Katastrophale Statistik

Axel Bojanowski widmet sich auf seinem Blog den Statistiken, speziell denen, die sich mit Katastrophen beschäftigen. Die Zahlen haben so ihre Tücken und nicht einmal Unternehmen wie Statista scheinen gefeit davor. 

“Das erste Problem der EM-Dat-Daten, das auch von den Vereinten Nationen gerne verschwiegen wird: Die Meldungen von Naturkatastrophen waren spärlich in der Vergangenheit. Hier das Beispiel Sowjetunion: 

Die Anzahl der registrierten Naturkatastrophen steigt also unweigerlich mit der steigenden Zahl der Meldungen. 

Der Statista-Logik zufolge hätten auch Erdbeben wegen der globalen Erwärmung zugenommen. Dabei gibt es natürlich keinen Zusammenhang, nur die Berichte über Erdbeben nahmen zu.” 

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Interessante News zum Thema Speicher. Die LEAG plant den Kohlekraftwerk-Standort Jänschwalde zu Speichern umzubauen. 

“Das von LEAG geplante innovative Speicherkraftwerk soll mit einer 900 MW Gas- und Dampfturbinen-Anlage, einem thermischen 1000 MWh Elektro-Speicher auf Basis von Feststoffen, sowie einer 40 MW Elektrolyse-Anlage ab dem Jahr 2026 errichtet und im Jahr 2029 in Betrieb gesetzt werden. Bereits zum Jahresende 2028 wird das derzeit am Standort betriebene Braunkohlenkraftwerk Jänschwalde laut Kohleausstiegsgesetz komplett stillgelegt. Das geschätzte Investitionsvolumen für das innovative Kraftwerks-Projekt liegt bei deutlich über 500 Millionen Euro.” 

In Sachsen-Anhalt soll der größte europäischen Speicherstandort entstehen. Das berichtet der Spiegel

“Das bayerische Unternehmen Eco Stor plant einen Batteriespeicher in Sachsen-Anhalt, der nach eigenen Angaben zu den größten in Europa zählen wird. Der Speicher in Förderstedt, einem Ortsteil von Staßfurt, soll nach seiner Fertigstellung im Jahr 2025 rund 600 Megawattstunden Strom speichern können. Das sagte Geschäftsführer Georg Gallmetzer. Theoretisch könnten damit 31.250 Haushalte für 24 Stunden mit Strom versorgt werden. Der derzeit größte Batteriespeicher in Deutschland, der bereits in Betrieb ist, besitzt laut Marktstammdatenregister eine Speicherleistung von 72 Megawattstunden. Der größte Batteriespeicher in Europa steht nach Medienberichten in England, wird von Tesla betrieben und hat eine Speicherkapazität von 196 Megawattstunden. Ende des Jahres will Eco Stor nach eigenen Angaben zudem einen Speicher mit 207 Megawattstunden in Schleswig-Holstein in Betrieb nehmen.” 

Mit etwas Mathematik kann man ausrechnen, was eine Versorgung von mehr Haushalten als den 30.000, die der Speicher jetzt versorgt, kosten würde. Pro Haushalt kommt man auf 8.300 Euro. Multipliziert mit 41 Millionen kommt man auf 3400 Milliarden Euro. Zum Vergleich, das wäre etwa 8-mal der aktuelle Haushalt des Bundes. Und das ist nur die Finanzseite, die Frage, ob überhaupt genügend Rohstoffe verfügbar wären, ist noch gar nicht berührt. Der Strombedarf der Industrie käme noch dazu. 

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Ein spannendes Interview in der FAZ zur “Letzten Generation” mit der Psychologin Nimmerfroh. 

“Lea Bonasera, eine der Gründerinnen aus dem engsten Führungszirkel, hat bei ihrer ersten Gerichtsverhandlung kürzlich kaum über Klimaschutz geredet, sondern sich als Expertin für zivilen Widerstand vorgestellt. 

Die Letzte Generation ist keine Klimaschutzorganisation, die Konzepte vergleicht oder eigene Stellungnahmen zu Ernährung und Energieversorgung erarbeitet. Damit beschäftigen die sich gar nicht, das wollen sie auch nicht. Sie sehen sich als Speerspitze einer revolutionären Idee. Die wollen eine gesellschaftliche Veränderung, natürlich in der Hoffnung, dass sich damit auch Klimaschutzmaßnahmen verändern. Aber die Protestformen, der zivile Widerstand, ist zum Selbstzweck geworden. Der Preis eines ÖPNV-Tickets ist für die Letzte Generation gar nicht so wichtig. 

Woher wissen Sie das alles? 

Ich forsche schon lange zu Non-Profit-Organisationen, und als die Letzte Generation prominenter wurde, konnte ich meine Frage, wieso man sich auf die Straße klebt, auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Materialen nicht beantworten. Deswegen habe ich im Dezember eine verdeckte Beobachtung geplant. Ich habe mich zu einem Protesttraining angemeldet und festgestellt, wie ausgefeilt die psychologischen Methoden sind, mit denen da gearbeitet wird. Das ist wirklich außergewöhnlich, und es erklärt, warum Menschen für diese Organisation Straftaten begehen. Nach meinem ersten Zeitungsinterview dann kamen Leute aus der Organisation auf mich zu. Ein Teil sagte: Nein, Sie liegen falsch. Ein Teil sagte: Ja, können wir bestätigen, wir möchten aufklären. Beide Seiten haben mir Zugang zu den Dokumenten der Organisation verschafft, zu Schulungsunterlagen und Videoaufzeichnungen – eine unglaubliche Fülle an Material. Die Letzte Generation hat auch kein ausgefeiltes Sicherheitskonzept. Sie bezeichnet sich selbst als transparent.” 

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Das Handelsblatt zum Thema Erneuerbare Energien als Standort Vorteil. 

“Tatsächlich weist der Süden Deutschlands, insbesondere Bayern, Defizite beim Ausbau der Erneuerbaren aus. Im Norden ist dagegen vornehmlich der Ausbau der Windkraft weit fortgeschritten. Einige norddeutsche Bundesländer erzeugen auf ihrer Fläche mehr Strom aus erneuerbaren Quellen als im jeweiligen Land selbst verbraucht wird. Der hohe Erneuerbaren-Anteil an der Stromerzeugung gilt auch als ein ausschlaggebender Faktor für Industrieansiedlungen in der jüngsten Vergangenheit. Als Beispiel wird immer wieder der Bau des Tesla-Werks im brandenburgischen Grünheide genannt. In der Studie heißt es, es spiele eine wichtige Rolle, wie stark ein Geschäftsmodell an bisherige Standorte gebunden sei. So könne die fehlende ausreichende Versorgung mit grüner Energie „das Scheitern eines klimaneutralen Betriebs vor Ort verursachen oder Anreize zu einer Standortverlagerung setzen. Bayern hat sich über die Jahre mit dem Ausbau der Windkraft schwergetan. Zwar ist die Photovoltaik dort stark verbreitet, ebenso Strom aus Wasserkraft und Biomasse, doch der Windkraftausbau stockt. Erschwert wird die Situation dadurch, dass der Stromtransport von Nord nach Süd wegen der Rückstände im Netzausbau noch lange nicht reibungslos funktioniert. Bayern und Baden-Württemberg können daher nur begrenzt von den Stromüberschüssen im Norden profitieren.” 

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Erst vor kurzem haben vier indonesische Inselbewohner den Schweizer Zementkonzern Holcim wegen dessen CO2-Ausstoss verklagt. Jetzt ist eine Delegation der Klimakläger nach Europa gereist, um für mehr Klimaschutz zu werben. Die Reise hatte einen Ausstoss von 3,7 Tonnen Kohlendioxid pro Person zur Folge, wie Alex Reichmuth im Nebelspalter vorrechnet.

Klimakläger jetten mit dem Flugzeug um die Welt

Den Schweizer Zementkonzern Holcim wegen dessen CO₂-Ausstoss verklagen – und gleichzeitig mit dem Flugzeug um die halbe Welt reisen. Dieses Verhalten leistet sich eine Gruppe von Bewohnern der indonesischen Insel Pari. Die Bewohner haben Holcim im letzten Januar beim Zuger Kantonsgericht verklagt und verlangen vom Unternehmen finanzielle Entschädigung wegen angeblich erlittener Klimaschäden (siehe hier und hier).

Erst vor einigen Tagen hat der Klimaaktivist Max Voegtli für negative Schlagzeilen gesorgt. Der Sprecher der Organisation «Renovate Switzerland», der zuvor an Strassenblockaden gegen die Erderwärmung beteiligt war, reiste für Ferien nach Mexiko – mit dem Flugzeug (siehe hier). Nach dem Klimakleber fallen nun auch die Klimakläger mit inkonsequentem Verhalten auf.

Mehr dazu im Nebelspalter.

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Nochmal Handelsblatt:

WÄRMEPUMPE UND GASHEIZUNG: Warum sind die Heizungspreise so stark gestiegen?

Neue Zahlen zeigen: Wärmepumpen sind zwar teurer geworden. Doch die Preise für andere Heizungen sind teilweise sogar noch stärker gestiegen.

Innerhalb von zwei Jahren sind die Preise für Gasheizungen um 66 Prozent gestiegen. Kostete sie 2021 noch 6000, sind es aktuell 10.000 Euro. Damit belegt die fossile Wärmeanlage aber sogar nur Platz zwei der teuersten Heizungen. Spitzenreiter ist die Holzheizung. 

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Schon 10 Jahre alt, aber immer noch aktuell, Loss et al. 2013:

Estimates of bird collision mortality at wind facilities in the contiguous United States

Wind energy has emerged as a promising alternative to fossil fuels, yet the impacts of wind facilities on wildlife remain unclear. Prior studies estimate between 10,000 and 573,000 fatal bird collisions with U.S. wind turbines annually; however, these studies do not differentiate between turbines with a monopole tower and those with a lattice tower, the former of which now comprise the vast majority of all U.S. wind turbines and the latter of which are largely being de-commissioned. We systematically derived an estimate of bird mortality for U.S. monopole turbines by applying inclusion criteria to compiled studies, identifying correlates of mortality, and utilizing a predictive model to estimate mortality along with uncertainty. Despite measures taken to increase analytical rigor, the studies we used may provide a non-random representation of all data; requiring industry reports to be made publicly available would improve understanding of wind energy impacts. Nonetheless, we estimate that between 140,000 and 328,000 (mean = 234,000) birds are killed annually by collisions with monopole turbines in the contiguous U.S. We found support for an increase in mortality with increasing turbine hub height and support for differing mortality rates among regions, with per turbine mortality lowest in the Great Plains. Evaluation of risks to birds is warranted prior to continuing a widespread shift to taller wind turbines. Regional patterns of collision risk, while not obviating the need for species-specific and local-scale assessments, may inform broad-scale decisions about wind facility siting.

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Chinese Academy of Sciences:

Clarifying trends of tropical cyclones to better predict and cope with their destruction

Tropical cyclone (TCs) are one of the most destructive types of weather event on Earth, damaging people’s lives and their property, local infrastructure, and subsequently causing enormous economic losses. TCs are strong circular storms originating in the warm tropical oceans and are accompanied by heavy rainfall and strong winds.

However, there has been no consensus among scientists regarding the global-scale trends of TC frequency and intensity due to climate change effects on ocean temperatures. Hence, to achieve this, and ultimately be better prepared for these extreme weather events in the future, a holistic evaluation of the different TC characteristics across ocean basins is vital.

In a recent study published in Atmospheric and Oceanic Science Letters, Professor Wen Zhou from Fudan University, China, and Erandani Lakshani, a post-graduate researcher at the City University of Hong Kong, have shed more light on the observed decadal-scale shifts and trends in global TC activities from 1980 to 2021.

The study reveals that there has been a significant increase in the number of TCs in the North Atlantic basin and North Indian Ocean over the past four decades, while there has been a decrease in the western North Pacific. It was also found that the genesis of TCs in the East Pacific, southern Indian Ocean, and South Pacific Ocean basins has declined since 1980, albeit this trend is not statistically significant.

Along with the frequency of TC genesis, the intensity of TCs has also varied significantly among the different ocean basins.

„Notably, the average maximum TC intensity over the North Indian Ocean has increased recently, and this can be explained by an upward trend in mid-tropospheric relative humidity and decreasing vertical wind shear in the this basin,“ say Professor Zhou and Lakshani. Their study also points out that the average TC intensity in the East Pacific has decreased dramatically, whereas over the South Pacific it has increased significantly.

Moreover, they observed an increasing TC intensity trend in the western North Pacific but a decreasing trend over the North Atlantic. The TC intensity in the North Atlantic may be linked to the decreasing trend in mid-tropospheric relative humidity, mainly south of the North Atlantic.

Another finding of this work is the indication of a significant association between the average large-scale characteristics of both vertical wind shear and relative humidity and the TC frequency in the different ocean basins. Moreover, the interdependence of TC frequency, vertical wind shear and relative humidity varies across the basins, indicating an inter-basin teleconnection (a term used in the atmospheric sciences to describe climate links between geographically separated regions).

In summary, this study provides valuable insights into global TC trends, which is critical towards improving our understanding of the evolution of TCs. Moreover, the study highlights the need for continued research into the underlying causes of these shifts in TC activity for future predictability and preparedness.

Paper: Widana Arachchige Erandani Lakshani et al, Observed decadal shifts and trends in global tropical cyclone activities from 1980 to 2021, Atmospheric and Oceanic Science Letters (2022). DOI: 10.1016/j.aosl.2022.100321

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