Von Frank Bosse
Der Deutsche Begriff „Dunkelflaute“ hat es in das wissenschaftliche Schrifttum geschafft schon seit Jahren, obwohl man da sonst nur Englisch als Sprache verwendet. Kein Wunder: Eine CO2-arme Energieproduktion, die ausschließlich auf Sonne und Wind setzt wie die deutsche, ist auch ganz besonders betroffen von der Meteorologie, wenn Sonne und Wind über längere Phasen ausbleiben. Solche Nebel/Hochnebellagen “des Grauens” für erneuerbare Energien kommen zwischen November und Februar immer mal wieder vor und sind keinesfalls selten. Wir hatten hier über so ein stabiles Hochdruckgebiet berichtet.
Die Auswirkungen auf die deutsche Stromproduktion sind verheerend, die CO2-arme Produktion fällt nahezu komplett aus und aller Kohlenstoff, der verfügbar ist (Kohle, Gas, Öl, Holz…) muss dann ran und verbrannt werden, mit den denkbar schlechtesten Auswirkungen auf die CO2-Emissionen. Der Zeitraum zwischen dem 2.11.24 und dem 12.11.24 stündlich ausgewertet, die Daten gibt’s bei „Agora“:
Unter 400 g CO/kWh kommt kaum (nur zu 2,4% der Zeit) vor in den fraglichen Stunden, das Mittel liegt bei 519 g, das Maximum bei 620 g CO2/kWh. In den meisten Stunden (59 an der Zahl) sehen wir Emissionen, die zwischen 546 und 571 g CO2/kWh liegen, wie wohl schon den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Solche Phasen beeinflussen auch leider recht stark die mittleren Emissionen über das ganze Jahr, dazu gab es hier im Blog eine solche Auswertung.
Ein Blick auf die (Wind)Großwetterlage, hier als Beispiel am 5.11.24, verrät, dass so ziemlich ganz Europa betroffen ist:
Quelle: Kachelmannwetter
Fast nirgendwo weht da Wind schneller als 20 km/h, für die Stromproduktion aus Wind dann praktisch wertlos.
Die Bedingungen in der EU sind damit sehr vergleichbar, nirgendwo länger Sonne, überall Flaute. Damit wäre auch eine Hoffnung, „irgendwo weht schon Wind oder scheint die Sonne“ ein Wunschkonzert. „Erneuerbare Energien“ liegen überall am Boden in Europa. Trotzdem gibt es gewaltige Unterschiede bei den CO2-Emissionen. Auf „Electricity Maps“ kann man vergleichen:
Die gute Nachricht bei der Stromproduktion: Es gibt tatsächlich noch zwei Länder, die mehr CO2 in die Luft pusten: Polen (837) und Tschechien (594), dann folgt schon Deutschland mit 563 g CO2/kWh im Tagesmittel am 5.11.2024. Der Rest von Europa ist deutlich emissionsärmer, auch bei Dunkelflaute.
Das Mittel liegt da bei 283 g CO/kWh, Deutschland ist Faktor2 darüber! Skandinavische Länder schaffen das vor allem durch Wasserkraft, hierzulande nicht möglich. Frankreich jedoch ist auch in solchen Situationen um den Faktor 9,4 (60 g CO2/kWh) besser als Deutschland. Indem da intensiv Kernkraft genutzt wird, hierzulande Fehlanzeige durch Abschaltung, die letzten Kraftwerke gingen 2023 vom Netz.
Es ist auch klar, dass ein möglicher deutscher Wiedereinstieg recht lange kaum Erfolge zeitigen wird.
Es wurde abgerissen und endgültig stillgelegt, wurden hastig Tatsachen geschaffen.
Können chemische Stromspeicher (Akkus) helfen? Dazu braucht man eine realistische Einschätzung, was an Kapazitäten notwendig wäre, um Dunkelflauten emissionsarm zu überstehen. Es gibt es dazu Literatur, in dieser Arbeit finden die Autoren, es wäre 56 Terrawattstunden nötig.
Was ist an Ausbau bis 2030 zu erwarten?
Es sollen dann 83 Gigawattstunden bereitstehen, wenn es gut laufen sollte. Die Lücke betrüge dann „nur“ noch Faktor 675!
Dieser Weg ist damit illusorisch, selbst wenn man beim Ausbau bis 2030 (dann um den Faktor 200 gegenüber heute!?) sehr optimistisch ist.
Das alles zählt bisher nur die Probleme auf, noch keine Lösungen. Nur braucht man für „In Lösungen denken“ zunächst eine ungeschönte Analyse vom Ist-Stand und eine Sortierung von „Lösungen“ in „Was geht?“ und „Was geht nicht?“.
Es macht überhaupt keinen Sinn, einfach weiterzumachen wie bisher. Jede Regierung gräbt dann das Loch, in das man sich über lange Jahre hineinmanövriert hat, nur noch tiefer. Erster Schritt zur Besserung also: Aufhören zu graben und die Rechnung ohne den Wirt, hier das europäische Wetter machen!
Man kommt nicht umhin als ersten Schritt, die Kernkraft aus der politischen Schmuddelecke zu holen, in die sie seit den 2010er Jahren gestellt wurde. Klimaschutz und rigorose Ablehnung von Kernkraft geht objektiv nicht zusammen, das zeigt das Beispiel Deutschland, wenn man es mit Frankreich vergleicht.
Unser Nachbarland ist auch in der Dunkelflaute so klimafreundlich, wie es auch Deutschland als Ziel hat, durch politische Irrwege jedoch so weit weg ist davon wie schon lange nicht.