Ein ganz erstaunlicher Kommentar im Spiegel. Es geht um Kohlenstoff-Abscheidung und Speicherung CCS. Der Artikel hat eine Bezahlschranke. Einst wurde diese Technologie von Robert Habeck als Landesminister bis aufs Messer bekämpft. Nun, als Bundesminister hat Habeck seine Meinung offenbar geändert. Der Kommentar verblüfft, weil Kollegen von Ullrich Fichtner permanent gegen bestimmte Techniken trommeln. Wir erinnern an Susanne Götze oder Christian Stöcker. Fichtner ist jedenfalls so scheint es desillusioniert. Hätte er statt ”von Deutschland” ”von den Grünen” geschrieben, wäre er 100% im Ziel.
„Der Vorgang insgesamt zeigt schön die deutschen Automatiken, die fast jedes Mal sofort einrasten, wenn eine neue Technologie um die Ecke kommt. Es ist immer der gleiche, ermüdende Ablauf. Zuerst: total dagegen sein. Dann, mit großer Verspätung: zögerlich mitmachen. Schließlich: beklagen, dass nicht alles viel schneller gegangen ist und man es doch gleich gewusst habe. Ich sag’s mal so: Würde von Deutschland allein die Zukunft der Welt abhängen, könnte die Menschheit mutmaßlich einpacken.“
CCS war einst eine deutsche Erfindung. Mittlerweile ist das Unternehmen dahinter nach Kanada ausgewandert. Länder wie Dänemark oder Norwegen haben das Verpressen von CO2 längst zum Geschäftsmodell entwickelt. Sie dürfen mit Aufträgen aus Deutschland rechnen, denn unter seiner eigenen Küste wird Deutschland nichts unternehmen, CO2 exportieren und andere das Geschäft machen zu lassen – das geht aber schon.
Die Grünen dürfen sich mit Fug und Recht auf die Fahnen schreiben, verschiedene Technologien erfolgreich verhindert, mindestens aber behindert oder sogar abgeschafft zu haben. Die Liste ist lang: Transrapid, Gentechnologie, Kernenergie aber selbst ISDN oder Glasfaser war den Grünen ein Dorn im Auge, um nur einige zu nennen. Sie sprachen sich sogar für die Verbrennung von Kohle aus, nur um die verhasste Kernkraft loszuwerden. Da man auch CCS verhinderte schlägt sich das heutzutage in dem CO2-Werten bei der Stromproduktion nieder. Deutschland liegt im hinteren Bereich in Europa.
War es früher ein Markenzeichen Deutschlands Technologien zu entwickeln und diese dann ins Ausland zu exportieren hat es sich das Bild komplett geändert. Nach erfolgreicher Verhinderung des Transrapids fährt ein Nachfolger in China. Legendär auch die Aussagen der Grünen als sie das Projekt einst bekämpften. Für die geplanten Strecken gäbe es doch schon längst ein Verkehrsmittel: Das Flugzeug. Es ist fast ein Treppenwitz, denn was würde man heute für ein Netz geben, auf dem man sich mit 400 km/h oder schneller elektrisch bewegen könnte. Informationen zum Transrapid gibt es hier.
Fichtner sieht jedenfalls, dass ein ganzes Land seinen Pioniergeist verliert. Im Grunde aber nur wegen einer kleinen Partei, der Ideologie über Pragmatismus geht. Grüne sind Fortschritts-Verhinderer und ihr Weltbild kollidiert nicht selten mit der Wirklichkeit. Vom Habeck-Nachfolger als Minister in Schleswig-Holstein Albrecht ist eine schöne Anekdote überliefert. Als er den ohnehin schon gebeutelten Fischern des Landes seine Vision vom zukünftigen Transport der Fänge mittels Lastenrädern aus den Fischereihäfen vorschwärmte, dachten die Beteiligten noch, dass gleich jemand von der versteckten Kamera ins Bild kommt und laut „Reingefallen“ ruft.
Der kam aber nicht und die erstaunten Fischer fragten dann mal ganz freundlich, wie der Minister denn die Einhaltung der Kühlkette zu regeln gedenkt. Da wurde es plötzlich ganz still.
Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auf Innovationen und Technologie angewiesen. Wenn diese, wie bei den Grünen häufig geschehen, verhindert oder bekämpft werden, dann ist da nicht mehr viel, mit dem man punkten kann.
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Erneuerbare Energien beginnen sich zu kannibalisieren
Von Albrecht Pfaud
Als mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 erstmalig eine Abnahmeverpflichtung der Netzbetreiber für den Strom aus erneuerbaren Energien eingeführt wurde, konnten auch die meist kleinen Erzeuger den Strom vermarkten, denen vorher der Zugang zu den öffentlichen Netzen praktisch verwehrt war. Außerdem wurden feste Vergütungen festgelegt.
Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) vom 29.3.2000 ersetzte das Stromeinspeisungsgesetz und erhöhte die Vergütungssätze. Begründung für die gesetzlich garantierten Zahlungen war, dass zur Entwicklung und Verbreitung der Anlagen eine Anschubfinanzierung erforderlich sei, weil die Kosten zu Beginn nicht am freien Markt durchgesetzt werden könnten. Das EEG ist neun Mal novelliert worden, letztmalig 2023, die garantierte Vergütung ist aber geblieben, auch wenn sie künftig nach einem Bieterverfahren ermittelt wird. Man hatte uns doch gesagt, dass die Produzenten mit den Erlösen am Strommarkt die Anlagen künftig wirtschaftlich betreiben könnten.
Welche Einnahmen können sie aber erwarten, wenn sie den Strom heute zu Börsenpreisen verkaufen müssten? Das Ergebnis ist, dass die Einnahmen paradoxerweise gerade aufgrund des scheinbaren Erfolgs der volatilen Erneuerbaren Energien gegen null tendieren würden, der „Kannibalismus-Effekt“.
Um das zu verstehen, muss man sich mit den Besonderheiten des EEG vertraut machen. Der wichtigste Grundsatz ist das sogenannte „Abnahmeprivileg“ (§11 EEG). Es bestimmt nämlich, dass der Strom aus erneuerbaren Energien mit wenigen Ausnahmen immer abgenommen werden muss, egal ob er gerade gebraucht wird oder nicht. Wird weniger Strom aus Wind und Sonne erzeugt, als der Verbrauch müssen die konventionellen Kraftwerke die Lücke schließen, die sogenannte „Residuallast“
Deren Preis wird an der Strombörse bestimmt. Bei einer Dunkelflaute muss der gesamte Verbrauch durch konventionelle Kraftwerke gedeckt werden. Entsprechend sind wegen des sogenannten „Merit Order“-Prinzips die Vergütungen hoch, weil immer das teuerste Kraftwerk, das gerade noch gebraucht wird, um den Bedarf vollständig zu decken, den Preis bestimmt. Ist der Anteil der erneuerbaren Energien hoch, ist die Residuallast klein und die Preise müssen fallen. Dann fahren die konventionellen Kraftwerke die Stromerzeugung so weit wie nur möglich zurück.
Im Diagramm ist nun die durch konventionelle Kraftwerke bereitgestellte „Residuallast“ (braune gefüllte Kurve) dargestellt, also Last minus alle Erneuerbaren Energien. Sie ist niedrig an windigen und sonnenreichen Tagen und umgekehrt immer dann hoch, wenn Wind und Sonne ausfallen und die konventionellen Kraftwerke mit der vollen Kraftwerksleistung einspringen. Die schwarze durchgezogene Linie steht für den Börsenpreis. Es ist evident, dass dieser dem Auf- und Ab der Residuallast im gleichen Rhythmus folgt. Wenn viel Erneuerbare Energie anfällt und die Kraftwerke auf Minimallast weiterlaufen, wird mehr produziert als verbraucht werden kann. Dann muss das Zuviel in die Netze der Nachbarn exportiert werden. Wenn der exportierte Strom dort aber nicht benötigt wird, verlangen sie Gebühren in Form negativer Preise. Dies war im April viermal der Fall.
Der Export erreichte am Samstag 27.04. mit etwa 12GW sein Maximum (rote Kurve im negativen Bereich). Das dauernde Hin und Her hat also gravierende Auswirkungen auf den Börsen-Strompreis.
Negative Preise bedeuten ein gutes Geschäft insbesondere für Länder mit Pumpspeicherkraftwerken. (z.b. Silvretta, Kaprun), Sie werden dafür von den Netzbetreibern bezahlt, dass sie den überschüssigen Flatterstrom abnehmen und Wasser in ihre Talsperren in den Alpen hochpumpen. Zu Hochpreis-Zeiten wird das Wasser rückverstromt und an Deutschland zurückverkauft.
Aber warum produzieren die konventionellen noch Strom, wenn durch die erneuerbaren der Bedarf ganz oder größtenteils gedeckt werden kann?
Dafür gibt es mehrere Gründe, aber der hauptsächliche ist, dass zur Aufrechterhaltung eines stabilen Stromnetzes konventionelle Kraftwerke die Netzfrequenz von 50 Hertz garantieren müssen. Sinkt die Netzfrequenz, bedeutet das, dass der Bedarf höher ist als die augenblickliche Erzeugung, sie erhöhen dann die Leistung. Bei Zunahme der Frequenz drosseln sie diese. Dies ist im Wesentlichen die wichtige „Systemdienstleistung“. Photovoltaik und Strom aus Wind können dies nicht, sondern ihr Strom wird vor Abgabe ins Netz auf 50 Hz synchronisiert. Sie sind aus demselben Grund bei einem Black Out auch nicht mehr für den „Schwarzstart“ geeignet. Das heißt, erst wenn die konventionellen Kraftwerke das Netz stabilisiert haben, können sie den „Flatterstrom“ wieder synchronisiert einspeisen.
Die „Systemdienstleistung“, auch bei nicht auskömmlichen Erlösen weiterhin Strom zu erzeugen generiert natürlich Kosten, die sich die Netzbetreiber vom Kunden via Netzentgelt erstatten lassen. Ohne die Erneuerbaren waren diese durch die Erzeugung von Strom aus Großkraftwerken automatisch gegeben, weil sie alle regelbar sind und geregelt werden.
Je mehr Flatterstrom ins Stromnetz eingespeist wird, umso mehr macht sich also der „Kannibalismus-Effekt“ bemerkbar. Das bedeutet, dass die Erlöse für diesen Strom (Menge mal Preis) gegen null tendieren. Umgekehrt nützt es trivialerweise wenig, wenn der Strompreis hoch ist, die Produktion aber nahe null liegt. Also:
Viel Flatterstrom, Preis niedrig, also keine Einnahmen
Strompreis hoch, aber Produktion der Erneuerbare Energien nahe null, also ebenfalls leine Einnahmen
Bei einer Abkehr von der Subventionswirtschaft hin zu Marktbedingungen würden die Produzenten des Flatterstroms wegen mangelnder Einnahmen alsbald vom Markt verschwinden. Der gesetzlich garantierte Anspruch auf die Vergütung wird uns also für die 20 Jahre der Vertragsdauer treue Subventionsempfänger erhalten. Polemisch formuliert:
Das EEG garantiert nicht in erster Linie die Produktion von Ökostrom, sondern vor allem staatlich garantierte Dividende.
In den Genuss staatlich garantierter Zahlungen kommen übrigens auch ausländische Investoren (§5 Abs 2 bis 6 EEG2023), es dient ja dem Klima, wenn deutsche Verbraucher ausländischen Unternehmern finanziell unter die Arme greifen.