Welchen Anteil hat die Natur an der Klimaerwärmung seit 1850?

Pressemitteilung der Beratungsstelle für Nachhaltige Entwicklung und Change Management:

Klimawandel: Allein die sprachliche Eskalierung in kurzer Zeit bestätigt eine unverhältnismäßige Panikmache!

Beratungsstelle für Nachhaltige Entwicklung mahnt die Rückkehr zu maßvoller Debatte über die Erderwärmung an

Nicht zuletzt die Proteste der „Letzten Generation“ und von „Fridays for Future“ haben jüngst zu einer massiven Verunsicherung über die Folgen des Klimawandels in Deutschland geführt. Viele Menschen teilen die Sorgen vor allem jüngerer Erwachsener zwar in der Sache. Aber sie lehnen eine übertriebene Zuspitzung der Situation und der Furcht vor der Zukunft ab. Gerade, weil sich auch die gesellschaftliche Atmosphäre in den vergangenen Monaten aufgeladen hat und die überhasteten Maßnahmen der Ampel-Koalition auf viel Unverständnis bei einem Großteil der Bürger gestoßen sind, warnt die Beratungsstelle für Nachhaltige Entwicklung und Change Management vor einer Polarisierung in der Bevölkerung – und mahnt daher an, bei aller Notwendigkeit zu Veränderungen Maß und Mitte nicht zu verlieren. Wie der Leiter des Angebotes, Dennis Riehle (Konstanz), in einer Aussendung mitteilt, nehme die Gefahr deutlich zu, dass die Akzeptanz für klimapolitische Weichenstellungen durch die beständige Aufruhr sinke und die Bereitschaft vieler Menschen zur Mitwirkung nachlasse: „Wir haben zuletzt innerhalb von wenigen Wochen eine erhebliche ideologische Eskalierung mit Blick auf das Thema ‚Klimawandel‘ erlebt. Nahezu jedes Naturereignis wird mittlerweile als unmittelbare Folge der Erderwärmung gesehen und dabei oftmals völlig aus den Augen gelassen, dass es solche Katastrophen in der Geschichte des Planeten schon immer gab. Zweifelsohne haben die Ereignisse in den letzten Jahren an Frequenz und Intensität zugenommen und scheinen bei näherer Betrachtung auch breitflächiger aufzutreten“, erklärt Riehle.

„Allerdings rechtfertigt diese Entwicklung keine derartige Zuspitzung, Panikmache und Dramatisierung, wie sie derzeit durch viele Aktivisten und Regierung geschürt wird. Lange Zeit war vom Klimawandel die Rede, dann steigerte sich die Wortwahl zunächst auf Klimakrise, danach auf Klimakatastrophe, Klimakollaps und zuletzt Klimahölle. Allein daran wird deutlich sichtbar, dass eine rationale und differenzierte Betrachtung der perspektivischen Wetterveränderung kaum noch möglich ist. Es wird als wissenschaftlicher Konsens dargestellt, dass der Anstieg der Temperaturen ausschließlich anthropogenen Ursprungs ist“, beklagt der Berater vom Bodensee.

„Über das Ausmaß der menschlichen Beteiligung am Klimawandel wird kaum noch ernsthaft gestritten – oder gar kritisch hinterfragt, inwieweit auch natürliche Effekte eine Rolle spielen. Die Betrachtung der Forscher fokussiert sich meist ausschließlich auf das industrielle Zeitalter und dominierend induktive Schlussfolgerungen. Durch diese bloße und auf Konsistenz kaum untersuchte Aneinanderreihung von Einzelbeobachtungen wird ein Trend abgeleitet, dessen Fortschreibung mithilfe von Computersimulationen erfolgt, welche die vielen Eventualitäten, wie das Klima schon seit Jahrmillionen beeinflussen, mehr oder weniger unbewusst außen vor lässt. Für mich ist es zwar unbestritten, wonach die Zivilisation mit ihrem die Ressourcen der Erde schuldhaft ausbeutenden Vorantreiben von wirtschaftlicher Entwicklung, Prosperität und Profiten in einer erheblichen Verantwortung steht“, sagt der 38-Jährige mit Blick auf unser aller Pflicht.

„Dennoch gibt es für mich keinen Anlass zu einer übertriebenen, generalisierten und destruktiven Zukunftssorge, welche ja in besonderem Maße in Deutschland betrieben wird – obwohl doch recht klar ist, dass wir alleine unsere Welt nicht retten können und werden. Immerhin müssen wir das auch nicht. Denn es gibt Gründe genug, zu vermuten, dass die seit einiger Zeit vorhergesagten Kipppunkte ausschließlich den Zweck verfolgen, moralisierenden und manipulierenden Einfluss auf die Menschheit zu nehmen, um sie in eine gewisse politische und weltanschauliche Richtung zu lenken. Ohne Zweifel müssen wir uns in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit auf den Weg in eine Transformation und einen Lebenswandel machen, der im Sinne verbinden Generationen und der Schöpfungsbewahrung ethisch verantwortungsvoll daherkommt und uns zu neuer Genügsamkeit ermutigt. Luxus und Überfluss werden wir uns schon allein aus sozialen Gründen nicht mehr allzu lange leisten können. Doch es besteht keinerlei Notwendigkeit für eine übereilte, die Gesellschaft spaltende und für den kleinen Mann nicht finanzierbare Politik der Hektik und Unausgegorenheit. Die nahezu wahnhaft anmutende Angst mancher Aktivisten vor einer Apokalypse darf nicht Antrieb für eine irrationale und unpragmatische Gängelung der Menschen werden. Stattdessen braucht es Anreize und Alternativen, auf die wir alle niederschwellig umsteigen können. Entsprechend müssen wir weiterhin Innovation, Technologieoffenheit, Wissenschaft und Forschung fördern, welche nach solchen Optionen und ihrer Effizienzsteigerung suchen. Und gleichermaßen sollten wir deutlich mehr Investitionen in unsere Konvergenz betreiben, als uns krampfhaft gegen eine Entwicklung zu stemmen, dessen Motor und künftige Dynamik unter nüchterner Betrachtung kaum abschätzbar ist“, so Dennis Riehle abschließend.

Die Beratungsstelle für Nachhaltige Entwicklung ist kostenlos unter www.beratung-riehle.de erreichbar.

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Ein Forscherteam um Willie Soon publizierte kürzlich eine Studie zur Attribution der Klimaerwärmung der Nordhalbkugel. Zu den Autoren gehört auch Fritz Vahrenholt. Darin wird die Ansicht des IPCC angezweifelt, dass die Erwärmung der letzten 170 Jahre zu 100% anthropogen sei. Vielmehr steckt in dem Temperaturanstieg auch eine Komponente des städtischen Wärmeinseleffektes sowie natürliche Klimafaktoren. Hier der Abstract von Soon et al. 2023:

The Detection and Attribution of Northern Hemisphere Land Surface Warming (1850–2018) in Terms of Human and Natural Factors: Challenges of Inadequate Data

A statistical analysis was applied to Northern Hemisphere land surface temperatures (1850–2018) to try to identify the main drivers of the observed warming since the mid-19th century. Two different temperature estimates were considered—a rural and urban blend (that matches almost exactly with most current estimates) and a rural-only estimate. The rural and urban blend indicates a long-term warming of 0.89 °C/century since 1850, while the rural-only indicates 0.55 °C/century. This contradicts a common assumption that current thermometer-based global temperature indices are relatively unaffected by urban warming biases. Three main climatic drivers were considered, following the approaches adopted by the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)’s recent 6th Assessment Report (AR6): two natural forcings (solar and volcanic) and the composite “all anthropogenic forcings combined” time series recommended by IPCC AR6. The volcanic time series was that recommended by IPCC AR6. Two alternative solar forcing datasets were contrasted. One was the Total Solar Irradiance (TSI) time series that was recommended by IPCC AR6. The other TSI time series was apparently overlooked by IPCC AR6. It was found that altering the temperature estimate and/or the choice of solar forcing dataset resulted in very different conclusions as to the primary drivers of the observed warming. Our analysis focused on the Northern Hemispheric land component of global surface temperatures since this is the most data-rich component. It reveals that important challenges remain for the broader detection and attribution problem of global warming: (1) urbanization bias remains a substantial problem for the global land temperature data; (2) it is still unclear which (if any) of the many TSI time series in the literature are accurate estimates of past TSI; (3) the scientific community is not yet in a position to confidently establish whether the warming since 1850 is mostly human-caused, mostly natural, or some combination. Suggestions for how these scientific challenges might be resolved are offered.

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Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen:

Falsche Anreize: Forscher kritisieren EU-Plan zur Klimaneutralität

Durch das geplante Maßnahmenpaket „Fit for 55“ werden für die EU künftig mehr wertvolle Flächen für die Bioenergiegewinnung genutzt – auf Kosten von CO2-Speicherung und Biodiversität.

Landnutzungs- und Klimaforscher kritisieren die EU-Pläne zur CO2-Reduzierung im Rahmen des Pakets „Fit for 55“. In einem Kommentar im Fachjournal „Nature“ weist ein Team von Wissenschaftlern, darunter Dr. Thomas Kastner vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt, auf die Versäumnisse und Risiken der geplanten Regelungen hin. Das geplante „Fit for 55“-Paket enthalte viele sehr gute Ansätze – gleichzeitig würden durch falsche Anreize in der EU aber künftig noch mehr wertvolle Flächen für den Holz- statt Nahrungsmittelanbau sowie für die Gewinnung von Bio-Kraftstoffen genutzt. Dies treibe unter anderem die Auslagerung der Nahrungsmittelproduktion ins Ausland und damit die Abholzung von Wäldern weiter voran, so die Forscher. Die Förderung der Bioenergie wirke sich so negativ auf CO2-Speicherung und Biodiversität aus.

Bis zum Jahr 2050 soll die Europäische Union klimaneutral werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wird im Rahmen des europäischen „Green Deal“ das Maßnahmenpaket „Fit for 55“ auf den Weg gebracht − bis 2030 sollen so die CO2-Emissionen in der EU um 55 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 reduziert werden. Nachdem im November eine Einigung für den Sektor Landnutzung erzielt wurde, gibt es deutliche Kritik von Forschenden aus diesem Bereich. In ihrem jetzt im renommierten Fachjournal „Nature“ erschienenen Kommentar kritisieren fünf Wissenschaftler den im Maßnahmenpaket vorgesehenen Umgang mit Bioenergie. Sie weisen mit Nachdruck auf die verdeckten Gefahren hin, wenn in der EU und darüber hinaus künftig noch mehr Flächen für die Bioenergiegewinnung genutzt und dafür weitere Teile der Nahrungsmittelproduktion ins Ausland verlagert werden. Statt CO2-Einsparung droht in der EU und global der weitere Verlust von CO2-Speichern und Biodiversität, so die Wissenschaftler.

„Das Problematische am „Fit for 55“-Paket ist, dass der Anbau von Biomasse generell für CO2-neutral erklärt und deshalb gefördert wird“, erläutert Thomas Kastner vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt und fährt fort: „Bioenergie ist aber nicht CO2-neutral! Die EU ignoriert die Folgen gesteigerter Landnutzung. Einerseits stehen Flächen, die für die Produktion von Bioenergie genutzt werden, nicht für den Anbau von Nahrungsmitteln zur Verfügung. Lebensmittel müssen importiert werden, wofür in anderen Ländern wiederum Wälder abgeholzt werden. Das Problem wird so nur verlagert. Gleichzeitig fehlen zur Bioenergiegewinnung genutzte Flächen als CO2-Speicher und Lebensraum für gefährdete Arten.“
Nach Berechnungen der EU werden 2050 in Europa 22 Millionen Hektar Agrarland und damit 20 Prozent aller Anbauflächen zur Produktion von Biokraftstoff genutzt. Für denselben Zweck und die Bewirtschaftung von Nutzwäldern verschwindet bis dahin etwa die Hälfte naturnaher Wiesenflächen. So verliert Europa in signifikantem Umfang Flächen, die zur Erhaltung der Artenvielfalt und als CO2-Speicher von Bedeutung sind.
„Gleichzeitig werden falsche Anreize für Energie-Kund*innen gesetzt: Die Industrie, Energie- und Transportunternehmen erhalten Emissionsgutschriften für die Nutzung von Bioenergie, unabhängig von den tatsächlichen Auswirkungen auf die CO2-Bilanz. Dabei führt beispielsweise der Abbau von Holz zur Energiegewinnung nachweislich auf Jahrzehnte zu einer höheren CO2-Konzentration in der Atmosphäre“, kritisiert Erstautor des Kommentars Timothy D. Searchinger vom Center for Policy Research on Energy and the Environment der Universität Princeton (USA).

Die Forscher sehen aber auch Potenziale, um bis 2050 bis zu 17 Millionen Hektar Anbauflächen „einzusparen“. Dazu müsste Europa unter anderem den Biokraftstoffverbrauch in moderatem Umfang auf das Level von 2010 senken. Der geringere Flächenverbrauch würde es erlauben, Moore zu renaturieren und Altwälder zu erhalten – als wichtige CO2-Speicher und Raum für biologische Vielfalt.

Um das „Fit for 55“-Paket zu verbessern und falsche Anreize zu reduzieren, plädieren die Forscher dafür, die CO2-Bilanz von Bioenergie realistischer zu berechnen: „Die EU sollte die CO2-Opportunitätskosten der Bioenergie – also das durch die Landnutzung entgangene CO2-Speicher-Potenzial − in die Berechnungsgrundlagen für alle Klima- und Energiegesetze einbeziehen“, schlägt Kastner vor. „Landnutzung ist nie ‚umsonst‘, für das Klima und die CO2-Bilanz hat sie immer einen Preis. Der muss in den EU-Klimazielen abgebildet sein. Nur so können die geplanten Maßnahmen effektiv den Klimaschutz und die Biodiversität fördern.“

Paper: Searchinger, T., James, O., Dumas, P., Kastner, T., Wirsenius, S. EU climate plan sacrifices carbon storage and biodiversity for bioenergy. A Comment published in Nature 612, 27–30 (2022).
https://doi.org/10.1038/d41586-022-04133-1

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