den Kellern und Hauswirtschaftsräumen deutscher Haushalte gespeichert: Die Kapazität deutscher Heimspeicher hat sich in den vergangenen vier Jahren verzehnfacht, von 1,4 Gigawattstunden auf 14 Gigawattstunden. Privatleute können derzeit hierzulande also fast achtmal so viel Strom bei sich zu Hause speichern wie Unternehmen, die große Speicherparks betreiben. Dazu kommen noch einmal knapp 670 Megawattstunden gewerbliche Speicher, die etwa Industrieunternehmen oder große Bauernhöfe betreiben. All diese Zahlen sind nur Momentaufnahmen, denn Monat für Monat werden jeweils wieder Hunderte Megawattstunden Speicherkapazität hinzugebaut (eine Gigawattstunde sind tausend Megawattstunden).
Würde sich Deutschland allein auf diese 14 GWh-Speicher verlassen müssen, dann wären die nach etwa 14 Minuten leer. Aber wie gesagt, sie sind nicht netzdienlich, die Besitzer solcher Anlagen haben mit Sicherheit nicht vor, die Speicher leerlaufen zu lassen für die Allgemeinheit.
Aber die Rettung naht laut Stöcker und es wird auch klar, woher er die unpassende Formulierung Tsunami hat.
»Wir werden gerade überrollt von einem Tsunami an Anschlussbegehren«, zitiert Montel einen Vertreter von Amprion. Eine TransnetBW-Sprecherin und ein 50Hertz-Sprecher benutzten gleichlautend den Begriff »Boom«. Die »Anschlussbegehren« für Großspeicherprojekte summieren sich auf erstaunliche 161 Gigawatt Gesamtleistung. Das heißt: Es ist jetzt schon mehr als hundertmal so viel beantragt, wie derzeit ans Netz angeschlossen ist.
Gehen wir hier einfach mal großzügig von 180 GWh aus, wobei beantragt ja noch nicht gebaut und in Betrieb ist, dann kämen hier doch tatsächlich fast 3 Stunden Versorgung des ganzen Landes heraus.
Deutschland muss sich dann nur noch Gedanken um die restlichen 21 Stunden des Tages machen.
Stöcker scheint sich der Dimensionen über die er da jubelt, nicht wirklich bewusst zu sein.
Seinem ehemaligen Geldgeber dürften solche Kommentare dennoch erfreuen, denn der ist in Grüne Energien investiert.
Da kann Promotion nie schaden.
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Professor Quaschning gegen Grönländische Tatsachen:
Am ersten Weihnachtsfeiertag 2024 spät abends stellte Prof. Quaschning diesen Tweet auf Twitter (nun X) online:
Hamburg bald weg? Wann vielleicht genau? Sollte man da bald die Häuser verkaufen, bevor sie absaufen?
Sein Tweet kam gerade rechtzeitig, um seine „wilde“ Diagnose mit den Tatsachen zu vergleichen, denn es erschienen unlängst ganz aktuell die Zahlen bis einschließlich der Saison 2023/24 im Dänischen „Polarportal“.
Seit 1987 wird dort der Verlust in Gigatonnen/Jahr an Eismasse bestimmt. Das ergibt diese Daten:
Tatsächlich verliert Grönland ab 2013 im Mittel 190 Gt an Eis, zwischen 2002 bis 2012 waren es noch 244 Gt. In dieser Zeit ging es rasanter bergab als nach 2012.
Dieses Jahr setzte auch den bis heute nicht mehr erreichen Rekord von 469 Gt in einer Saison. Wo stehen wir also und wo führt das hin? Würde alles Eis Grönland abtauen und im Meer landen, hätte das laut Quaschning einen Anstieg von 7m zur Folge.
Um wieviel Millimeter stieg das Meer durch Grönlandeis seit 2000? Es waren bis 2024 14 mm in Summe.
Bis jetzt sind also 0,2 % des Eises Grönlands weg und man sähe jedes Jahr 0,0075% oder 0,5 mm im Mittel hinzukommen, vorausgesetzt die Entwicklung läuft so weiter wie bisher.
Da sich nach 2012 die Verluste stabilisierten (dieses Jahr waren es nur 0,2 mm Meeresspiegel, 2012 waren es 1.3 mm) kann man von einer Beschleunigung nicht ausgehen.
Lieber Professor Quaschning, ein wenig einfache Rechenübungen hätten Sie womöglich davon abgehalten, Hamburg am 1. Weihnachtsfeiertag 2025 schon aufzugeben durch Grönlandeis im Wasser.
Vermutlich nahm ihren Abschied („Tschüss Hamburg“) jedoch sowieso keiner ernst. Das ist das Gegenteil dessen, was ein Professorenwort bewirken sollte.
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