Der Blog Tech For Future hat sich die Kosten der Energiewende angesehen. Deutschland will früher als 2050 Net Zero (keine neuen Kohlenstoff-Emissionen) erreichen, was zu erheblichen Kosten führen dürfte. Die in dem Blog errechneten 476 Mrd. Euro, die in den letzten 20 Jahren bereits in die Energiewende geflossen sind, sehen gerade zu günstig aus im Vergleich zu dem, was noch kommt: 3.750 Mrd. Euro. Es wären jährlich rund 190 Mrd. Euro. Zum Vergleich: der Bundeshaushalt 2024 hat ein Volumen von 480 Mrd. Euro.
Wind und Sonne schicken keine Rechnung. Aber die Rechnung der Energiewende wird ziemlich saftig.
Gut 3.000 Milliarden Euro Gesamtkosten kommen mindestens für Net Zero bis 2045 auf uns zu.
Das sind die reinen Mehrkosten. Einsparungen und ohnehin nötige Investitionen sind schon abgezogen.
Das heißt wir müssen in den nächsten 20 Jahren rund 7 Mal soviel für die Energiewende ausgeben, wie in den letzten 20 Jahren.
Wie stehen diese Kosten im Verhältnis zum Nutzen? Ist die Energiewende sinnvoll oder “world’s dumbest energy policy”?
Am Ende kritisiert Blümm einige der Studien, die er untersucht hat, ganz besonders die vom Fraunhofer ISE.
Es gibt vermutlich mehr als 20 Energiewende-Studien für Net Zero in Deutschland bis 2045/2050 oder eine massive Reduktion der CO2-Emissionen bis dahin.
Die allermeisten dieser Modellierungen behaupten von sich, kostenoptimiert zu sein. Die Energiewende-Kosten müssen dazu den Autoren als Zahlenwert bekannt sein.
Trotzdem weist mehr als die Hälfte der Paper keine Kosten aus und nur die oben genannten 5 (!) weisen die ausschlaggebenden Mehrkosten zum Business-As-Usual-Szenario aus.
Besonders beschämend ist das für die “Big 5 Energiewende-Szenarien”. Nur die Studie von BCG/Prognos weist die Mehrkosten aus. Die Langfristszenarien weisen nur die Teilkosten im Stromsektor aus, aber nicht die Gesamtkosten.
Die verbleibenden 3 Studien von Agora Energiewende, Deutsche Energie-Agentur und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung verzichten komplett auf Kostentransparenz. Die DENA hat sogar in einer älteren Studie Mehrkosten ausgewiesen (s.o.), aber nicht in der Big5-Studie.
So weit ich weiß ist auch keine Energiewende-Studie in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht worden. Die Paper sind demnach nicht peer-reviewed. Es fehlt bei der wissenschaftlichen Begleitung der Energiewende der wichtigste Schritt im wissenschaftlichen Forschungsprozess.
Die im Artikel großzügig verwendete Studie von Fraunhofer ISE ist zwar vorbildlich bei der Kostentransparenz. Aber ob die Annahmen wirklich plausibel sind, ist nicht nachvollziehbar ohne ehrliche Sensitivitätsanalysen. Und selbst bei deutlich leichter nachprüfbaren Annahmen ist Fraunhofer ISE schon durch massives Schönrechnen aufgefallen.
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Photovoltaik-Anlagen werden immer mehr zu einem Problem für die Netzbetreiber. Der NDR mit einem Artikel über EWE aus dem Nordosten Deutschlands. Besonderes Problem sind die nicht steuerbaren sogenannten Balkonkraftwerke.
Und so wird an sonnenreichen Tagen oft mehr Solarstrom erzeugt, als verbraucht wird. Das fordert die Netzbetreiber wie EWE Netz aus Oldenburg heraus. In der Netzleitstelle des Unternehmens überwachen Mitarbeiter rund um die Uhr das Stromnetz und erkennen Störungen. „Bei größeren Störungen werden von hier sofort Entstörungseinsätze eingeleitet,“ erklärt Torsten Maus. Der Geschäftsführer steht in dem Raum mit zahlreichen Monitoren, auf denen unzählige Leitungen und Zahlenkolonnen zu sehen sind: „Wir haben wahnsinnig viel Photovoltaik im Netz. Und wenn wir das nicht mehr verbraucht bekommen, müssen wir steuernd und regelnd eingreifen können.“
Bezeichnend, dass nicht vom Ende her gedacht wurde. Auf die Idee, erst die Erzeuger und dann die Infrastruktur zu errichten, muss man auch erst einmal kommen.
Das Problem, dass die Netze dem Solarboom derzeit nicht gewachsen sind, hat nun offenbar auch die Bundesnetzagentur erkannt. Im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) hat Agentur-Präsident Klaus Müller angekündigt: „Es führt kein Weg daran vorbei, neue Solaranlagen steuerbar zu machen. Sie müssen auf den Markt reagieren, also die Einspeisung stoppen, wenn niemand für den Strom bezahlen will.“ Zudem verlangte Müller in der NOZ, Verteilernetzbetreiber müssten in die Lage versetzt werden können, „bei kritischen Netzsituationen Solaranlagen zu steuern, um Netze stabil zu halten.“ Das wäre ganz im Sinn von Netzbetreibern wie EWE Netz. Geschäftsführer Torsten Maus betont aber, dass man woanders schon weiter sei: In Italien nutze man bereits die dritte oder vierte Generation intelligenter Stromzähler.
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Mal wieder ein Durchbruch bei der Erzeugung von Wasserstoff. Kein Wort im Focus, woher das Wasser stammen soll, das umgewandelt werden soll. Es muss bestimmte Kriterien erfüllen, aber auch kein Wort zu den möglichen Kosten. Schade.
In Offshore-Anlagen auf hoher See sollen dazu Elektrolyseure mit Windenergieanlagen gekoppelt werden. Diese neuartigen, kompakten Hochsee-Elektrolyseure sollen trotz rauer Bedingungen auf See „effizient und quasi-autark arbeiten“, so das BMBF.
Andreas Reuter, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme (IWES), ist davon überzeugt, dass die neue Technik funktioniert und H2Mare „einen großen Fortschritt“ für Grünen Wasserstoff bedeuten kann. „Die Offshore-Erzeugung ohne Netzanschluss ist mit erheblichen Kosteneinsparungen verbunden und ermöglicht eine großskalige Produktion vor unserer Haustür“, sagt Reuter zu FOCUS online Earth.
Unter den vielen verschiedenen Arten des Wasserstoffs ist grüner Wasserstoff der ökologisch sauberste und nachhaltigste: Die Produktion über einen Elektrolyseur verwendet ausschließlich erneuerbare Energien wie Wind und Sonne. Es ist die einzige Methode, bei der keine Treibhausgase entstehen, im Gegensatz etwa zu schwarzem oder braunem Wasserstoff. Dabei werden Steinkohle oder Braunkohle vergast. Neben Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserstoff entsteht zusätzlich das giftige Gas Kohlenmonoxid (CO).
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Allein die Waldbrände in Kanada im letzten Jahr haben enorme Mengen CO2 erzeugt. Ein Umstand, der gern vergessen wird in der Diskussion um Einsparungen. t3n:
Eine neue Studie zeigt jetzt, wie diese Brände einen Teufelskreis auslösen können, der zum Klimawandel beiträgt, während die klimawandel-getriebenen Bedingungen die Waldbrandsaison ohnehin schon verschlimmern. Laut der im Fachjournal Nature publizierten Ergebnissenbetrugen die Emissionen der kanadischen Waldbrände im letzten Jahr 647 Millionen Tonnen Kohlenstoff. Wären die Brände ein Land, so wäre es nach China, den USA und Indien der viertgrößte Emittent. Die himmelhohen Emissionen der Brände zeigen, wie menschliche Aktivitäten die natürlichen Ökosysteme an einen Ort drängen, der unsere Klimabemühungen erschwert.
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In eigener Sache: Vor kurzem warben wir an dieser Stelle für Spenden. Anlass war eine Abzocke, bei dem wir von Pixabay ein vermeintlich lizenzfreies Bild verwendeten, dass sich aber schließlich als lizenzpflichtig herausstellte. Ein Krimineller hatte das Bild dort vermutlich hochgeladen, um später bei den Verwendern abzukassieren. Vielleicht war es auch ein Versehen eines schlecht informierten Hochladers, wer weiß. Die Strafe haben wir jetzt jedenfalls bezahlt. Wir möchten allen Spendern unseren großen Dank sagen. Der heutige Kassensturz ergab, dass der eingegangene Spendenbetrag ziemlich genau dem Betrag der Strafzahlung entspricht. Eine Punktlandung. Wir haben Maßnahmen ergriffen, damit sich ein solcher Vorfall möglichst nicht mehr wiederholt. Aber zu 100% sicher kann man nie sein, wenn man sich öffentlich im Internet präsentiert. Wir sehen nun nach vorne und konzentrieren und wieder auf die Inhalte: Die deutsche Regierung hat mittlerweile das Vertrauen der Bevölkerung verloren und ist heftig ins Wanken geraten. Die Ära der Klimapanik-getriebenen Politik steht kurz vor dem Ende. Ob schon bald wieder gute Argumente zählen und gehört werden?
P.S. Wir nehmen natürlich weiter gerne Spenden an. Zum Beispiel für unser neues Newsletter-Versand-System, das uns monatlich einen mittleren zweistelligen Betrag kostet. Aber die Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit ist ausgezeichnet, daher ist es uns das wert.
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Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT):
Algen statt Korallen: Eine Riffinsel passt sich an veränderte Umwelteinflüsse an
Obwohl sie von geschädigten Korallenriffen umgeben ist, ist eine Riffinsel im indonesischen Spermonde Archipel nicht geschrumpft, sondern weitergewachsen. Riffinseln reagieren demnach dynamisch auf Umweltveränderungen, die ihre Riffsysteme stören. Das legt eine neue Studie von Forschenden des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen nahe, die die Zusammensetzung der besiedelten Riffinsel Langkai vor Makassar untersucht und den Verlauf der Küstenlinie der Insel seit 1999 rekonstruiert haben. Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich im Fachmagazin Sedimentary Geology erschienen.
Die kalkigen Skelette und Schalen von Korallen, Muscheln, Schnecken und Kalkalgen sind wichtige Bausteine tropischer Riffinseln. Ihre Sedimente bilden die Substanz von Riffinseln und halten sie stabil oder lassen sie sogar wachsen – zumindest, wenn die sie umgebenden Riffsysteme gesund sind. Seit Jahrzehnten jedoch stehen Korallenriff-Ökosysteme unter dem Einfluss stark veränderter Umweltbedingungen – sei es durch den Klimawandel und den globalen Anstieg der Wassertemperaturen, der zu Korallenbleichen führt, oder lokale Eingriffe des Menschen in die Ökosysteme wie zum Beispiel durch intensive Fischerei.
Wie wirken sich die Beeinträchtigung oder die Schädigung von Korallenriffen auf die Produktion von kalkigem Sediment und damit auf das Verhalten von Riffinseln aus? Dieser Frage ging ein internationales Forschungsteam um Yannis Kappelmann, Doktorand in der Arbeitsgruppe Geoökologie und Karbonatsedimentologie am ZMT nach. Neben dem ZMT waren Wissenschaftler der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover und des marinen Forschungszentrums an der Hasanuddin-Universität in Makassar, Indonesien, an der Studie beteiligt.
Die Forschenden fokussierten sich bei ihren Untersuchungen auf die Insel Langkai im indonesischen Spermonde Archipel vor der Küste von Makassar. In verschiedenen Studien aus den letzten Jahren wurde der Zustand der Riffsysteme rund um diese Insel vor Südwest-Sulawesi wiederholt als schlecht beschrieben.
„Wir wollten wissen, wie sich diese starke Schädigung der Riffsysteme im Sediment der Insel niederschlägt“, sagt Kappelmann, Erstautor der Studie. „Können wir diese Riffveränderungen auch in der Zusammensetzung der Sedimente ablesen, und wird weniger Sediment für die Insel produziert?“
Um diese Fragen zu beantworten, entnahmen die Wissenschaftler mehr als 50 Sedimentkerne von der Insel, die sie im Labor auf ihre Zusammensetzung und die Veränderung durch die Zeit untersuchten. Das Ergebnis war zunächst wenig überraschend. „Tatsächlich haben wir in den Sedimenten, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte entlang der Küste von Langkai abgelagert hatten, weniger Skelettstücke von Korallen entdeckt,“ erklärt Kappelmann. „Deutlich größer war dafür der Anteil der kalkbildenden Grünalge Halimeda – ein Zeichen, dass die Riffe um Langkai infolge der veränderten Umweltbedingungen nunmehr von Algen dominiert werden.“
**Inselwachstum trotz Algendominanz in Riffökosystemen**
Besonders spannend wurde dieser Befund für die Forschenden allerdings, als sie mit Hilfe von Satellitenbildern die Veränderung der Küstenlinie von Langkai im Laufe der letzten 24 Jahre (1999 – 2023) auswerteten. „Diese Rekonstruktion zeigte, dass die Fläche der Riffinsel um insgesamt 13 Prozent angewachsen ist“, so Kappelmann. „Offenbar macht es zunächst keinen Unterschied für das Inselwachstum, ob Korallen- oder Algenskelette die Bausteine für das Sediment liefern. Inseln, die sich im Umfeld von veränderten Korallenriffen befinden – in diesem Fall Riffsysteme, die durch Algendominanz gekennzeichnet sind – können weiterhin ausreichend Sediment für ihre Küstenlinien aus diesen Ökosystemen beziehen.“ Das spricht demnach dafür, dass Veränderungen in der Zusammensetzung der Sedimente von Riffinseln nicht zwingend zu einer Destabilisierung der Inseln führen müssen.
**Lokale und globale Relevanz**
„Die Studie unterstreicht die hohe Dynamik dieser Landformen“, so Hildegard Westphal, Leiterin der Arbeitsgruppe Geoökologie und Karbonatsedimentologie am ZMT und Professorin für die Geologie der Tropen an der Universität Bremen. „Degradierung von Riffen und ein verstärktes Wachstum kalkbildender Makroalgen wurden in den letzten Jahren weltweit beobachtet, ein Trend, der im Zuge der Ozeanerwärmung und anderer Stressfaktoren vermutlich anhalten wird. Unsere Erkenntnisse zeigen, dass die mittelfristigen Folgen dieser Entwicklungen für die Sedimentproduktion nicht negativ sein müssen. Das bedeutet aber ganz und gar nicht, dass sie keine negativen Konsequenzen für Riffinseln haben, denn Korallenriffe als Wellenbrecher verhindern langfristig die Erosion von lockerem Sediment entlang von Küsten. Verschwinden die Riffe, werden die Inseln sehr rasch abgetragen. Der Riffschutz bleibt daher ein zentrales Anliegen zur Erhaltung von Riffinseln.“
Yannis Kappelmann ergänzt: „In den vergangenen Jahren wurden von und mit der lokalen Bevölkerung bereits verschiedene Projekte entwickelt, um die marinen Ökosysteme zu schützen. Denn gesunde Korallenriff-Ökosysteme erhalten nicht nur Riffinseln am effektivsten, sondern liefern auch ertragreichere Fischgründe für die Menschen vor Ort.“Paper: Kappelmann, Y., Sengupta, M., Mann, T., Stuhr, M., Kneer, D., Jompa, J., Westphal, H.: Island accretion within a degraded reef ecosystem suggests adaptability to ecological transitions (2024) Sedimentary Geology 468:106675. https://doi.org/10.1016/j.sedgeo.2024.106675