Die Bewegung der Antinatalisten, also der Geburtsgegner, ist auf dem Vormarsch – aus ökologischen Gründen: Immer mehr Menschen sind der Meinung, es lohne sich nicht, geboren zu werden, weil der Klimawandel so schrecklich sei und zusätzliche Geburten nur die Umwelt belasten würden. Alex Reichmuth ist im Nebelspalter auf das Thema eingegangen.
Besser, nicht geboren zu werden
Sie werde ihre Eltern verklagen, weil diese sie «ohne ihre Erlaubnis» zur Welt gebracht hätten. Das erklärte im letzten Juni die amerikanische Videobloggerin Kass Theaz auf der Plattform Tiktok (siehe hier). Konkret hätten ihre Eltern nicht versucht, «mich vor meiner Geburt zu kontaktieren, um herauszufinden, ob ich wirklich hier sein wollte».
Theaz empfahl allen Schwangeren, ein Medium aufzusuchen, und ihr ungeborenes Kind zu fragen, ob es geboren werden möchte. «Aber denken Sie daran, dass Sie die Schwangerschaft abbrechen müssen, wenn das nicht der Fall ist.»
Die Aufregung um das Video war gross. Aber es handelte sich um einen Scherz. «Ich dachte, es sei offensichtlich, dass ich Witze mache», erklärte Kass Theaz später gegenüber der «New York Post» (siehe hier).
Die ganze Geschichte im Nebelspalter.
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Martin Schlumpf berichtete am 14. August 2023 im Nebelspalter:
Mehr Ressourcen trotz Bevölkerungswachstum: Die Simon-Ehrlich-Wette – Schlumpfs Grafik 77
Ist dieser Titel nicht falsch? Ist es nicht so, dass eine ständig wachsende Bevölkerung zu einer Knappheit der Ressourcen führen muss? So wie das mit dem «Earth Overshoot Day» postuliert wird (siehe hier), der dieses Jahr global auf den 3. August gefallen ist. Dieser Tag soll daran erinnern, dass alle Ressourcen, die ab diesem Zeitpunkt bis Ende Jahr verbraucht werden, auf unserem endlichen Planeten angeblich nicht mehr «natürlich nachwachsen» können: Die ganze Welt braucht demnach in einem Jahr die Ressourcen von 1,7 Erden.
Auch wenn ein solches Bild für viele dem Bauchgefühl entsprechen mag, so ist es doch falsch. Der entsprechende Beweis wird überzeugend und umfassend im soeben erschienenen Buch «Superabundance» von Gale Pooley und Marian L. Tupy vom Cato Institute in Washington DC geführt (siehe hier). In diesem und dem nächsten Beitrag fasse ich die wichtigsten Punkte dieses Werks zusammen.
Was wichtig ist:
– 1980 schliessen der Ökonom Julian Simon und der Biologe Paul Ehrlich eine Wette über die Verfügbarkeit von Ressourcen ab.
– Ehrlich wettet auf steigende Preise der gewählten Ressourcen, weil er überzeugt ist, dass diese immer knapper werden. Simon setzt hingegen auf sinkende Preise.
– Nach der vereinbarten Zeitspanne von zehn Jahren verliert Ehrlich die Wette, weil die Preise inflationsbereinigt stark gesunken sind.
Weiterlesen im Nebelspalter. Auch verfügbar auf schlumpf-argumente.ch.
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Marsz et al. 2021 sehen eine größere Beteiligung natürlicher Klimafaktoren an der Erwärmung in Polen:
Role of Internal Variability of Climate System in Increase of Air Temperature in Wrocław (Poland) in the Years 1951–2018
In the course of analysing the annual air temperature in Wrocław (TWr), a rapid change of the thermal regime was found between 1987 and 1989. TWr increased by >1°C, a strong, statistically significant positive trend emerged. The analysis of processes showed that strong warming in the cold season of the year (December–March) occurred as a result of an increase in the NAO intensity and warming in the warm season because of increased sunshine duration in Wrocław (ShWr). Multiple regression analysis has shown that the winter NAO Hurrell’s index explains 15% of TWr variance, and the ShWr of the long-day (April–August) period 49%, whereas radiative forcing 5.9%. This indicates that the factors incidental to the internal variability of the climate system explain 64% of the TWr variability and the effect of increased CO2 concentration only ~6%. The reason for this rapid change of the thermal regime was a radical change in macro-circulation conditions in the Atlantic-European circular sector, which took place between 1988 and 1989. The heat, which is the cause of warming in Wrocław, comes from an increase in solar energy inflow (April– August) and also is transported to Europe from the North Atlantic surface by atmospheric circulation (NAO). These results indicate that the role of CO2 in shaping the contemporary temperature increase is overestimated, whereas theinternal variability of the climate system is underestimated.
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Universität Konstanz:
Neue Erkenntnisse zur Umweltanpassung von Pflanzen
In der Arbeitsgruppe Physiologie und Biochemie der Pflanzen an der Universität Konstanz wurden bislang unbekannte molekulare Mechanismen entdeckt, mit denen sich Pflanzen an ihre Umwelt anpassen – Wichtiges Grundlagenwissen in Zeiten der Klimaveränderung.
Pflanzen sind ständigen Umweltveränderungen ausgesetzt, ihr Überleben hängt davon ab, Umweltreize wahrzunehmen und sich an sie anzupassen. Eiweißmoleküle in der Zellmembran spielen bei der Koordination extrazellulärer Signale und intrazellulärer Reaktionen eine entscheidende Rolle. In der Arbeitsgruppe Physiologie und Biochemie der Pflanzen der Universität Konstanz ist es gelungen, erstmals zwei sogenannte deubiquitinierende Enzyme zu identifizieren, die am molekularen Mechanismus dieses Anpassungsprozesses beteiligt sind. Die Studie ist aktuell in Nature Communications veröffentlicht.
Menge der Eiweißmoleküle ist entscheidend
Die Zelle muss bei ihrem Anpassungsprozess jederzeit beispielsweise wissen, wie es mit den Nährstoffen oder mit Pathogenen in ihrer Umwelt aussieht. Dafür gibt es an der Zellmembran, die das Zellinnere von der Außenwelt trennt, spezielle Eiweißmoleküle, die sogenannten Transporter und Rezeptoren, die in der Zelle einerseits produziert und andererseits wieder abgebaut werden. Deren Menge ist entscheidend für die Signalwahrnehmung der Pflanze.
Für den Abbau ist das kleine Signalprotein Ubiquitin zuständig, das sich an andere Proteine anheftet und damit dafür sorgt, dass diese abgebaut werden. Gleichzeitig gibt es deubiqitinierende Enzyme, die diese Wirkung umkehren können, indem sie Ubiquitine entfernen.
Das Team der Biologie-Professorin Erika Isono hat 18 dieser deubiquitinierenden Enzyme in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana analysiert. In Kooperation mit Karin Hauser, Michael Kovermann und Christine Peter vom Fachbereich Chemie hat das Team zwei dieser Enzyme gefunden, die, bezeichnet als OTU11 und OTU12, an der Zellmembran vorkommen und tatsächlich an der Mengenregulation der Zellmembran-Proteine beteiligt sind. „OTU11 und OTU12 können bestimmte Ubiquitin-Ketten kürzen. Das beeinflusst den Abbau der modifizierten Proteine“, erklärt die Erstautorin Karin Vogel den biochemischen Mechanismus. Die Biologin hat außerdem herausgefunden, wie die Enzyme aktiviert werden: indem sie an negativ geladene Lipide an der Zellmembran binden.
Bisher unbekannte Form der Aktivitätsanpassung
Das bedeutet, dass die Aktivität dieser Enzyme einer strengen Kontrolle unterliegt. Es sind bereits mehrere Aktivierungsmechanismen für deubiquitinierende Enzyme bekannt. Bei dem hier berichteten Mechanismus handelt es sich um eine bisher unbekannte Form der Aktivitätsanpassung. Notwendig ist diese Regulation umso mehr, als die Wirkung von deubiquitinierende Enzyme große Konsequenzen für die Funktion der Zelle haben kann. „Die Entdeckung bedeutet, dass die deubiquitinierenden Enzyme erst aktiv werden, wenn sie an der Membran angekommen sind, wo sich die Lipide befinden. Das passt hervorragend zur intrazellulären Lokalisation und der Funktion der beiden Enzyme“, sagt Erika Isono.
Modellpflanzen werden in der biologischen Grundlagenforschung genutzt, um fundamentale biochemische und molekularbiologische Mechanismen zu untersuchen. Langzeitziel ist, landwirtschaftliche Erträge zu optimieren, was in Zeiten der Klimaveränderung besondere Bedeutung hat, da sich die Wachstumsbedingungen für Pflanzen ändern können. Erika Isono: „Es ist wichtig, dass wir auf der molekularen Ebene verstehen, wie Pflanzen auf die Umwelt reagieren. Der Ubiquitin-abhängige Signalweg könnte dabei eine wichtige Rolle spielen“.
Faktenübersicht:
- Originalpublikation: Karin Vogel, Tobias Bläske, Marie-Kristin Nagel, Christoph Globisch, Shane Maguire, Lorenz Mattes, Christian Gude, Michael Kovermann, Karin Hauser, Christine Peter & Erika Isono: Lipid-mediated activation of plasma membrane-localized deubiquitylating enzymes modulate endosomal trafficking. DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-022-34637-3
- Studie zu grundlegenden molekularen Mechanismen, mit denen sich Pflanzen an ihre Umwelt anpassen, der Arbeitsgruppe Physiologie und Biochemie der Pflanzen an der Universität Konstanz.
- Deubiqitinierende Enzyme OTU11 und OTU12 und ihr Aktivierungsmechanismus erstmals in Plasmamembran der Modellpflanze Arabidopsis thaliana entdeckt.
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Leserpost von Thomas Mock zur Windkraft:
Ich kenne das Thema seit 20 Jahren und habe es in dieser Zeit beruflich intensiv begleitet. Schon vor 10 Jahren wurde in der SPD diskutiert, dass die Bundesländer mit viel Windanlagen, die Netze im Verhältnis zu ihrem Windstrom höher mitfinanzieren müssten, weil sie umgekehrt von den hohen EEG-Garantiezahlungen besonders profitieren, die bundesweit umgelegt werden. Ausserdem wird andernfalls der allgemeine Länderfinanzausgleich mit Bayern als höchstem Zahler auf den Kopf gestellt usw.
Es wurde von den SPD-regierten Bundesländern SH und Niedersachsen zurückgewiesen und war damit erledigt.
Zur Erinnerung: Habeck hatte als Minister im damaligen Koalitionspapier für SH das Ziel von 300% EE-Strom ausgegeben. Das aber nutzte nichts ohne Netze um diesen Strom aus SH zu exportieren. Nur dann machen 300% Sinn. Das sollten dann die anderen Bundesländer machen und finanzieren. Schon damals wurde der Netzausbau im Eigeninteresse von SH gefordert. Durch die inzwischen nochmals (Beschluss der BNetzA vom 27.12.22) um 25% erhöhte EE-Garantie wind-onshore für je 20 Jahre wird so eine indirekt extreme Vergünstigung für windanlagenreiche Länder erreicht die nie zielführend war, sondern im Eigeninteresse der vom Wind begünstigten Nordländer und nach Klientelpolitik aussah.
Wer mehr Windstrom produziert als selbst benötigt muss sich selbst um den Export bemühen, zumal der Netzbau in SH selbst auch zurück liegt und enorne Redispatchkoszen verursacht Diese müssen aufgrund eigener Verantwortung natürlich im jeweiligen Bundesland umgelegt werden. Die enorm gestiegenen Redispatchkosten (2022: 4,2 Mrd Euro) sind auch auf diesen mit den Netzen leider nicht abgestimnten Windausbau zurückzuführen und liegen in der Verantwortung des jeweiligen Landes. Das sind u.a. die Abschaltungen von Windanlagen wegen fehlender Netze oder Überproduktion die den Betreibern dennoch die EEG-Garantievergütung sichert, ohne dass Windstrom produziert wurde. Also eine „als ob“ Situation, die vor allem einen Anspruch auf die hohe EEG-Vergütung gewährt.
Diese EEG-Garantien ohne Stromproduktion fallen unter die Redispatchkosten und werden auf die Netzkosten zu Lasten aller Stromendkunden umgelegt. So wird ein Teil der EEG-Umlage mit Höchstrenditen über die Netze refinanziert und nicht über den Bundeshaushalt bzw den EKF. Aber auch der EKF wird aus dem CO2-Preisanteil des Stroms finanziert, den alle privaten Stromendkunden mit dem Strom zahlen müssen, so dass auch die EEG-Garantievergütung letztlich nach wie vor in Gänze von den privaten Stromenkunden finanziert wird.
Es ist nach der 25%igen Erhöhung der Vergütung wind-onshore durch die BNetzA im Auftrag des BMWK nur folgerichtig, dass Herr Müller nun das (oben dargestellte) Habeck-Ziel mit einer veränderten Umlage der Netzkosten zugunsten der windreichen Nordländer verfolgt. Die extremen EEG-Renditen, die in den windanlagenreichen Ländern durch Umlagen zu Lasten der anderen Länder verbleiben, lassen es nicht opportun erscheinen, dass die anderen Länder jetzt auch noch die erhöhten Netzentgelte der durchaus positiv durch hohe EEG-Garantien begünstigten Länder zahlen sollen, damit deren sowieso hohen Renditen, neben der EEG-Garantie, sich noch einmal verbessern.
Im Gegenteil sollten eher die Wind-Projektierer und Betreiber als Begünstigte in diesen Ländern an diesen Kosten bzw veränderter Umlage beteiligt werden. Denn diese bieten und zahlen inzwischen für zwanzigjährige Pachtverträge für Windgrossanlagen und höchstens 1 ha Flächenbedarf bis zu knapp 10 Millionen Euro (Welt am Sonntag 06.08.23 und Frankfurter Neue Presse vom 30.6.23) und verdienen selbst auch noch Millionen pro Windanlage, die wir alle zwangsfinanzieren. Das sind inzwischen abstruse Renditen. Hier ist offensichtlich genug Geld vorhanden, das sachgerecht umgelegt werden kann. Und natürlich sind dann die Projektierer und Betreiber im eigenen Land betroffen. Deren Renditen rechtfertigen das aber. Nur so ist ein angemessener Ausgleich zu erreichen.
Deshalb ist diese Netzkostenthematik m.E. keine absurde Erscheinung. Zitat:
„Zu den absurden Erscheinungen der deutschen Energiewende gehört die Tatsache, dass die Bewohner von Gegenden mit viel Windkraft deutlich höhere Netzentgelte zahlen müssen. Verivox listet das in einer interaktiven Karte auf. Im Jahr macht das Unterschiede von bis zu 150 Euro aus.“
Beste Grüsse
Thomas Mock