Highway to (Climate) Hell…

Highway to (Climate) hell…
… und wie sich Stimmen in der Wissenschaft mehren, die hier Einhalt gebieten wollen.

Wohl jeder kennt den legendären Song von AC/DC aus dem Jahre 1979 und wir alle werden auch täglich förmlich bombardiert (und abgestumpft) mit Botschaften über „Klimahöllenfahrten“ in die Zukunft. Der Generalsekretär der UNO sagte: „Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle!“ Und weiter:

“Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und sind dabei zu verlieren“.

Wie kommt er darauf? Als Beispiel für die „Grundlage“ solche Fantasien sei hier ein Wissenschaftler erwähnt, Stefan Rahmstorf, mit einer Schrift aus dem Jahre 2022. Er schreibt in der Zusammenfassung zu einer 3 Grad wärmeren Welt:

„Doch ziemlich sicher wäre diese Erde voller Schrecken für die Menschen, die sie erleben müssten. Wetterchaos mit tödlichen Hitzewellen, verheerenden Monsterstürmen und anhaltenden verbreiteten Dürren, die weltweite Hungerkrisen auslösen könnten. Steigende Meeresspiegel, die unsere Küsten verwüsten. Umkippende Ökosysteme, verheerendes Artensterben, brennende und verdorrende Wälder, versauerte Ozeane. Failed States, riesige Menschenzahlen auf der Flucht.“

Er gibt zu, dass das dystopisch klingt und fährt fort mit dem Brustton der Überzeugung:

„Aber es ist wahrscheinlich.“

Wie wahrscheinlich? Und wie wahrscheinlich sind 3°C globale Erwärmung? Und wie wahrscheinlich die Auswirkungen? Keine Angabe von ihm dazu und daher die Frage: Ist die Angstmache berechtigt? Solche Äußerungen von Wissenschaftlern (Rahmstorf ist zwar recht extrem drauf, aber nicht allein. Der Guardian zitiert: “I expect a semi-dystopian future with substantial pain and suffering for the people of the global south”) sind es, die nach wie vor die „große Politik“ und viele Medien beeinflussen, und die wiederum große Teile der Öffentlichkeit.

Dagegen haben andere Wissenschaftler zunehmend etwas. Der Direktor des renommierten Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M) in Hamburg Jochem Marotzke ließ sich von „Bild“ interviewen. Klare Botschaft schon in der Überschrift:

„Klimawandel führt nicht zur Hölle auf Erden“.

Er beginnt mit der sich verbreitenden Angst vor dem In-die Welt-setzen von Kindern, weil die dann die „Klimahölle“ erleben müssten. Er führt aus:

„Ich würde keinem Menschen sagen, er soll oder sollte keine Kinder bekommen. Aber wenn jemand meint: , Ich will wegen des Klimawandels keine Kinder‘, würde ich antworten: Tun Sie sich das nicht an.‘ Ja, die Welt wird risikoreicher. Aber das Leben wird durch so viele andere Sachen bestimmt. Wer Kinder haben möchte, sollte sich vom Klimawandel nicht davon abbringen lassen. Wir bewegen uns nicht in eine Hölle auf Erden. Wir können uns auf die Risiken einstellen, sind nicht machtlos ausgeliefert, uns droht nicht der Weltuntergang. Apokalyptischen Visionen sind maßlos übertrieben.“

Welch Kontrast zu der Epistel von Rahmstorf! Während der das Klima in den absoluten Vordergrund aller Sorgen rückt, warnt Marotzke vor „Klimadeterminismus“, der angeblich totalen Abhängigkeit der Zukunft vom Klima. Er führt aus: „Der Blick in die Zukunft ist nicht nur düster“.

Nicht nur national finden sich Apelle zur Mäßigung in der Darstellung von Klimafolgen. In einem sehr aktuellen Artikel warnt Ulf Büntgen von der Universität Cambridge vor „Aktivismus unter Forschern“ und “sich als Forscher ausgebende Aktivisten” in „Nature Climate Action“:

“I am concerned by climate scientists becoming climate activists, because scholars should not have a priori interests in the outcome of their studies. Likewise, I am worried about activists who pretend to be scientists, as this can be a misleading form of instrumentalization. “

Die Vermischung von Forschung und Aktivismus ist ein leider noch verbreitetes Symptom in der Klimaforschung. Dem Gehen viele Medien auf den Leim und helfen so, die Öffentlichkeit zu ängstigen. Wollen wir hoffen, dass verantwortungsvolle Stimmen auch aus der Wissenschaft zunehmend mehr Gehör finden.

Ein Beispiel, wie es auch gehen kann, zeigt der Podcast Lage der Nation. Man sollte wissen, dass die beiden Gastgeber eher dem linken politischem Spektrum angehören, und dennoch ist das Interview, dass sie mit Jochem Marotzke führen, erstaunlich sachlich und ausgeglichen. Das schwingt zwar ab und zu ein “Aber Stefan Rahmstorf hat doch gesagt” mit – ohne ihn zu erwähnen- aber insgesamt ist es doch ausgewogen und wenig aufgeregt.

Wie Aufregung funktioniert, erklärt Marotzke beim Grönlandeis. Als die damalige Kanzlerin Merkel einem kalbenden Gletscher bei Grönland sah und völlig konsterniert war wegen des Klimawandels, fehlte jemand wie er, der ihr erklärt hätte, dass es ein völlig normaler Vorgang ist. Schnee fällt im Inland von Grönland, Gletscher bilden sich und werden höher und schließlich drücken sie ans Meer der Physik folgend. Der Rückgang der Gletscher in den Alpen sei laut Marotzke ein viel brauchbareres Signal für Klimawandel, auch weil davon viele Quellflüsse betroffen sind.

Marotzke führt aus, dass ein Abschmelzen des grönländischen Inlandeises einen Anstieg des weltweiten Meeresspiegels um 7 Meter zur Folge hätte, ergänzt dann aber um den Faktor Zeit, in dem dieses stattfinden könnte: Einige Hundert, möglicherweise Tausend Jahre. Auch beim Thema Kohlenstoffabscheidung ist die Haltung von Marotzke klar. Er geht davon aus, dass wir Technik einsetzen werden und müssen. Er ist da offenbar weiter als die Grünen, die diese Technik, in der Deutschland einst führend war, erfolgreich verhindert haben.

Kurzum, die Stunde mit dem Interview geht schnell vorbei, die Fragesteller haben sich offenbar vorbereitet und verfallen nicht in Doomismus. Marotzke ist sich auch nicht zu schade, immer wieder zu betonen, dass die Wissenschaft in einige Fällen noch viel zu wenig weiß und es Unsicherheiten gibt. Das ist Wissenschaft im besten Sinne: Je mehr jemand über ein Gebiet weiß, desto mehr sind ihm auch die Unsicherheiten des aktuellen Wissens bewusst. Es fehlt dann allerdings die Innbrunst der Überzeugung. Oder umgekehrt: Wo die ist, ist weniger Wissenschaft.  

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