Offene Fragen beim neuen Kraftwerk Leipzig-Lippendorf

Die Stadtwerke Leipzig feierten kürzlich die Eröffnung eines neuen Kraftwerks. Das Besondere daran: Es kann auch mit Wasserstoff betrieben werden. Bis es so weit ist, dürfte es mit Erdgas betrieben werden, wenn auch mit sehr effizienten Turbinen. Der mdr berichtete: 

“Im Süden von Leipzig ist am Montag ein neues Heizkraftwerk eingeweiht worden. Wie die Stadtwerke mitteilten, kommen in der Anlage an der Bornaischen Straße zwei moderne, hocheffiziente Gasturbinen zum Einsatz. Diese Turbinen sollen das Erdgas besonders sauber verbrennen. 

Eines der weltweit modernsten Kraftwerke 

Die entstehenden Schadstoffemissionen seien so niedrig, dass die gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden, ohne dass zusätzliche Abgasreinigungstechnik benötigt würde. Spezielle Katalysatoren reduzierten die wesentlichen Emissionen von Stickstoffoxiden und Kohlenmonoxid zusätzlich auf ein Minimum, teilten die Betreiber mit. 

Betrieb nur bei Bedarf 

Das Heizkraftwerk laufe nur dann im vollen Betrieb, wenn es gebraucht werde, so das Unternehmen weiter. Also wenn Wind- und Sonnenenergie nicht ausreichen. In solchen sogenannten Dunkelflauten stellt das Kraftwerk Strom und gleichzeitig Wärme bereit. Die Anlage könne sehr schnell auf den Energiemarkt reagieren und die benötigten Mengen innerhalb weniger Minuten zur Verfügung stellen.” 

Ganz so einfach ist es dann aber wohl doch nicht, wie Manfred Haferburg auf Achgut ausführt. 

“Das Leipziger „Heizkraftwerk Süd“ verfügt über eine installierte Leistung von 125 Megawatt und ist damit eher in der unteren Leistungsklasse angesiedelt. Die größte Gasturbine, die Siemens gebaut hat, hat eine Leistung von 593 MW. Die Gasturbine des Kraftwerks Irsching 4 hat eine Leistung von 569 MW. Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass das Kraftwerk Irsching erst 2011 in Betrieb ging und vom Betreiber EON schon mehrfach zur Stilllegung angemeldet wurde, da es im Energiewende-Subventionsgestrüpp nicht wirtschaftlich betreibbar ist. Die Stilllegung wurde von der Bundesnetzagentur nicht gestattet, da das Kraftwerk nach der Stilllegung des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld als systemrelevant eingestuft wurde. Nun zahlt der Steuerzahler. 

Die Herstellung der Leipziger Gasturbine erfolgte durch Siemens Energy im Schwedischen Finspaeng. Der Brenner könnte mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden – wenn es denn in Leipzig Wasserstoff in der benötigten Menge gäbe. Gibt es aber nicht. Deshalb wird die Gasturbine mit schnödem Erdgas betrieben. Eine Anschlussleitung für den Wasserstoff soll 2026/27 kommen. Woher der benötigte Wasserstoff kommen soll? Eventuell aus Leuna, wo dann Erdgas zu „grauem“ Wasserstoff gecrackt werden soll. Wann und woher der benötigte „grüne“ Wasserstoff kommen soll, steht in den Sternen.” 

Sein Fazit fällt entsprechend ernüchternd aus, da wichtige Eckdaten fehlen oder bestimmte Voraussetzungen schlicht nicht gegeben sind. Dazu gehört die Versorgung mit Wasserstoff. 

“Da wird der geneigte Leser fragen: Wieso und von wem wurde denn in das Leipziger „Heizkraftwerk Süd“ investiert? Ausgangspunkt war die Ausrufung des Klimanotstandes in der Stadt Leipzig im Jahr 2019. Sie erinnern sich vielleicht – das war damals gerade Mode, bevor es in Vergessenheit geriet. Der Rat der Stadt Leipzig beschloss ein Maßnahmenpaket zur Klimaneutralität der Stadt. Die Stromversorgung der Stadt durch das Kohlekraftwerk Lippendorf sollte eingestellt werden. Woraufhin die Stadtwerke – im Eigentum der Stadt – den Bau des Gaskraftwerkes beschlossen. Und weil man so schön grün war, sollte es schon eine Wasserstoff-Gasturbine sein. Dafür können doch 188 Millionen Euro Steuergeld nicht zu schade sein. Wie sagt der Leipziger? „Mir hamms, mir gönns“. 

Das Kraftwerk Lippendorf wurde natürlich nicht abgeschaltet. Es ist gerade mal 22 Jahre jung, hat eine Leistung von 1.840 Megawatt und gehört zu den flexibelsten Kraftwerken Deutschlands, um den Zappelstrom der Erneuerbaren im Netz auszuregeln. Seine Abgaswerte entsprechen den modernsten Vorgaben, und es beliefert die Stadt Leipzig zuverlässig mit Strom und Fernwärme. Gemäß „Kohleverstromungsbeendigungsgesetz“ wird der Kraftwerksstandort bis Ende 2035 am Netz bleiben. 

Ob bis zum Jahre 2030 die Leipziger Wasserstoff-Ready-Gasturbine wirklich einmal mit grünem Wasserstoff betrieben wird, ist mehr als fraglich. Es ist sogar fraglich, ob sie 2030 überhaupt noch betrieben wird. Vielleicht gibt es ja bis dahin eine bescheidene Wasserstoff-Wirtschaft mit den Anfängen einer Infrastruktur. Doch der Aufbau einer umfassenden Wasserstoffenergienutzung wird mehrere Jahrzehnte dauern, und bis dahin wird es beim Energiemix bleiben, auch unter Einbeziehung importierter Kernenergie.” 

Was mag also am Ende den Verbraucher der Strom aus diesem Kraftwerk kosten, das ja offenbar nur auf Standby läuft und einspringen soll, wenn es nötig ist? Oder geht es am Ende gar nicht um Geld und Wirtschaftlichkeit, sondern um Symbole? 

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Energy-charts, betrieben vom Fraunhofer Institut ISE, zur Lage bei den Speichern. Wir bemühen jetzt keine bekannten Gesichter aus Funk und Fernsehen. Die Zahlen sprechen für sich. Grob gerechnet reichen die Kapazitäten nämlich für ca. 10 Minuten (Batterie) und 40 Minuten (Pumpspeicher) für den Fall, dass sie ganz Deutschland mit Strom versorgen müssten. Dieser Fall ist natürlich völlig hypothetisch, verdeutlicht aber dennoch, wo das Problem zukünftig liegen wird, wenn immer mehr gesicherte Leistung abgeschaltet wird. 

(Abbildung: Screenshot Energy.charts.info) 

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Nur noch kurze Zeit in der ARD-Mediathek: Ein Film über den Seeadler. Die Dokumentation berichtet auch über eine der großen Gefahren für die Tiere: Windkraftanlagen und wartet sogar mit Zahlen auf. Binnen eines Jahrzehnts hat ein Windpark in Norwegen 30 Seeadlern das Leben gekostet. Das ist im Angesicht der jährlichen Reproduktion dieser Tiere beachtlich. Die Dokumentation ist absolut sehenswert und kann nur empfohlen werden. 

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Server in Rechenzentren mögen kurzfristige Stromausfälle nicht. So einen Ausfall hat es nun im Rechenzentrumsverbund von Microsoft gegeben, wie Golem berichtet. 

“Die Auswirkungen des Problems zeigten sich demnach am 20. Oktober 2023 ab 07:31 Uhr (UTC). Infolge einer Instabilität des Stromnetzes in Form von Spannungsabfällen in einem von Microsofts Rechenzentren der physischen Availability Zone AZ-01 habe sich der Konzern entschieden, die Last auf die Notstromgeneratoren zu verlagern. Dabei sei es jedoch zu einem kritischen Ausfall in einem Teil des Stromverteilungssystems gekommen. 

„Infolge dieses Ausfalls war etwa ein Prozent unserer Server-Racks in dieser Availability Zone ohne Strom“, erklärte Microsoft weiter. Einen Großteil der Auswirkungen habe das Unternehmen bis 09:15 Uhr eindämmen können, die Wiederherstellung für „eine kleine Untergruppe von Speicherdiensten“ habe jedoch bis 17:10 Uhr angedauert.” 

Einmal mehr zeigt sich, wie wichtig eine unterbrechungsfreie Stromversorgung ist. 
An den Diensten von Microsoft hängen sehr viele Anwendungen, die bei Ausfall ebenfalls beeinträchtigt sind. 

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Der Nebelspalter erstrahlt in neuem Gewand. Das liberal-bürgerliche Online-Magazin aus der Schweiz kommt mit einer aufgehellten Webseite daher. Neu sind auch die Formate, mit denen das Team um Markus Somm die Mainstream-Medien herausfordert. Dazu gehört die Rubrik „Reichmuths Faktencheck“, in welcher der Wissenschaftsjournalist und Mathematiker Alex Reichmuth mehrmals pro Woche vermeintliche Wahrheiten hinterfragt. Reichmuth hat sich in den letzten Jahren einen Namen als Kritiker der Energiewende und der Klimapolitik gemacht. Weitergeführt wird das Format „Schlumpfs Grafik“, in welcher der Datenjournalist Martin Schlumpf jede Woche gängige Klischee-Vorstellungen in Sachen Klima und Energie entlarvt. Ein Test-Abo für nebelspalter.ch ist für einen Monat gratis zu haben. Unterstützen Sie die bürgerliche Alternative im Medienbetrieb und werden Sie Abonnent .

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Leserpost von Franz Neuhold zumThema Waldbrandgefahren.

Hallo,

Einst bin ich – biologisch gesteuert – mit dem PKW auf einem Waldparkplatz gefahren und habe sogleich im Gas geparkt. Und? Der heiße KAT brachte das sehr trockene hohe Gras zum Qualmen. Sofort fuhr ich einige Meter zurück auf den Steinchen-Weg und „löschte“ umgehend. Wäre ich weiter weg in die Büsche gegangen … Oder, weil die Gegend schön war: Waldspaziergang? So können ggf. Brände entstehen, unbeabsichtigt.    

MfG Franz Neuhold

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