Das Magazin Cicero hatte auf Herausgabe von Akten zum endgültigen Atomausstieg geklagt, die das Wirtschaftsministerium zurückhielt. Es bekam vor Gericht Recht. Die Akten wurden mittlerweile herausgegeben und Cicero hat einen spannenden Artikel dazu gemacht, der eine Bezahlschranke hat.
“Jürgen Trittin feierte den 15. April 2023 vor dem Brandenburger Tor. Es war der Triumph seines Lebens. Für die Kameras posierte er vor einem gelben Dinosaurier, der mit nach oben gestreckten Beinen auf dem Pariser Platz lag. Auf dessen Bauch kniete ein rotes Männchen mit der strahlenden „Atomkraft? Nein Danke“-Sonne als Gesicht. In der einen Hand ein Schwert, in der anderen das altbekannte Emblem als Schild. Trittin, der Drachentöter, lächelte zufrieden und etwas müde. Es war der Tag, an dem die letzten deutschen Kernkraftwerke abgeschaltet wurden. Der mehr als ein halbes Jahrhundert währende politische Kampf gegen den „Atomstaat“ schien endlich gewonnen.”
Focus nimmt das Thema ebenfalls auf und bezieht sich in einem Artikel auf die Recherche von Cicero. Hätte Minister Habeck seinen Staatssekretär Graichen nicht wegen der Trauzeugen- Affäre bereits entlassen, er hätte es spätestens hier machen müssen.
“Die von ihm lange zurückgehaltenen Dokumente erhärten den Verdacht, dass Deutschlands endgültiger Ausstieg aus der Atomkraft weniger auf den Einschätzungen von Fachleuten beruht, sondern das Produkt radikaler grüner Ideologen ist, die ihren Anti-Atom-Kurs auf Teufel komm raus durchgezogen und dabei Andersdenkende ausgebremst haben. “
Ob Habeck selbst involviert war, ist unklar. Offenbar wurde er von seinen eigenen Mitarbeitern bewusst getäuscht oder man wollte ihn schützen für den Fall, dass diese Sache irgendwann ans Licht kommt.
“Im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sei „getrickst und getäuscht“ worden, um die Bürger, aber auch Ressortchef Habeck selbst, „hinters Licht zu führen“, so das Magazin. Der Fall sei für die regierende Ampelkoalition ein „Skandal erster Güte“ und beschleunige den Vertrauensverlust der Menschen in die Politik.”
Zwei Staatssekretäre taten sich besonders hervor bei dem Coup.
“Eine Schlüsselrolle in dem Geflecht spielten „Cicero“ zufolge Habecks damaliger Staatssekretär Patrick Graichen (der später wegen der Trauzeugenaffäre seinen Hut nehmen musste) und Stefan Tidow, Staatssekretär im von Steffi Lemke (Grüne) geführten Umweltministerium. Graichen war für Energiepolitik zuständig, Tidow untersteht die Atomaufsicht. Beide sind – logischerweise – bei den Grünen. „Sie tauschten sich ständig aus, sprachen – den E-Mails zufolge – mehr miteinander ab als mit ihren Ministern. Und sie waren sich von vornherein einig: Ein Abrücken vom Atomausstieg darf es nicht geben. Fachliche Argumente, die dafürsprechen, sollten gar nicht erst bekannt werden. Nicht einmal dem eigenen Minister.“”
Wird die Berichterstattung Konsequenzen haben? Vermutlich nicht, das Thema Kernenergie ist in Deutschland durch. Ein Lehrbeispiel, wie Ideologie über Technologie siegt. Den CO2-Emissionen hat der Switch von Kernenergie auf fossile Brennstoffe für die Zeit in der Sonne und Wind nicht liefern, herzlich wenig gebracht. An anderer Stelle hat die Bundesrepublik nicht so große Hemmungen. Der Bund ist zu 99,12% an dem Unternehmen Uniper beteiligt. Das betreibt Kernkraftwerke in Schweden. Dort gibt es Überlegungen die Laufzeit zu verlängern. Aus einer Meldung der Firmenwebseite (übersetzt):
„Ein Kernkraftwerk ist eine fortschrittliche technische Anlage. Teile verschleißen und die technologische Entwicklung schreitet voran, gleichzeitig stellt die Gesellschaft neue und teilweise andere Anforderungen an die Anlage. Unser Ziel war es, die technische Lebensdauer von ursprünglich 40 auf 60 Jahre zu verlängern. Deshalb haben wir in den vergangenen fünfzehn Jahren mehrere wichtige Maßnahmen umgesetzt“, sagt Johan Lundberg.
Die Entwicklung erinnert an das klassische philosophische Paradoxon des Schiffes des Theseus – am einfachsten formuliert als die Frage, ob es immer noch dasselbe Schiff ist, wenn alle seine Teile ausgetauscht wurden. Nun sind noch nicht alle Teile von Block O3 ausgetauscht – der Reaktorbehälter oder der Kessel selbst im Herzen der Anlage ist ein solches Teil, das nicht ersetzt werden kann, es sei denn, es wird mehr oder weniger eine komplett neue Anlage gebaut. Der Reaktorbehälter ist so hochwertig, dass er problemlos die doppelte Lebensdauer des ursprünglichen Betriebszustands übersteht.
Der nächste Schritt ist daher, 80 Jahre Betriebszeit in den Blick zu nehmen. Dann müssen Sie sich alle Faktoren, die in den bisherigen Entscheidungen zur Betriebszeitverlängerung berücksichtigt wurden, noch einmal ansehen. Jedes Kernkraftwerk wird aufgefordert, seine eigenen eingehenden Studien und Berichte durchzuführen, die dann vom SSM geprüft werden.
„Es wird viel Arbeit erfordern, aber ich glaube, dass eine Verlängerung der Betriebszeit von Block O3 auf 80 Jahre durchaus möglich ist“, sagt Johan Lundberg.”
Letztlich haben hier zwei Ministerien in Deutschland gegen die Empfehlungen des IPCC AR6, Arbeitsgruppe III gehandelt
Die Wissenschaftler fordern dort neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien auch den Ausbau der Kernenergie.
Den Wissenschaftlern ist nämlich klar, dass es um CO2-Emissionen geht und nicht um grüne Mantras. Der ganze Plot ist also höchst unwissenschaftlich, es sei denn im Deutschland pfeift man auf das IPCC.
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Die Tagesschau kippt Europa von der Spitze der Liste der Kontinente, die am meisten durch den Klimawandel Schaden nehmen werden und ersetzt es mit Asien. Zitiert wird in dem Artikel Friederike Otto.
“Generell lösen Extremwetter in Asien so viele Katastrophen aus, wie sonst nirgends auf der Welt, so die Weltorganisation für Meteorologie (WMO). „Viele Länder der Region erlebten 2023 ihr heißestes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, zusammen mit einer Serie extremer Bedingungen, von Dürren und Hitzewellen bis hin zu Überschwemmungen und Stürmen“, sagte Celeste Saulo, die Generalsekretärin der WMO. Der Klimawandel habe diese Ereignisse verstärkt.
Extreme Wetterereignisse treten in Asien nicht nur öfter auf, sie treffen die Menschen meist auch härter, sagt die Klimawissenschaftlerin Friederike Otto. Viele Menschen dort seien arm, dadurch „können sie sich weniger Versicherungen leisten, können schlechter Schutz vor dem Wetter suchen, haben eine schlechtere Gesundheitsversorgung und haben Schwierigkeiten Zerstörtes wieder aufzubauen“. Otto forscht am Imperial College in London.”
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Viele Räder stehen still, weil das Netz es so will. Der NDR über das Abregeln von Windkraftanlagen auf Hoher See.
“Wenn Windanlagen bei einer frischen Brise an Land nicht laufen, dann fällt das auf. Auf See, Dutzende Kilometer vor der Küste, bekommt es kaum jemand mit. Genau das passiert verstärkt seit dem vergangenen Jahr. Nach einer neuen Statistik der Bundesnetzagentur, die dem NDR vorliegt, haben sich die Abregelungen von Offshore-Windanlagen, die mit dem Stromnetz in Schleswig-Holstein verknüpft sind, 2023 verdreifacht. Inzwischen wird ein Drittel der möglichen Offshore-Stromproduktion aus Schleswig-Holstein nicht genutzt. Die Vervielfachung betrifft fast ausschließlich die Kabelstränge, die im Kreis Dithmarschen von den Windparks auf der Nordsee an Land gelangen. Bundesweit werden derzeit (Stand: 25. April 2024) etwa sechs Prozent der Windenergie mit nur leicht steigender Tendenz gedrosselt.”
Das Problem dürfte mit dem Ausbau sogar zunehmen, weil der Leitungsbau nicht Schritt hält. Der Flaschenhals wird also bleiben. Die Stromkunden kostet dieses Abschalten jetzt schon 0,6 Cent pro kWh.
“In der Summe bewegen sich die Abschaltungen auf Land und See in Schleswig-Holstein wieder auf dem Niveau von 2015 bis 2020. Zwar erwartet Staatssekretär Joschka Knuth im schleswig-holsteinischen Energiewendeministerium, dass mit der verspäteten Inbetriebnahme des Suedlink-Kabels 2028 die Engpässe vorerst beseitigt sein werden. Doch danach geht der Offshore-Ausbau erst richtig in die Vollen. Bis 2040 stehen nach dem Netzentwicklungsplan 17 Gigawatt Offshore-Leistung, die bei Starkwind in SH ankommen soll, nur 14 Gigawatt für den Abtransport per Gleichstrom nach Süddeutschland gegenüber. Auch das Wechselstromnetz wird verstärkt, das weitere Energie verteilen kann.”
Die Logik, erst die Erzeuger und dann die Infrastruktur zu bauen, erschließt sich nach wie vor nicht. Wer sich erst die Schuhe anzieht und dann die Hose wird immer ein Problem haben.