Gebt den Kindern das Kommando – Sie berechnen nicht, was sie tun

Leserpost von Dipl. Ing. Martin Krohn:

Betreff: Anmerkungen zum Atomausstieg

Sehr geehrte Damen und Herren,

einige Anmerkungen zum Blog vom 29. 07. 24 über das Schreiben des Teams Robert Habeck zum Atomausstieg.

Die Einstufung als Hochrisikotechnologie ist wohl ein Stück übertrieben. Es befinden sich auf der ganzen Welt Kernreaktoren und die wirklich gefährlichen Zwischenfälle lassen sich an einer Hand abzählen. Der Verweis auf Naturkatastrophen ist auch unter Vorbehalt zu sehen. Nach der Havarie des Atomkraftwerks in Fukushima wurde der Slogan verbreitet „Fukushima ist überall“. Anscheinend ist den Atomkraftgegnern entgangen, dass das Unglück durch ein Seebeben ausgelöst wurde, weil das Atomkraftwerk am pazifischen Feuerring liegt. Hier in Deutschland z. B. ist jedoch keine solche tektonisch aktive Region, dass hier mit einem solchen Unglück zu rechnen wäre.

Es wird immer wieder – auch in diesem Schreiben – betont, wie billig doch Wind- und Solarstrom sind. Doch da scheinen die Initiatoren wirklich Begriffe aus der Betriebswirtschaft nicht zu kennen oder nicht zu verstehen. Ein zentrales Kraftwerk – welcher Art auch immer – wird an einem Ort gebaut und betrieben. Wartungs- und Überwachungstätigkeiten können in einem überschaubaren Bereich vorgenommen werden. Für die Wartung von Windrädern sind Hunderte an Kilometern zurückzulegen, um alle Windräder zu erfassen. Es ist Einsichtig, dass dafür mehr Personal benötigt wird.

Das Baumaterial, welches benötigt wird, um ein stationäres Kraftwerk zu erstellen, ist auf die Leistung des Kraftwerks bezogen, deutlich geringer als für Hunderte von Windrädern, welche die gleiche Leistung erbringen können. Erbringen können, weil diese vom Wind abhängig sind. Für Zeiten mit zu wenig Wind (und damit zu wenig Stromerzeugung aus Windkraft) sind Backuptechnologien erforderlich. Auch das kostet Geld. Also billiger Strom ist damit nicht zu machen.

Ein weiterer Punkt im Schreiben bezieht sich auf die Abhängigkeit von nuklearen Brennstoffen. Doch auch für den Ausbau von Wind- und Solarenergie werden Materialien benötigt, welche hier nicht verfügbar sind. Somit entsteht eine neue Abhängigkeit von der Zulieferung aus anderen Ländern (z. B. China).

Viele Grüße
Dipl. Ing. Martin Krohn

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Beitrag von Prof. Dr. Michael Thielemann:

Rettet unsere Gasnetze

Liebe Journalisten, Blogger, Kanalbetreiber,Youtuber etc, ich bitte Sie, sich -ohne Brandmauern- für eine mediale Aufarbeitung und vlt. eine Petition zur Rettung unserer Gasnetze einzusetzen. Grund: Allein der Strombedarf für die Wärmewende, der gesichert zur Verfügung stehen muss, ist so immens hoch und teuer, dass auf Gas als Energieträger für die Wärmeversorgung nicht verzichtet werden kann. Es muss dringend verhindert werden, dass Habeck und seine Anhänger mit ihrem Zerstörungswerk fortfahren und nach der Vernichtung der Kern- und Kohlekraftwerke nun auch noch die Gasinfrastruktur schleifen. Der Bürger kann aufs Heizen nicht verzichten, hat aber keine Lobby, die sich für seine Interessen einsetzt. Hier wären Grundeigentümerverbände und auch Mietervereine gefordert, leider ist von denen nichts zu hören. Ich hoffe, dass man mit den nachfolgenden Ausführungen dem Bürger auf einfache Weise quantitativ vermitteln kann, dass die Wärmewende so nicht funktionieren wird. Wir brauchen also weiter die gesicherte Gasversorgung solange, bis realistische Alternativen vorliegen.

Schaut man sich das Gebaren vieler Grüner (z.B. Emilia Fester) an, kommt es mir so vor, dass sie sich an diesen Zeilen von Grönemeyer orientieren:

Gebt den Kindern das Kommando
Sie berechnen nicht was sie tun
Die Welt gehört in Kinderhände

Schlimmer noch, das Kommando hat ein Kinderbuchautor übernommen. Und damit wird der Transformationspfad zur Klimaneutralität zum Highway to hell.

Bis vor kurzem ging ich noch davon aus, dass die Grünen und ihre Mitläufer in anderen Parteien vorrangig die Dekarbonisierung des Energieverbrauchs anstreben, den Endenergieverbrauch nur in Maßen senken und fast ausschließlich durch aus regenerativen Quellen gewonnen Strom ersetzen wollen. Auch das wäre ein überaus ambitioniertes Vorhaben, das m.E. von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Mit meinen Ausführungen möchte ich mich nur auf den Wärmesektor beschränken, von dem jeder Bürger direkt betroffen ist und den er relativ leicht durschauen kann.  Nimmt man an, dass die bisherigen ca. 20 Millionen Öl- und Gasheizungen durch elektrisch angetriebene Wärmepumpen ersetzt werden, beträgt die dafür zu installierende elektrische Leistung etwa die Hälfte der Nennwärmeleistung der Kessel. Kriterium für den Ersatz ist die Leistungszahl an den kältesten Tagen des Jahres und nicht die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpen.

Nimmt man die Anschlussleistung mit 5 kW pro Wärmepumpe an, so erhält man für die kältesten Tage des Jahres einen Leistungsbedarf von 100 GW, der gesichert nur für den Wärmepumpenbetrieb zur Verfügung stehen muss, also z.B. bei Dunkelflaute. Allein dafür braucht man ca. 200 Reserve-Gaskraftwerke, die dann überwiegend ungenutzt sind, viel Personal binden (ein Traumjob für freizeitorientierte Mitarbeiter) und immense Kapitalkosten erfordern. Zum Vergleich: Sämtliche elektrischen Verbraucher zusammen haben derzeit einen elektrischen Leistungsbedarf zwischen 60 und 80 GW, der dann noch hinzukäme. Weitere Steigerungen aufgrund der gewünschten Dekarbonisierung ergeben sich z.B. durch zunehmende E-Mobilität, eine Verringerung kann aufgrund der Verlagerung energieintensiver Betriebe ins Ausland auftreten. Insgesamt wird der Strombedarf ganz erheblich  steigen, da scheint weitgehender Konsens zu bestehen.

Die Fokussierung auf den Wärmepumpenbetrieb halte ich für besonders relevant, weil jeder Besitzer einer mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizung leicht überprüfen kann, welche elektrische Leistung für eine Wärmepumpe beim Kesseltausch benötigt wird. Dafür reicht Volksschule Sauerland. Den Strombedarf für die Industrie kann der Laie dagegen nicht überprüfen. Hat er ein Bestandsgebäude, das bis ca. 1995 errichtet wurde, braucht er nur seine Kesselleistung durch 2 dividieren und erhält die Anschlussleistung (nicht die Heizleistung) der Wärmepumpe. Er sollte dann auch die bisherige Kesselleistung durch seine beheizte Wohnfläche dividieren und wird so einen Wert von ca. 0,1 kW/m² erhalten. Und sollten es 0,08 oder 0,12 kW/m² sein, so ändert sich an der Größenordnung auch nicht viel. Damit kann er den o.g. Wert von 100 GW Reserveleistung selbst leicht nachvollziehen und die Absurdität der Regierungspläne erkennen.

Eine Untersuchung von McKinsey hat ergeben, dass für das Jahr 2030 eine elektrische Leistung von 33 GW für Wärmepumpen vorgehalten werden muss. Da nach dem sogenannten Wärmepumpenhochlauf von Habeck bis dahin jährlich ca. 500000 Wärmepumpen installiert sein sollten, kommt man auf ca. 5-6 Millionen Wärmepumpen in 2030, mithin einer Anschlussleistung pro Wärmepumpe von 5-7 kW. Das deckt sich gut mit meinen Annahmen, die ich auf Nachfrage auch näher begründen kann, und untermauert den o.g. (sehr optimistischen) Wert von mindestens 100 GW gesicherter Reserveleistung nur für Wärmepumpen. M.E. völlig unerreichbar!!!

Abbildunhgsquelle: UBA

Man sollte also Herrn Habeck, der gerade in einem Interview gesagt hat, dass die Versorgungssicherheit die höchste Priorität hat, folgende Fragen stellen:

1.         Wie viele Wärmepumpen sollen 2045 installiert sein
2.         Welche Anschlussleistung haben diese Wärmepumpen
3.         Wie kann diese Leistung durch wieviel Reservekraftwerke sichergestellt sein
4.         Falls es sich um Gaskraftwerke handelt, wieviel Wasserstoff muss dafür für welchen Zeitraum vorgehalten werden (m.a.W. wie lange kann eine Dunkelflaute höchstens kompensiert werden) und wo soll dieser Wasserstoff gespeichert werden
5.         Wer soll die Kosten für diese Gaskraftwerke tragen, die ja lediglich im Notfall betrieben werden sollen

Ich gehe davon aus, dass es keine befriedigende Antwort geben wird. Man könnte natürlich durch Neubau von Kernkraftwerken und Nutzung der heimischen Fracking-Gasreserven für eine gewisse Entlastung des Wärmemarktes sorgen, aber das ist bisher ja nicht gewollt. Es kann ja auch nicht ausgeschlossen werden, dass Russland irgendwann wieder Erdgas liefern wird. Oder es kommen die bisher noch nicht erschlossenen Gasvorräte aus dem Mittelmeer auf den Markt. Schließlich haben wir auch gerade mit erheblichen Mitteln LNG-Terminals errichtet. Sollen die dann auch wieder stillgelegt oder abgerissen werden?

Ich trete deshalb dafür ein, dass unsere Gasleitungen erhalten bleiben, bis wirklich ein belastbares alternatives Konzept für unsere Wärmeversorgung ohne Gas besteht. Deshalb bitte ich Sie alle -unabhängig von der politischen Einstellung und ohne Brandmauer-sich für die Gründung einer Initiative Rettet unsere Gasnetze Wir wollen heizen einzusetzen, für mediale Verbreitung des Anliegens zu sorgen und vielleicht eine Petition in den Bundestag zu bringen. Ich selbst habe darin leider keinerlei Erfahrung, sicher auch kein Talent, bin zu alt, würde aber natürlich mitzeichnen und ggf. mitwirken.

Es kommt aber noch viel schlimmer. Kürzlich stolperte ich über das Energieeffizienzgesetz. Ich habe es nicht angesehen, weil ich dachte, es handelt sich um eine mehr oder minder sinnvolle Sammlung von Maßnahmen zur rationellen Energienutzung. Dazu entdeckte ich dann auf den Seiten des UBA folgende Grafik, die mich erschütterte:

Danach soll der Endenergieverbrauch, der in den letzten 2 Dekaden über alle Jahre nahezu konstant blieb, drastisch um 45% reduziert werden. Man kann nicht entnehmen, in welchem Umfang die einzelnen Sektoren betroffen sind. Eine so drastische Reduzierung für den Gebäudebereich in einem Zeitraum von ca. 20 Jahren ginge nur mit einer völligen Erneuerung der Bausubstanz und wäre völlig unbezahlbar und auch ohne Fachkräftemängel nicht durchführbar. Schon Ende der neunziger Jahre -als die Politik die Wärmewende noch nicht entdeckt hatte- hatte ich meinen Studierenden vermittelt, dass der flächendeckende Einbau von Wärmepumpen in dicht bebauten Großstadtlagen nicht klappen kann, es sei denn, man reißt die schönen Altbauten wie in Hamburg Eppendorf alle ab. Der Energiemangel wird nicht nur dazu führen, dass die Industriearbeitsplätze und Wohlstand verschwinden, ich gehe auch davon aus, dass es massenhaft Kältetote geben wird. Politiker, die solche Pläne vorantreiben, sind entweder unglaublich intellektuell unterbelichtet, ideologisch verblendet oder in hohem Maße bösartig. Anders kann ich mir eine solche Politik nicht erklären.

Begründet wird der Schwachsinn wohl mit dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichtes, der die Regierung zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens zwingt. In meinen Augen eine ungeheure Anmaßung. Künftige Generationen können durchaus andere Priorisierungen haben und den Menschenschutz über den Klimaschutz stellen, konkret einer gesicherten Energieversorgung den Vorrang geben. Als juristischer Laie scheint mir die Kündigung des Klimaschutzabkommens die beste Lösung des Problems zu sein.

Mein Wunsch dazu an die Politik: Reißt die Brandmauern ein, setzt euch unter Beteiligung rational denkender Politiker anderer Parteien zusammen, startet eine Volksbefragung und eine Resolution für den Bundestag mit dem Ziel der Kündigung des Klimaschutzabkommens, das uns wie ein Mühlstein am Hals hängt.

Von den alternativen Medien wünsche ich mir, dass der Begriff „Klimagerechtigkeit“ hinterfragt wird. Fritz Vahrenholt hat ja schon darauf hingewiesen, dass man dabei die Wirtschaftsleistung eines Landes berücksichtigen muss, also Ländern, die mehr für die Menschheit produzieren, steht auch ein größeres Budget zu. Leider findet sich dazu nichts in den Mainstreammedien. Ich möchte dazu aber noch ergänzen, dass geografische und demografische Faktoren berücksichtigt werden sollten. In Afrika oder anderen heißen Ländern muss man wohl kaum heizen, also müsste es dort Abschläge vom Budget geben. Andererseits gibt es Länder, die reichlich mit regenerativen Energien gesegnet sind, wie z.B. Norwegen mit der Wasserkraft. Auch die brauchen ein geringeres Budget. Schließlich gibt es genug Länder mit ungünstiger demografischer Entwicklung wie Deutschland. Die wachsende Zahl alter Menschen muss doch wohl unterhalten werden, wie soll das gehen ohne industrielle Produktion mit entsprechendem CO2-Verbrauch?

Oder möchten die Grünen die Alten vorzeitig entsorgen, um die Klimaziele zu erreichen? Mit der geplanten Reduzierung des Energieverbrauchs könnte sich eine derartige Entwicklung andeuten. Letztendlich muss man auch berücksichtigen, dass Deutschland mit der Aufnahme überproportional vieler Migranten das CO2-Budget der Herkunftsländer erhöht, das unseres Landes aber senkt. Zudem kommen die aus Gebieten geringer CO2-Emissionen pro Kopf in ein Land wie Deutschland mit entsprechend höheren Emissionen. Ist es gerecht, wenn uns auch das angelastet wird? Man sieht, bei etwas Nachdenken stößt man auf so viele Schwachstellen des Begriffs Klimagerechtigkeit, dass man ihn schleunigst aus dem Diskurs entfernen sollte. Damit möchte ich nicht sagen, dass Bemühungen zur CO2-Minderung falsch sind. Aber das Konzept zur Umsetzung erfordert mehr Rationalität.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr.-Ing. M. Thielemann

Zu meiner Person:
Ich habe Maschinenbau mit der Vertiefung Kernreaktortechnik studiert, war Professor für Thermodynamik, Energietechnik, Heizungstechnik und davor als Beamter im Bauwesen tätig. Ich möchte noch hinzufügen, dass ich kein „Klimaleugner“ bin. Wie weit der steigende CO2-Gehalt für die Erderwärmung verantwortlich ist, kann ich nicht beurteilen. Mich interessiert rein wissenschaftlich und ergebnisoffen der Einfluss des CO2-Gehaltes auf die Wärmestrahlung. Ich bin auch kein Feind regenerativer Energien und betreibe in meinem Mehrfamilienhaus eine Gashybridheizung mit Wärmepumpe. Ein von mir favorisierter Anschluss an das ca. 100m entfernte Fernwärmenetz war nicht möglich, obwohl m.E. die mögliche Anschlussdichte recht hoch ist.

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