Beim Jetstream setzt die Logik aus

In unserem Beitrag vom 2.11.23 über neuere Erkenntnisse zum Jetstream und dessen nicht eindeutige „Abschwächung“ hatten wir auch auf vorherige Thesen verwiesen. Es kam ein Eisspezialist zu Worte: 

„Unsere Studie zeigt, dass die Veränderungen im Jetstream zumindest teilweise vom Rückgang des arktischen Meereises verursacht werden. Sollte die Eisdecke weiter schrumpfen, gehen wir davon aus, dass die bislang beobachteten Extremwetterereignisse in den mittleren Breiten in ihrer Häufigkeit und Intensität zunehmen werden“, sagt Markus Rex, Leiter der Atmosphärenforschung des AWI.“  

Das äußerte er im Mai 2019. Alle diese Aussagen machen eine zutreffende Annahme: Luftbewegungen (also auch der Jetstream) „leben“ von Temperaturgegensätzen.  Werden diese geringer, so wird auch der Wind nachlassen. Daher ist es im ersten Schritt wichtig, sich die Entwicklung der Temperaturen da anzuschauen, wo dieses Starkwindband auch weht.  

Die Temperaturtrends (in K/Jahr) seit 1980 am Boden (untere Reihe) und in Höhe des Jetstream in etwa 10.000 m Höhe (obere Reihe) jeweils in den Wintermonaten (links) und den Sommermonaten (rechts). Daten: ERA5. Das Bild wurde mithilfe des KNMI Climate Explorer erzeugt. Wir erkennen, dass die stärkere Erwärmung der Arktis (manchmal auch „Arktische Verstärkung der Erwärmung“ genannt) vor allem eine Sache des Winters und der bodennahen Schichten der Atmosphäre ist (die hohen Trends in der Arktis im Bild links unten), im Sommer ist das kaum zu finden, wenn viel Eis verloren geht. Das führt zu weniger Winterstürmen am Boden auch hierzulande.  

In der Höhe des Jetstream sehen wir jedoch sehr uneinheitliche Trends, tendenziell erwärmen sich südliche Gefilde Richtung Äquator mehr als der hohe Norden. Man kann also nicht so einfach die Arktis und deren Erwärmung am Boden für eine Veränderung des Jetstream in 10.000 m Höhe verantwortlich machen, auch nicht in 2019, als diese Trends ebenso sichtbar waren. So nimmt es nicht Wunder, dass neuere Forschung eher eine Verstärkung des Jetstream findet, denn dessen „schwächeln“. Aus den Verhältnissen in den Sommermonaten ist auch zwingend abzuleiten, dass der voreiligen Zuschreibung der Ahrflut im Juli 2021 zu einem „schwächelnden Jetstream“ jede physikalische Begründung abging.  

Wann immer Sie als Leser mit solchen Überschriften neu konfrontiert, werden: legen Sie sich die Abbildung oben zurecht und schauen Sie, ob da eine Logik bei der entsprechenden Meldung dahinter ist. Vermutlich nicht.  

Teilen: