Achterbahnfahrt

Kaum ein Tag, an dem es keine neuen Informationen zu den AKW Files gibt. Es geht auf und ab wie auf einer Kirmesfahrt. Nun hat sich ein ehemaliges Aufsichtsratsmitglied von Eon, Karl-Ludwig Kley, gemeldet. Er sieht das komplette Gegenteil zu den Aussagen von Robert Habeck. Fast sieht das ganze wie ein Henne/Ei Spiel aus. Der Wirtschaftsminister sagt, ein Weiterbetrieb wäre aus technischen Gründen nicht möglich gewesen, die Betreiber sagen, dass der politische Wille gefehlt habe. Er nennt die Äußerungen von Habeck Unsinn. ntv:

“Karl-Ludwig Kley: Was der “Cicero” da herausgefunden hat, überrascht mich nicht. Es entsprach und entspricht voll und ganz meiner Wahrnehmung.

Worauf beruht denn Ihre Wahrnehmung?

Aus meinen Beobachtungen im Jahr 2022. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Mit Datum vom 7. März 2022 veröffentlichten Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium einen sogenannten Prüfvermerk, auf dessen Basis sie eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke nicht empfehlen könnten. Zusammengefasst steht da drin, dass erstens deren 4,4 Gigawatt Kraftwerksleistung keinen relevanten Beitrag zur Energieversorgung leisten würden. Und zweitens, dass aufgrund der regulatorischen und technischen Hindernisse die Laufzeitverlängerung gar nicht möglich sei. Mit Verlaub, beides ist Unsinn.

Wieso?

4,4 Gigawatt sind eine außerordentlich relevante Menge. Damit hätten zum Beispiel die CO2-Emissionen der Kohlekraftwerke um mindestens 15 Millionen Tonnen verringert werden können. Und die Stromkosten wären auch niedriger ausgefallen. Kernkraftwerke produzierten Strom für knapp unter zwei Cent pro Kilowattstunde (kWh), Gaskraftwerke mit gewissen Schwankungen für ungefähr das Zehnfache. Wenn das nicht relevant ist, weiß ich auch nicht weiter.”

Auch PreussenElektra wird tätig und stellt seinen Mitarbeitern gegenüber klar, dass die Darstellung des Wirtschaftsministeriums nicht richtig bzw. extrem verkürzt ist. Focus:

“PreussenElektras klares Fazit: „Unser Angebot, den Weiterbetrieb von KKI2 (Kernkraftwerk Isar 2, Anm. d. Red.) zu prüfen und umzusetzen, stand. Es fehlte jedoch am notwendigen politischen Willen dazu, was auch durch die prompte Veröffentlichung des ministeriellen Prüfvermerks belegt ist.“

Habeck-Ministerium: Sprecherin bleibt bei Darstellung

Auch Eon, die Konzernmutter von PreussenElektra, bestätigt die Aussage zum AKW Isar 2. „Wir haben in der gesamten Debatte klargemacht, dass wir einen Weiterbetrieb des Kraftwerks technisch und logistisch ermöglichen könnten, sofern die Bundesregierung dies wünscht“, lässt der Energiekonzern gegenüber „Bild“ verlauten.

Eine Sprecherin von Habecks Ministerium bleibt auf Nachfrage allerdings bei der ursprünglichen Aussage. „Ende Februar/Anfang März 2022 lautete die Aussage von EnBW, Eon und RWE, dass ein Streckbetrieb keine zusätzlichen Strommengen bringen würde.“ Die Atomkraftwerke hätten demnach entweder die Stromerzeugung 2022 reduzieren oder die Anlagen abgeschaltet werden müssen, um im Winter 2022/23 zur Verfügung zu stehen.”

Wer sagt hier möglicherweise nicht die Wahrheit? Und was wird noch ans Licht kommen? In jedem Fall widersprechen die Unternehmen auch Äußerungen wie Bruno Burger vom Fraunhofer ISE. Der ist zwar ohnehin kein Experte für Kernenergie, wurde aber als Kronzeuge in den Zeugenstand gerufen. Wir berichteten.

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Eine neue Wissenschaft ist erfunden worden: Die Kollapsologie. Vielleicht kein Wunder, wenn tagtäglich neue Tippingpoints oder Erdüberlastungstage beschrieben werden. SZ:

Auch die Anhänger in Deutschland prognostizieren, dass sich menschliche Lebensgrundlagen durch ökologische Krisen weltweit dramatisch verschlechtern werden. Er gehe von viel Leid und vielen Toten aus, betont der Gründer des „Klima-Kollaps Cafés“, Norbert Prinz. „Der Zivilisationskollaps ist das wahrscheinlichste Szenario. Es gibt doch keinen Hinweis darauf, dass wir wirklich irgendwas ändern“.

Das Online-Café soll Gleichgesinnten einen Raum zum Austausch bieten. Die Teilnehmenden sprechen über ihre Gefühle, mögliche Vorbereitung auf den Kollaps und das Leben danach. Dass die Menschheit gänzlich ausstirbt, glauben die Anhänger nicht. Nach ihrer Vorstellung führen zusammengebrochene Lieferketten, Öko- und Wirtschaftssysteme dazu, dass sich die restlichen Überlebenden in Kleingruppen durchschlagen müssen.

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Die Rettung der deutschen Solar-Industrie scheint nicht der große Renner zu sein. Der Grüne EU-Abgeordnete Bloss hat eine Petition gestartet. 12.800 Stimmen wollte er erreichen, 5.417 hat er bis zum 06.05.2024 erreicht.

“Wir müssen den Tod der europäischen Solarindustrie verhindern! Während letztes Jahr über eine Millionen neue Solarmodule in Deutschland installiert wurden, stecken die Produzenten der Solaranlagen in ganz Europa in einer tiefen Krise! Immer mehr Firmen wollen schließen oder ins Ausland abwandern.

Wir müssen jetzt die Solarindustrie schützen, denn: Ohne die europäische Solarindustrie wird es keine Solarrevolution mit grüner Energie und guten Jobs geben. China setzt die EU unter Druck und exportiert billige Solarmodule. Wir sind hier noch abhängiger als vom russischen Gas. Das geht nur, weil China seine Solarindustrie massiv fördert. Wenn wir jetzt keine eigene Unterstützung für die Solarindustrie starten, bleiben wir abhängig von China und schaffen unsere selbstgesteckten Ziele gegen die Klimakrise nicht.”

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In Brandenburg findet demnächst Kommunalwahlen statt. Auch Windkraftanlagen spielen dabei eine Rolle. Tagesschau:

“Herntier will, dass Spremberg auch ohne Kohle ein “Energiestandort” bleibt. Doch dabei ist sie jetzt aus Sicht ihrer Kritiker zu weit gegangen. Anfang Dezember beschloss die Stadtverordnetenversammlung (SVV) auf Anstoß der Bürgermeisterin eine Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt – und machte damit den Weg frei für den Bau von Windrädern im Spremberger Stadtwald.

Das Naherholungsgebiet gilt laut einem Umweltgutachten als ökologisch nicht bedeutsamer Wald. Seit 2009 stehen dort bereits 17 Windräder. Die kommunalen Stadtwerke wollen gemeinsam mit zwei Brandenburger Energieunternehmen 13 weitere Anlagen neuesten Typs aufstellen. “Das Konfliktpotenzial ist groß”, sagt Herntier, aber die Stadt würde auf vielfältige Weise finanziell profitieren. Und der Ort sei der einzige, von wo aus eine Direktleitung in den Industriepark und damit zum Referenzkraftwerk gelegt werden könnte. In der SVV gab es dafür eine große Mehrheit. Doch die Entscheidung ist in der Stadt umstritten: Bei einer Unterschriftensammlung waren über 4.100 Unterschriften für eine größere Bürgerbeteiligung zusammengekommen. Der Streit könnte die Wahl des Stadtparlaments am 9. Juni beeinflussen.”

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Judith Curry hielt einen Vortrag bei der GWPF:

2024 Annual GWPF Lecture – Judith Curry – Climate Uncertainty and Risk

Die Vortragsfolien (pdf) sind hier.

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